Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit?

DerGeist

Aktives Mitglied
Da ich nun schon etwas länger in diesem Forum aktiv bin, ist mir besonders bei Diskussionen über das Problem der Indogermanen aufgefallen, das sehr viele Forumsteilnehmer eigentlich nur die Ideen von M. Gimbutas vertreten und sehr dogmatisch daran festhalten:
Vrgl. folgende Beiträge, als Beispiel:
http://www.geschichtsforum.de/f22/die-wave-advance-theorie-20664/index2.html
Beitrag 26,28,32,38-41,59

Ich möchte hier als eine weitere Gegenposition den Artikel von Alexander Häusler im Reallexikon der Germanischen Altertumskunde in Auszügen vorstellen.

"[...] Bei einer Auswertung aller weiter oben angeführten Gesichtspunkte entfällt auch die Basis der Wahle/Güntert/Gimnutas-Konzeption . Diese geht davon aus, daß im Neol/Äneol. aus den Steppenregionen zw. Ural und Karparten, insbesondere aus dem n-pontischen Steppen, kriegerische Reiternomaden aufgebrochen seien (Träger der Ockergrabkultur, nach Gimbutas Kurgankultur), um in einer oder mehreren Wellen weite Teile Mittel- und Nordeuropas (d.h. die Siedlungsgebiete der späteren Kelten, Slawen, Germanen und Balten, aber auch der Hellenen) zu erobern und zu besetzen.
Dafür liegen weder anthrop. noch arch. Hinweise vor. Hier spricht alles für eine kontinuierliche Entwicklung der alteingesessenen Bevölkerung vom Mesol./Neol. bis zum Zeitpunkt der in diesen Gebieten schriftlich bezeugten Einzelvölker. Ein von Gimbutas vermuteter Zusammenstoß zweier Welten, einer friedliebenden, von Priesterinnen regierten Ackerbaubevölkerung von Alteuropa und militanten, patriarchalisch organisierten Reiternomaden oder Hirten, ausgerüstet mit neuartigen Waffen aus Arsenbronze, ist nicht mehr als eine Fiktion .[...]
[...]Bei den bisher genannten Konstruktionen, die aus verschiedenen zeitlich weit auseinanderliegenden, zumeist aber relativ späten schriftlichen Quellen
abgeleitet werden, bleibt offen, in welchen Jt. die betreffenden kulturellen und sozialen Erscheinungen existiert haben sollen und ob sie im Neol., der vermutlichen Zeit der Entstehung einer idg. Sprachkontinums, eine reale Basis gehabt haben könnten.
Eine in frühreren Jt. bestehende "Kultur der Indogermanen" ist weder aus sprachlichen noch archäologischen Material abzuleiten. Insbesondere liegen keine archäologisch begründeten Hinweise auf eine "Urheimat der Indogermanen" im Areal der Linienbandkeramik, der n-pontischen Steppenkulturen (Wahle/Güntert/Gimbutas-Konzeption), in der Halaf-Kultur Vorderasiens oder des ältesten Neol. in O-Anatolien ( ) vor. Eine Auswanderung (Ausbreitung) der Bevölkerung einer "Urheimat der Indogermanen" aus einer der in Anspruch genommenen "Urheimaten" (z.b. aus N-Mesopotamien ins Siedlungsgebiet der Germanen und Kelten,[...]) findet weder im anthrop. noch im archäologischen Material eine Stütze .
Ebenso fehlen alle Hinweise für die Annahme der Art, daß Missionare, Händler oder Angehörige einer kriegerischen Elite, Jungmannschaften und dgl. im Neol./Äneol., die Kenntnis der idg. Grundsprache, direkt oder in mehreren Schüben, in den weiten Räumen Eurasiens verbreitet haben könnten." Häusler 2000, S.406/407
A. Häusler, Indogeramische Altertumskunde, In: Hrsg.: Beck, Heinrich / Geuenich, Dieter / Steuer, Heiko, Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Bd. 15, 2000, S. 402-408
 
Danke für diese Quelle! Da bekommen wir "Minderheit", die sich im Prinzip an Collin Renfrew und ähnlich Gläubige anlehnt, doch gleich wieder Oberwasser!
 
Renfrew Thesen stehe ich im Prinzip, ebenfalls kritisch gegenüber, vrgl.:
http://www.geschichtsforum.de/315479-post32.html
Zitat aus Brather.

Der ganze Artikel aus dem Reallexikon ist gut und lesenswert.
Einfach mal kopieren, die Reihe sollte es an jedem Archäologischen Seminar geben.

wenn ich das richtig verstanden habe, bist du der Meinung, dass keine Aussagen über nicht schriftlich fixierte Sprachen gemacht werden können, vor allem keine Zuordnung zu archeologischen Funden?

Was ist dann aber mit der mündlichen Überlieferung, die es in allen Kulturen gibt?
 
