L Domitius Ahenobarbus' Zug über die Elbe - noch von der Donau o. bereits vom Rhein?

Ein abweichender Name für einen Teilabschnitt ist mir nicht bekannt.
Die Namen der Flüsse stammen aus vorrömischer Zeit. Und nur die Anwohner konnten diese zuverlässig übermitteln. Die wussten sicherlich, wie die Zuflüsse hießen. Es erschließt sich mir aber nur widerstrebend, dass man die Moldau als den breiteren Zufluss damals und heute (!) nicht als Hauptfluss deklariert.
 
Zur Markomannenfrage mal wieder ein Zugriff auf den alten Pflug, und zwar aus 1954, wo er sich noch nicht mit der Varusschlacht befasste:
"Der Höhepunkt der vorgeschichtlichen Besiedlung lag in der Zeit der Römerkriege ... vor allem, als sich die Hermunduren hier niederließen. Prof. Götze , Köthen, grub in der Schwabenheide und in den Sandbergen hermundurische Siedlungen und Urnenfreidhöfe aus. Hierbei wurde auch der erste markomannische Fund auf deutschem Boden gemacht.
Es geht um Kleinzerbst, nur wenige Kilometer von der Elbe entfernt. Diese Hermunduren waren reich. Im Nachbarort waren sie arm. Der Silberdenar (siehe meinen obigen Beitrag)fand sich in einer weiteren hermundurischen Siedlung, nur wenige Kilometer weiter. Was könnte man daraus ableiten?
 
Es erschließt sich mir aber nur widerstrebend, dass man die Moldau als den breiteren Zufluss damals und heute (!) nicht als Hauptfluss deklariert.

Da könnte man heute Smetanas berühmteste Komposition in der Hamburger Moldauphilharmonie aufführen.

Es stellt sich auch die Frage, warum die Donau ab Passau nicht "Inn" heißt, das war aber wohl auch schon seit jeher so...
 

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Zur Markomannenfrage mal wieder ein Zugriff auf den alten Pflug, und zwar aus 1954, wo er sich noch nicht mit der Varusschlacht befasste:

Hatte er damals mehr Ahnung als 1956, als er den Varus-Quatsch veröffentlichte? :D



Hierbei wurde auch der erste markomannische Fund auf deutschem Boden gemacht.
Ich gehe aber mal davon aus, dass die Zuschreibung nicht von Pflug stammt.
Nach welchen Kriterien wurde denn damals der Fund als "markomannisch" klassifiziert?



Was Du mit Beitrag 35 sagen wolltest, möchtest Du nicht mehr erklären?
http://www.geschichtsforum.de/783636-post37.html
 
Hatte er damals mehr Ahnung als 1956, als er den Varus-Quatsch veröffentlichte? :D
Ich gehe aber mal davon aus, dass die Zuschreibung nicht von Pflug stammt.
Nach welchen Kriterien wurde denn damals der Fund als "markomannisch" klassifiziert?
Was Du mit Beitrag 35 sagen wolltest, möchtest Du nicht mehr erklären?
http://www.geschichtsforum.de/783636-post37.html
Pflug hat nur das wiedergegeben, was seinerzeit in den Quellen stand. Er gibt seine Quellen zwar an, aber ordnet sie leider nicht exakt den Textstellen zu. Zu dieser Frage könnte aber das Museum in Köthen, wohin die Funde gebracht wurden, Auskunft geben.
Was die Hermunduren betrifft, so sind wir, siehe gesonderten Titel, nicht einig geworden, wo sie nun eigentlich gesiedelt hatten.
 
Da könnte man heute Smetanas berühmteste Komposition in der Hamburger Moldauphilharmonie aufführen.

Es stellt sich auch die Frage, warum die Donau ab Passau nicht "Inn" heißt, das war aber wohl auch schon seit jeher so...
Das hinkt aber ein bisschen, denn die Moldau müsste logischerweise Elbe und der Inn Donau heißen!
 
Das hinkt aber ein bisschen, denn die Moldau müsste logischerweise Elbe und der Inn Donau heißen!

