Kriegsschuldfrage zum Zweiten Punischen Krieg

Schuld... Schuld sind beide Parteien, weil sie es beide drauf angelegt haben.

Das ist eben die Frage! Waren Karthago oder Hannibal auf einen neuen Krieg mit Rom aus? Aus den Handlungen bis zur Sagunt-Krise ist meiner Meinung nach allerdings nichts in diese Richtung zu erkennen.

@Herakleios:
Natürlich wissen wir nicht, ob die Karthager Spanien vielleicht doch als Basis für einen neuen Krieg angesehen haben. Doch darüber zu spekulieren ist nicht mehr als eben das: Spekulation.

Rom wollte den neuen Krieg, Karthago und Hannibal haben ihn angenommen. Damit liegt die Verantwortung für den Krieg bei Rom, nicht bei Karthago.
So mein Fazit zum Thema.
 
Ich könnte mir gut vorstellen, dass Hannibal seine Künste mal gegen einen richtigen Gegner zeigen wollte. Meiner Meinung nach, hätte man diesen zweiten Krieg nicht verhindern können. Beide Parteien waren - hinsichtlich der geographischen Lage - relative "Tür an Tür"-Nachbarn. Beide waren als geschickte und intelligente Krieger bekannt. Beide waren unheimlich mächtig: kulturell, millitärisch und wirtschaftlich gesehen. Es konnte nicht gut gehen. Die beiden Großmächte dominierten den Raum, und aufgrund ihrer kriegerischen Art konnten sie es nicht haben "einer von zweien" zu sein. Ganz oder garnicht, alles oder nichts, Sekt oder... noch nicht einmal Selters war die Devise.

Die Ähnlichkeit der beiden Staaten ist faszinierend: beide Parteien waren Stadtstaaten; beide hatten einen festgelegten, religiösen, polytheistischen Ritus; beide hatten in ihrem, durch natürliche Grenzen festgelegten Machtbereich, alle anderen vertrieben; beide hatten kulturelle Güter wie Schrift, einen geregelten Staatsaufbau und Spiele und beide entstanden angeblich aus einer Kolonie (Karthago von Phönizien, Rom [angeblich] von Griechenland). Ich bin mir sicher, die Geschichte wäre völlig anders abgelaufen, hätte Karthago gesiegt. Die beiden waren schließlich ebenbürtig, die Karthager sogar noch im Vorteil, wegen ihrer Seehandelswege und Schiffsbaukunst. Die Germanen wären warscheinlich die Wüstenvölker gewesen, Weiße wurden im 17. Jahrhundert von Eropa, in das von Motumbo Columbus entdeckte Amerika versklavt worden und Großbritannien war eine Kolonie von Südafrika ;).
 
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Es gab bekanntlich keinen Ebro-Vertrag, sondern einen Iberos-Vertrag. Es ist umstritten, was für ein Fluß das war, ob es eine Sagunt-Klausel gab und ob der Vertrag überhaupt Bindungswirkung für Karthargo hatte. Eine schlechte Grundlage zum Ziehen eines Fazits.

Ich denke auch, daß man den Barkiden oder Karthargo vor Sagunt keine direkten Kriegsanstrengungen gegen Rom nachweisen kann. Genausowenig gab es direkte Kriegsanstrengungen Roms gegen Karthargo. Was es gab, war ein Mißtrauen Roms gegen die punische Expansion in Spanien. Das wird an den Gesandtschaften deutlich, die öfter zur Ausforschung und Erklärung von Rom nach Spanien abgingen. Die Gründung von Carthargo Nova durch Hasdrubal dürfte die Alarmglocken bei den Römern besonders klingeln haben lassen.

Den Iberos-Vertrag schloß man 227, 226 oder 225, um die Kontaktaufnahme Hasdrubals mit den keltischen Gegnern in der Cisalpina zu verhindern (die dann prompt 218 im Vorklapp zu Hannibals Feldzug stattfand, ob länger vorbereitet oder spontan). Wenn der Iberos der Ebro war, zeigte sich Rom ungewöhnlich großzügig. Vielleicht war die Furcht vor einem keltisch-karthargischen Bündnis sehr groß. Falls der Iberos weiter südlich lag als der Ebro, wären die nachfolgenden Ereignisse um Sagunt leichter erklärbar, es würde auch besser zu Roms Zurückhaltung, anderen etwas zuzugestehen, passen, aber schlecht zu Polybios Ortsangaben.

Es fällt auf, daß die "Pro-Kartharger" Polybios zwar nutzen, um die Ebro-These zu rechtfertigen, ihn aber der Lüge zeihen, wenn er die Sagunt-Klausel erwähnt. Falls es diese Sagunt-Klausel gab, mußte Hannibal von vornherein mit Schwierigkeiten rechnen, wenn er Sagunt angriff. Er wollte aber den Angriff der Sagunter gegen die Torboleten, die wiederum vorher scheinbar Sagunter Gebiet angetastet hatten, nicht hinnehmen, um das Klientelverhältnis nicht zu verletzen und nicht im noch immer nicht völlig gesicherten Spanien als Schwächling dazustehen. Das war allerdings nicht Roms Problem, das sich nicht um Hannibals Reputation Sorgen machen mußte. Er nahm daher sehenden Auges den Krieg mit Rom in Kauf. Ich denke, er glaubte trotzdem, den Krieg evtl. verhindern zu können, daher der ungewöhnliche Sturmangriff auf Sagunt statt längerer Belagerung. Der Versuch, schnell vollendete Tatsachen zu schaffen. Das klappte aber nicht.

Falls es die Sagunt-Klausel nicht gab, muß man von einem reinen Vorwand für Roms Argumentation ausgehen. Falls man diese Klausel und dazu die römische Warnungsgesandtschaft aus den Quellen weginterpretiert, gewinnt man natürlich große geistige Bewegungsfreiheit für einseitige Schuldzuweisungen. Dann war Hannibal zu recht arglos, als er Sagunt angriff, denn er befand sich im eigenen Einflußgebiet. Seltsam ist dann aber noch mehr die Art des Angriffs auf Sagunt, der risikoreiche Versuch der schnellen Erstürmung, bei dem angeblich Hannibal selbst verwundet worden sein soll.

