In welchen Berufen kamen die Arbeitslosen im Dritten Reich unter?

Gut, dann vergleichen wir halt die Arbeitslosenzahlen im Januar:
1933: 6,01 Mio
1934: 3,77 Mio


Aus dem Heft der Bundeszentrale für politische Bildung (Nationalsozialismus II, Wirtschaft und Gesellschaft unter dem Hakenkreuz):

"Auch kam es entgegen allen Versprechungen nicht zu einer Verringerung der Frauenerwerbstätigkeit, sondern im Zeichen der Hochkonjunktur zu einer Steigerung um 1,3 Millionen zwischen 1933 und 1939. Die Zahl der weiblichen Beschäftigten stieg von etwa 4,6 Millionen 1932 auf 4,75 Millionen im Jahre 1933 und betrug 1934 5,5 Millionen."

und weiter:

"Tatsächlich war dieser Anstieg auf den vermehrten Einsatz von unqualifizierten weiblichen Arbeitskräften zurückzuführen, die als Billiglohnarbeiterinnen besonders begehrt waren. Dagegen war in qualifizierten Berufsgruppen der Trend gegenläufig. Das zeigt auch die Statistik: Während bei weiblichen Selbständigen und Beamtinnen in den genannten Jahren ein Rückgang um 14 Prozent bzw. 5,5 Prozent zu verzeichnen war, vergrößerte sich der Anteil der Industriearbeiterinnen in derselben Zeit um über 20 Prozent, der Haushaltshilfen um 7,4 Prozent, der weiblichen Angestellten um 18,9 Prozent. Ein deutlicher Rückgang von Frauenbeschäftigung trat vor allem in den akademischen Berufen ein, nachdem Akademikerinnen per Gesetz aus ihren Berufen verdrängt bzw. am Studium gehindert wurden. Frauen durften überdies erst nach dem 35. Lebensjahr verbeamtet werden. Sie durften weder Richterinnen noch Anwältinnen werden."

Von daher gilt die Differenzierung zwischen ungelernten Arbeiterinnen, die zunahmen, und den Akademikerinnen und Selbständigen schon früher - auch wenn die Industriearbeiterinnen evtl. noch nicht in der Rüstungsindustrie tätig waren - ab 1935 aber sicherlich.

Gleiche Stelle: "Auch kam es entgegen allen Versprechungen nicht zu einer Verringerung der Frauenerwerbstätigkeit, sondern im Zeichen der Hochkonjunktur zu einer Steigerung um 1,3 Millionen zwischen 1933 und 1939."

Eine Steigerung um 4Mio sehe ich da nicht ...
 
Gut, dann vergleichen wir halt die Arbeitslosenzahlen im Januar:
1933: 6,01 Mio
1934: 3,77 Mio
Das sind die amtlichen Zahlen, von denen wir ausgehen können. Interessant ist die Verminderung um rd. 2,4 Mio., ergänzend die Sommersaison:
Juni 1932: 5,48 Mio.
Juni 1933: 4.86 Mio.
Juni 1934: 2,48 Mio.
Auch danach kann man ohne saisonale Effekte von 2,4 Mio. Verminderung ausgehen.


"Tatsächlich war dieser Anstieg auf den vermehrten Einsatz von unqualifizierten weiblichen Arbeitskräften zurückzuführen, die als Billiglohnarbeiterinnen besonders begehrt waren. Dagegen war in qualifizierten Berufsgruppen der Trend gegenläufig. Das zeigt auch die Statistik: Während bei weiblichen Selbständigen und Beamtinnen in den genannten Jahren ...

Zu der Beschäftigungslage bei Frauen: die oben aus dem Kopf genannten 4 Mio. Anstieg waren nicht korrekt (da war schon 1939 mit drin), der Anstieg bei den "Vorhandenen" (= Beschäftigung+Arbeitslose) beträgt 1933 bis 1938 rd. 1,5 Mio. bei den Frauen.

Die 1933er Programme, Frauen aus dem Berufsleben in die Familie abzudrängen, wirkten nur kurz: gegen den Beschäftigungstrend sanken die Frauenzahlen ("Vorhandene", s.o.) von 5.816.000 (Mai 1933) auf 5.392.000 (Tiefstand März 1934) ab, aber das war überwiegend den üblichen saisonalen Entwicklungen bzw. die Winterschwäche geschuldet. Zum Vergleich: Mai 1934: 5.659.000, dagegen Jan. 1935: 5.408.000. Zusammengefaßt würde ich den bereinigten Verdrängungseffekt (der nur 1934 bis Ende 1935 wirkte) auf rd. 200T schätzen, den saisonalen Schwankungseffekt auf +250T.


Zur sektoralen Betrachtung:

1. Frauen in der Industrie
Auf 100 Industriearbeiter entfielen folgende Frauenquoten (Stat. JB des DR von 1940):
1933: 29,3%
1934: 27,0%
1995: 25,5%
1936: 24,7%
1937: 25,3%
1938: 25,2%
nach Branchen: Produktionsgüter 11,4% -> 9,9%, Konsum: 50,1% -> 50,8%, Metall: 40,1% -> 40,6%, Elektroindustrie: 37,0 -> 38,8%, Eisen: 2,9% -> 4,3%.
Die These von den Rüstungsarbeiterinnen und den Ungelernten in der Industrie ist damit so nicht aufrecht zu erhalten. Dennoch trifft man die Behauptung häufig an, was mit den Branchendifferenzierungen zu tun haben könnte (in einigen Branchen hab es tatsächlich signifikante Anstiege, in der Breite aber eben nicht).

