Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Ich schließe mich insoweit Hermundure an, als dass es sich wahrscheinlich um kein Opfer (im Sinne einer Opfergabe) handelte. Denkbar wäre, wenn der Befund das hergibt, dass einer der in Gruben hingerichteten Römer verschüttet und nicht geborgen wurde. Was auch immer tatsächlich passiert ist: Wir haben hier einen herausragenden Fund der selbst in Kalkriese, das ja an sich schon ein herausragender Fundort ist, heraussticht.
 
Kalkriese ist eine Zeitkapsel. Meist sehen wir Fundstücke in Bruchteilen, die irgendwo auf einer langen Zeitachse einzuordnen sind und meist keinen zeitgleichen Kontext haben.

Hier aber sind es Funde die wie in Pompeji aus einer Zeit stammen, alle miteinander zusammenhängen, und ein weltgeschichtliches Ereignis berühren.
 
Ich tippe immer noch auf das Gefecht des Tiberius gegen die Brukterer, welches bei Sueton beschrieben wird

Bei Sueton wird kein Gefecht des Tiberius gegen die Brukterer beschrieben.
Du wurdest schon öfter auf diesen Irrtum hingewiesen.

Es war ein einziger Brukterer, der versucht hat, Tiberius zu ermorden.
Und das nicht während des Feldzugs, sondern nach Abschluss des Feldzugs.

Der einzelne Brukterer muss ja in Kalkriese schlimm gewütet haben...


Sed re prospere gesta non multum afuit quin a Bructero quodam occideretur, cui inter proximos versanti et trepidatione detecto tormentis expressa confessio est cogitati facinoris.
 
Nochmal, beide o.g. Gegenstempel (CA58 und TIB193) gibt es in keinem der rechtsrheinischen Lager nördlich der Mittelgebirgsschwelle - auch nicht in Anreppen, welches ja um 4/5 n. Chr. (?) bestanden hatte. Da beide Stempel zudem nicht im Hauptlager in Haltern und der Zivilsiedlung Waldgirmes vorkommen, aber in den linksrheinischen Lagern wie Nimwegen, Neuss, Köln, Mainz, Vindonissa etc., lässt das nur einen Schluss zu - das Ereignis in Kalkriese muss nach Varus stattgefunden haben, jedoch vor Germanicus. Wenn der Stempel TIB193, wie U. Werz behauptet, bereits ab 4 n. Chr. geschlagen worden wäre, dann hätten wir diesen in Haltern und auch in Waldgirmes. Denn der VAR-Gegenstempel, welcher erst ab 7 n. Chr. geschlagen worden ist, findet man ja auch in Haltern und Waldgirmes (inkl. selbstverständlich auch in Kalkriese). Zudem wissen wir doch, dass Waldgirmes noch zum Jahreswechsel (9/10 n. Chr. - Dendro-Datum der Holzleiter) bestanden hatte.

@Sepiola

das es Kämpfe (proelia) gegeben hat, wird von Sueton berichtet. Die Annahme, dass Brukterer einst an den Kämpfen gegen Tiberius beteiligt sein könnten, ist meine Schlussfolgerung. Diese resultiert daraus, dass jene noch später von den Truppen des Germanicus heimgesucht werden. Schließlich fand man ja auch bei ihnen den Adler der XIX. Legion. Vielleicht lag das bestreben den Adler wieder in die Hände zu bekommen schon unter Tiberius (11/12 n.Chr.), welcher, auch das ist meine Vermutung, unglücklich agierte. Denn Tacitus sagt ja, dass weder Augustus, noch Tiberius in Germanien was ausgerichtet hätten.

Zitat: "da sie (die Germanen) nun dies abgeschüttelt hätten, nun jener als Gott verehrte Augustus, jener auserkorene Tiberius fruchtlos abgezogen seien..."

Hieraus erkennt man schon, dass die Erfolge des Tiberius (9-12 n.Chr.) faktisch null waren. Ich will aber nicht weiter ausholen, da das nichts bringt. Ich konzentriere mich lieber auf die Archäonumismatik.
 