Gab es keine Sagunt-Klausel, aber die römische Gesandtschaft, handelte Hannibal wieder in Kenntnis des Kriegsrisikos. In diesem Fall durfte er sich aber moralisch etwas besser gefühlt haben, weil er dann alles südlich des Ebro (?) als "seins" betrachten durfte.

Insgesamt besehen nahm Hannibal trotzdem den Krieg wegen der Durchsetzung seiner Interessen in Kauf, Rom nahm den Krieg zur Durchsetzung seiner Interessen in Kauf. Zwei imperialistische Mächte prallen wieder mal aufeinander, wie schon ein paar Jahrzehnte zuvor. Da ich kein Freund von Verschwörungstheorien und langjähriger Komplotte bin, gebe ich mich damit zufrieden. Falls es keine Sagunt-Klausel gab, kann man eine größere "Schuld" durchaus bei Rom suchen, was mit einem mal die Grenzen enger stecken wollte als vorher vereinbart. Das sind mir aber alles zu viele "falls" für eine klare Entscheidung. Und dabei haben wir noch gar nicht die Seite beleuchtet, die von einem langjährigen barkidischen Angriffsplan ausgeht.

Im übrigen halte ich das Thema für weitgehend ausgekaut. Was Karl Christ in seiner Hannibal-Biographie von 2003 ab S. 51 über die Probleme bei der Interpretation des Ausbruchs des Krieges schreibt, ist immer noch gültig, Klarheit ist nicht zu gewinnen. Ich werde aber mal die Bücher von Jakob Seibert ordern und lesen, vielleicht überzeugt er mich ja.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gab bekanntlich keinen Ebro-Vertrag, sondern einen Iberos-Vertrag. Es ist umstritten, was für ein Fluß das war, ob es eine Sagunt-Klausel gab und ob der Vertrag überhaupt Bindungswirkung für Karthargo hatte. Eine schlechte Grundlage zum Ziehen eines Fazits.

Nach Seibert ist der Ebrovertrag sogar eine Erfindung.
Ich denke auch, daß man den Barkiden oder Karthargo vor Sagunt keine direkten Kriegsanstrengungen gegen Rom nachweisen kann.

Da sind wir uns einig.
Genausowenig gab es direkte Kriegsanstrengungen Roms gegen Karthargo.

Hier nicht.
Was es gab, war ein Mißtrauen Roms gegen die punische Expansion in Spanien. Das wird an den Gesandtschaften deutlich, die öfter zur Ausforschung und Erklärung von Rom nach Spanien abgingen. Die Gründung von Carthargo Nova durch Hasdrubal dürfte die Alarmglocken bei den Römern besonders klingeln haben lassen.

Mit welchem Recht eigentlich haben die Römer es sich herausgenommen über die territorialen Entwicklungen zu urteilen, die sowas von außerhalb ihres geographischen Interesses waren?

Warum das?

Den Iberos-Vertrag schloß man 227, 226 oder 225, um die Kontaktaufnahme Hasdrubals mit den keltischen Gegnern in der Cisalpina zu verhindern (die dann prompt 218 im Vorklapp zu Hannibals Feldzug stattfand, ob länger vorbereitet oder spontan). Wenn der Iberos der Ebro war, zeigte sich Rom ungewöhnlich großzügig.

Wenn es ein deutlich südlich gelegener Fluss gewesen wäre, wie von dir angedeutet, dann hätte das aber kaum Sinn gemacht. Wenn die Karthager nur im Süden der Halbinsel waren, brauchte man ja wohl wirklich keine Angst haben, dass sie plötzlich Tausende Kilometer weit weg erscheinen würden.
Vielleicht war die Furcht vor einem keltisch-karthargischen Bündnis sehr groß. Falls der Iberos weiter südlich lag als der Ebro, wären die nachfolgenden Ereignisse um Sagunt leichter erklärbar, es würde auch besser zu Roms Zurückhaltung, anderen etwas zuzugestehen, passen, aber schlecht zu Polybios Ortsangaben.

Es passt auch sonst nicht zu den Quellen. Immerhin wird bei nahezu allen späteren Autoren, die sich mit dem 2. Punischen Krieg beschäftigen Sagunt in die Nähe des Iberos gelegt, liegt mal an seinem Ufer, mal sogar nördlich dieses Flusses. Ist der Iberos der Ebro, dann ist diese Geschichtsverfälschung noch in einem Bereich, der wenigstens glaubhaft ist. Ist es deutlich südlicher liegender Fluss, dann wird daraus eine viel gröbere Lüge.
Es fällt auf, daß die "Pro-Kartharger" Polybios zwar nutzen, um die Ebro-These zu rechtfertigen, ihn aber der Lüge zeihen, wenn er die Sagunt-Klausel erwähnt.

Polybios erwähnt meines Wissens Sagunt nicht, oder? Zum Ebrovertrag schreibt er: Vom übrigen Spanien war nicht die Rede. In diesem Fall zieht der Ebrovertrag eben nicht in Bezug auf Sagunt.

Was für eine Sagunt-Klausel meinst du, die wir angeblich wegdiskutieren wollen?
Falls es diese Sagunt-Klausel gab, mußte Hannibal von vornherein mit Schwierigkeiten rechnen, wenn er Sagunt angriff.

Wenn es eine spezielle Sagunt-Klausel gegeben hätte, dann hätten dies die prorömischen Geschichtsschreiber erwähnt, weil sie damit die perfekte und wunderbare Möglichkeit gehabt hätten, Hannibal ins Unrecht zu setzen. Doch dies haben sie nicht getan. Stattdessen werden die Quellen ziemlich verbogen, um Hannibals Unrecht zu erweisen.
Er wollte aber den Angriff der Sagunter gegen die Torboleten, die wiederum vorher scheinbar Sagunter Gebiet angetastet hatten, nicht hinnehmen, um das Klientelverhältnis nicht zu verletzen und nicht im noch immer nicht völlig gesicherten Spanien als Schwächling dazustehen. Das war allerdings nicht Roms Problem, das sich nicht um Hannibals Reputation Sorgen machen mußte.

