Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Dreyer geht aber nicht auf den Gegenstempel CA 58 ein, welcher in Haltern fehlt. Somit kann Haltern nicht mit Kalkriese gleichgesetzt werden. Interessant wäre es herauszufinden, ob das Silber zur Herstellung der Barbarisierungen aus dem fehlenden Teil des Hildesheimer Silberschatzes stammte.
 
Genau das machts du aber, indem du Einzelaspekte isoliert herausgreifst und den Rest großzügig ignorierst.


Ach so, dann haben die Soldaten in der Varusschlacht also germanische Imitationen römischer Münzen verloren. Alles klar...

Das zeigt mir das du wenig mit der Materie bewandert bist. Du findest Imitationen von Lugdunum I Assen in Haltern, Anreppen, Waldgirmes und links des Rheins. Ebenso wurde eine Imitation eines Denars vom Typ RIC 350 in Kalkriese gefunden. Im Schatzfund von Seppenrade gibt es ebenfalls eine Imitation eines augusteischen Denars. Das Vorbild war ein Stolo-Denar. Imitationen wurden in Notzeiten angefertigt, welche durch ein "Ereignis" ausgelöst worden ist. Dieses Ereignis kann ein Krieg, Geldknappheit bei höherem Bedarf oder Prägestättenschließung gewesen sein.
 
Aha. Mir war bisher nur von germanischen Imitationen etwas bekannt. Aber sei's drum: Warum nun sprechen deiner Auffassung nach mehr Imitationen für und mehr Originale gegen den Varusschlachtort. Nach welcher Logik?

Ich findes es im Übrigen außerordentlich interessant, dass du Dreyer als weiteren Kronzeugen gegen Kalkriese anführst, obwohl der folgendes schreibt:
Ähnlich jedoch wie in Kalkriese sind die Relationen, die durch einen Überhang von Silbergeld gekennzeichnet sind, in Pompeji: Die Begründung liegt in den vergleichbaren Umständen. Die Katastrophe.
Und an anderer Stelle:
Das Verhältnis zwischen Kupfergeld und Edelmetallmünzen lässt Aussagen über das Ereignis zu: In Lagern, die systematisch aufgelassen wurden, sind Funde von Gold- und Silbermünzen eher selten anzutreffen. Dort aber, wo eine Katastrophe Ursache dafür war, dass die Münzen in den Boden kamen, werden "Barschaftsfunde" oder Hortfunde von Edelmetallen häufiger sein, im Verhältnis zum "Kleingeld" oder "Soldatengeld". Das ist im Engpass von Kalkriese ebenso der Fall, wie auch in Pompeji, das bekanntlich beim Vesuvausbruch 79 n. Chr. unterging. Auch in Kalkriese hat demnach ein Katastrophe stattgefunden, bei der ein römische Armee mitsamt dem Tross den germanischen Angreifern unterlag.
So viel also von Dreyer, den du hier als Gewährsmann gegen die Varusschlacht bei Kalkriese angeführt haben wolltest.
 
Ich führe nicht Dreyer als Gewährsmann an. Ich finde nur seinen Vergleich Kalkriese-Pompeii interessant und richtig. Mehr nicht. Varus hatte einen Aufstand niederzuschlagen, auch wenn dieser fingiert war. Nehmen wir als Vergleich die Schlacht am Harzhorn. Zwar rund 225 Jahre später, was aber der Sache keinen Abbruch tut. Wie viele Denare wurden dort bisher gefunden ? Richtig - bisher nur eine Hand voll. Es wird von Paterculus berichtet, dass Asprenas sich der Barschaften der Gefallenen bemächtigt haben soll (Vell. II-120) und sich als Universalerben einsetzte. Wie passt das zusammen, wenn diese aber bei Kalkriese ihre Barschaften verloren haben ?
 
Zu den Barbarisierungen empfehle ich "Zur Interpretation und Bedeutung der Barbarisierungen der römischen Kaiserzeit" von David G. WIGG-WOLF.

Augustus hatte 6 n. Chr. das aerarium militare zur Veteranenversorgung eingerichtet. Auch das spricht gegen Kalkriese und für die Mitteilung des Paterculus (II-120) und der Bereicherung durch Asprenas. Jedoch konnte diesem das Vergehen nicht nachgewiesen werden.
 