Was ist dann aber mit der mündlichen Überlieferung, die es in allen Kulturen gibt?
Und welche mündliche Überlieferung kann man sinnvoll in die Zeit der "Indogermanisierung" übertragen?
Der Wanenkampf wurde zwar immer wieder aufgeführt, allerdings gibt es vor der Edda keinen Hinweis auf eine Götterfamilie der Wanen. Es scheint sogar eher so, dass Snorri sie selbst dazu stilisiert hat. Außerdem kann man wohl nicht ernsthaft erwarten, dass sich ein derartiges Ereignis 3000 Jahre lang in der mündlichen Überlieferung gehalten hat.


Forumsteilnehmer eigentlich nur die Ideen von M. Gimbutas vertreten und sehr dogmatisch daran festhalten
Das ist leider wirklich die normale Praxis. Obwohl in der aktuellen Forschung einige Theorien (jetzt nicht unbedingt die Kurgan-These) schon längst als widerlegt gelten, halten sie sich noch Jahrzehnte außerhalb der Forschung.

Die Kurgan-These ist sogar dermaßen prägend, dass es keine richtige Interpretation der Funde gab, sondern eher, dass die archäologischen Kulturen so angeordnet wurden, dass es zur Kurgantheorie passt (entsprechend der von Brather angesprochenen Denkraster).

Ich wundere mich zum Beispiel immer noch wie die Mykener plötzlich zu Indogermanen geworden sind. Die Sprache ist klar zuzuweisen und es gab in der archäologischen Quellenlage seit dem Neolithikum kein Ereignis das eine Einwanderung zwingend belegen kann, aber trotzdem wird zwanghaft bestritten, dass die Sprache evtl. wirklich einfach von den Bauernkulturen übernommen wurden. (Man muß ja jetzt nicht so weit gehen und auch gleich die Entwicklung der germanischen und keltischen Sprache auf die Bandkeramiker zurückführen.)

Auch verwundert mich aus welchem Grund die Sprecher des anatolischen Zweiges der indogermanischen Sprachgruppe erst in Anatolien einfallen mußten. Immerhin sprechen bis auf die Hattier im Nordosten alle durch die ersten Quellen fassbaren Völker Indogermanisch, wobei ihre Sprache näher miteinander verwandt zu sein scheint als mit den Sprachen außerhalb Anatoliens.

Auch der Ansatz die Schnurkeramikkultur als Nachfolgekultur der Kurganvölker zu deklarieren hängt doch an einem seidenen Faden. Die deutlichen Kulturveränderungen traten nur im Bereich der füheren Bandkeramikkulturen auf. In dem Entstehungsbereich der Schnurkeramikkultur scheint sie aus der alten Bevölkerung hervorgegangen zu sein. Der scheinbare Wandel kam durch die Einführung des Pfluges und des Wagens. Außerdem wurde die Verzierungsform der Kurgankultur, die Schnurverzierung auf dem Wagengeschirr, übernommen und die schnurverzierten Kugelamphoren geschaffen. Wegen der Übernahme der "Trinkzeremonie" aus Südosteuropa kam es dann wohl zur Schaffung der typischen Trinkbecher der Schnurkeramikkultur. Die typischen Grabhügel wurden aber natürlich nicht übernommen, was man aber doch zumindest von einer neuen Herrenschicht erwarten sollte. (In der ungarischen Tiefebene gab es im Gegensatz dazu eindeutig Enklaven der Kurgankultur, die scheinbar friedlich neben der alten Bauernkultur siedelte und schließlich ab ca. 2500 mit dieser verschmolz).



Um aber noch auf die Frage des Thementitels zu kommen. Wenn man die Indogermanen nach ihre Sprache definiert, muß man natürlich sagen, dass die "Indogermanen" wirklich existieren. Es wird allerdings einfach immer wieder mißverstanden, dass sie nur eine Sprachgruppe darstellt und man sie keiner ethnische Einheit (auch keiner Herrenschicht) oder archäologischen Kultur zuordnen kann.
 
Und welche mündliche Überlieferung kann man sinnvoll in die Zeit der "Indogermanisierung" übertragen?
Der Wanenkampf wurde zwar immer wieder aufgeführt, allerdings gibt es vor der Edda keinen Hinweis auf eine Götterfamilie der Wanen. Es scheint sogar eher so, dass Snorri sie selbst dazu stilisiert hat. Außerdem kann man wohl nicht ernsthaft erwarten, dass sich ein derartiges Ereignis 3000 Jahre lang in der mündlichen Überlieferung gehalten hat.

Mein Einwand bezog sich auf mündliche Überlieferung im allgemeinen, ich wollte damit sagen: wenn @Geist/@witege mit dem Thementitel ausdrücken wollen, dass weder Renfrews Anatolientheorie noch Gimbutas Kurgantheorie noch eine andere Dazwischentheorie einen Aussagewert für die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen haben, weil man Funde beweisbar keiner Sprache zuordnen kann, dann verkürzen sie die Sprachentwicklung auf die geschriebene Sprache.