2. Beschäftigungsschwerpunkte von Frauen 25. Juni 1938, altes Reichsgebiet:
Summe Industrie und Handwerk: 2.418T, davon LuF: 778T, Textil: 558T, Nahrung: 311T
Summe Handel/Gaststätten: 1.208T
Summe öffentlicher Dienst: 697T
Summe Häusliche Dienste: 1.426T
Summe Gesamt: 6.527T

Für die Beurteilung einer strukturellen Verschiebung, bei dem zu vermerkenden Anstieg der absóluten Zahlen, fehlen mir die Vergleichsgrößen vom Juni 1933. Ein Anhaltspunkt mögen die registrierten arbeitslosen Frauen nach Berufsgruppen sein, Stand 16. Juni 1933:
Summe Industrie+Handwerk: 540T
Summe öffentlicher Dienst: ??? (Angestellte 183T)
Summe Häusliche Dienste: 228T
Summe Ungelernte: 167T
Summe Gesamt: 1.128T


Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Hitler finanzierte eine Staatskonjunktur; die Senkung der Arbeitslosenzahlen 1933/36 hat recht wenig mit diesem Anteil der Staatskonjunktur zu tun, noch weniger mit dem Rüstungsaspekt. Die angestrebte nennenswerte Verdrängung von Frauen aus dem Berufsleben gelang nur sehr kurzzeitig, ohne nachhaltigen Effekt. Der Konjunkturverlauf des Deutschen Reiches 1933/36 verlief mit staatlichen Anschüben nur geringfügig besser als in den übrigen Ländern.
 
Aber genau um diese Kurzzeitigkeit geht es doch auch ... es war sicherlich genau dieser "Anfangserfolg" in Bezug auf die Arbeitslosigkeit, der Hitler zu einem Teil seines "Ansehens" in der Bevölkerung verhalf.

Natürlich spielt die Verdrängung der Frau da insgesamt eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu Rüsung, Arbeitsdienst, Mefo-Wechsel und internationalem Abklingen der Krise. Aber immerhin ...

Ich such übrigens noch noch der Stelle, an der ich gelesen haben, dass Hitler eben auch die Statisktiken insofern "gefälscht" hat, als er Frauen wenigstens z.T. gar nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik führen ließ (wenn man eben Frauen gemäß Ideologie gar nicht in Arbeitsverhältnissen haben will, sind sie auch gar nicht "arbeitslos" - man streiche sie aus der Statistik und man hat sofort eine beträchtliche Zahl von Arbeitslosen weniger). Leider kann ich die Stelle im Moment nicht finden - vielleicht stimmt diese Information auch gar nicht so ... ich war mir allerdings recht sicher (aber jeder täuscht sich halt mal).

Übrigens: Könntest Du mir sagen, woher Du Deine Zahlen hast - diese Aufschlüsselung kenne ich noch gar nicht, trotz Suchens ;)
 
Aber genau um diese Kurzzeitigkeit geht es doch auch ... es war sicherlich genau dieser "Anfangserfolg" in Bezug auf die Arbeitslosigkeit, der Hitler zu einem Teil seines "Ansehens" in der Bevölkerung verhalf.
Da haben wir dann aneinander vorbei geredet. Mir ging es um die Vorkriegs-Wahrnehmung insgesamt und das, was davon nach 1945 "nachhallte". Da würde ich den Zeitraum nicht eng begrenzen.



Übrigens: Könntest Du mir sagen, woher Du Deine Zahlen hast - diese Aufschlüsselung kenne ich noch gar nicht, trotz Suchens ;)
Ausschließlich Statistische Jahrbücher des Deutschen Reiches.
Deren Ausgaben ab 1939 sind als "vertraulich" bzw. "geheim" klassifiziert, von daher halte ich Fälschungen eher für unwahrscheinlich. Erfahrungsgemäß funktionierte die "deutsche Statistik'" von Parteiangelegenheiten über die Ökonomie bis zur Wehrmacht, von unabsichtlichen sachlichen Fehlern oder Erfassungsvorgaben einmal abgesehen. Erfaßt wurde erstmal alles, die Propaganda ist dann ein zweites.
 
Ich such übrigens noch noch der Stelle, an der ich gelesen haben, dass Hitler eben auch die Statisktiken insofern "gefälscht" hat, als er Frauen wenigstens z.T. gar nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik führen ließ (wenn man eben Frauen gemäß Ideologie gar nicht in Arbeitsverhältnissen haben will, sind sie auch gar nicht "arbeitslos" - man streiche sie aus der Statistik und man hat sofort eine beträchtliche Zahl von Arbeitslosen weniger). Leider kann ich die Stelle im Moment nicht finden...

Veilleicht in diesem Thread, Stichwort Ehestandsdarlehen: http://www.geschichtsforum.de/f66/w...ie-arbeitslosen-im-dritten-reich-unter-22976/
 
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