Augustus hatte 6 n. Chr. das aerarium militare zur Veteranenversorgung eingerichtet. Auch das spricht gegen Kalkriese
Warum?

und für die Mitteilung des Paterculus (II-120) und der Bereicherung durch Asprenas.
Zunächst einmal gibt Velleius hier ein Gerücht wieder. Ob an dem Gerücht etwas dran war, oder nicht, lässt sich im Nachhinein kaum mehr nachvollziehen. Du willst uns aber offenbar weismachen, dass, wenn Asprenas sich tatsächlich an den Rücklagen der Gefallenen bereichert hat, ein Fundplatz wie Kalkriese mit seinem hohen Aufkommen an Münzfunden nicht der Ort der Varusschlacht sein könne. Dies würde ja bedeuten, dass die Legionäre und ihr Gefolge all ihr Geld zurückgelassen hätten. Eigentlich kaum zu glauben, wenn man an inoffizielle Familien, Marketenderinnen, caupos und einfach nur das Glücksspiel der Legionäre untereinander denkt.
 
Nehmen wir als Vergleich die Schlacht am Harzhorn. Zwar rund 225 Jahre später, was aber der Sache keinen Abbruch tut. Wie viele Denare wurden dort bisher gefunden ? Richtig - bisher nur eine Hand voll.
na ja, ganz so unbekannt ist der Umstand, dass Schlachtfelder nach dem Ende des Kampfes "ausgewertet"*) wurden, ja nun nicht...
Mir ist kein antikes, spätantikes oder frühmittelalterliches Schlachtfeld bekannt, welches sozusagen komplett erhalten wäre (alle Waffen und Habseligkeiten inklusive Tross) und damit als Vergleichsgröße dienen könnte!
Angenommen, man fände die katalaunischen Felder, die iulianische Alemannenschlacht, das Lechfeld und angenommen, man fände da nur eine Handvoll Münzen nebst paar verbeulten Waffen: das wäre kein statistisches Argument gegen den Fund. Und warum? Weil wir nun mal nicht wissen, wieviel Habseligkeiten "durchschnittlich" aufantiken Schlachtfeldern herumlagen. Und warum? Weil diese, siehe oben, zumeist abgegrast wurden.

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*) grob gesagt: da wurde ohne jegliche Pietät alles wertvolle (intakte Waffen, Schmuck, Geld) und alles verwertbare (z.B. Gürtel, Stiefel, Mäntel) eingesammelt
 
... Varus hatte einen Aufstand niederzuschlagen, auch wenn dieser fingiert war. Nehmen wir als Vergleich die Schlacht am Harzhorn. Zwar rund 225 Jahre später, was aber der Sache keinen Abbruch tut. Wie viele Denare wurden dort bisher gefunden ? ...

Moin

Dich denke, die beiden Szenarien waren doch recht unterschiedlich!

Varus war auf dem Rückmarsch aus dem Sommerlager, als ihn von Aufständen berichtet wurde. Da herrschte kein Kriegszustand! Entsprechend war die Marschkolonne zusammengesetzt.
Nach meinem Kenntnisstand kann man beim Harzhorn doch von einem reinen Kriegszug ausgehen!?
 
na ja, ganz so unbekannt ist der Umstand, dass Schlachtfelder nach dem Ende des Kampfes "ausgewertet"*) wurden, ja nun nicht...
Mir ist kein antikes, spätantikes oder frühmittelalterliches Schlachtfeld bekannt, welches sozusagen komplett erhalten wäre (alle Waffen und Habseligkeiten inklusive Tross) und damit als Vergleichsgröße dienen könnte!
Angenommen, man fände die katalaunischen Felder, die iulianische Alemannenschlacht, das Lechfeld und angenommen, man fände da nur eine Handvoll Münzen nebst paar verbeulten Waffen: das wäre kein statistisches Argument gegen den Fund. Und warum? Weil wir nun mal nicht wissen, wieviel Habseligkeiten "durchschnittlich" aufantiken Schlachtfeldern herumlagen. Und warum? Weil diese, siehe oben, zumeist abgegrast wurden.