Das ist leider wirklich die normale Praxis. Obwohl in der aktuellen Forschung einige Theorien (jetzt nicht unbedingt die Kurgan-These) schon längst als widerlegt gelten, halten sie sich noch Jahrzehnte außerhalb der Forschung.

Die Kurgan-These ist sogar dermaßen prägend, dass es keine richtige Interpretation der Funde gab, sondern eher, dass die archäologischen Kulturen so angeordnet wurden, dass es zur Kurgantheorie passt (entsprechend der von Brather angesprochenen Denkraster).

Ich wundere mich zum Beispiel immer noch wie die Mykener plötzlich zu Indogermanen geworden sind. Die Sprache ist klar zuzuweisen und es gab in der archäologischen Quellenlage seit dem Neolithikum kein Ereignis das eine Einwanderung zwingend belegen kann, aber trotzdem wird zwanghaft bestritten, dass die Sprache evtl. wirklich einfach von den Bauernkulturen übernommen wurden. (Man muß ja jetzt nicht so weit gehen und auch gleich die Entwicklung der germanischen und keltischen Sprache auf die Bandkeramiker zurückführen.)

Auch verwundert mich aus welchem Grund die Sprecher des anatolischen Zweiges der indogermanischen Sprachgruppe erst in Anatolien einfallen mußten. Immerhin sprechen bis auf die Hattier im Nordosten alle durch die ersten Quellen fassbaren Völker Indogermanisch, wobei ihre Sprache näher miteinander verwandt zu sein scheint als mit den Sprachen außerhalb Anatoliens..

M.W. gibt es nur wenige Begriffe aus der hattischen Sprache, die durch ihre Übernahme in die religiösen Riten der Hethiter schriftlich fixiert wurden. Andererseits werden die Hattier meist als alteingesessene Bevölkerung Anatoliens bezeichnet, überschichtet von den Hethitern, deren Wanderungsbewegung sehr widersprüchlich erscheint. Ist es denn vorstellbar, dass die Hethiter in Südanatolien / Kanesch saßen und die Hatti sich von Nordosten ausbreiteten und nach einer frühen Dominanzphase wieder von den erstarkten einheimischen Hethitern zurückgedrängt wurden, wobei einiges ihrer Religion erhalten blieb.......allles Spekulation????

Auch der Ansatz die Schnurkeramikkultur als Nachfolgekultur der Kurganvölker zu deklarieren hängt doch an einem seidenen Faden. Die deutlichen Kulturveränderungen traten nur im Bereich der füheren Bandkeramikkulturen auf. In dem Entstehungsbereich der Schnurkeramikkultur scheint sie aus der alten Bevölkerung hervorgegangen zu sein. Der scheinbare Wandel kam durch die Einführung des Pfluges und des Wagens. Außerdem wurde die Verzierungsform der Kurgankultur, die Schnurverzierung auf dem Wagengeschirr, übernommen und die schnurverzierten Kugelamphoren geschaffen. Wegen der Übernahme der "Trinkzeremonie" aus Südosteuropa kam es dann wohl zur Schaffung der typischen Trinkbecher der Schnurkeramikkultur. Die typischen Grabhügel wurden aber natürlich nicht übernommen, was man aber doch zumindest von einer neuen Herrenschicht erwarten sollte. (In der ungarischen Tiefebene gab es im Gegensatz dazu eindeutig Enklaven der Kurgankultur, die scheinbar friedlich neben der alten Bauernkultur siedelte und schließlich ab ca. 2500 mit dieser verschmolz).



Um aber noch auf die Frage des Thementitels zu kommen. Wenn man die Indogermanen nach ihre Sprache definiert, muß man natürlich sagen, dass die "Indogermanen" wirklich existieren. Es wird allerdings einfach immer wieder mißverstanden, dass sie nur eine Sprachgruppe darstellt und man sie keiner ethnische Einheit (auch keiner Herrenschicht) oder archäologischen Kultur zuordnen kann.

Es ist doch aber richtig, dass die indoeuropäischen Sprachen eine gewisse Ähnlichkeit miteinander haben, die man nicht allein mit der Nachbarschaft der heutigen Sprecher erklären kann und die nur aus einer Phase ohne schriftliche Zeugnisse stammen kann.
Da ist es doch verständlich, dass die menschliche Neugierde versucht Verbindungen zwischen der heutigen Verbreitung und frühgeschichtlichen Wanderungen / Ausbreitung von Ideen herzustellen, zumal es geschichtlich dokumentierte Analogien gibt (Ausbreitung während Kolonialzeit, ich weiß, nicht wirklich vergleichbar, weil schriftlich).
Gibt es vielleicht andere Sprachgruppen in der Frühgeschichte, die man als Vergleich heranziehen könnte, die indoeup. Sprache ist leider etwas ideologiebelastet?