Nochmal, beide o.g. Gegenstempel (CA58 und TIB193) gibt es in keinem der rechtsrheinischen Lager nördlich der Mittelgebirgsschwelle - auch nicht in Anreppen, welches ja um 4/5 n. Chr. (?) bestanden hatte. Da beide Stempel zudem nicht im Hauptlager in Haltern und der Zivilsiedlung Waldgirmes vorkommen, aber in den linksrheinischen Lagern wie Nimwegen, Neuss, Köln, Mainz, Vindonissa etc., lässt das nur einen Schluss zu - das Ereignis in Kalkriese muss nach Varus stattgefunden haben, jedoch vor Germanicus.
Da CA 58 1/2 überhaupt nur 10x insgesamt nachgewiesen ist, davon 5 unbekannte und 5 bekannte Fundorte (Stand 2009, jeweils 1 Exemplar in
- Nijmegen
- Kalkriese
- Martberg-Pommern
- Augusta Raurica
- Vindonissa)
ist das kaum eine statistische Referenz. Statistisch relevant ist allerhöchstens, dass du bei der Hälfte der Funde gar nicht weißt, wo sie herstammen. Das Gesetz der großen Zahl ist jedenfalls noch nicht anzuwenden.

TIB 193.13-24 kommt - Stand 2009 - insgesamt 63 mal vor, zuweisbare Orte
- Vechten [1x] -> id est fectio, rechtsrheinisch, nördlich der Mittelgebirgsschwelle
- Nijmegen, Kops Plateau [8x]
- Lith [1x]
- St. Michielsgestel [1x]
- Oss [1x]
- Solre-sur-Sambre [1x]
-Bastendorf [2x]
- Ellange [1x]
- Kalkriese [1x]
- Vetera I [2x]
- CVT, Xanten [3x]
- Asciburgium, Vicus [2x]
- Köln [1x]
- Bonn [1x]

- Martberg-Pommern [1x]
- Wederath-Belginum [1x]
- Mainz [1x]
- Hofheim, Erdlager? [1x]
- Augusta Raurica [3x]
- Vindonissa [19x]
- Solothurn [1x]
- Mirebeau [1x]
- Niort [2x]
- Font-Garnier [1x]
- Tarragona? [1x]
Hier ist die Bekanntheit der Fundorte wesentlich besser als bei CA 58 1/2, denn von 63 Münzen mit dieser Kontermarke sind nur bei 4 Exemplaren die Herkunftsorte unbekannt. Interessant ist hieran vor allem eines: Die meisten Funde dieses Gegenstempels haben wir in Vindonissa (19 Stck). Die zweitmeisten in Nijmegen (8 Stck). Beides Lager, die sowohl vor als auch nach der Varusschlacht existierten und beide (aber das eigentlich unerheblich) wohl auch von Varus mal besucht wurden: Vindonissa während des Alpenfeldzuges und Koops Plateau während seiner letzten Statthalterschaft.
In Xanten (Vetera und CUT) hat man insgesamt nur 5 Münzen mit dieser Kontermarke, in Asperg, Köln und Bonn zusammen sogar weniger. Ausgerechnet Köln, einer der wichtisten Legionsstandorte weist nur 1 Exemplar dieses Gegenstempels auf.... Zwischen Rheinmündung und Mainz finden sich im fraglichen Gebiet nur 20 Exemplare dieses Gegenstempels (Stand 2009).

Wenn der Stempel TIB193, wie U. Werz behauptet, bereits ab 4 n. Chr. geschlagen worden wäre, dann hätten wir diesen in Haltern und auch in Waldgirmes. Denn der VAR-Gegenstempel, welcher erst ab 7 n. Chr. geschlagen worden ist, findet man ja auch in Haltern und Waldgirmes (inkl. selbstverständlich auch in Kalkriese). Zudem wissen wir doch, dass Waldgirmes noch zum Jahreswechsel (9/10 n. Chr. - Dendro-Datum der Holzleiter) bestanden hatte.
Siehe oben, statistisch völlig irrig.

das es Kämpfe (proelia) gegeben hat, wird von Sueton berichtet. Die Annahme, dass Brukterer einst an den Kämpfen gegen Tiberius beteiligt sein könnten, ist meine Schlussfolgerung. Diese resultiert daraus, dass jene noch später von den Truppen des Germanicus heimgesucht werden. Schließlich fand man ja auch bei ihnen den Adler der XIX. Legion. Vielleicht lag das bestreben den Adler wieder in die Hände zu bekommen schon unter Tiberius (11/12 n.Chr.), welcher, auch das ist meine Vermutung, unglücklich agierte. Denn Tacitus sagt ja, dass weder Augustus, noch Tiberius in Germanien was ausgerichtet hätten.
Das alles wird wohl kaum bestritten werden. Nur wirst du damit auch keine Niederlage des Tiberius, aus der dieser nur knapp entronn, herbeireden können.