Hatten wir oben mal beschrieben. Vielleicht resultierte das übersteigerte Selbstvertrauen Sagunts auf dem Bündnis mit Rom.
Er nahm daher sehenden Auges den Krieg mit Rom in Kauf.

Kein Widerspruch.
Ich denke, er glaubte trotzdem, den Krieg evtl. verhindern zu können, daher der ungewöhnliche Sturmangriff auf Sagunt statt längerer Belagerung. Der Versuch, schnell vollendete Tatsachen zu schaffen. Das klappte aber nicht.

Ich glaube nicht, dass der Krieg noch zu verhindern gewesen wäre.

Falls es die Sagunt-Klausel nicht gab, muß man von einem reinen Vorwand für Roms Argumentation ausgehen. Falls man diese Klausel und dazu die römische Warnungsgesandtschaft aus den Quellen weginterpretiert, gewinnt man natürlich große geistige Bewegungsfreiheit für einseitige Schuldzuweisungen.

Welche Sagunt-Klausel? Wer interpretiert die römischen Gesandtschaften weg? Die mag es schon gegeben haben. Nur wenn das Bündnis Rom-Sagunt ein Bruch bestehender Verträge war, dann wird Hannibal auf diese Forderungen nicht viel gegeben haben.
Dann war Hannibal zu recht arglos, als er Sagunt angriff, denn er befand sich im eigenen Einflußgebiet. Seltsam ist dann aber noch mehr die Art des Angriffs auf Sagunt, der risikoreiche Versuch der schnellen Erstürmung, bei dem angeblich Hannibal selbst verwundet worden sein soll.

Vielleicht fand sich Hannibal einfach auch nur im Recht. Sagunt hat Hannibals Klienten angegriffen, sie müssen bestraft werden.
Gab es keine Sagunt-Klausel, aber die römische Gesandtschaft, handelte Hannibal wieder in Kenntnis des Kriegsrisikos. In diesem Fall durfte er sich aber moralisch etwas besser gefühlt haben, weil er dann alles südlich des Ebro (?) als "seins" betrachten durfte.

Eben. Es bestreitet ja niemand, dass Hannibal mit dem Angriff auf Sagunt das Risiko eingegangen ist auch mit Rom Krieg führen zu müssen.

Insgesamt besehen nahm Hannibal trotzdem den Krieg wegen der Durchsetzung seiner Interessen in Kauf,

Richtig. Das tat er. Und das musste er tun, weil Rom ihn dazu gezwungen hat durch den Bruch des Ebrovertrages, durch den Bruch des Lutatius-Vertrages und das Bündnis mit Sagunt.
Rom nahm den Krieg zur Durchsetzung seiner Interessen in Kauf.

Und war der aktive Part, darum geht es mir. Rom unternahm die notwendigen Schritte, um zum Krieg mit Karthago zu kommen, Rom wollte diesen Krieg und tat, was nötig war, um ihn zu bekommen. Hannibal und Karthago wollten ihn nicht, aber sie haben ihn angenommen.
Zwei imperialistische Mächte prallen wieder mal aufeinander, wie schon ein paar Jahrzehnte zuvor.

Bedingt durch Handlungen Roms.
Da ich kein Freund von Verschwörungstheorien und langjähriger Komplotte bin, gebe ich mich damit zufrieden. Falls es keine Sagunt-Klausel gab, kann man eine größere "Schuld" durchaus bei Rom suchen, was mit einem mal die Grenzen enger stecken wollte als vorher vereinbart. Das sind mir aber alles zu viele "falls" für eine klare Entscheidung. Und dabei haben wir noch gar nicht die Seite beleuchtet, die von einem langjährigen barkidischen Angriffsplan ausgeht.

Was spricht da denn dafür, abgesehen von offenkundig getürkten römischen Quellen?
Im übrigen halte ich das Thema für weitgehend ausgekaut. Was Karl Christ in seiner Hannibal-Biographie von 2003 ab S. 51 über die Probleme bei der Interpretation des Ausbruchs des Krieges schreibt, ist immer noch gültig, Klarheit ist nicht zu gewinnen. Ich werde aber mal die Bücher von Jacob Seibert ordern und lesen, vielleicht überzeugt er mich ja.

Viel lesen kann nie schaden.
 
Um vielleicht Mißverständnisse zu vermeiden:

Ich leugne gar nicht, dass nicht auch Hannibal seinen Teil der Verantwortung für den Krieg hat.

Ich sehe nur nichts in der Richtung, dass Karthago Spanien mit dem Ziel erobert hätte, einen neuen Krieg mit Rom zu führen, ich sehe auch in der Zeit der Eroberung Spaniens nichts, was auf den Willen Karthagos hindeutet einen neuen Krieg zu führen.

Ich bin der Überzeugung, dass Karthago nicht die Ressourcen gehabt hätte, die Expansion weiter nach Norden über die Pyrenäen hinauszutreiben, sondern glaube, dass man nicht weiter als die iberische Halbinsel gegangen wäre.

Deswegen: Ohne die römische Einmischung in Spanien wäre es 218 v. Chr. nicht zum 2. Punischen Krieg gekommen. Und deswegen hat Rom die Verantwortung für diesen Krieg.
 
Es ist müßig darüber zu streiten, welcher antike Iberus nun gemeint ist und ob Sagunt Bestandteil des Vertrags war (Ebro-Vertrag ? Wikipedia). Sicher ist, dass es eine Vereinbarung zwischen Rom und Karthago gab, nach der die Grenze einer bestimmten Einflusszone in Spanien nicht überschritten werden sollte.

Der Grund für die Römer liegt klar auf der Hand: Die rasche und gewaltige Ausbreitung der karthagischen Macht in Spanien erweckte die Aufmerksamkeit und Besorgnis der Römer. Daher schlossen sie den Vertrag mit den beiden griechischen Städten Saguntum und Emporiae und setzten Hasdrubal davon in Kenntnis, dass er den Iberius (oder eine ähnlich lautende Linie) nicht überschreiten solle.