Dann müssten wir Smetanas Komposition in "Labe" umtaufen.
Und sie müsste noch um viele Takte verlängert werden...

Was die Hermunduren betrifft, so sind wir, siehe gesonderten Titel, nicht einig geworden, wo sie nun eigentlich gesiedelt hatten.

In Hamburg-Altona wohl eher nicht.

Springers Fazit hat damals zumindest niemand widerlegt:

Wie es auch sei: Keine Quelle versetzt die Ermunduren nach Thüringen. Faßbar werden sie rechts der Elbe und im Donauraum.

 
Die Elbe hatte übrigens bis ins 19te Jhdt keine Quelle. Die Oberelbe war seit dem Mittelalter bis ins 19te Jhdt. ein eigenständger Fluß mit eigenem Namen. Die Elbe begann also erst am Zusammenfluß mit der Moldau. Und die heutige Oberelbe ist für unsere Diskussion so gut wie jeder andere Fluß.

Ob das aber zur Römerzeit schon so war, weiß Niemand. Ich denke aber auch, daß ein Römer, der die Elbe entlang nach Süden marschiert, logischerweise dem breitesten Zufluß folgt, der auch noch praktischerweise direkt aus Süden von der Donau und Reichsgrenze her kommt. Falls die Elbe jemals Grenzfluß werden sollte, dann macht die Moldau als Oberlauf den meisten Sinn. Wobei ich nicht weiß wie weit die Moldau damals schiffbar war. Im Mittelalter wohl bis weit oberhalb von Prag.

Dumm nur, daß die Hermunduren an der Quelle gesiedelt haben sollten. Damit wären sie u.a. auch im westlichen Böhmen anzusiedeln. Was nicht ausschließt das sie sich westlich bis nach Franken ausgebreitet haben und auch in das umstrittene Thüringen. Östlich davon die Markomannen , dann die Quaden. Das wird halt bissle eng in Böhmen.
 
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Du hast aber dafür eine Quelle?
Wie hieß damals die Oberelbe - und von wo ab aufwärts?

Ich hatte Mal nach der Elbe und Moldau im Mittelalter gegoogelt; auch wegen Schiffbarkeit (Logistik). Da bin ich darauf gestoßen. Kein Forumseintrag sondern eine historisch/geografische Webseite. Es gab sogar einen vernünftigen Grund für die Namensänderung, der mir leider entfallen ist. Gemeint ist die Oberelbe von der Quelle bis zum Zusammenfluß mit der Moldau. Hab mir den Link leider nicht gespeichert; war nur interessehalber. Das wird sich aber sicher wieder finden lassen.
 
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Vergleichbar ist sicher der lateinische Begriff Marcomannia. Mit den Markomannenkriegen verbunden war angeblich der Plan, eine Provinz Marcomannia zu errichten:
"Voluit Marcomanniam provinciam, voluit etiam Sarmatiam facere..."
Marcus Aurelius

Es dürfte wohl keinen Streit darüber geben, nach welchem germanischen Stamm Dio die Markomannis benannt hat.

Der Autor Bernd Steidl scheint auch kein Problem mit dem Begriff "Marcomannia" zu haben:
"Auffallenderweise bleiben die der Marcomannia und dem regnum Vannianum nächstgelegenen römischen Provinzgebiete in Noricum und Pannonien fast vollständig frei von Augenfibeln A 45/4651. Das ist vor allem deswegen bemerkenswert, weil die Handelskontakte des Markomannenreiches gerade in diesen Bereich besonders intensiv bestanden."