Ich will aber nicht weiter ausholen, da das nichts bringt. Ich konzentriere mich lieber auf die Archäonumismatik.
Vielleicht solltest du dich aber auch mal mit Statistik, Stochastik und dem Gesetz der Großen Zahl befassen, da du häufig implizit damit argumentierst (so auch in diesem Beitrag), aber wenn man genauer hinschaut, sich deine impliziten Statistik-Argumente in Luft auflösen.
 
@ELQ

beide Gegenstempel existieren weder in Haltern, noch in Waldgirmes. Gerade der TIB193 ist sehr gut bezeugt! Dessen Anzahl hat sich ebenfalls weiter erhöht. Da löst sich auch nichts in Luft auf wie du behaupten möchtest. Werz sein Werk ist mittlerweile 12 Jahre (!) alt. In dieser Zeit sind natürlich weitere Gegenstempel durch Sondengänger aufgetaucht (u.a ein sehr schöner AVG-Gegenstempel auf Lugdunum I von der Bode/Harz, seit 2016 beim LDA in Halle). Es gibt seit 2012/2015 sogar einige VAR-Gegenstempel von Fundorten in Böhmen und der Slowakei. Die können natürlich nicht bei U. Werz aufgeführt sein. Mein Dank gilt hier besonders Dr. Jiří Militký und dessen Unterlagen, die er mir zur Verfügung gestellt hat. Die Zeit bleibt doch nicht stehen. Gerade das Gesamtbild der augusteisch/frühtiberischen Gegenstempel bzw. die frührömischen Münzfunde allgemein in der Germania Magna haben sich kontinuierlich weiter erhöht und verdichtet. Vieles davon ist noch gar nicht publiziert. Ich bin da ziemlich entspannt. So läuft man nicht Gefahr Schnellschüsse zu fabrizieren, wie das schon öfters der Fall war - siehe Phantom Germanicus. Von einem "Phantom" kann schon lange keine Rede mehr sein - die Archaeo-Numismatik ist da viel weiter...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie komme ich auf Tiberius?

"...nennenswerte Bürgermannschaften im dienstfähigen Alter standen ihm (Augustus) nicht zur Verfügung, und die militärisch einigermaßen brauchbaren Auxiliareinheiten hatten schwere Verluste erlitten. Gleichwohl traf er alle Vorkehrungen, die in Anbetracht der Lage erforderlich waren, und da kein Wehrfähiger sich rekrutieren lassen wollte, ließ er sie auslosen, bestrafte von den Männern unter 35 Jahren immer jeden fünften und von den älteren jeden zehnten nach dem Losverfahren mit der Einziehung des Vermögens und dem Verlust der bürgerlichen Rechte. Als dennoch sehr viele sich nicht um seine Anweisungen kümmerten, ließ er einige hinrichten. Er ließ aber auch durch Auslosen sowohl von den Altgedienten als auch von den Freigelassenen möglichst viele rekrutieren, die er sofort in Eilmärschen mit Tiberius nach Germanien schickte." (Cassius Dio 56-23)

Das die Zwangsaushebungen unter Augustus keine Jubelarien hervorrief, dürfte nicht weiter verwundern. P. Kehne hatte schon vor Jahren auf die zerstochenen Münzbilder (Asse) des Augustus in Kalkriese hingewiesen. Fast keines blieb davon verschont. Auch Marcus Aurelius griff auf Grund teils hoher Verluste durch die Pest und den Krieg gegen die Germanen auf Zwangsrekrutierungen zurück. Auch dessen Münzbilder wurden regelrecht verstümmelt (siehe halbierter Sesterz / Eigenfund von mir bei Merseburg; Faustina II Sesterz bei MA Shops).
 

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@ELQ

beide Gegenstempel existieren weder in Haltern, noch in Waldgirmes. Gerade der TIB193 ist sehr gut bezeugt! Dessen Anzahl hat sich ebenfalls weiter erhöht. Da löst sich auch nichts in Luft auf wie du behaupten möchtest. Werz sein Werk ist mittlerweile 12 Jahre (!) alt. In dieser Zeit sind natürlich weitere Gegenstempel durch Sondengänger aufgetaucht (u.a ein sehr schöner AVG-Gegenstempel auf Lugdunum I von der Bode/Harz, seit 2016 beim LDA in Halle). Es gibt seit 2012/2015 sogar einige VAR-Gegenstempel von Fundorten in Böhmen und der Slowakei. Die können natürlich nicht bei U. Werz aufgeführt sein.
Deshalb schrieb ich ja auch immer Stand 2009. Aber wieviel ist denn in dem einen Jahrzehnt wirklich in absoluten oder in Prozentzahlen dazugekommen? Wo kann ich das im Einzelfall nachlesen?

