Konstantinopel-Istanbul

Das ist im Prinzip auch korrekt. Zumindest in der Hinsicht, dass Konstantinopel unter diesem Namen - nämlich Ḳusṭanṭīniyye = ‏قسطنطينيه‎ - bis 1930 Hauptstadt des Osmanischen Reichs bzw. der Türkei war. Erst ab 1930 lautete der offizielle Name Istanbul.

Nein, das ist eben nicht korrekt, sondern eine unzulässige Eigeninterpretation einiger besonders eifriger Wiki-Editoren. Die Wikipedia dient nicht dazu, eigene Thesen, Wertvorstellungen, politische Meinungen, etc. publik zu machen, sondern dient dazu, vorzugsweise das in der Wissenschaft publik gemachte wiederzugeben. Nicht selektiv was einem gerade in den Kram passt, sondern quasi den wissenschaftlichen Konsens, und bei relevanten Minderheitenmeinungen oder Disputen diese ebenfalls darzustellen.

Und wenn in der internationalen Fachliteratur mehrheitlich und in den letzten Dekaden zunehmend von Istanbul nach der Eroberung gesprochen wird, und von Konstantinopel vor der Eroberung und von Nova Roma und von Byzanz, dann muss ich das in der Wiki wiederfinden und nicht einfach alle "Istanbuls" löschen und in "Konstantinopel" ändern (selbst wenn mich türk. Nationalisten ärgern sollten mit ihrem "Stolz" und ihrer Penetranz der Hervorhebung der Eroberung).
(Was auch immer der Grund dafür sei, dass in der Standardliteratur von Istanbul und nicht von Konstantinopel geschrieben wird.)

Ähnliches lässt sich übrigens seit einigen Jahren (spätestens seit 2004) in der Wiki beobachten, wenn es darum geht, ob die Türkei in Listen, Tabellen, Aufzählungen, usw. zu Europa oder in Europa oder in Asien gelistet wird. In der Wiki, besonders in den Ländern deren Bevölkerung den EU-Beitritt skeptisch bis ablehnend sieht, sind auch einige Editoren immer mehr dabei, sie aus "Europa" zu streichen (oder zumindest in "Asien"-Listen ebenfalls einzuordnen). Ungeachtet, ob seit 60 Jahren die Türkei in offiziellen (deutschen) staatlichen Dokumenten oder in der Fachliteratur oder Lexika meistens bei Europa gelistet wurde (selbst wenn es geographisch auf zwei Kontinenten gelagert ist.)
All dies zeigt nicht den wissenschaftlich fundierten und mit Sicherheit durchaus diskutablen Stand der Literatur an, sondern die politische Gesinnung der entsprechenden Wiki-Editoren.
 
Relevant ist doch nicht, welche Bezeichnung in der Fachliteratur im Rückblick verwendet wird, sondern wie die Stadt zu welcher Zeit offiziell hieß. Also, wie hieß Konstantinopel/Istanbul denn nun zu Zeiten des Osmanischen Reiches im offiziellen amtlichen Sprachgebrauch des Osmanischen Reiches? Ideologisch/politisch motivierte (oder einfach unpräzise) nachträgliche Umbenennungen in der Literatur, um (vom Autor) erwünschte Kontinuitäten und Zuordnungen zu unterstreichen, sind doch unseriös und sollten in der Geschichtsschreibung keinen Platz haben.
 
Natürlich wissen auch Historiker, Orientalisten, Politologen, usw., wie die Stadt offiziell hieß. Und wenn diese Akademiker mehrheitlich den Konsens verfolgen, von Istanbul zu schreiben, und vor der Eroberung von Konstantinopel, dann muss das so auch in der Wiki beschrieben werden, und man darf dann nicht anfangen selber seine Sicht der Dinge einzuarbeiten, selbst wenn man selber auch ein Fachmann sein sollte.