Das geschah, um der materiellen Macht der Karthager eine Grenze zu setzen, und um an den freien Kommunen zwischen dem Ebro und den Pyrenäen, die Rom damit in Schutz nahm, einen Rückhalt zu haben. Und zwar für den Fall, dass eine Landung und ein Krieg in Spanien notwendig werden sollten. Über den bevorstehenden Krieg mit Karthago und dessen Unvermeidlichkeit gab sich der Senat keiner Täuschung hin.

Hannibal beschloss sofort nach seiner Ernennung im Jahr 220 v. Chr. den Beginn des Krieges. Der Zeitpunkt schien günstig, da die Kelten in Italien unruhig waren und ein Krieg zwischen Rom und Makedonien bevorzustehen schien. Auch wenn Hannibal den Überfall auf Sagunt vermutlich ohne Rücksprache mit der karthagischen Regierung durchführte - bzw. ohne eine Antwort auf sein Ersuchen abzuwarten - so ist doch klar, dass sowohl Rom als auch Krthago eine finale Entscheidung herbeiführen wollten.
 
Es ist müßig darüber zu streiten, welcher antike Iberus nun gemeint ist und ob Sagunt Bestandteil des Vertrags war (Ebro-Vertrag ? Wikipedia).

Zustimmung zu Punkt 1, aber die Frage nach Sagunt ist schon wichtig für die Beurteilung.
Sicher ist, dass es eine Vereinbarung zwischen Rom und Karthago gab, nach der die Grenze einer bestimmten Einflusszone in Spanien nicht überschritten werden sollte.

Der Grund für die Römer liegt klar auf der Hand: Die rasche und gewaltige Ausbreitung der karthagischen Macht in Spanien erweckte die Aufmerksamkeit und Besorgnis der Römer. Daher schlossen sie den Vertrag mit den beiden griechischen Städten Saguntum und Emporiae und setzten Hasdrubal davon in Kenntnis, dass er den Iberius (oder eine ähnlich lautende Linie) nicht überschreiten solle.

Und was war zuerst? Der Ebrovertrag oder die Verträge mit Sagunt und Emporiae? Wäre Sagunt zur Zeit des Ebrovertrags schon Verbündeter Roms gewesen, dass wüssten wir das, weil dann Hannibal mit dem Angriff auf Sagunt unzweifelhaft bestehende Verträge gebrochen hätte, die Römer hätten sich das zur Rechtfertigung ihres eigenen Tuns und zur Verdammung Hannibals nicht entgehen lassen. Gerade die Tatsache, dass zum einen Polybios anlässlich des Ebrovertrags schreibt, dass vom übrigen Spanien nicht die Rede war, zum anderen aber, dass die römische Geschichtsschreibung der folgenden Jahrhunderte große Mühen auf sich nahm, um Hannibal ins Unrecht zu setzen, spricht nicht für das Bündnis mit Sagunt zum Zeitpunkt des Ebrovertrags.
Das geschah, um der materiellen Macht der Karthager eine Grenze zu setzen, und um an den freien Kommunen zwischen dem Ebro und den Pyrenäen, die Rom damit in Schutz nahm, einen Rückhalt zu haben. Und zwar für den Fall, dass eine Landung und ein Krieg in Spanien notwendig werden sollten. Über den bevorstehenden Krieg mit Karthago und dessen Unvermeidlichkeit gab sich der Senat keiner Täuschung hin.

Und wenn dies so war, könnte der Senat ja auch gezielte Provokationen unternommen haben, um Hannibal zum Krieg zu bewegen.
Hannibal beschloss sofort nach seiner Ernennung im Jahr 220 v. Chr. den Beginn des Krieges.

Gegen Rom? Woher wissen wir das? Welche Quellen berichten davon?
Der Zeitpunkt schien günstig, da die Kelten in Italien unruhig waren und ein Krieg zwischen Rom und Makedonien bevorzustehen schien. Auch wenn Hannibal den Überfall auf Sagunt vermutlich ohne Rücksprache mit der karthagischen Regierung durchführte - bzw. ohne eine Antwort auf sein Ersuchen abzuwarten - so ist doch klar, dass sowohl Rom als auch Krthago eine finale Entscheidung herbeiführen wollten.

Es zumindest klar, dass es keinen Bruch zwischen Karthago und Hannibal gab. Die gesamte Zeit des Krieges stand Karthago hinter Hannibal.
 
Und was war zuerst? Der Ebrovertrag oder die Verträge mit Sagunt und Emporiae?

Nach unserer heutigen Kenntnis und basierend auf Polybios erreichte im Jahr 226 eine römische Gesandtschaft Hasdrubal. Sie verpflichtete ihn durch den Ebro-Vertrag, den Fluss micht mit militärischer Macht zu überschreiten. Sagunt wird im Ebro-Vertrag nicht erwähnt.

Im Jahr 220 v. Chr. lehnte Hannibal in Neu-Karthago die Forderung der von Sagunt erbetenen römischen Gesandtschaft auf Anerkennung des von Hasdrubal geschlossenen Ebro-Vertrags und der Selbstständigkeit Sagunts ab (Polybios 3, 15).

Zu Sagunt ist zu sagen, dass es schon vor Hannibal in einem Freundschaftsverhältnis zu Rom stand und dass die erwähnte römische Gesandtschaft Hannibal im Jahr 220 mahnte, sich nicht in die inneren Verhältnisse der Stadt einzumischen. Trotzdem belagerte Hannibal im folgenden Frühjahr die Stadt und eroberte sie Okt./Nov. 219. Rom war trotz des Bündnisversprechens der bedrängten Stadt nicht zu Hilfe geeilt. Es stellte sein Ultimatum erst, als Hannibal im Mai 218 mit einer gewaltigen Streitmacht den Ebro überschritt. Erst auf diese Nachricht hin rüstete Rom zum Krieg, und erklärte, als Hannibals Auslieferung von Rom abgelehnt wurde, den Krieg.

Rom blieb also lange Zeit passiv, was vermutlich durch den 2. Illyrischen Krieg bedingt war. Die Schuld am Kriegsausbruch liegt also eindeutig bei Karthago und besonders bei Hannibal, der sehr bewusst alle diplomatischen Möglichkeiten einer Kriegsvermeidung torpedierte.
 