So läuft man nicht Gefahr Schnellschüsse zu fabrizieren, wie das schon öfters der Fall war - siehe Phantom Germanicus. Von einem "Phantom" kann schon lange keine Rede mehr sein - die Archaeo-Numismatik ist da viel weiter...
Naja, da bist du dann ganz schnell wieder bei deinen Luftlandeoperationen.
 
Wie komme ich auf Tiberius?

Das ist eine gute Frage.

Hast Du mal gelesen, was wirklich bei Sueton steht?

Curam quoque solito exactiorem praestitit. Traiecturus Rhenum commeatum omnem ad certam formulam adstrictum non ante transmisit, quam consistens apud ripam explorasset vehiculorum onera, ne qua deportarentur nisi concessa aut necessaria.
=
Er legte auch genauere Aufsicht als sonst an den Tag. Als der Rhein überschritten werden sollte, ließ er den gesamten Tross, den er auf ein festgesetztes Maß eingeschränkt hatte, nicht eher hinüber, als bis er - sich am Ufer postierend - die Wagenladungen durchsucht hatte, damit nichts mitgenommen würde, was nicht erlaubt oder notwendig war.

Und was wurde in Kalkriese gefunden?

Ein silbernes Löffelchen, der verzierte Griff eines Serviertellers, ein fein gelochtes, nun leider stark verbeultes Weinsieb, die Scherbe einer bunt verzierten Glasschale – keinen dieser Funde würde man auf einem Schlachtfeld erwarten ...

Schleppte man derlei Gepäck auch mit sich herum, wenn man wissend in eine Schlacht zog? Sofas, Handwerksgeräte, Spielsteine, Kessel und Bratroste? ...

Angesichts der vielen Funde, die vermuten lassen, dass auf dem Oberesch Teile des Trosses in Kampfhandlungen verwickelt wurden, könnte die Entdeckung einer Haarnadel und mehrerer Fibeln, die üblicherweise zur Frauentracht gehören, eben dieses Szenario bestätigen. Ein bemerkenswertes Stück ist eine sogenannte Langton-Down-Fibel. Sie war in Augustus’ Zeiten modern und gehörte insbesondere in Gallien und den Rheinlanden zur Frauentracht. Ein weiteres aussagekräftiges Indiz kommt von den Anthropologen. In einer der Knochengruben fand sich inmitten all der männlichen Skelettteile ein weiblicher Beckenknochen ...

(PDF) Kalkriese und die Varusschlacht Geschichte - Forschung - Funde
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Hermundure, ich möchte Ihnen sagen, dass ich Ihre Arbeit sehr respektiere, aber ich würde gerne wissen, welche Beweise neben der Numismatik Sie zu der Annahme führen, dass Kalkriese nicht der Ort der Schlacht von Teutoburg ist.
 
"... Er ließ aber auch durch Auslosen sowohl von den Altgedienten als auch von den Freigelassenen möglichst viele rekrutieren, die er sofort in Eilmärschen mit Tiberius nach Germanien schickte." (Cassius Dio 56-23)

Denn Tacitus sagt ja, dass weder Augustus, noch Tiberius in Germanien was ausgerichtet hätten.
Nicht nur Tacitus, sondern auch Cassius Dio. Der berichtet nämlich weiter:

Unter dem Konsulat des Marcus Aemilius und Statilius Taurus [11 n. Chr.] fielen Tiberius und Germanicus, letzterer in der Stellung eines Prokonsuls, in Germanien ein und verheerten einige Landesteile, konnten jedoch, da sich niemand mit ihnen in eine Schlacht einließ, keinen Sieg erringen und auch keinen Stamm unterwerfen. Denn aus Furcht, eine neue Katastrophe zu erleiden, rückten sie nicht eben weit über den Rhein vor, sondern blieben bis in den Herbst hinein an Ort und Stelle und kehrten erst, nachdem sie den Geburtstag des Augustus gefeiert und dabei unter Leitung der Centurionen ein Pferderennen abgehalten hatten, nach Hause zurück.

Zur Situation Germaniens in der Zeit von 9 - 16 n. Chr.

Velleius Paterculus - wen wunderts? - versucht nach Kräften, Tiberius' Feldzug schönzureden. Interessanterweise erwähnt er kein Gefecht, sondern verbucht es als Erfolg, dass die Truppen vollzählig zurückgekehrt seien. Demnach wird es nur wenig Feindberührung gegeben haben. Das deckt sich mit Cassius Dio.