Hier mal eine Definiton eines Standardwerkes (engl.):
The Ottoman Empire, 1700-1922 - Google Bücher

Hier eine kurze Beschreibung der Namen (denn auch Istanbul wurde in offiziellen Dokumenten in der Neuzeit durchaus verwendet, nicht nur Konstantinopel/Kustantiniyye - sooo einfach ist der Fall hier auch nicht... ;) ) (deutsch):
Istanbul: ein historisch ... - Google Bücher

Und wenn in internationalen Standardwerken so mit der Bezeichnung verfahren wird, also Istanbul nach der Eroberung verwendet wird, dann sollte man dieses Verfahren in der Wiki auch abbilden (hier die - vielleicht renommierteste - Enzyklopädie über den Nahen Osten):
Historic cities of the Islamic world - Google Bücher
(Ein Sonderband mit den Stadtartikeln aus der Encyclopaedia of Islam)

Edit: Ja, silesia, wie ich vorher schon schrieb, schreiben die "Kolonialgeschichtler" gerne bis heute immer noch von Konstantinopel, damit sind diese separate Gruppe aber meiner Kenntnis nach die letzten Mohikaner unter den Gruppen der Gelehrten... :)
 
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Natürlich wissen auch Historiker, Orientalisten, Politologen, usw., wie die Stadt offiziell hieß. Und wenn diese Akademiker mehrheitlich den Konsens verfolgen, von Istanbul zu schreiben,
Wenn ich Dich richtig verstehe, orientiert sich dieser "Konsens" also am Wunsch, der heutigen Türkei im Sprachgebrauch entgegenzukommen und nicht an den historischen Gegebenheiten?
 
Wenn ich Dich richtig verstehe, orientiert sich dieser "Konsens" also am Wunsch, der heutigen Türkei im Sprachgebrauch entgegenzukommen und nicht an den historischen Gegebenheiten?

Keine Ahnung, warum die Historiker (die internationalen, nicht die in der Türkei die ich kaum oder weniger kenne) so eine Bezeichnungsweise bevorzugen.
 
Natürlich wissen auch Historiker, Orientalisten, Politologen, usw., wie die Stadt offiziell hieß.

Demnach ist festzuhalten, dass die Stadt im offiziellen Sprachgebrauch - auch innerhalb des Osmanischen Reichs - bis ins 20. Jh. Konstantinopel hieß. Und nur darum ging es hier.

Ähnliches lässt sich übrigens seit einigen Jahren (spätestens seit 2004) in der Wiki beobachten, wenn es darum geht, ob die Türkei in Listen, Tabellen, Aufzählungen, usw. zu Europa oder in Europa oder in Asien gelistet wird.

Wenn ich nicht irre, zählt Kleinasien nach allen Erkenntnissen geografisch zu Asien. Oder sollte sich das inzwischen geändert haben?
 
Demnach ist festzuhalten, dass die Stadt im offiziellen Sprachgebrauch - auch innerhalb des Osmanischen Reichs - bis ins 20. Jh. Konstantinopel hieß. Und nur darum ging es hier.
Es wurde auf offiziellen Dokumenten durchaus der Name Konstantinopel geführt, korrekt, aber eben nicht nur! So einfach ist es eben nicht. Z.B. wurde der Name Istanbul in der Verfassung vom 19. Jh. geführt, und das ist nicht irgendein Wischiwaschi-Dokument. Oder in zahlreichen anderen Dokumenten auch; weitere Namen neben Konstantinopel und Istanbul wurden auf offiziellen Dokumenten ebenfalls geführt, siehe oben.
Insofern ist der Wunsch der Wikipedianer oder bei uns, klare Grenzen zu ziehen, etwas möglichst trennscharf in schwarz-weiß zu benennen, oder alles in die vermeintlich richtige Schublade zu schieben nicht so ganz klar, wie es scheint.
Deshalb verbietet es sich auch für die Wikipedianer-Editoren nun ihre eigene Sicht der Dinge (z.B. das Konstantinopel überall in jedem Wiki-Artikel zu stehen habe, wo vorher Istanbul stand, sofern es sich auf Dinge vor 1930 bezog) durchzudrücken.
Stattdessen sollten sie lieber so verfahren, wie es in internationalen Standardwerken bzw. Enzyklopädien gehandhabt wird - also Istanbul ab 1453, davor Konstantinopel.
Wikipedia soll nicht Wissen schöpfen, sie soll es abbilden!
So wie mit Istanbul wird übrigens auch mit anderen Städte- oder Landesnamen in der Fachliteratur verfahren. Ihr kennt sicherlich Beispiele (z.B. Persien-Iran, wobei es hier nicht so eine überdeutliche Mehrheit gibt).