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*) grob gesagt: da wurde ohne jegliche Pietät alles wertvolle (intakte Waffen, Schmuck, Geld) und alles verwertbare (z.B. Gürtel, Stiefel, Mäntel) eingesammelt

Hallo Dekumatland,

das die Soldaten gar kein Geld mit hatten wird ja auch nicht bestritten, jedoch nicht in diesem Ausmaß wie in Kalkriese. Zudem wie Dreyer und andere ja auch schon erkannt haben ist der Kalkriese der Silberanteil gegenüber dem "Soldatengeld" ungleich höher. In den Lagern sind die Verhältnisse genau umgekehrt. Bei Vegetius, auch wenn dieser später schreibt, findet sich ein sehr guter Hinweis zu den geldlichen Verhältnissen. Dieser sagt, dass die Hälfte der Schenkungen (Donativum) bei den Fahnen hinterlegt und verwaltet wurden, damit diese nicht den Schwelgereien verfallen und verprasst werden. Der wichtige Punkt ist aber, dass, wenn das Geld bei den Fahnen verwahrt wurde, man schon aus diesem Grund allein nicht versuchte zu desertieren (Vegetius Cap. XX). Denn dann wurde dessen Vermögen eingezogen. Warum wollten die niederrheinischen Legionen von Germanicus sofort ihr Geld haben ? Man sollte mal darüber nachdenken.
 
Für Leichenfledderei gibt es ein sehr gutes Beispiel direkt bei mir um die Ecke. Schlachtfeld Lützen (1632). In dem aufgefunden Massengrab wurden nur sehr, sehr wenige Sachen gefunden. Defacto wurden die Toten zwischen 16 - 45 Jahre nackt begraben.
 
Statt dass du ein Problem löst, vergrößerst du es nur. Wie kommen dermaßen viele Münzen, Militaria, Luxusgegenstände, wie in Kalkriese gefunden, also alles was zu einem "Hofstaat" eines römischen Provinzstatthalters passt, in die ostemsische Einöde und das über mehrere Quadratkilometer verteilt?
 
Es gibt einen Umstand, der erklären könnte, warum es in Kalkriese mehr Funde gab als auf anderen Schlachtfeldern.
Laut einer Dokumentation auf N-TV, in die ich vor ca zwei Wochen zufällig reinzappte, war zum Zeitpunkt der Varusschlacht ein massives Unwetter mit Sturm und Wolkenbruch. Weiterhin hat man hinter dem Wall auch Vertiefungen gefunden, die Zur Ableitung von Wasser (durch Regen) auf die dem Sumpf zugewandte Seite dienen konnte. Laut dieser Doku mußten die Römer im Matsch kämpfen, dieser Effekt hat sich während der Schlacht verschlimmert, so dass am Ende die Römer fast bis zu den Knien im Schlamm standen. Das macht natürlich das Ausplündern der Gefallenen nach der Schlacht erheblich schwieriger und erklärt die größere Häufigkeit von Funden.
Die Verfasser der TV Doku gehen davon aus, dass die Varusschlacht in Kalkriese ihre letzte Phase hatte und befassen sich überhaupt nicht mit Gegenargumenten.
Ich selber bin zu wenig in der Materie, um mir ein Urteil erlauben zu können wo die Schlacht stattfand oder nicht und möchte nur den Inhalt der TV Doku zur Kenntnis geben.
 
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Ja Udo,
das war ein tendenziöses Machwerk der übelsten Sorte! Beispiel: Immer wenn der Sprecher allgemein von Germanien redete, wurden Szenen mit einem Sumpf und daneben dichter Bewaldung eingeblendet.
Dazu wurden reihenweise unbewiesene Mutmaßungen dargestellt, als wäre es feststehendes Wissen.
Auf meine mail an die Redaktion (wegen einer vorherigen gleichartigen Verdummung) gab es als Antwort den lakonischen Satz (sinngemäß): "Die einen sehen das so, die anderen anders. Wir erlauben uns, unsere Meinung darzustellen." Typischer deutscher Journalismus halt...
(Aber ich glaube, die Sendung war schon ein paar Seiten vorher Thema.)

