Ist die Bibel verfälscht worden?

In Deinem Beitrag #213 hast Du aber noch behauptet, dass alle vier Evangelien voneinander abkupferten und dass sie aus einer Art Ur-Evangelium entstanden seien. Wie soll denn das gegenseitige Abkupfern ohne schriftliche Fixierung funktioniert haben? Denkst Du, die vier Evangelisten und der Ur-Evangelist sind zusammengesessen, haben sich ihre Versionen erzählt und sie dann aneinander angepasst? Die vier Evangelien sind ja auch über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren verteilt verfasst worden. Außerdem ist insbesondere das Johannesevangelium viel zu sorgfältig ausgearbeitet, als dass es eine bloße Niederschrift einer mündlichen Weitererzählung sein könnte.
 
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In Deinem Beitrag #213 hast Du aber noch behauptet, dass alle vier Evangelien voneinander abkupferten und dass sie aus einer Art Ur-Evangelium entstanden seien. Wie soll denn das gegenseitige Abkupfern ohne schriftliche Fixierung funktioniert haben? Denkst Du, die vier Evangelisten und der Ur-Evangelist sind zusammengesessen, haben sich ihre Versionen erzählt und sie dann aneinander angepasst? Die vier Evangelien sind ja auch über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren verteilt verfasst worden.

Nein, die Geschichte (oder besser gesagt: die Geschichten) wurden parallel weitererzählt in verschiedenen Varianten, was passieren kann bei mündlicher Tradierung.

Außerdem ist insbesondere das Johannesevangelium viel zu sorgfältig ausgearbeitet, als dass es eine bloße Niederschrift einer mündlichen Weitererzählung sein könnte.

Das Johannesevangelium ist eine anspruchsvolle theologische Schrift, die geschaffen wurde und in die Teile aus der synoptischen Sicht integriert wurden. So nach dem Motto: aus zwei Geschichten mach' eine, wobei der eigene Teil eben eine eigene Theologie war.

Die Schriften waren jeweils so ausgearbeitet, dass sie das jeweilige Zielpublikum ansprachen und das von der Schreiberschaft gewünschte Moralverhalten indirekt empfahlen/nahelegten. Klar kommen in allen Schriften die jeweiligen Moralverstellungen der Schreiberschaft zum Zug (und im Falle des Johannesevangeliums noch zusätzlich eine Art "Intellektualisierung").
 
Nein, die Geschichte (oder besser gesagt: die Geschichten) wurden parallel weitererzählt in verschiedenen Varianten, was passieren kann bei mündlicher Tradierung.
Eben! Und auf einer dieser Erzähltraditionen basieren die synoptischen Evangelien, auf einer anderen das Johannesevangelium.

Das Johannesevangelium ist eine anspruchsvolle theologische Schrift, die geschaffen wurde und in die Teile aus der synoptischen Sicht integriert wurden. So nach dem Motto: aus zwei Geschichten mach' eine, wobei der eigene Teil eben eine eigene Theologie war.
Wie stellst Du Dir das praktisch vor? Wenn der Johannesevangelist die synoptischen Evangelien als Quelle benützte, wieso hat er dann nicht wenigstens ihren Geschehensablauf übernommen? Was soll er denn überhaupt den synoptischen Evangelien übernommen haben, wenn er noch nicht einmal den Geschehensablauf als Grundgerüst übernahm, geschweige denn den Erzählstil?
 
Eben! Und auf einer dieser Erzähltraditionen basieren die synoptischen Evangelien, auf einer anderen das Johannesevangelium.

Lies' mal folgendes:
Thomasevangelium ? Wikipedia
Judasevangelium ? Wikipedia

Beide Beispiele zeigen auf, dass man aufgrund einer - bisher bekannten, vorhandenen Geschichte - eine neue Theologie/Lehre aufbauen kann (wie es eben auch beim Johannesevangelium der Fall ist).

Wie stellst Du Dir das praktisch vor? Wenn der Johannesevangelist die synoptischen Evangelien als Quelle benützte, wieso hat er dann nicht wenigstens ihren Geschehensablauf übernommen? Was soll er denn überhaupt den synoptischen Evangelien übernommen haben, wenn er noch nicht einmal den Geschehensablauf als Grundgerüst übernahm, geschweige denn den Erzählstil?