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Zur Frage der "Sagunt-Klausel":

Eine Sagunt-Klausel im Ebro-Vertrag wäre in der Tat ein Indiz, welches Rom erheblich entlasten würde. Schließlich hätten sie in diesem Fall einem bedrohten Bundesgenossen geholfen.

Was jedoch m.E. gegen eine Sagunt-Klausel spricht, ist die lange Zeit die Rom brauchte um auch militärisch aktiv zu werden. M.M.n. kann eine Bindung von Truppen für den Krieg im Osten nicht als Argument gelten. Auch dass Rom abwartete um eine bessere Legitimation des Krieges mit den Barkiden zu erhalten, ist m.E. (aus den Gründen die ich weiter oben bereits genannt habe) keine Option.

Was den literarischen Beleg der Klausel bei Polybios angeht, steht diese bei den Kriegsgründen und nicht bei den Ereignissen selbst. Deshalb kann man dies m.E. als eine versuchte Legitimation des römischen Angriffes werten. (Muss man jedoch nicht)
 
Schöner Beitrag!

Im Jahr 220 v. Chr. lehnte Hannibal in Neu-Karthago die Forderung der von Sagunt erbetenen römischen Gesandtschaft auf Anerkennung des von Hasdrubal geschlossenen Ebro-Vertrags und der Selbstständigkeit Sagunts ab (Polybios 3, 15).


Hast du das auch im Wortlaut?

Zu Sagunt ist zu sagen, dass es schon vor Hannibal in einem Freundschaftsverhältnis zu Rom stand und dass die erwähnte römische Gesandtschaft Hannibal im Jahr 220 mahnte, sich nicht in die inneren Verhältnisse der Stadt einzumischen.


Kann man sagen, ab wann?

Trotzdem belagerte Hannibal im folgenden Frühjahr die Stadt und eroberte sie Okt./Nov. 219. Rom war trotz des Bündnisversprechens der bedrängten Stadt nicht zu Hilfe geeilt. Es stellte sein Ultimatum erst, als Hannibal im Mai 218 mit einer gewaltigen Streitmacht den Ebro überschritt. Erst auf diese Nachricht hin rüstete Rom zum Krieg, und erklärte, als Hannibals Auslieferung von Rom abgelehnt wurde, den Krieg.

Rom blieb also lange Zeit passiv, was vermutlich durch den 2. Illyrischen Krieg bedingt war.


Kann ich mir nicht vorstellen. Wenige Jahre später und viele verlustreiche Niederlagen später war Rom fähig dennoch über Jahre hinweg Krieg an 4 Schauplätzen zu führen: Italien, Sizilien, Spanien und Makedonien. Da soll ein Krieg jede Hilfe für Sagunt unmöglich gemacht haben?
Die Schuld am Kriegsausbruch liegt also eindeutig bei Karthago und besonders bei Hannibal, der sehr bewusst alle diplomatischen Möglichkeiten einer Kriegsvermeidung torpedierte.

Oder anders formuliert: Die Schuld am Kriegsausbruch liegt eindeutig bei Rom, das dermaßen überzogene Forderungen stellte, dass Hannibal überhaupt keine andere Wahl mehr blieb als Krieg zu führen - oder vor Rom zu kuschen.
 
Polybios erwähnt keine Absprache mit Hasdrubal über Sagunt an der Stelle, wo er den Iberos-Vertrag das erste Mal behandelt. Aber später scheint er diese anzudeuten.

Digital kenne ich Polybios nur auf Englisch. Polybius ? Histories ? Book*1
Ich weiß nicht, ob man daraus hier was zitieren darf, wenn nicht, bitte löschen.

Buch II, 13, 7:
13 We have said nothing of affairs in Spain during these years. Hasdrubal had by his wise and practical administration made great general progress, and by the foundation of the city called by some Carthage, and by others the New Town, made a material contribution to the resources of Carthage, 2 especially owing to its favourable position for action in Spain or Libya. On a more suitable occasion we will describe its position and point out the services it can render to both these countries. 3 The Romans, seeing that Hasdrubal was in a fair way to create a larger and more formidable empire than Carthage formerly possessed, resolved to begin to occupy themselves with Spanish affairs. 4 Finding that they had hitherto been asleep and had allowed Carthage to build up a powerful dominion, they tried, as far as possible, to make up for lost time. 5 For the present they did not venture to impose orders on Carthage, or to go to war with her, because the threat of a Celtic invasion was hanging over them, the attack being indeed expected p273from day to day. 6 They decided, then, to smooth down and conciliate Hasdrubal in the first place, and then to attack the Celts and decide the issue by arms, for they thought that as long as they had these Celts threatening their frontier, not only would they never be masters of Italy, but they would not even be safe in Rome itself. 7 Accordingly, after having sent envoys to Hasdrubal and made a treaty, in which no mention was made of the rest of Spain, but the Carthaginians engaged not to cross the Ebro in arms, they at once entered on the struggle against the Italian Celts.

Buch III, 15, 5:
15 But the Saguntines sent repeated messages to Rome, as on the one hand they were alarmed for their own safety and foresaw what was coming, and at the same time they wished to keep the Romans informed how well things went with the Carthaginians in Spain. 2 The Romans, who had more than once paid little attention to them, sent on this occasion legates to report on the situation. 3 Hannibal at the same time, having reduced the tribes he p37intended, arrived with his forces to winter at New Carthage, which was in a way the chief ornament and capital of the Carthaginian empire in Spain. 4 Here he found the Roman legates, to whom he gave audience and listened to their present communication. 5 The Romans protested against his attacking Saguntum, which they said was under their protection, or crossing the Ebro, contrary to the treaty engagements entered into in Hasdrubal's time. 6 Hannibal, being young, full of martial ardour, encouraged by the success of his enterprises, and spurred on by his long-standing enmity to Rome, 7 in his answer to the legates affected to be guarding the interests of the Saguntines and accused the Romans of having a short time previously, when there was a party quarrel at Saguntum and they were called in to arbitrate, unjustly put to death some of the leading men. The Carthaginians, he said, would not overlook this violation of good faith for it was from of old the principle of Carthage never to neglect the cause of the victims of injustice. 8 To Carthage, however, he sent, asking for instructions, since the Saguntines, relying on their alliance with Rome, were wronging some of the peoples subject to Carthage. 9 Being wholly under the influence of unreasoning and violent anger, he did not allege the true reasons, but took refuge in groundless pretexts, as men are wont to do who disregard duty because they are prepossessed by passion. 10 How much better would it have been for him to demand from the Romans the restitution of Sardinia, and at the same time of the tribute which they had so unjustly exacted, availing themselves of the misfortunes of Carthage, and to threaten war in p39the event of refusal! 11 But as it was, by keeping silent as to the real cause and by inventing a non-existing one about Saguntum, he gave the idea that he was entering on the war not only unsupported by reason but without justice on his side. 12 The Roman legates, seeing clearly that war was inevitable, took ship for Carthage to convey the same protest to the Government there. 13 They never thought, however, that the war would be in Italy, but supposed they would fight in Spain with Saguntum for a base.


