Die erfolgreiche Beschädigung der Angriffsfähigkeit im Ergebnis der Schlacht im Kursker Bogen wie auch des materialintensiven Panzergefechts bei Prochorowka machte es der Roten Armee möglich, ihren Vorteil in der Reproduzierbarkeit ihrer militärischen Mittel gegen die Wehrmacht im weiteren Kriegsverlauf auszuspielen.
Das halte ich für eine Überbewertung des Ergebnisses. Nicht auf Grund der Zahlenverhältnisse an der Ostfront, sondern wegen der Entwicklungen auf den anderen Kriegsschauplätenzen.
Im November 1942 hatten die Achsenmächte in Reaktion auf die Landung der Amerikaner in Nordafrika den Vichy-Rumpfstaat besetzt um einer Landung hier vorzubeugen, dass band zusätzliche deutsche Truppen. Im Mai 1943, 2 Monate vor dem "Unternehmen Zitadelle" hatten in Tunesien die Streitkräfte der Achsenmächte kapituliert. Allein der Tunesienfeldzug der Alliierten kostete die Deutschen und Italiener fast 250.000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen, die ausfielen und Zeitgleich mit dem "Unternehmen Zitadelle" fand dann auch die alliierte "Operation Husky", sprich die Invasion Siziliens statt.
Ich würde meinen, dass der Sowjetische Sieg bei Kursk für die Angriffsfähigkeit der Wehrmachtstruppen im Osten keine entscheidenden Effekte hatte, weil wegen der Kriegsereignisse im Mittelmeerraum klar war, dass Wehrmachtstruppen zur Stabilisierung Italiens und der Sicherung der besetzten Teile Südeuropas würden abgestellt werden müssen, und da man natürlich auch Frankreich und das besetzte Skandinavien nicht ohne weiteres gegen eine Invasion von den britischen Inseln aus exponieren konnte, war klar, dass zumindest da, wo wengen großer Invasionsgefahr kampfkräftige Verbände benötigt wurden (also vor allem Süditalien) Teilverbände aus dem Osten würden abgezweigt werden müssen.
Auch war nach der Invasion Siziliens damit zu rechnen, dass die Italiener ihre Truppen aus dem Osten zurückbeordern und ihre Besatzungskräfte in der Balkanregion ausdünnen würden, schlimmstenfalls sogar vor dem Ausscheiden aus dem Krieg standen, was dazu führen musste, dass deutsche Kräfte in die dabei entstehenden Lücken würden einrücken müssen.
De facto wurde 9 Tage nach dem Abbruch der Kursker Schlacht in Italien Mussolini gestürzt und zunächst von einer Regierung unter dem alten Marschall Badoglio ersetzt, der keine Funktionäre der italienischen Faschisten mehr angehörten.
Das war für Berlin das Signal, dass eventuell ein Abfall des italienischen Verbündeten möglicherweise kurz bevor stand. De facto arbeiteten die deutschen Planungsstäbe bereits vor Mussolinis Sturz an einem Szenario für eine eventuelle Besetzung Italiens, damals unter der Bezeichnung "Unternehmen Alarich", dass nach Mussolonis Sturz dann in "Fall Achse" umbenannt wurde.
Selbst wenn die Deutschen unter erheblichen Verlusten bei Kursk gewonnen hätten, wäre ihre Angriffsfähigkeit im Osten wahrscheinlich hinüber gewesen, weil ihnen klar war, dass sie Truppen für Südeuropa, im Besonderen Italien abzweigen mussten.
Deswegen würde ich sagen, dass der sowjetische Sieg bei Kursk in dieser Hinsicht keinen entscheidenden Wendepunkt darstellt, sondern lediglich eine Beschleunigung des Verlusts an deutschen Fähigkeiten, die aber in absehbarer Zeit ohnehin entfallen wären.
Das man nicht weiter vorgerückt ist, lag an Aufmunitionierung, das Aufschließen der Grenadierverbände und letztenendlich der Abbruchbefehl von Hitler. Die dort befindlichen SS Divisionen "Das Reich" und die "LAH" waren danach noch volleinsatzfähig, das ist der Fakt.
Im Weitren Kriegsverlauf wurden diese SS Divisionen an allen Fronten eingesetzt und fuhren auch noch Offensiven, wie jeden hier bekannt ist.
Ja, aber der Abbruchbefehl hing wiederrum mit dem russischen Vorstoß bei Orjol und sicherlich auch der Entwicklung in Südeuropa zusammen, die längerfristige Folgen für die Bindung deutscher Kräfte haben musste, die nur aus der Ostfront herausgezogen werden konnten, wenn es einigermaßen kampfkräftige Verbände sein sollten.
Der offensive Einsatz einzelner Divisionen auf der taktischen Ebene ändert nichts daran dass auf der Strategischen Ebene Deutschlands Fähigkeiten Offensiven zu fahren am Ende war, und großräumige Frontverschiebungen in Richtung Feind nicht mehr machbar waren.
Man könnte aber durchaus auch die Frage daran stellen, inwiefern das vor Kursk überhaupt noch gegeben war. Vor Kursk hatten die deutschen noch genügend Kräfte um in taktischen Offensiven mit eher moderaten Geländezielen wie bei Charkow/Charkiw zeitweilig vorzustoßen und Teilverbände der Sowjets auszuschalten, aber eigentlich ging es schon vor Kursk eigentlich nicht mehr um Offensiven mit weiteren strategischen Zielen, die als kriegsentscheidend betrachtet wurden, sondern nur noch um taktische Offensiven zur Stabilisierung und Konsolidierung der Front, nach Stalingrad und dem hastigen Abzug der deutschen Truppen aus dem Kaukasus und der Don-Region.
So weit mir bekannt gab es von deutscher Seite auch keine Pläne mehr für einen großangelegten dritten großen Anlauf die Sowjetunion zur Kapitulation zu zwingen, für den Fall, dass "Zitadelle" ein Erfolg würde, weil dafür die Kräfte einfach nicht da waren.
Wenn wir aber nur noch über die deutsche Fähigkeit zu taktischen Offensiven, statt Strategischen Offensiven reden, war der Effekt allenfalls, dass es die deutschen zwingen musste mehr zu elastischen Rückzugsgefechten statt zum Halten bestimmter Positionen überzugehen.
Darüber ob das aus sowjetischer Sicht ein Vorteil war, kann man streiten, weil auf diese Art und Weise zwar kontinuierlich Boden gut gemacht werden konnte, anderseits verbaute es aber auch (jedenfalls bis zur Zerschlagung der HG-Mitte in 1944) auch die Möglichkeit auf eine Entscheidungsschlacht und darauf den sofortigen kollaps der deutschen Front herbei zu führen, weil nach Ausdünnung der Deutschen Kräfte und Verlust ihrer Offensivkapazitäten denen klar sein musste, dass sie eine solche nur verlieren konnten (= besser zurückweichen und dem Gegner immer neue verlustreche Hindernisse in den Weg legen).