1. Der Erzählstil ist immer vom Author abhängig, jeder Mensch hat seinen eigenen Erzählstil
2. Religiöse Mission: dort geht es um das Verbreiten von Moral- und Wertvorstellungen. Primäres Ziel ist also das Verbreiten von Moral- und Wertvorstellungen. Die Geschichte, worin das Ganze eingeflochten wird ist - etwas salopp gesagt - nur Beigemüse.

Ein Neutestamentsforscher hat mal gesagt, dass die vier Evangelisten am historischen Jesus relativ wenig Interesse haben. Etwas detailliertere Angaben zum allenfalls real damals vorhandenen Jesus findet man bei Lukas (als zwölfjähriger im Tempel, Weihnachtsgeschichte, etc.).
 
Lies' mal folgendes:
Thomasevangelium ? Wikipedia
Judasevangelium ? Wikipedia

Beide Beispiele zeigen auf, dass man aufgrund einer - bisher bekannten, vorhandenen Geschichte - eine neue Theologie/Lehre aufbauen kann (wie es eben auch beim Johannesevangelium der Fall ist).
Das Thomasevangelium und das Judasevangelium sind ungeeignete Vergleichsbeispiele für die Entstehung der kanonischen Evangelien, da sie erst in viel späterer Zeit entstanden, als die kanonischen Evangelien bereits allgemein bekannt waren. Inwieweit der Johannesevangelist die synoptischen Evangelien kannte, ist hingegen eben die Frage.

Ein Neutestamentsforscher hat mal gesagt, dass die vier Evangelisten am historischen Jesus relativ wenig Interesse haben. Etwas detailliertere Angaben zum allenfalls real damals vorhandenen Jesus findet man bei Lukas (als zwölfjähriger im Tempel, Weihnachtsgeschichte, etc.).
Markus und Johannes ging es eben in erster Linie um das Wirken Jesu, das erst mit seiner Taufe durch Johannes den Täufer begann. Jesu Jugend war insofern uninteressant. Matthäus und Lukas verfolgten einen biographischeren Ansatz.
 
Da muss ich widersprechen. Die Logien - Quelle konnte längst rekonstruiert werden und kann in jedem Theologielehrbuch über das Neue Testament nachgelesen werden.
Da muss ich jetzt auch widersprechen - allerdings nur ein bisschen - die Zweiquellentheorie ist eine (wenn auch die verbreitetste) der diskutierten Theorien zur Entstehung der synoptischen Evangelien. Zur Logienquelle gibts hier was nachzulesen: Ueberblick Q-Projekt
 
Um die Diskussion abzukürzen, möchte ich nun doch eine Synopse der wichtigsten und gravierendsten Widersprüche zur Kernbotschaft der Evangelien zur Diskussion stellen.Das sind Widersprüche, die man sich eigentlich gar nicht größer vorstellen kann.

[Mod: Passagen mit religiösen Bekenntnissen gemäß Forenregeln gelöscht:
http://www.geschichtsforum.de/regeln.php ]


Widersprüche der Evangelienberichte zur Kreuzigung und Auferstehung Jesu


Todestag:


Matthäus: erster Tag des Passah (Passahmahl Jesu mit den Jüngern)
Markus: ebenso
Lukas: ebenso
Johannes: Vorabend des Passah


Lanzenstich:


Matthäus: nicht erwähnt
Markus: ebenso
Lukas: ebenso
Johannes: Lanzenstich, Blut und Wasser


Mitgekreuzigte:


Matthäus: verhöhnen Jesus
Markus: Jesus und Mitgekreuzigte schweigen
Lukas: Gespräche zwischen Mitgekreuzigten und Jesus
Johannes: nichts erwähnt


Reichung von Essig:


Matthäus: ja
Markus: ebenso
Lukas: keine Erwähnung
Johannes: ja


Ausruf: „Herr, Herr (= Elohi, nicht: Vater), warum hast du mich verlassen ?!“:


Matthäus: ja
Markus: ebenso
Lukas: keine Erwähnung
Johannes: keine Erwähnung


Erdbeben:


Matthäus: ja
Markus: nicht erwähnt
Lukas: ebenso
Johannes: ebenso


Heilige stehen auf und erscheinen in Jerusalem:


Matthäus: ja
Markus: nichts erwähnt
Lukas: ebenso
Johannes: ebenso


Wundmerkmale:


Matthäus: keine Erwähnung
Markus: ebenso
Lukas: Wundmerkmale an Händen (nicht am Handgelenk wie beim Grabtuch von Turin) und Füßen
Johannes: Wundmerkmale an Händen und Seitenwunde


Zeugen der Grablegung:


Matthäus: Maria aus Magdala; Maria, Mutter des Joses
Markus: ebenso
Lukas: ungenannte Frauen
Johannes: keine Erwähnung


Grabeigentümer Joseph von Arimatäa:


Matthäus: ein Jünger Jesu
Markus: auf das Gottesreich wartender Ratsherr
Lukas: hat beim Beschluss des Rates nicht mitgewirkt
Johannes: ein geheimer Jünger Jesu (stellte für die Salbung 100 Pfund ( = 35 Kilogramm) Gewürze zur Verfügung )


Wer verbrachte Jesum ins Grab?