Ich finde es relativ weitgehend, Hannibal den Krieg mit Rom als länger geplantes Event zuzuschreiben. Im Hinterkopf hatte er den Krieg aber sicherlich. Er reagierte schnell, zielsicher und quasi mental gut vorbereitet, als der Krieg erklärt wurde.

Natürlich war Rom anmaßend mit seinen Forderungen gegen Karthargo. So sind imperialistische Mächte oft. Allerdings hatte Rom einen langen, schweren Krieg mit dieser Macht Karthargo hinter sich und mußte zuschauen, wie sie eine erneute, evtl. sogar stärkere Machtbasis schuf. Von Karthargos friedliebenden Ansichten konnte Rom kaum überzeugt sein.

Daß Hannibal nicht gottgegeben zwangsläufig auf seinen Interessen hätte beharren müssen, zeigt z.B. das berühmte Kreisultimatum des römischen Gesandten Popilius gegenüber Antiochos IV. im Jahre 168. Der Grieche war so schlau zurückzuweichen und blieb daher König im eigenen Reich. Hannibal war wohl ein größerer Hasardeur (oder: mutiger, wenn man es positiv wenden will). Gebracht hat es ihm wenig, aber hinterher ist man natürlich immer schlauer.
 
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Entschuldigung, dass ich erst jetzt darauf zurückkomme, aber: Herbert Heftner ist der Ansicht dass der barkidische Einfluß nicht über den Segura hinausgereicht haben dürfte. Wenn nun der Ebro gemeint war (der nördlicher gelegen ist) wäre dies geradezu ein Zugeständnis an die Karthager gewesen, da man ihnen eine Gebietsvergrößerung bis zum Ebro ermöglicht hätte. Zudem hätte man hier die Handelsinteressen der mit Rom verbündeten Massilioten geopfert. Möglicherweise ist mein Buch bereits veraltet. Wie wurden diese Argumente entkräftet?

Nun, der barkidische Einfluss (bzw. die Herrschaft) ist nach heutiger Einschätzung tatsächlich auf die Zone Andalusiens südlich des Guadalquivir und bis hin nach Murcia (die Autonome Region, nicht die Stadt) bis etwa zum Segura beschränkt gewesen, erst mit Hannibal griff sie darüber hinaus aus. Das aber ist doch kein Grund, die zwischen Rom und Karthago verhandelte Einflusssphäre am Segura enden zu lassen, es sei denn Rom hätte schon zum Abschluss des Ebrovertrages einen Krieg mit Karthago gewollt. Man kann es aber auch so sehen: Rom hat im Punischen Krieg den Karthagern zunächst Sizilien abgenommen und einen nicht unerheblichen Tribut an Silbertalenten abgefordert. Als dann Karthago seinen Söldnerkrieg genau deswegen führen musste, weil es Rom die geforderten Talente nicht verweigern konnte, nutze Rom die Gunst der Stunde und sackte sich die Inseln Korsika und Sardinien ein. Karthago oder den Barkiden in Spanien weitgehend freie Hand zu lassen, kann also genauso gut dem Kalkül gehorcht haben, den Karthagern eine Möglichkeit zur Kompensation der gemachten Verluste zu geben, mit Gebieten die aus damaliger Sicht weit genug von Rom entfernt waren und somit keine Bedrohung darstellten. Gleichzeitig wären die neurömischen Gebiete Sizilien, Sardinien und Korsika, in denen es vielleicht noch propunische Bevölkerungsteile gab, vor Rückeroberungsversuchen geschützt, da die Kräfte ja anderweitig gebunden waren.

Massilia hatte Kolonien an der spanischen Küste gegründet, möglicherweise sah man durch eine karthagische Expansion, diese und den damit verbunden Hinterlandshandel gefährdet.
Offenbar. Nur scheint dann Rom mögliche Handelsinteressen von Massilia südlich der Pyrenäen nicht gestört zu haben.

Wo lagen die Kolonien? Hast du da Informationen drüber?
Welche Handelsinteressen hatte Massilia südlich der Pyrenäen bis zum Ebro oder weiter hinaus?
Was Massilia betrifft: Ich kann z.Z. meine Quelle diesbezüglich nicht finden (weil ich mich absolut nicht an das Buch in dem es steht erinnere), es ist jedoch auch auf der Wikipediaseite zu lesen (was jedoch noch kein Grund ist es zu glauben)

Die massiliotischen Kolonien waren Rhode (heute Rosas/Roses) und Emporion (heute Ampurias/Empúries). Beide nördlich des Ebro!

War Karthago eine imperialistische Macht wie Rom?

Spätestens seit den Kämpfen mit den graeco-sizilianischen Tyrannen wohl schon.

Erobert Rom ohne Rücksicht auf Recht und Verluste alles, was ihm vor die Füße kommt oder kommt Rom zu seinem Weltreich, ohne genau zu wissen, wieso, weshalb, warum es plötzlich eines hatte.

Ich glaube eher letzteres.

Es ist viel einsichtiger, dass Hasdrubal keine Probleme mit der Ebrogrenze hatte. Es ließ ihm die Möglichkeiten zur Expansion offen, gefährdete aber keineswegs Rom oder konnte zu einem für Rom gefährlichen Bündnis zwischen Karthago und den Kelten führen. So hätten beide Seiten etwas gehabt, worüber man sprechen konnte.