Den wissenschaftlichen Ansatz, Sprachen, Arch. Funde und Bevölkerungsgruppen zu trennen finde ich, als Laie etwas theoretisch, da die Artefakte, Gräber, Keramikscherben doch von Menschen hinterlassen wurden, die gesprochen haben, wir können es nur leider nicht mehr hören, in diesem Sinne war mein Einwand mit der mündlichen Überlieferung gemeint.
 
wenn @Geist/@witege mit dem Thementitel ausdrücken wollen, dass weder Renfrews Anatolientheorie noch Gimbutas Kurgantheorie noch eine andere Dazwischentheorie einen Aussagewert für die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen haben, weil man Funde beweisbar keiner Sprache zuordnen kann, dann verkürzen sie die Sprachentwicklung auf die geschriebene Sprache.
Genau das ist der Punkt !
Alle vorgestellten Theorien (Gimbutas,Renfrew...) lassen sich schwerlich am archl. Material belegen.

Genau deswegen ist auch dein Einwand auf die geschriebene Sprache richtig, denn erst ab diesen Zeitpunkt sind uns die Wörter überliefert, alles was für die Zeiten vor der ersten schriftlichen Überlieferung postuliert wird, ist reine Spekulation.
Vrgl. die Diskussion von mir ElQuijote in diesem Thema:
http://www.geschichtsforum.de/f82/kalender-der-germanen-20117/
 
...weil man Funde beweisbar keiner Sprache zuordnen kann, dann verkürzen sie die Sprachentwicklung auf die geschriebene Sprache.
Jetzt habe ich verstanden was du meinst. Du meinst also nicht die mündliche Überlieferung, sondern einfach den Aussagewert der Wörter einer erschlossenen Ursprache. Aber genau da werden die Spekulationen doch so groß, dass man quasi immer das Ergebnis bekommt, das man selber möchte. Bei vielen Indogermanischen Sprachen sind so wenige Wörter bekannt, dass man die gewonnen Kenntnisse nicht einfach auf alle ausweiten darf. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, welche Wörter der Ursprache die Kurgantheorie stützen sollen (Dieter hat einmal ein paar aufgezählt, wie Wagen usw. und dass es kein gemeinsames Wort für Getreide oder so gäbe), aber diese könnten , falls sie auch wirklich in allen und nicht nur in den großen bekannten Sprachen verwendet werden, durch Übernahme der Wörte geschehen sein.

Es wird doch nur versucht für alle Sprecher der Indogermanischen Sprache eine mögliche Einwanderungszeit zu erdichten. Es gibt allerdings einfach zu viele Möglichkeiten. Ob jetzt schon die Mesolithiker (obwohl unwahrscheinlich), die Bandkeramiker, die Schnurkeramiker oder erst die Träger der Urnenfelderkultur die indogermanische Sprache nach Mitteleuropa brachten ist absolut unaufklärbar.


Ist es denn vorstellbar, dass die Hethiter in Südanatolien / Kanesch saßen und die Hatti sich von Nordosten ausbreiteten und nach einer frühen Dominanzphase wieder von den erstarkten einheimischen Hethitern zurückgedrängt wurden, wobei einiges ihrer Religion erhalten blieb.......allles Spekulation????
Klar warum nicht. Oder die Hethiter kamen einfach von Süden und unterwarfen die einheimischen Hatti. Klingt auf jeden Fall einfacher als die umständliche Kurgan-Theorie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es vielleicht andere Sprachgruppen in der Frühgeschichte, die man als Vergleich heranziehen könnte, die indoeup. Sprache ist leider etwas ideologiebelastet?
Sehe ich genau so, und deshalb weise ich ja gelegentlich auf Renfrews weitere Sprachexpansionen hin! Es ist nur so, dass die europäischen Sprachwissenschaftler über PIE noch am ausführlichsten Bescheid wissen.

Die anderen Ausbreitungen, die Renfrew mit der Landwirtschaft in Verbindung gebracht hat sind:
- Afro-Asiatisch (von einem Kulturzentrum Nähe Jericho ausgehend, während er die PIE plakativ in die Nähe Catal Hüyüks gerückt hatte)
- Elamo-Dravidisch (was aber an sich schon eine problematische Sprachfamil ist, wenn denn überhaupt)
- Austronesisch, worüber es - auch durch Renfrew angeregt - gründliche Untersuchungen gibt (u.a.: "Wir fahren nach Madagaskar" )
- Niger-Kongo

Andere Sprachfamilien, mit einer Landwirtschaft treibenden Bevölkerung haben nicht so spektakuläre Wanderbewegungen hinter sich (Indopazifisch, Nilo-Saharanisch,...)

Renfrew unterscheidet ganz deutlich die Sprachausbreitung im Rahmen des Ackerbaus und den durch "Elite-Eroberer" (Altai-Sprachen). Indogermanisch war möglicherweise in beiden Phasen beteiligt (Ackerbau: 5 Jtsd, Elite: 2 Jts), was natürlich die Argumentationslage insbesondere in Hinblick auf erschlossene Vorgängersprachen sehr unübersichtlich macht...)
 
