Kurze Frage zur Pike

So nachdem ich diesen alten Thread mal wieder rausgekramt habe find eicheine Frage immer noch nicht beantwortet:
WIE genau schützten die Pikeniere die Musketiere vor feindlicher Kavallerie? Ich meine, wenn man sich das Bild einer Schwedischen Ordonanz (mitte 17. Jahrhundert) ansieht:
Schwedische_Ordonnanz.jpg

dann stehen links und rechts vom Pikenierhaufen die Musketiere. Nun kommt die Kavallerie frontal angallpoppiert. Was machen die Musketiere und Pikeniere nun zur Verteidigung, abgesehen davon, dass die Musketiere schießen was das Zeug hält. Aber was dann?

So lange die Zahl der Pikeniere noch größer als die der Musketiere/Arkebusiere war, flüchteten sich diese bei einem Kavallerieangriff unter die Piken.

Zu der Zeit der Schwedischen Ordonanz, eine Weiterentwicklung der Oranischen Ordonanz, war das verhältnis schon 1/3 Piken, 2/3 Feuerwaffen. Die Piken wurden schon weniger Tief aufgestellt als früher (maximal 10 Reihen). In diesem Fall rückten bei einem anstehenden Kavallerieangriff die beiden seitlichen Pikenblöcke nach vorne und bildeten mit dem mittleren eine Front. Die Schützen stellten sich hinter diesen Block.

In der normalen Aufstellung feuerten die Schützen abwechselnd, durch Kontermarsch oder Conversion, d.h. die vorderste Reihe schoss, drehte sich seitlich ab und marschierte durch die Gassen zwischen den Schützen nach hinten.

Zum Ende des dreißigjährigen Krieges, und ausgehend von den Schweden wurden die Aufstellungen weniger tief (6 Mann) die man auch noch auschwenken konnte so dass sie in drei Gliedern standen, die gemeinsam eine Generalsalve abgeben konnten. Daraus entwickelte sich das Pelotonfeuer.
 
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Natürlich waren die dazu gedacht. Ich habe es schonmal woanders erwähnt, aber das Feuern und Abschwenken der Reiterei war im Dreißigjährigen Krieg keine Taktik oder keine Taktik mehr. Vielmehr war es so gedacht, dass man aufeinander zuritt, schoss und dann mit der blanken Waffe einhieb. Die meisten zeitgenössischen Abbildungen (Druckgraphiken) zeigen das Abfeuern der Pistolen bevor die Einheiten handgemein wurden, wahrscheinlich dazu, dass man besser die Parteien voneinander unterscheiden kann, indem sie durch Rauchschwaden voneinander getrennt dargestellt werden. Die Pistolen waren am Kriegsanfang noch sehr lang, eher vergleichbar Karabinern von der Länge her. Selbst die späteren kürzeren Pistolen wären für heutige Verhältnisse noch riesig und konnten sehr gut als Schlagwaffen eingesetzt werden. Von daher konnten die Reiter auch genauso gut die Pistolen als Nahkampfwaffen, wenn sie sie abgefeuert hatten, in der Hand behalten.

Das Abschwenken vor dem Feind, wenn man die Pistole abgefeuert hatte, wurde wohl von deutschen Söldnern betrieben, die meinten, dass dies bereits an Beteiligung am Kampf reichte. Eine vorgesehene Taktik war das aber nicht.

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das Abschwenken vor dem Feind nach dem man die Pistole oder Arkebuse angefeuert hat, war eine feste Taktik der Kürassiere und Bandelierreiter und nannte sich Caracole (Schnecke). Der erste Glied der Reitertruppe feuerte und schwenkte zur Seite und ritt um den nachfolgenden Block herum. So wird es bei Wallhausen dargestellt oder die ganze Gruppe ritt im Kreis und feuerte wenn sie vor dem Feind vorbei kam.

Hauptsächlich wendete man diese Kampfform gegen Pikeniere an. gegen Musketiere und Arkebusiere war es eher unsinnig weil diese eine größere Reichweite und Durchschlagskraft verfügten und ruhiger zielen konnten, so dass die Reiter in einer Konfrontation notgedrungen größere Verluste eingesteckt hätten.

Unter Reiter hat man diese taktik anscheinend gelegentlich auch angewendet, wenn der Feind jedoch nicht dasselbe tat und die Atacke durchzog, dann hatten die caracolierenden Reiter die schlechtere Position und wurden niedergemacht.

Die Taktik stammt zwar aus dem 16. Jahrhundert, wurde aber während des 30-Jährigen Krieg und auch im englischen Bürgerkrieg weiter verwendet. Gustav Adolf hat es seinen Reitern ausdrücklich verboten, diese sollten den Nahkampf mit der blanken Waffe suchen und die Pistole nur als Hilfsmittel verwenden. Das definitive Ende dieser Taktik hat aber die zunehmende Menge an Schützen unter der Infanterie, besonders an Musketieren mit ihren weitreichenden Gewehren gebracht.

Auf dem folgenden Gemälde von der Schlacht von Wimpfen kann man vorne zwei Reitergruppen erkennen die auf diese weise kämpfen.
 

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Aus "Pike and Shot Tactics 1590-1660" aus dem Osprey Verlag im Kapitel über die Spanische Armee und ihre Infanterie Formationen. Die Teile in Hochkommata sind aus der englischen Übersetzung (1597) der "Theortica y Practica de Guarra" (1595) von Don Bernardino de Mendosa:
When attacked by cavalry, the intention was for the shot to be protected by the length of the pike, and the 'right and natural girdelinge of shott indeede ought to be no more shott in ranke, then that th epike may well cover and defende', this being 'three or four shott at the most'. Where the number of shot was greater than could easily be protected by the pike the tactic was to form a hollow square or oblong, with three or four ranks of shot outside and protected by the pike and the surplus shot brought inside the square.
Also haben die Schützen sich mehr oder weniger unter/zwischen die Piken geduckt um vor angreifender Reiterei geschützt zu sein.
 
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