Wo Sueton proelia erwähnt, schildert er eigentlich nur Tiberius' abergläubische Marotte, wonach er dann fest zum Angriff entschlossen war, wenn nachts das Licht herunterfiel.
 
Hallo cyrus,

Germanicus war ja am Ort des Geschehens, somit scheidet Kalkriese schon mal als Schauplatz des Varus aus. Neben den Münzen gibt es für den Germanicus-Horizont auch Keramiken aus Italien, welche vor allem in der Germania Superior (u.a. Vindonissa, Mainz) mit den germanicuszeitlichen Münzen gefunden worden sind. Es handelt sich dabei um arretinische TS (die Formen Conspectus 19, 22, 31, 33, 36). Desweiteren gibt es Fibeln vom Typ Almgren A47, welche ebenfalls mit spätaugusteisch/frühtiberischen Münzen gefunden worden. Das sind alles Aspekte, welche ich nicht einfach beiseite schieben kann. Der archäologische, als auch der numismatische Befund zeigen klar an, dass Kalkriese nicht das varianische Schlachtfeld sein kann. Warum solche Befunde sich (bisher) nicht zwischen Rhein und Weser finden lassen, hatte ich hier schon öfters mitgeteilt. Die historischen Quellen (Strabon, Tacitus) geben Auskunft darüber, dass die Germanen sich ins Landesinnere zurück gezogen hatten. Explizit werden die Marser (Strabon) und allgemein die Germanen (Tacitus) aufgeführt. Tacitus gibt sogar an, dass diese im Jahr 16 n. Chr. im Begriff waren sich über die Elbe zurück zu ziehen, letztendlich jedoch den Kampf suchten. Die Brukterer hatten ihre Behausungen verbrannt und waren ebenfalls in Bewegung (Vergleich Caesar - Auszug der Helvetier). Es gab also massive Verschiebungen zwischen 10-15 n. Chr. Speziell zwischen Weser und der Elbe-Saale-Region lassen sich für die spätaugusteisch/frühtiberische Zeit keramische Formen fassen, welche in den ostwestfälischen und nordhessischen Raum weisen. Also hatte ich mich vor Jahren auf die Suche begeben. Denn bisher hielt man immer nur an "alten" Zöpfen fest...
 
@Xander
nein, die können genauso gut aus der Zeit zwischen 10-12 n. Chr. stammen und später vergraben worden sein. Das allein reicht nicht aus. Deponierungen von menschlichen Überresten gibt es für die frühe Kaiserzeit auch in Oberdorla/TH. Dort gibt es sogar Hinweise für einen Herkules-Kult (deponierte Holzhämmer und Keulen). Ich kann nicht nur einen einzelnen Aspekt betrachten. Kalkriese ist allgemein gefasst ein Ereignis in spätaugusteischer Zeit. Was Kalkriese ohne Zweifel auszeichnet sind exquisite Einzelfunde wie jüngst der Schienenpanzer und die Fessel. Apropos Fessel - wenn Tiberius im Heer Meuterer hatte, wir erinnern uns an die Zwangsrekrutierungen des Augustus, so würde sich die Halsgeige sehr gut einfügen lassen. Vielleicht gab es auch einen versuchten Aufstand innerhalb der Truppen des Tiberius?! Wir wissen es nicht. Auch die Quellen schweigen beharrlich. In Kalkriese fehlen zudem immer noch germanische Angriffswaffen. Die gibt es aber - wir kennen diese aus den Gräbern dieser Zeit.
 
@ELQ

es gibt mittlerweile einige neuere Arbeiten bezüglich von Gegenstempeln auf academia.edu. Für manche Arbeiten musst du aber bezahlen. Dr. Militký seine Arbeiten habe ich 2013 von ihm persönlich erhalten. Infos über etwaige Neufunde erhalte ich natürlich auch vom LDA Halle (Sondengängerfunde). Jedoch benötige ich dafür eine Freigabe vom Finder, als auch vom Amt selbst. Ich kann nicht damit einfach hausieren gehen.
 