Den wissenschaftlichen Ansatz, Sprachen, Arch. Funde und Bevölkerungsgruppen zu trennen finde ich, als Laie etwas theoretisch, da die Artefakte, Gräber, Keramikscherben doch von Menschen hinterlassen wurden, die gesprochen haben, wir können es nur leider nicht mehr hören

Es gibt zwei Wege um eine These zu erstellen die eine bezeichnet man als deduktiven Ansatz, den anderen als induktiven Ansatz. (Vrgl. z.b. Bernbeck, Theorien in der Archäologie (Tübingen,Basel, 1997), S.49ff.

Gimbutas z.b. ging von einer Hypothese aus und suchte dann an den verschiedenen Kulturen ihre Hypothese zu beweisen (eher deduktiv).
Das was du als sehr theoretisch siehst entspricht eher dem induktiven Ansatz.
Man untersucht viele (einzelne) Teile und fängt dann erst an Hypothesen zu formulieren. Also erst wenn man eine mögliche vollständig Datenbasis hat, die nicht schon auf die Hypothese zugespitzt gesammelt wurde.

Der Deduktive Ansatz birgt vor allem die Gefahr von Zirkelschlüssen und wird bei der Formulierung einer ersten Hypothese zumeist vermieden.
 
Der Deduktive Ansatz birgt vor allem die Gefahr von Zirkelschlüssen und wird bei der Formulierung einer ersten Hypothese zumeist vermieden.

ok, ich verstehe was du meinst. Wenden wir das ganze doch mal auf meine "Lieblingsgrabung" Göbekli Tepe an. Induktiv wird zur Zeit gegraben und gesammelt und wissenschaftlich korrekt werden nur sehr vorsichtige Einschätzungen abgegeben. Trotzdem vermute ich, dass alle die damit zu tun haben oder sich nur dafür interessieren mind. eins, wahrscheinlich sogar mehrere Erklärungsmodelle (Schubladen) in ihrem Kopf haben und die Ausgräber abends beim Bier wild darüber spekulieren, einfach weil der menschliche Geist so "tickt". Und da weiß ich dann nicht ob der Unterschied zur deduktiven Methode in der Realität wirklich so groß ist.
 
Ist er ganz sicher nicht :) Ich nenne das, wie es meist geschieht, das Yo-Yo-Prinzip.

In Veröffentlichungen wird der Erkenntnisweg immer noch selten dargestellt, früher war es sogar verpönt. In meinem Gebiet, der Mathematik - dem einzig deduktiven, das es überhaupt gibt - werden Erkenntnisse in der Regel auch erst einmal induktiv angegangen ("Nehmen wir mal ein paar Beispiele..."). Der später dargestellte "Beweis" enthält diese Komponente nicht mehr. Das ist das große Leid des angehenden Mathematikstudenten. Er fragt sich immer: "Wie kommt man da bloß darauf?"
 
An den Schreiber der Bewertung:
es lassen sich überhaupt keine Hypothesen zu den Proto-Indoeuropäern archäologisch belegen - weder Gimbutas, noch Renfrew, noch sonstwer!
Genau das habe ich auch gesagt und genau das ist meine Meinung, warum bewertest du mich dann negativ ?
 
Zitat:"Außerdem kann man wohl nicht ernsthaft erwarten, dass sich ein derartiges Ereignis 3000 Jahre lang in der mündlichen Überlieferung gehalten hat."

Hmm, von den austral. Ureinwohnern ist bekannt das sie Ereignisse überlieferten ( Wegfall der Landbrücke, usw) die wesentlich älter als 3000 Jahre sind.
 
Bein den austral. Ureinwohnern muss man aber auch in Blick behalten, dass sie bis zur Ankunft der Europäer weitestgehend isoliert lebten.
Während der Raum der als Indogerm. angesehen wird, eigentlich ständig in Bewegung war.
 
Ob die Überlieferungen der Aborigenes wirklich die Erinnerung an reale Ereignisse vor weit über 3000 Jahren wiedergeben, kann man diskutieren.

Oder bringt man die nordische Überlieferung vom Fimbulwinter ernsthaft mit der Eiszeit in Verbindung?
 
Obwohl es eine ähnliche Überlieferung auch den den Hethitern gibt, denke ich das nicht.
Aber es ist schon auffällig das es Überlieferungsinhalte gibt die in den alten indogerm. Völkern vom Ganges bis Irlands Küsten immer wieder vorkommen. Wanen vs. Asen ; Titanen vs. Olympier; Asuras vs. Götter , die zwei Aspekte der Demeter bzw. Frigg/Hel bzw Devi/ Kali usw. Ja und ,der Blitzeschleuderne Thor/Zeus/Indra
 
Wegen vielerlei eigentlich unglaublicher Ähnlichkeiten halte ich auch viel von der Theorie eines gemeinsamen Ursprungs vieler Mythen. Dies muss nicht notwendigerweise an die Sprachausbreitung oder Übernahme gekoppelt sein. Die Sumerischen Mythen gibt es praktisch 1-zu-1 auf Sumerisch, Akkadisch, sowie in anderen semitischen Sprachen...