Matthäus: Josef von Arimatäa
Markus: ebenso
Lukas: ebenso
Johannes: Josef und Nikodemus


ganz anders Paulus:Die Juden nahmen Jesus vom Kreuz
(Apostelgeschichte 13,27-29)


Grabwache zur Verhütung eines Auferstehungsbetruges?


Matthäus: ja
Markus: keine Erwähnung
Lukas: ebenso
Johannes: ebenso




Besucher des leeren Grabes:


Matthäus:Maria Magdalena, die „andere Maria“, ein unter einem Erdbeben erscheinender Engel


Markus: drei Frauen (Maria Magdalena, Maria, Mutter des Jakobus, Salome; Widerspruch zu
Kapitel 15, Vers 47), ein junger Mann


Lukas: drei nicht genannte Frauen,zwei junge Männer; weitererzählt haben: Maria Magdalena,
Johanna,Maria, die Mutter des Jakobus, „die anderen“


Johannes: Maria Magdalena als erste Besucherin,zwei Engel; später Petrus und Johannes


Weshalb kamen die ersten Besucher?


Matthäus: keine Angaben
Markus: Salbung mit Gewürzen (nach Johannes jedoch bereits am Freitagabend erfolgt)
Lukas: brachten Gewürze
Johannes: keine Angaben


Zu welcher Tageszeit kamen die ersten Besucher?


Matthäus: Dämmerung
Markus: sehr früh, gerade Sonnenaufgang
Lukas: frühe Dämmerung
Johannes: früh, noch dunkel


Wie wollten sie ins Grab gelangen?


Matthäus: keine Angaben
Markus: sie wussten es nicht
Lukas: keine Angaben
Johannes: ebenso


Was bemerkten sie zuerst?


Matthäus: Erdbeben; ein Engel vom Himmel wälzte Stein weg, setzte sich darauf; Wächter wie tot


Markus: Stein war weggewälzt


Lukas: ebenfalls


Johannes: ebenfalls; Maria lief zu zwei Jüngern; diese eilten zum Grab; sahen Leinenbinden,
Schweißtuch


Wen sahen sie?


Matthäus:Jüngling, weiß gewandet, rechts sitzend
Markus: ebenso
Lukas: zwei Männer in strahlender Kleidung
Johannes: niemanden; später sah Maria zwei weißgewandete Engel an der Liegestätte


Reaktion:


Matthäus: keine Angaben
Markus: sie erschraken
Lukas: keine Angaben; Blick zu Boden
Johannes:keine Angaben


Gespräche am Grab:


Matthäus: der Engel: Jesus ist auferweckt worden, sagt es den Jüngern, Jesus ist in Galiläa zu
sehen


Markus: der Jüngling: ebendas


Lukas: die Männer: Jesus ist aufgeweckt worden


Johannes: die Engel zur Maria Magdalena: Was weinst du?


Was taten sie danach?


Matthäus: Sie liefen zu den Jüngern
Markus: Sie flohen
Lukas: Sie kehrten offenbar zu den Jüngern zurück
Johannes: Maria Magdalena drehte sich um und sah Jesus


Begegnung mit Jesus?


Matthäus: Jesus kam entgegen, sie umfassten seine Füße (also kein Berührungsverbot), er trug
ihnen auf, es den Jüngern zu sagen und nach Galiläa zu gehen


Markus: keine Angaben im originären Evangelium (der Schluss wurde später angefügt)


Lukas: keine Angaben


Johannes: Maria Magdalena drehte sich vor dem Grabe um und sah Jesus. Er erteilte ihr ein
Berührungsverbot (im Gegensatz zum Matthäusevangelium) und ließ den Jüngern
ausrichten, dass er zum Vater auffahre


Wurde weitererzählt?


Matthäus:keine Angaben


Markus: nein, aus Furcht (Ende des Originalevangeliums);woher hat Markus dann davon erfahren?