Germanicus war ja am Ort des Geschehens, somit scheidet Kalkriese schon mal als Schauplatz des Varus aus.
Wenn Kalkriese Ort der Varusschlacht gewesen ist, dann MUSS Germanicus am Ort des Geschehens gewesen sein. Insofern ist die Aussage Unsinn.
Wie du nun Germanicus in Kalkriese detektierst, ist mir schleierhaft (das heißt, natürlich weiß ich, dass du das anhand der Kontermarken CA 58 1/2 und TIB 193 machst, aber damit unterstellst du a priori eine Spätdatierung dieser Kontermarken)

Neben den Münzen gibt es für den Germanicus-Horizont auch Keramiken aus Italien, welche vor allem in der Germania Superior (u.a. Vindonissa, Mainz) mit den germanicuszeitlichen Münzen gefunden worden sind. Es handelt sich dabei um arretinische TS (die Formen Conspectus 19, 22, 31, 33, 36).
Stopp! Wir erinnern uns an den Brand in Köln des Winters 13/14 (Varusschlacht 9, Germanicusfeldzüge in Germanien 14-16), vor Ankunft Germanicus' in Germanien. Unter den 56 Münzen der Brandschicht waren 8 Stück postvarianisch. Unter den über 2000 Münzen des Schlachtfeldes Kalkriese ist keine einzige postvarianisch. Ich sag nur Gesetz der großen Zahlen.
An und für sich ist eine Münze ein schlechtes Datierungsmittel. Wir können nämlich immer nur sagen, dass eine Münze erst nach ihretr Prägung in den Boden gekommen sein kann, dass nennen wir terminus post quem (tpq). Also 'Zeitpunkt nach dem'.
Wenn wir aber große Mengen an Münzen haben, dann haben die die Tendenz, dass ältere Stücke eher vereinzelt auftauchen, wohingegen die Schlussmünze (die Münze mit dem jüngsten Prägedatum) oder Münzen aus den Jahrenn unmittelbar vor der Schlussmünze in vielen Exemplaren vorliegen. In Kalkriese ist die Schlussmünze aus dem Jahr Jahr 2. Aber der Münzhorizont von Kalkriese umfasst etwa 200 Jahre.
Hätte ein Heer des Germanicus in Kalkriese über 2000 Münzen verloren. Dann wäre zu erwarten, dass in Kalkriese auch Münzen gefunden worden wären, die - wie die im Kölner Brandhorizont des Winters 13/14 - postvarianisch wären, zumal Germanicus ausdrücklich den Truppen Geld auszahlte.

Keramik hat meist nur eine kurze Lebensdauer. Sie geht kaputt, es ist kompliziert, sie zu reparieren (es gibt reparierte Keramik aus der Bronze- und Eisenzeit, man hat dann Löcher in die Fragmmente gebohrt und mit Metallklammern die Stücke wieder aneinandergebracht.

Für die Archäologen ist die Keramik, eben weil sie eine kurze Lebensdauer hat das archäologische "Leitfossil", Münzen dagegen, die teilweise über Jahrhunderte im Umlauf waren (wir haben Münzschätze im Ostseeraum, die im 9. Jhdt. vergraben wurden, aber tw. Einzelstücke aus dem 2. und 3. Jhdt. aufweisen), sind als Leitfossil unbrauchbar. Man kann zwar häufig - gerade bei römischen Münzen - den Prägezeitraum wunderbar eingrenzen, teilweise sogar jahrgenau, aber das gibt eben nur den tpq und keinen genauen Verlusttag.

Mit dem Gesetz der Großen Zahl können wir aber tatsächlich (ein verlustreiches Gefecht der Truppen des) Germancius in Kalkriese mit großer Sicherheit ausschließen, da die Münzen, die man im Brandhorizont 13/14 in Köln gefunden hat , gänzlich fehlen (terminus ante quem, taq). Ich würde nicht erwarten, dass man in Kalkriese auch ein Achtel postvarianischer Münzen fände, wie in Köln, aber gar keine wäre schon ein wenig seltsam.

Vorgestern behauptete Hermundure noch steif und fest, Tiberius habe in Kalkriese eine Schlacht gegen die Brukterer beinahe verloren, das stünde bei Sueton (Tiberius, Schlacht gegen die Brukterer?!?), Heute, im Brusttonn der Überzeugung "Germanicus war in K'riese, dammit scheidet Varus aus".

Desweiteren gibt es Fibeln vom Typ Almgren A47, welche ebenfalls mit spätaugusteisch/frühtiberischen Münzen gefunden worden. Das sind alles Aspekte, welche ich nicht einfach beiseite schieben kann.
Nochmal: Münzen sind nur dann, wenn sie in großer Stückzahl auftauchen, für eine Datierung sinnvoll heranzuziehen, man kann immer nur einen tpq ausmachen.