In der Erzähltradition gibt es mehre Effekte, praktisch analog zur biologischen Genetik:
- normal ist die fehlerfreie Tradierung
- Spontane Ausschmückung, die nicht notwendigerweiser tradiert werden
- Rationalisierungen entsprechend dem aktuellen Weltbild
- Einbettung anderer ähnlicher oder kontrastierender Geschichten
- Adaption an aktuelle Ereignisse/Situationen
Fehlen großartige Einschnitte und bleibt das Weltbild konstant, dann sollten mündliche Überlieferungen eigentlich sehr präzise sein. Was natürlich nichts mit dem Wahrheitsgehalt des tradierten Inhalts zu tun haben muss :)
 
Der Wanenkampf wurde zwar immer wieder aufgeführt, allerdings gibt es vor der Edda keinen Hinweis auf eine Götterfamilie der Wanen.

Da keine schriftlichen Überlieferungen vor der Edda existieren, ist es völlig ungewiss, wie weit der Mythos vom Wanenkampf zurückreicht. Dass die indoeuropäischen Götter auf eine uralte Schicht zurückgehen, ist jedenfalls unbestritten. Bekanntlich entspringt der Name "Zeus" derselben indogermanischen Wortwurzel wie lat. deus (Gott), germ. *Tiwaz und vedisch-altind. deva (Dyaúh pitá), die Ausdruck eines gemeinsamen indogermanischen Gottesbildes ist und auf einen in der Grundsprache erschlossenen indoeuropäischen Himmelsgott "deiwos" zurückgeht.

Dass es sich bei allem, was wir hier diskutieren, nur um Spekulationen handeln kann, ist völlig klar. Das gilt auch für den berühmten "Wanenkrieg", der von einigen als Ausdruck einer Auseinandersetzung zwischen kriegerischen indoeuropäischen Göttern und einer alteingesessenen bäuerlichen Schicht von Fruchtbarkeitsgottheiten gedeutet wird. Das alles hat natürlich nur Gültigkeit unter der Voraussetzung, dass man eine autochthone neolithische Bauernbevölkerung postuliert, die im 3. Jahrtausend v. Chr. von einer indoeuropäischen Population überschichtet wird, die man als halbnomadische kriegerische Hirten und Viehzüchter bezeichnen könnte.

Schlüssig "beweisen" lassen sich derartige Hypothesen nicht und natürlich gibt es auch andere Erklärungsmodelle für den Wanenkrieg.

Das ist leider wirklich die normale Praxis. Obwohl in der aktuellen Forschung einige Theorien (jetzt nicht unbedingt die Kurgan-These) schon längst als widerlegt gelten, halten sie sich noch Jahrzehnte außerhalb der Forschung.

Als "widerlegt" gilt überhapt nichts, da bis zum heutigen Tage keine der Hypothesen, die sich mit den Indoeuropäern beschäftigen, allgemeine Anerkennung gefunden hat. Seriöse Forscher meiden inzwischen überhaupt das "Indogermanenproblem", da keine Hypothese eindeutig durch archäologische Funde untermauert werden kann. Und das wird vermutlich auch so bleiben.

Etwas anderes ist es, sich mit den Hypothesen einer möglichen "Urheimat" der Indoeuropäer auseinanderzusetzen, und zu überlegen, welche der zahlreichen Hypothesen einem wahrscheinlicher, und welche eher unwahrscheinlich erscheint. Das alles vor dem Hintergrund einer prinzipiell unbeweisbaren archäologischen und linguistischen Sachlage.

Die Kurgan-These ist sogar dermaßen prägend, dass es keine richtige Interpretation der Funde gab, sondern eher, dass die archäologischen Kulturen so angeordnet wurden, dass es zur Kurgantheorie passt (entsprechend der von Brather angesprochenen Denkraster).

Die Kurgan-Hypothese wird zwar vielfach vertreten, ist jedoch längst nicht die einzige bis heute diskutierte Hypothese. So wird z.B. die "Alteuropa"-Hypothese vertreten, nach der sich die ethnische Situation Mitteleuropas seit dem Mesolithikum nicht gewandelt habe und die "Urheimat" der Indoeuropäer somit in Zentraleuropa zu suchen sei. Diese These wurde übrigens auch von den Nationalsozialisten vertreten, die eine "asiatische Überfremdung" schon aus ideologischen Gründen ablehnen mussten.

Daneben gibt es die bekannte Renfrew-Hypothese, nach der die Indoeuropäer identisch sind mit den frühen Ackerbauern, die sich seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. von Anatolien herkommend kolonisierend über den Balkan nach Norden ausbreiteten.

Das sind also die heute im wesentlichen vertretenen Hypothesen:

1. Kurgan-Hypothese

2. Alteuropa-Hypothese

3. Frühneolithische Hypothese

Daneben gibt es auch Stimmen, die eine "Urheimat" überhaupt ablehnen und lediglich kulturelle Kontakte zwischen Stämmen postulieren. Allerdings macht eine Distanz von Mitteleuropa bis nach China dieses Szenario eher unwahrscheinlich.