Wenn ich nicht irre, zählt Kleinasien nach allen Erkenntnissen geografisch zu Asien. Oder sollte sich das inzwischen geändert haben?
Natürlich. :D
Aber ein (kleiner) Teil gehört eben auch geographisch zu Europa. Insofern müssten eigentlich die Artikel der Wikipedia eben auch hier nicht anfangen selber Einteilungen vorzunehmen, sondern sich an den bisherigen Lexika, Standardwerken, Enzyklopädien, etc. zu orientieren, wo die Türkei immer aufgeführt wird, wenn es um länderübergreifende Listen, Tabellen, Vergleichsgrafiken, etc. geht. Denn da geht es meistens nicht um reinste Geographie, sondern z.B. darum, politische Systeme Europas darzustellen, demographische Entwicklungen, Armeestärken, Autos pro Kopf, größte Städte, BSP-Vergleiche, und so weiter. Ihr kennt sicherlich zahllose solcher Tabellen.
Und wenn ich da die entsprechenden Bücher der letzten Jahrzehnte anschaue, dann wird meistens die Türkei bei den europäischen Tabellen, Listen, usw. hinzugerechnet, einbezogen, und nicht bei den asiatischen Listen, Grafiken, Tabellen, etc. Anders hier einige Editoren der Wiki, die versuchen die Türkei aus den europäischen Listen zu streichen und in die asiatischen einzufügen.... Das ist nicht Abbilden von Wissen, sondern (wohl politisch motivierte) Neuschöpfung von Wissen.:fs:
 
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Anders hier einige Editoren der Wiki, die versuchen die Türkei aus den europäischen Listen zu streichen und in die asiatischen einzufügen....

... was ja auch völlig richtig und vernünftig ist.

Die turkmenischen Stämme, die Kleinasien seit dem 11. Jh. eroberten, stammten aus Zentralasien, und Kleinasien blieb auch zu osmanischen Zeiten stets das Kerngebiet des nach Europa, Asien und Nordafrika expandierenden Staates. Wir können die Türkei nicht zu Europa zählen, da sie geografisch, kulturell, religiös und historisch eher mit Vorderasien als mit Europa verbunden ist und in dieser exponierten Lage höchstens eine Brückenfunktion einnimmt. Der geografisch winzige europäische Zipfel und die kleine westlich gesinnte Upper-Class in Istanbul ändern nichts an dieser Sachlage.

Und überhaupt: Warum sollte es für einen Staat entehrend sein, zu Asien zu zählen? :grübel:
 
Was und ob die türkei und oder das osman. Reich auch (!) Ein teil Europas und seiner Geschichte ist hatten wir schon breit eröretert mit der Feststellung das es Bereiche gibt wo sie wie so-europa daztu gehört und bei anderen eher nach asien. Wie eine Brücke eben. :) mir ging es hier lediglich um den unterschied der Darstellung altehrwürdiger Enzyklopädien und der wiki bzgl. Der. Benutzung von Konstantinopel und bezüglich. Der einordnung in ländervergleichslisten von der türkei wo es Unterschiede in der wiki mit der meisten Fachliteratur gibt.
 
Die ganze Diskussion verdeckt lediglich ein vieldiskutiertes Problem: Zählt die Türkei zu Europa und sollte somit auch Teil der Europäischen Union werden, oder soll sie als Teil Asiens außen vor bleiben.

Für beide Standpunkte gibt es in Europa Stimmen und Argumente, doch ist es müßig, diese aktuellen politischen Fragen hier zu erörtern.
(So, nun mal nicht vom Handy aus... ;))

Wenn dich dieses Thema interessiert, kannst ja mal einen neuen Thread eröffnen und die zeithistorischen Positionen vor allem der CDU und der FDP in den 1950/60er Jahren (übrigens eine Position die eine Konstante der deutschen CDU/FDP-Politik bis in die späten 90er Jahre hinein blieb) uns hier darstellen, wo diese Parteien die Türkei nicht nur zu Europa zugehörig bezeichneten, sondern sie sogar in die EWG aufnehmen wollten, ein Assoziierungsabkommen unterzeichneten, etc., so wie die Türkei schon damals in zahlreichen europäischen Gremien vertreten war, z.B. im Europarat (in dem sie sogar Mitglied vor Deutschland wurde).