Der archäologische, als auch der numismatische Befund zeigen klar an, dass Kalkriese nicht das varianische Schlachtfeld sein kann.
Und genau das stimmt nicht. Es fehlen postvarianische Funde, es sind Knochen Jahre nach der Schlacht bestattet worden, es war ganz offensichtlich eine römische Niederlage.

Warum solche Befunde sich (bisher) nicht zwischen Rhein und Weser finden lassen, hatte ich hier schon öfters mitgeteilt. Die historischen Quellen (Strabon, Tacitus) geben Auskunft darüber, dass die Germanen sich ins Landesinnere zurück gezogen hatten.
Über welches Jahr redest du genau?
Es gibt eine Stelle, in der Tacitus Germanicus behaupten lässt, dass die Germanen nach der Schlacht von Idistaviso auf der Flucht in Richtung Elbe seien. (Jahr 16, wie eine Kabinenrede eines Fußballtrainers vor einem Spiel)
Im Herbst 14 lässt Tacitus die Römer den Rhein überqueren, um die Schlacht im caesischen Wald zu schlagen, die von einigen an der Ruhr verortet wird (ich bin da eher skeptisch, aber es muss in Rheinnähe gewesen sein)
15 verwüstet erst Caecina und dann Caecina und Germanicus das Gebiet der Brukterer zwischen Ems und Lippe.
Auf dem Rückmarsch von der Ems in Richtung Rhein wird Caecina in Bedrängnis gebracht.
16 muss erst das belagerte Aliso entsetzt werden, bevor man den Feldzug an die Weser unternehmen kann.
Welche Stelle bei Sueton meinst du, wonach die Germanen ihr Land verlassen hätten? VII, 1, 4?
Da steht - εἶτ᾽ ἐνδιδόντα καὶ πάλιν ἀφιστάμενα ἢ καὶ καταλείποντα τὰς κατοικία - dass die Germanen revoltierten ODER ihre Wohnungen verließen. Das entspricht im Übrigen auch der bei Tacitus geschilderten Begebenheit, dass Germanen beim Anrücken der Römer ihre Höfe selbst entzündeten, nur begegneten die Römer ihnen im darauffolgenden Jahr wieder anderselben Stelle. Dass die Sugambrer am Rhein leben, ist für Strabon Gegenwart:
Σούγαμβροι πλησίον οἰκοῦντες τοῦ Ῥήνου - (Partizip Plural Präsens: οἰκοῦντες)
Die Sugambrer sind für Strabon zudem diejenigen, welche die Konflikte zwischen Römern und Germanen überhaupt erst vom Zaune brachen! (
ἤρξαντο δὲ τοῦ πολέμου Σούγαμβροι) Und die leben (Präsens!!!!!) direkt am Rhein.


Tacitus gibt sogar an, dass diese im Jahr 16 n. Chr. im Begriff waren sich über die Elbe zurück zu ziehen,
Gefühlt habe ich dich schon 100 x darauf hingewiesen, dass Tacitus das nicht behauptet, sondern Germanicus in den Mund legt: Was heute bei einem Fußballmatch eine Kabinenrede wäre, nichts anderes ist das.

Die Brukterer hatten ihre Behausungen verbrannt und waren ebenfalls in Bewegung
Behausungen verbrennt man vor allem, damit der Feind die Vorräte nicht findet. Im nächsten Jahr waren sie wieder am selben Ort.


(Vergleich Caesar - Auszug der Helvetier). Es gab also massive Verschiebungen zwischen 10-15 n. Chr. Speziell zwischen Weser und der Elbe-Saale-Region lassen sich für die spätaugusteisch/frühtiberische Zeit keramische Formen fassen, welche in den ostwestfälischen und nordhessischen Raum weisen. Also hatte ich mich vor Jahren auf die Suche begeben. Denn bisher hielt man immer nur an "alten" Zöpfen fest...
Das interessante ist, dass du nicht einmal merkst, in welche Widersprüche du dich verstrickst.
Einerseits sagst du, zwischen Rhein und Weser sei alles leer gewesen, dannn behauptest du, Kalkriese sei ganz klar Tiberius. Zwei Tage später kann nur Germanicus dort gewesen sein. Aber das Gebiet zwischen Rhein und Weser war leer. Was haben Tiberius und Germanicus dann in Kalkriese gemacht? Eine riesige Orgie gefeiert? Was du da zusammenzimmerst, passt hinten und vor nicht zusammen. Und dass du immer wieder die dem Germanicus von Tacitus in den Mund gelegte Kabinenrede als "Beleg" für die Entvölkerung der rechtsrheinischen Gebiete heranziehst, obwohl du es besser weißt, finde ich wirklich ärgerlich.
 