Ich wundere mich zum Beispiel immer noch wie die Mykener plötzlich zu Indogermanen geworden sind. Die Sprache ist klar zuzuweisen und es gab in der archäologischen Quellenlage seit dem Neolithikum kein Ereignis das eine Einwanderung zwingend belegen kann ...

Oh doch, ein solches Ereignis gab es, und zwar in Verbindung mit einem ausgedehntem Brandhorizont bzw. einer Zerstörungsschicht von Frühhelladisch II (etwa 2300-2200 v. Chr.), wie Ausgrabungen u.a. in Lerna und anderswo zeigten. Gleichzeitige Veränderungen sind aus Westanatolien bekannt. In Troja erschienen neue Elemente in der Mitte von Troja II, als Troja IIc bezeichnet. Um 2300 v. Chr. fiel Troja einer großen Feuersbrunst zum Opfer, in Beycesultan im westlichen Mittelanatolien folgte auf die Zerstörung von Schicht XIII ebenfalls um 2300 v. Chr. der vollständige Zusammenbruch dieser Kultur.

Die Bewegungen der dahinter vermuteten Proto-Indoeuropäer quer durch die Balkanhalbinsel sind durch die Ausgrabungen der letzten Jahrzehnte deutlich geworden.

Im übrigen kenne ich keine Publikation die behauptet, dass die mykenischen Griechen die Ureinwohner Griechenlands seien. Sowohl in Griechenland, als in Italien und Kleinasien nimmt man die existenz einer alten vorindoeuropäischen mittelmeerischen Bevölkerung an, deren Sprachreste überall noch als Substrat fassbar sind. Strittig ist lediglich, ob die um 2200 v. Chr. einwandernden Proto-Griechen bereits indoeuropäische Vorgänger hatten, die aber ihrerseits ebenfalls einwanderten. Ich kann dir hier leider nur einen Wiki-Text anbieten, den du aber in inhaltlich ähnlicher Form in allen mir bekannten Fachpublikationen findest.

Mykener gilt auch als Bezeichnung der bei Homer Achaier genannten griechischen Oberschicht von Hellenen, die sich auf dem Festland Griechenlands niedergelassen hatten und viele minoische Kulturanteile vermutlich aus Kreta und der Ägäis mitbrachten. Sie trafen auf dem griechischen Festland eine vorindogermanische (sogenannte mediterrane) Bevölkerung, aber möglicherweise auch bereits indogermanische Stämme (Thraker?), die früher eingewandert waren (Helladische Kultur), an. Diese wurden unterworfen und assimiliert.

aber trotzdem wird zwanghaft bestritten, dass die Sprache evtl. wirklich einfach von den Bauernkulturen übernommen wurden. (Man muß ja jetzt nicht so weit gehen und auch gleich die Entwicklung der germanischen und keltischen Sprache auf die Bandkeramiker zurückführen.)

Es gilt als sicher, dass sich die um 2200 v. Chr. einwandernden Proto-Griechen im Verlauf eines längeren Prozesses mit der autochthonen Bevölkerung vermischten. Erst aus dieser Verschmelzung gingen griechische Achäer und die mykenische Kultur hervor.

Auch verwundert mich aus welchem Grund die Sprecher des anatolischen Zweiges der indogermanischen Sprachgruppe erst in Anatolien einfallen mußten. Immerhin sprechen bis auf die Hattier im Nordosten alle durch die ersten Quellen fassbaren Völker Indogermanisch,

Dass die Hethiter seit etwa 2200 v. Chr. in Kleinasien einwanderten, ist gängige Lehrmeinung. Ich kenne keine Publikation, die davon ausgeht, dass die Hethiter ein autochthones Volk Kleinasiens seien.

Im 3. Jahrtausend v. Chr. siedelte das vermutlich autochthone Volk der Hattier in Zentral-Anatolien. Mit ihm vermischten sich die Hethiter als neue anatolische Sprachträger, die in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausend v. Chr. wahrscheinlich aus dem Kaukasus in dieses Gebiet einwanderten.

Dass die Hethiter aus dem Kaukasus einwanderten, wie es in dem Wiki-Beitrag heißt, ist so sicherlich nicht korrekt. Vermutlich wanderten sie von Norden entlang des Schwarzen Meers nach Süden, doch gibt es auch die Hypothese einer Einwanderung über den Westen, d.h. den Bosporus.

Auch der Ansatz die Schnurkeramikkultur als Nachfolgekultur der Kurganvölker zu deklarieren hängt doch an einem seidenen Faden. Die deutlichen Kulturveränderungen traten nur im Bereich der füheren Bandkeramikkulturen auf.

Es werden keineswegs nur die Schnurkeraniker mit den Indoeuropäern in verbindung gebracht, sondern auch die Streitaxt-Kultur, die Ockergrab-Kultur und die Fatjanowo-Kultur.