Suche mal nach den damaligen Zeitdokumenten, wie besonders die konservativen Politiker bezgl. der Türkei argumentierten.
(Die linken Politiker waren angesichts u.a. der Militärputsche der Türkei im 20. Jh. da im Allgemeinen eher zurückhaltender, damals wohlgemerkt, ich spreche von alten geschichtlichen Ereignissen, hatten da wohl mehr Skrupel wie die CDU/FDP, zumindest bis in die späten 80er Jahre hinein, wo eine Phase der Stabilisierung und Reformen in der Türkei einsetzte (mit gleichzeitiger Verschärfung der Kurdenproblematik, wo dann in diesem Bereich die linken Parteien in Deutschland wiederum Finger in die Wunden der Kohlschen Regierungsarbeit legten (Stichwort Militärhilfen für die Türkei, NVA-Panzer mit Auflagen geliefert, wurden dennoch gegen kurdische Terroristen / Zivilisten eingesetzt, falls sich noch wer erinnert) - aber wie gesagt, das ist ein eigener Thread wert.

Titelvorschlag: "Legitimation der CDU/FDP Regierungen Mitte des 20. Jahrhunderts für die Einbindung der Türkei in Europa" oder so...

Darin könntest du dann solche Sätze zitieren, wie die von Adenauer (CDU) oder Hallstein (CDU): "Wir sind heute Zeuge eines Ereignisses von großer politischer Bedeutung. Die Türkei gehört zu Europa. Das ist der tiefste Sinn dieses Vorgangs: Er ist, in denkbar zeitgemäßer Form, die Bestätigung einer Wahrheit, die mehr ist als ein abgekürzter Ausdruck einer geografischen Aussage oder einer geschichtlichen Feststellung, die für einige Jahrhunderte Gültigkeit hat. Die Türkei gehört zu Europa." anlässlich der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens 1963 mit der EWG mit dem Ziel der Mitgliedschaft.
Quelle
Und zahlreiche andere Politgrößen äußerten sich jahrzehntelang ebenso....
Du kannst dann ebenfalls mal vergleichen, wie gegen die Aufnahme Großbritanniens damals argumentiert wurde, z.B. von Charles de Gaulle und Parallelen in den Argumenten von heute ziehen... ach ne, der letzte Teil wäre dann wohl wieder zu dicht an heutiger Politik dran, auch wenn es interessant ist zu lesen, wie noch 1997 Kanzler Kohl (CDU) oder Ex-Wirtschaftsminister Glos (CSU) für einen Beitritt der Türkei waren...)


(Wäre mal interessant zu sehen, wie Leute ein Thema behandeln, wo sie meistens hier den Gegenpart in den Diskussionen beziehen. Also in etwa so, als müsste ein Werder-Fan eine Laudatio auf die Vorzüge des HSV erstellen... :devil:)

Haste Lust? :friends:
 
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Darin könntest du dann solche Sätze zitieren, wie die von Adenauer (CDU) oder Hallstein (CDU): "Wir sind heute Zeuge eines Ereignisses von großer politischer Bedeutung. Die Türkei gehört zu Europa.

Das mag alles sein, aber Meinungen und Einschätzungen können sich ändern, wie sich auch die politische und mentale Landschaft in den letzten 60 Jahren seit den Tagen des seligen Adenauer geändert hat. Es gab und gibt starke Strömungen in Europa, die eine Zugehörigkeit der Türkei zu Europa - und zur zur EU - befürworten und andere, die das ablehnen.
 
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Warum auch immer in Büchern Konstantinopel oder Istanbul geschrieben wird, egal wie ich selber dazu stehe: In der Wiki laufen einige herum, die ändern penetrant jegliches Istanbul im Kontext zwischen 1453 - 1930 um in Konstantinopel - und befinden sich damit in einer sehr starken Minderheitsposition, bezogen auf die in der (meisten) Fachliteratur übliche Schreibweise von Istanbul nach 1453, und verletzten damit die Wikirichtlinien. (Warum diese Editoren so handeln und was sie sonst so in der Wiki treiben, kann jeder selber rausfinden.)
 
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In der Wiki laufen einige herum, die ändern penetrant jegliches Istanbul im Kontext zwischen 1453 - 1930 um in Konstantinopel -

Wenn selbst die Türken ihre Hauptstadt offiziellell bis ins 20. Jh. Konstantinopel nannten (Ḳusṭanṭīniyye = ‏قسطنطينيه‎ ), ist es nicht einzusehen, sie "Istanbul" zu nennen, wie sie erst seit etwa 1930 hieß.
Sankt Petersburg hieß zu sowjetischen Zeiten offiziell "Leningrad" und wird von Historikern auch so benannt, die in dieser Epoche von ihr sprechen. Ähnliches muss gelten für Konstantinopel vs. Istanbul, wie das die Wiki-Autoren ganz richtig erkannt haben.