es gibt mittlerweile einige neuere Arbeiten bezüglich von Gegenstempeln auf academia.edu. Für manche Arbeiten musst du aber bezahlen. Dr. Militký seine Arbeiten habe ich 2013 von ihm persönlich erhalten. Infos über etwaige Neufunde erhalte ich natürlich auch vom LDA Halle (Sondengängerfunde). Jedoch benötige ich dafür eine Freigabe vom Finder, als auch vom Amt selbst. Ich kann nicht damit einfach hausieren gehen.

Einzelfunde sagen nichts aus. Du versuchst immer mit irgendwelchen Einzelfunden gegen das massive Fundaufkommen von Kalkriese anzuargumentieren. Du wirst immer entlang der Handelswege Münzen finden. Du interpretierst das als "Münzspur des Germanicus". Aber es ist gar nicht gesagt, wer und wann die einzelne Münze verloren oder niedergelegt hat. Ohne Kontext sind das Einzelfunde ohne Aussagekraft. Nur mit Kontext kannst du eingrenzen, wer die Münze wann verloren oder niedergelegt hat.

Münzen, von denen nur du weißt, sind zudem nicht überprüfbar.
Und jetzt versetz dich mal in meine Lage. Ich habe dir im vorherigen Beitrag zum gefühlt 100sten Mal erklärt, dass die Kabinenrede des Germanicus eine Kabinenrede ist. Du weißt das. Und trotzdem kommst du immer wieder damit, dass Tacitus geschrieben habe, dass die Germanen auf der Flucht nach Osten waren und versuchst das als Argument unterzujubeln. Und da soll man dir noch ein Wort bzgl. deines Geheimwissens an Münzen glauben, wenn du immer wieder die historiographischen Textstellen enttextualisierst und entgegen ihrer tatsächlichen Aussage als Beleg für irgendetwas heranziehst?
 
@Xander
nein, die können genauso gut aus der Zeit zwischen 10-12 n. Chr. stammen und später vergraben worden sein.

Klar sie könnten irgendwann angelegt worden sein, nur von wem und warum? Da ist mir die Variante, dass des die Truppen des Augustus gemacht habe weitaus plausibler!

Das allein reicht nicht aus.
Habe ich nicht behauptet! Es war ein Beispiel. Das Thema Münzen allein reichen aber auch nicht aus!

Kalkriese ist allgemein gefasst ein Ereignis in spätaugusteischer Zeit.

Dies ist ja nun erst eimal eine unbewiesene Behauptung von dir!

Was Kalkriese ohne Zweifel auszeichnet sind exquisite Einzelfunde wie jüngst der Schienenpanzer und die Fessel. Apropos Fessel - wenn Tiberius im Heer Meuterer hatte, wir erinnern uns an die Zwangsrekrutierungen des Augustus, so würde sich die Halsgeige sehr gut einfügen lassen. Vielleicht gab es auch einen versuchten Aufstand innerhalb der Truppen des Tiberius?! Wir wissen es nicht. Auch die Quellen schweigen beharrlich.

Ja, kann sein, kann aber auch sein, dass Germanen einen Legionär der Varustruppe gefangengenommen und geopfert haben. Aus welchem Grund schließt du dies aus? Weil es nicht sein darf?

In Kalkriese fehlen zudem immer noch germanische Angriffswaffen. Die gibt es aber - wir kennen diese aus den Gräbern dieser Zeit.

Wieviele römischen Waffen wurden denn in Kalkriese gefunden? ist denn zu erwarten, dass dort zahlreiche germanische Waffen auftauchen? Ich denke eher nicht. Zumal vermutlich ein gewisser Teil der Germanen auch mit romischen Waffen ausgestattet war.
 
Wieviele römischen Waffen wurden denn in Kalkriese gefunden? ist denn zu erwarten, dass dort zahlreiche germanische Waffen auftauchen? Ich denke eher nicht. Zumal vermutlich ein gewisser Teil der Germanen auch mit romischen Waffen ausgestattet war.
Wenn auch nur ein Fünkchen Wahrheit an Kämpfen in sumpfigem Gelände sein soll, müsste eine Menge an römischen und germanischen Waffen noch im Boden stecken. Die Germanen hatten keine Möglichkeit, diese zu lokalisieren.
 
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