Zumal dazu "die Kelten" sich als politische Einheit hätten verstehen müssen.








Zur Kriegsschuld: Ich folge hier dem Prinzip: Zum Streiten gehören immer zwei. Rom mag mit Sagunt den Köder ausgeworfen haben, es war jedoch Hannibal der diesen bereitwillig schluckte und damit (bewusst!) einen Krieg mit Rom in Kauf nahm. Von daher finde ich es gerechtfertigt auch auf Seiten Karthagos (bzw. der Barkiden) eine latente Bereitwilligkeit zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit Rom festzustellen.

Das ändert nichts daran, dass das Bündnis mit Sagunt ein Verstoß gegen den Vertrag war.


Ein anderer Grund wäre die wirtschaftliche Lage Karthagos. Das Handelsnetz Karthagos hatte durch den Verlust Siziliens und Sardiniens herbe Verluste einstecken müssen. Die Regierung Karthargos versuchte naturgemäß diese zu kompensieren. Doch wohin konnte man sich wenden? Im Norden kam man mit Rom in direkten Konflikt, im Osten den Ptolemäern mit denen man freundschaftliche Handelsbeziehungen pflegte. Im Westen an der afrikanischen Küste lag wirtschaftlich kaum Relevantes. Was bleibt war Spanien, dessen wirtschaftliche Attraktivität den Karthagern wohl nicht verborgen geblieben ist.
Zumal es in Spanien schon eine ganze Reihe punischer Kolonien gab (Gadir/Cádiz, Malaka/Málaga, Calpe/Bucht von Gibraltar, Sexi/Almuñécar etc.), die seit Jahrhunderten Handel mit den iberisch-lusitanischen Völkern und Erzabbau, insbesondere von Silber betrieben.

Davon konnte man ausgehen. Was war jedoch vor dem Ebrovertrag? Bis zu dieser vertraglichen Zugeständnis ihrer Eroberungen, konnten die Barkiden nicht ohne weiters annehmen, dass Rom diese anerkennt bzw. weitere überhaupt zulässt.

Umgekehrt: Was ging das Dorf Rom das weit entfernte Spanien an? War der Ebrovertrag nicht eher ein diplomatisches Schutzschild für die Kolonien des Verbündeten Massilia?
 
ich glaube, diese Sekundärquelle ist noch nicht genannt worden:

Sagunt und der Ebrovertrag
Zur Historizität einer expliziten
oder impliziten Schutzbestimmung
Hausarbeit im Fach Geschichte an der RWTH Aachen

von Florian Felix Eßer vom September 2006

Kurz zusammengefaßt auf knapp 20 Seiten beschreibt Eßer die Problematik dieses Vertrages und seine Interpretation.
 
Nach Seibert ist der Ebrovertrag sogar eine Erfindung.

...

Hierzu habe ich noch mal eine Frage. Falls es keinen Ebro-Vertrag gab, wieso sollte Hannibal/Karthargo dann irgendeine Berechtigung gehabt haben, das römische Bündnis mit oder die römische Einmischung in Sagunt zu kritisieren?

Ich habe heute Seiberts Biographie bekommen, aber bis ich an der Stelle bin, wird es noch etwas dauern.


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Das ändert nichts daran, dass das Bündnis mit Sagunt ein Verstoß gegen den Vertrag war.

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Das stimmt nur, wenn es den Vertrag überhaupt gab (s.o.) und das Bündnis mit Sagunt erst später geschlossen wurde. Das ist aber unsicher, man kann das nur durch Weginterpretation der noch verläßlichsten Quelle behaupten.
 
Hierzu habe ich noch mal eine Frage. Falls es keinen Ebro-Vertrag gab, wieso sollte Hannibal/Karthargo dann irgendeine Berechtigung gehabt haben, das römische Bündnis mit oder die römische Einmischung in Sagunt zu kritisieren?

Kann ich so aus dem Stand nicht mehr sagen, da ich es vor einiger Zeit nur bei Seibert gelesen habe, das Buch aber nicht daheim habe, um nachschauen zu können. Ich erinnerte mich nur an den Umstand.





Das stimmt nur, wenn es den Vertrag überhaupt gab (s.o.) und das Bündnis mit Sagunt erst später geschlossen wurde. Das ist aber unsicher, man kann das nur durch Weginterpretation der noch verläßlichsten Quelle behaupten.
Weginterpretieren klingt ziemlich despektierlich! Es ist die Folge der Beobachtung, dass alle römischen Quellen die Fakten bezüglich Sagunts ziemlich verdrehen, was sie nicht hätten tun müssen, wenn Sagunt durch den Ebrovertrag nicht tangiert worden wäre.
Dann wäre die 'Rechtslage' eindeutig gewesen, dann wäre Karthago eindeutig schuldig gewesen, dann hätte man von römischen Autoren die Quellen nicht verdrehen müssen, um die gerechtfertigte Position Roms zu beweisen und Karthago ins Unrecht zu setzen.
 
Na ja, despektierlich will ich natürlich nicht sein. :winke: Aber Polybios erwähnt nun mal eine Absprache bezüglich Sagunt.

Seibert schreibt ziemlich interessant und schmissig, es macht Spaß, das Buch zu lesen, die Quellenfülle ist super. Allerdings geht er für meinen ersten Eindruck wirklich sehr "souverän" mit den Quellen um. Etwas bösartig könnte man sagen, wenn's paßt, ist Polybios der Gute (z.B. hinsichtlich seiner Schelte der Römer wegen des erfundenen Kriegsgrunds zwecks Abpressens von Sardinien; weiter bin ich noch nicht), wenn's nicht paßt, hat er es aus Liebe zu den Römern dazuerfunden... Aber ich will wie gesagt nicht bösartig oder despektierlich sein. :D
 
Na ja, despektierlich will ich natürlich nicht sein. :winke: Aber Polybios erwähnt nun mal eine Absprache bezüglich Sagunt.

Und er erwähnt, dass beim Ebrovertrag vom übrigen Spanien nicht die Rede war.