Lukas: ja, den „ Elfen und allen übrigen“, diese sagten es den „ Aposteln“. Sie glaubten nicht.Petrus
lief zum Grab, erblickte Leinenbinden.


Johannes: ja, den Jüngern


Spätere Grabbesucher?


Matthäus: keine Angaben
Markus: keine Angaben
Lukas: Petrus (doch 24.24: einige Jünger);Jesus erschien dem Simon Petrus(24.34), wo?
Johannes: Petrus, der „andere Jünger“, Maria Magdalena waren die einzigen Besucher


Spätere Erscheinungen des Auferstandenen?


Matthäus: nur den elf Jüngern auf einem Berg in Galiläa, einige zweifelten


Markus: keine Angaben




Lukas: nur in Jesusalem und Umgebung (Gang nach Emmaus, in Haus in Jerusalem),
nur am Tag der Auferstehung, an diesem auch die Himmelfahrt( im Widerspruch
zu den anderen Evangelien)


In der Apostelgeschichte beschreibt Lukas jedoch weitere Erscheinungen, die Himmelfahrt
erst nach 40 Tagen


Johannes: den Jüngern in Jerusalem am Sonntagmorgen; Begegnung mit Thomas (Vorzeigen
der Wundmerkmale an den Händen, also kein Berührungsverbot)
(Ende des Originals mit Kapitel 20)
Galiläa: aus dem See von Tiberias 153 Fische “gezaubert“
Auftrag an Petrus


Paulus: Jesus sei erschienen dem Kefas, „bei den Zwölfen“,“mehr als 500 zugleich“, Jakobus,
bei allen Aposteln“
Er selbst habe Informationen „empfangen“ (1. Korinther 15), durch „Offenbarung“
(Gal.1.11f)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Bei historischen Texten wirst du änliche Wiedersprüche zu einem Sachverhalt finden.

Außerdem ist das Thema nicht der wahrheitsgehalt der Bibel, sondern ob es ein Original gab welches verfälscht wurde.

Die meisten in disem Forum sind der Meinung das die jetzige Bibel das Original sei.

Und Knut ob es die Kreuzigung gab ist kein Thema eines Geschichtsforums, da Historiker für Übersinnliches nicht zuständig sind.

Und wenn die Jünger die Kreuzigung als Gleichniss sahen, sollten sie als die größten Lügner der Geschichte ein.

Das zentrale Element des Christentums ist die Auferstehung. Ohne Auferstehung ist die Religion für die Katz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ravenik
Das "Ur-Evangelium" ist auch reine Spekulation.

Die gesamte Bibel bestehtaus menschlichen Spekulationen, Erklärungsversuchen und Wunschdenken...
 
Ravenik
Das "Ur-Evangelium" ist auch reine Spekulation.

Die gesamte Bibel bestehtaus menschlichen Spekulationen, Erklärungsversuchen und Wunschdenken...


Aber die Bibel gibt es, wobei bei Urevangelium nicht sicher ist ob es jemals geschrieben wurde.

Außerdem ist die Bibel für sowas die einzige Quelle.

Die Richtigkeit der Bibel ist auch nicht das Thema.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Knut:

Todestag:
Wie gesagt, der genaue chronologische Ablauf und die Datierung sind aus dem Gedächtnis besonders schwer zu rekonstruieren. Das letzte Abendmahl erwähnt aber auch Johannes.

Lanzenstich etc.:
Wenn einer ein Detail erwähnt und die anderen nicht, dann beweist das doch nicht die Unrichtigkeit des Details. Problematisch wäre es nur dann, wenn einer etwas behauptet und ein anderer ausdrücklich das Gegenteil behauptet.
 
Die meisten in disem Forum sind der Meinung das die jetzige Bibel das Original sei.
Nein, wie kommst du denn darauf?

Und wenn die Jünger die Kreuzigung als Gleichniss sahen, sollten sie als die größten Lügner der Geschichte ein.
Von den Jüngern spricht doch hier keiner, es geht um die Evangelisten und die Evangelisten sind nicht gleichzusetzen mit den Jüngern.

Ich beziehe mich insbes. auf Klaus Stefan Krieger,Was sagte Jesus wirklich?,Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach (!!!!!!!!)
Ja und? Ich beziehe mich eben nicht auf die Einführungsliteratur zum Thema sondern auf den Rekonstruktionsversuch himself. Trotzdem bleibt es eine von mehreren Theorien.
 
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