Grüße
Ostfale
 
Eins noch,
während der Schlacht an den pontes longi mussten die Römer an der Engstelle zwischen bewaldetem Berghang und Sumpf sogar im Matsch kämpfen, der Tross blieb dort in großen Teilen stecken - so berichtet Tacitus darüber. Auch hatten die Römer dort einige Verluste und sind nach der Schlacht um ihr nächstes Lager umgehend Richtung Rhein gezogen, offensichtlich heilfroh, aus dieser Falle glücklich herausgekommen zu sein. Tacitus erwähnt mit keinem Wort, dass die Legionen nochmal zum Engpass zurückgingen. Klar, die waren ja nicht lebensmüde. Also blieben hier auch die Leichen über Jahre (?) liegen und wurden irgendwann von vorbeireisenden Händlern oder wem auch immer, einigemaßen ordentlich in Knochengruben bestattet.
Über die Varusschlacht berichtet Tacitus nur, dass Caecina auf dem Weg dorthin durch Moore und dichte Wälder Wege bauen musste. Vom Schlachtfeld selbst spricht er nur vom freien Feld, kein Wort von sumpfigen Gelände dort.
 
Dazu wurden reihenweise unbewiesene Mutmaßungen dargestellt, als wäre es feststehendes Wissen.
:motz:So eine Unverschämtheit, die verwenden ja genau Deine Methoden:

Auch hatten die Römer dort einige Verluste und sind nach der Schlacht um ihr nächstes Lager umgehend Richtung Rhein gezogen, offensichtlich heilfroh, aus dieser Falle glücklich herausgekommen zu sein. Tacitus erwähnt mit keinem Wort, dass die Legionen nochmal zum Engpass zurückgingen. Klar, die waren ja nicht lebensmüde. Also blieben hier auch die Leichen über Jahre (?) liegen und wurden irgendwann von vorbeireisenden Händlern oder wem auch immer, einigemaßen ordentlich in Knochengruben bestattet.

Von "umgehend" schreibt Tacitus nichts.
Er schreibt auch nicht, dass man "lebensmüde" sein musste, um nach gewonnener Schlacht die Leichen zu bestatten.
Und auch nicht, dass man die Leichen einfach hat liegen lassen.
Und schon gar nicht, dass die Knochen erst später einigermaßen ordentlich bestattet wurden, steht auch nirgends.

Reihenweise unbewiesene Mutmaßungen.
 
Auch hatten die Römer dort einige Verluste und sind nach der Schlacht um ihr nächstes Lager umgehend Richtung Rhein gezogen, offensichtlich heilfroh, aus dieser Falle glücklich herausgekommen zu sein.

Mag sein, dass das so war, laut Tacitus jedoch hat sich das ganze anders abgespielt. Diesem zufolge verfolgten die am Vortag noch arg gebeutelten Römer die Germanen, wenn ich jetzt aus dem Kopf heraus das richtig wiedergebe sogar so lange, dass einige Einheiten erst nach Einbruch der nacht zurückkehrten.

Über die Varusschlacht berichtet Tacitus nur, dass Caecina auf dem Weg dorthin durch Moore und dichte Wälder Wege bauen musste. Vom Schlachtfeld selbst spricht er nur vom freien Feld, kein Wort von sumpfigen Gelände dort.
Einen campus müssen wir uns erst einmal als eine Ebene auf der keine oder nur wenige Bäume stehen vorstellen. Ob hier Sumpf war, oder nicht, darüber gibt das Wort keine Auskunft. Es ist jedenfalls so, dass Tacitus den Weg des Caecina zum Varusschlachtfeld auch mit den "trügerischen Feldern" (fallacibus campis) der Moore beschreibt (aus dem Gedächtnis, Stelle liefer eich heute Abend gerne nach).
Und Tacitus ist natürlich nicht unsere einzige Quelle. Wenn es eines gibt, worin sich alle beschreibenden Quellen einig sind, dann sind es die Wälder und Sümpfe, in welchen die Varusschlacht stattfand bzw. die die Umgebung des Schlachtfeldes chararkterisieren. Es ist eben auch das in Rom verbreitete Germanienklischee.
 
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