Die ganze Zeit der frühen neolithischen Kulturen ist geprägt von einer außerordentlichen kulturellen Gleichförmigkeit. Diese wurde schlagartig unterbrochen Ende des 3. Jahrtausends mit dem Auftauchen der Schnurkeramiker bzw. Streitaxtkulturen. Es kam zum Zerfall der Trichterbecherkultur und paralleler neolithischer Kulturen, die Beerdigung in Megalithgräbern endete schlagartig, statt der Kollektivbestattung findet man kunftig Einzelgräber und Steinkisten, oftmals mit einem aufgeworfenen Hügel.

Um aber noch auf die Frage des Thementitels zu kommen. Wenn man die Indogermanen nach ihre Sprache definiert, muß man natürlich sagen, dass die "Indogermanen" wirklich existieren. Es wird allerdings einfach immer wieder mißverstanden, dass sie nur eine Sprachgruppe darstellt ...

Es gibt eine hypothetisch erschlossene indoeuropäische "Grundsprache". Also muss es auch Stämme oder Ethnien gegeben haben, die Träger einer solchen Sprache waren. Ob es sich dabei nun um einen Stamm, einen Stammesschwarm oder sogar um ganz unterschiedliche Ethnien gehandelt hat, lässt sich heute nicht mehr entscheiden. Auf jeden Fall konnte man anhand der "Grundsprache" wichtige Kenntnisse über die Gesellschaft, Kultur und die Religion der Proto-Indoeuropäer gewinnen.

Dennoch bleibt vieles Hypothese und Spekulation, denn besonders eine "Urheimat" der Indoeuropäer konnte bislang nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden.
 
Es gibt eine hypothetisch erschlossene indoeuropäische "Grundsprache". Also muss es auch Stämme oder Ethnien gegeben haben, die Träger einer solchen Sprache waren. Ob es sich dabei nun um einen Stamm, einen Stammesschwarm oder sogar um ganz unterschiedliche Ethnien gehandelt hat, lässt sich heute nicht mehr entscheiden. Auf jeden Fall konnte man anhand der "Grundsprache" wichtige Kenntnisse über die Gesellschaft, Kultur und die Religion der Proto-Indoeuropäer gewinnen.
Genau das ist der Punkt an der ganzen Diskussion.

Man geht von einer hypothetischen Grundsprache aus und versucht dann einen hypothetischen Träger dieser Sprache auszumachen.
Das sind mir zuviele hypothetisch Annahmen, für die es archl. und auch sprachwissenschaftlich keine Belege aus der postulierten Zeit der Bildung einer Idg. Kultur gibt.

Die ganze Zeit der frühen neolithischen Kulturen ist geprägt von einer außerordentlichen kulturellen Gleichförmigkeit. Diese wurde schlagartig unterbrochen Ende des 3. Jahrtausends mit dem Auftauchen der Schnurkeramiker bzw. Streitaxtkulturen.
Da machst du es dir zu einfach, alleine schon das Mittelneol. (Rössen,Michelsberg,Baalberg,Trichterbecher Wartberg, etc.) zeigt deutliche Unterschiede in der Keramik, vor allem in den Verzierungen(mustern) aber auch in der Formgebung, sowie bei weiteren kulturellen Elementen.
Die ganze Entwicklung von Bandkeramik bis zur Einzelgrabkultur läßt sich recht zwanglos von einander ableiten.

Die auffallenden Gemeinsamkeiten er Kulturen mit Schnurkeramik, deren Verbreitung immerhin vom Rhein bis in den europäischen Teil Rußlands reichte, dürften aber nicht darüber hinweg täuschen, daß zahlreiche regionale Besonderheiten es unmöglich machen, von einer zusammenhängenden Kultur zu sprechen
D. Raetzel-Fabian: Die ersten Bauernkulturen. Jungsteinzeit in Nordhessen. Vor- und Frühgeschichte im Hessischen Landesmuseum Kassel, Bd. 2, (Kassel,2000), S.149

Als "widerlegt" gilt überhapt nichts, da bis zum heutigen Tage keine der Hypothesen, die sich mit den Indoeuropäern beschäftigen, allgemeine Anerkennung gefunden hat.
Kulturelle Ähnlichkeiten belegen zunächst nichts weiter als Kommunikation oder Austausch von Gütern bzw. Personen; weiteres entzieht sich der Beurteilung durch die Archäologie
Die ,,indoeuropäische Ursprache" stellt zunächst nichts weiter als ein sprachwissenschaftliches Konstrukt dar, das keinen Anspruch auf die Realität einer tatsächlich gesprochenen Sprache und auf gelebte Realität erhebt und auch nicht erheben kann. Zwar steht die -Verwandtschaft" der Einzelsprachen außer Frage, doch ob und wie man sich ein ursprüngliches sprachliches
Kontinuum vorzustellen hat, muß hypothetisch bleiben. Die Suche nach einer
vermeintlichen "Urheimat" ist von vornherein gegenstandslos, weil schon deren Existenz nicht gesichert werden kann, geschweige dem eine auch nur mehr als vage zeitliche und räumliche Ansetzung möglich ist.
 
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