Warum ist zwingend die von dir gemeinte Nachricht richtig und die von mir gemeinte falsch?
Aber ich will wie gesagt nicht bösartig oder despektierlich sein. :D
Das ist bewundernswert!:respekt:
 
Zentraler Angelpunkt bleibt aber unverändert, dass Hannibal im Jahr 220 in Neu-Karthago eine römische Gesandtschaft empfing, die ihn mahnte, den Ebro-Vertrag einzuhalten und die Selbstständikeit Sagunts nicht zu gefährden, bzw. sich nicht in ihre inneren Angelegenheiten einzumischen (Polybios 3, 15).

Diese Warnung missachtete Hannibal, belagerte Sagunt und überschritt den Ebro. Somit liegt die Verantwortung für den Kriegsausbruch eindeutig bei Karthago bzw. dessen Feldherrn Hannibal, auch wenn klar ist, dass die Römer dem ständigen Machtzuwachs Karthagos irgendwann entgegengetreten wären.
 
Rom hätte aber auch auf Einhaltung der Selbständigkeit Sagunts bestanden, wenn das Bündnis mit Sagunt einen Bruch des Ebrovertrags dargestellt hätte.

Ich bin weiterhin nicht davon überzeugt, dass Sagunt im Ebrovertrag ausgenommen war, Rom mit dem Bündnis mit Sagunt nicht gegen bestehende Verträge gehandelt hatte. Immerhin haben wir auch das anderslautende Statement von Polybios.

Einverstanden bin ich, dass Hannibal sich darüber im Klaren war, dass es mit der Belagerung von Sagunt zum Krieg mit Rom kommen würde und er sich sicher überlegt hat, wie er damit umgehen würde -> Invasion von Italien.
 
Rom & Karthago: Ein Verhältnis verkrampft sich?

Unbestritten kann man die wahren Beweggründe und die genauen Zusammenhänge des damaligen Kriegsausbruchs nicht mehr genau eruieren. Allein die (römisch) monopolisierte Überlieferung lässt eine ausreichend differenzierte Darstellung der Vorgänge auf Seiten der Karthager auch nicht erwarten.
Die Formulierung einer „Rom-Verschwörungstheorie“ klingt reichlich abwertend… Wie auch immer, versuchen wir uns an Fakten und Ableitungen:

Unstrittig dürften dabei drei allgemeine Punkte sein:
1.) Rom hatte nach dem gewonnenen 1. Punischen Krieg mehrfach Karthago die eigene, fast schon hilflose Schwäche deutlich gemacht, was zu weiteren hohen Tributen und Landverlusten führte. Wenn Karthago nicht zum völlig unselbstständigen Mündel Roms werden wollte, musste es danach streben diese Verhältnisse nicht auf lange Sicht immer wieder hinnehmen zu müssen. Kurzum: Karthago spürte seine Ohnmacht, war aber wie viele weitere, spätere Großmächte nicht bereit, sich wirklich auf Dauer geschlagen zu geben.
2.) Rom erkannte das wahre Ausmaß der karthagischen Renaissance nicht und glaubte sich weiter stark überlegen.
3.) Die Barkiden spielten eine sehr große Rolle beim Wiederaufstieg Karthagos zur Großmacht. Ihre dynamische Politik in Spanien schuf eine weit ins Landesinnere reichende Hegemonialsphäre. Diese Politik wird von manchen Autoren als teils deutlich von der traditionelleren karthagischen „Handels- & Kolonialpolitik“ abweichend angegeben, die stark auf Handelsstützpunkte fixiert war.
Weiterhin wird in der Überlieferung die Rolle der Barkiden nicht nur für den Machtzuwachs Karthagos hervorgehoben, sondern ihnen auch eine unversöhnliche, geradezu revanchistische Haltung attestiert, die in der Stadt ihren Einfluss entsprechend geltend machte. Eine derart starke Familie mit ebenso starken Führungspersönlichkeiten gab es in jener Zeit in Rom selbst nicht, wie an der Diskussion mit der Volksversammlung um die Kriegserklärung abzulesen ist.

Die Melqart-Pilgerreise Hannibals und die Aufbruchsstimmung die er in Spanien direkt vor seinem Italienzug verbreitet, erinnert stark an die Überlieferung der berühmten Feldzüge des charismatischen Alexander während seiner Eroberungen Persiens: (Auch?!) Damals diente die Propaganda dem Ziel, die eigenen, heterogenen Kräfte auf ein gemeinsames Ziel einzuschwören. Es begleiteten Hannibal griechische Schriftsteller, die seinen Zug in ähnlicher Art schildern sollten. Ihr Werk wurde von den Siegern später vernichtet und hätte gewiss gegenteilige Propaganda enthalten. Wenn man in Rechnung stellt, wie anfällig gerade „Barbarenkrieger“ für solche Persönlichkeiten und Ideen häufig waren, kann man diese Maßnahmen als sehr Werbewirksam für den Italienzug ansehen: Wie sich zeigte, hatte er offenbar Erfolg.

Es ist vor diesen Hintergründen naheliegend anzunehmen, dass Hannibal nichts dagegen einzuwenden hatte, wenn der Fall Sagunts zum Krieg mit Rom führen sollte. 8 Monate Belagerung sind eine lange Zeit, in welcher er in Spanien wohl große Handlungsfreiheiten hatte, die er vielleicht auch nutzte, um das eigene Bündnissystem zu stärken und somit für die weiterführenden Pläne zu rüsten.

Karthago selbst war Anfangs relativ Verhandlungsbereit, doch die Forderungen der Römer mussten wohl auch gemäßigtere karthagische Senatoren in die Arme einer kriegswilligen Partei drängen. Kurz: Rom wollte den Krieg und unterschätzte den Gegner! Auf karthagischer Seite war zumindest Hannibal davon überzeugt, dass der Krieg für seine Seite günstig ausgehen könnte, während für andere Karthager die römische Diplomatie mit Forderung nach Auslieferungen etc. eine Demütigung zu viel war! Überlegungen, bei denen man Sagunt und die Frage nach dessen Vertragsstatus völlig außen vor lassen kann. Ich denke man kann die Frage nach Sagunt eher als Anlass, denn als Grund des Krieges sehen. Letztlich fühlten sich beide Seiten bereit ihre Differenzen auf dem Schlachtfeld entscheiden zu lassen.
 
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