Auch in allen alten Geschichtsatlanten heißt die Stadt selbstverständlich Konstantinopel. Vor mir liegt z.B. der "Historische Schul-Atlas" von F.W. Putzger aus dem Jahr 1901, wo die Stadt - wie kann es anders sein - durchgängig "Konstantinopel" genannt wird.
 
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Auch wenn ich für einen fast gleichlautenden Beitrag mal rot gesehen habe. Die heutigen Polen haben überhaupt kein Problem mit den alten Ortsnamen, verwenden sie selbst im Dialog. Das ist doch nur ein ideologischer Streit aus dem kalten Krieg.
Und wenn Istanbul bis ins 20.Jh. Konstantinopel hieß, dann ist das so. Niemand kommt auf die Idee, die Belagerung von Leningrad im 2. WK in Belagerung von St. Petersburg umzubenennen. Genau das war mal in den 1970ern Gegenstand einer Karikatur in der DDR über pöhse westdeutsche Reaktionäre in Schulatlanten (Stettin,Breslau) als man sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass so eine Rückbenennung jemals wieder erfolgen könnte.
 
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Mir ist die Bezeichnung Istanbul, wenn ich mich recht entsinne, noch nicht in der Literatur des 18.Jh. untergekommen. Da ist immer von Konstantinopel die Rede. Wobei ich immer dachte, dass es eine eurozentrische, ich meine hier westliche, sprich: deutsche, französische oder britische, Sichtweise war, welche immernoch den alten Namen beibehielt.
Ich finde es heute immer wieder angenehm, wenn man für historische Sachverhalte generell eher die zeitgenössischen Bezeichnungen - bisweilen in Anführungsstrichen - benutzt wie bspw. "Polizey-Wesen", solange es heute nicht ganz unverständlich ist.
Wenn in einem Zusammenhang mit englischen Touristen z.B. die Stadt Istanbul/Konstantinopel als "Konstantinopel" bezeichnet wird, finde ich das bspw. legitim. Ansonsten kann eine der damaligen Bezeichnungen vielleicht einmal mit "Istanbul" dahinter in Klammern verwendet werden.
 
Auch in allen alten Geschichtsatlanten heißt die Stadt selbstverständlich Konstantinopel. Vor mir liegt z.B. der "Historische Schul-Atlas" von F.W. Putzger aus dem Jahr 1901, wo die Stadt - wie kann es anders sein - durchgängig "Konstantinopel" genannt wird.

Ob ein Schul-Atlas aus dieser Zeit nun in dieser Hinsicht eine aussagekräftige Quelle ist oder nicht doch eher geistesgeschichtliche Einstellungen spiegelt, ist allerdings fraglich.
 
Einige Münzen:
Die erste Münze (zwischen 1520 und 1566) zeigt als Prägeort Qusṭanṭiniyya.
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Die zweite Münze (zwischen 1703 und 1730) zeigt als Prägeort Islāmbūl.
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Die dritte Münze (1772) zeigt als Prägeort Islāmbūl.
T_O_71780_2.jpg
Die vierte Münze (1799/1800) zeigt als Prägeort Islāmbūl.
T_R_3990_2.jpg
Die fünfte Münze (1820/1821) zeigt als Prägeort Qusṭanṭiniyya.
T_R_3991_2.jpg

Es wurden also offensichtlich mehrere Namen nebeneinander benutzt.
 
Ob ein Schul-Atlas aus dieser Zeit nun in dieser Hinsicht eine aussagekräftige Quelle ist oder nicht doch eher geistesgeschichtliche Einstellungen spiegelt, ist allerdings fraglich.

Wäre der offizielle Name Istanbul gewesen, dann hätte er gewiss auch so in einem Atlas für Schüler gestanden. Dass das nicht so war zeigt, dass der Name Konstantinopel im allgemeinen Sprachgebrauch die verbreitete Version war - auf jeden Fall noch 1901 beim Erscheinen dieses Atlas und gewiss auch davor.
 
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