Die Frage ist, aus welcher Quelle Cassius Dio geschöpft hat: benannte er die Markomannis eben nach der in seiner Zeit (* um 163; † nach 229 AD) gebräuchlichen geographischen Bezeichnung (dann meint Markomannis wahrscheinlich Böhmen), oder übernahm er die Markomannis aus einer älteren Quelle, die damit das Land bezeichnete, aus dem die Markomannen ausgewandert sind, und damit die problemlose Ansiedelung der Südhermunduren (die später bei Tacitus an der Grenze zu Rätien erwähnten) ermöglicht hatten. (Velleius spricht übrigens auch von Boiohaemum für Böhmen, nicht von Markomannis, für 6 n.Chr. Vell 2,109,5). Johne meint auf S.122 in Die Römer an der Elbe, 2006
Die Gleichsetzung der Markomannis mit Böhmen bringt also mindestens so viel Schwierigkeiten mit sich wie sie löst. Nun kann Casius Dio unter diesem begriff auch denjenigen seiner Quellen verstanden haben. Für die Zeitgenossen im letzten Jahrzehnt der vorchristlichen Zeit kann Böhmen noch nicht das "Markomannenland" gewesen sein, sondern das Gebiet, in dem der Stamm spätestens seit Cäsars Zeit siedelte. Als dieses "alte Markomannenland" wird im Allgemeinen Mainfranken verstanden, doch können auch Teile Hessens und Thüringens dazu gehört haben
siehe auch Kehne, RGA 19,2001 Markomannen, link in Sepiolas Beitrag oben

Nur assoziativ: wenn Bernd Steidls These stimmen sollte, dass das Legionslager Marktbreit in Mainfranken für eine südliche geplante Provinzialisierung gedacht war, und wie Volkmann ( PDF mein letzter Beitrag) in einer germanischen Siedlungskammer angesiedelt war, könnte es sich nicht dort um die angesiedelten Hermunduren handeln? Treue Verbündete, wie es Tacitus in seiner Stammesbeschreibung hervorhob (Tac. Germania 41)?
Die gibt es schon, allerdings beweisen diese Funde nichts.
(Hermundure ist anderer Meinung, bei ihm ergeben schon einzelne Denare und Fibeln ganze Feldzüge, siehe http://www.geschichtsforum.de/739900-post73.html und http://www.geschichtsforum.de/740196-post85.html)
So kritisch manche These von Hermundure sehe, er hat meiner indirekten Kritik zugestimmt, dass einzelne kontextlose Lesefunde wenig aussagekräftig sind, und nur in der Zusammenschau und Fundzusammenhang interpretierbar sind
http://www.geschichtsforum.de/f28/m...eugen-hypothese-51637/index57.html#post783446

... von der die römischen Funde ebenso fehlen.
Sic! Meine Worte - Marktbreit liegt nicht auf einer Aufmarschroute - interessanterweise wurde dort ein älteres Marschlager(?) von 9 ha überbaut. Trotz allem liegt es nicht auf der günstigsten Aufmarschroute an die Elbe von der Donau nach Norden.
Der ungenannte Beleg dürfte wohl bei Florus zu finden sein. Drusus schmückte sein Siegesdenkmal Trophäen, die er von den Markomannen erbeutet hatte. Das setzt einen Sieg über die Markomannen voraus:
Nam Marcomannorum spoliis et insignibus quendam editum tumulum in tropaei modum excoluit.
LacusCurtius ? Epitoma Flori ? Liber*II, Pars*VIII ex*IX
Die Florusstelle ist mir bekannt, die Markomannnen sind wahrscheinlich 10 v.Chr ist besiegt worden. Aus einem Trostgedicht für Livia (Tod ihres Sohnes Drusus) Consolatio ad Liviam:
Eben entriß er den Feinden die schlupfwinkelbietenden Alpen,
Kriegsruhm als Feldherr gewann er in des Bruders Armee.
Sueben, ein feuriges Volk, noch unbesiegte Sugambrer schlug er vernichtend
und trieb so die Barbaren zur Flucht
Kehne meint im RGA-Band 2001,S.292, dass es schwerlich vorstellbar ist, dass die Markomannen nicht mitgemeint sind wenn von einer allgemeinen Unterwerfung der germanischen Stämme zwischen Rhein und Elbe 8 v.Chr.gesprochen wird. Die Deditio ist eine "freiwillige" Unterwerfung, (Augustus nahm das Angebot der Deditio germanischer Gesandschaften 8 v.Chr. in Lugdunum (Lyon) nicht an, solange die Sugambrer nicht einbezogen waren). Die Quellen (Strab 7,1,4; Suet Augustus 21,1; Tac. ann 2,26,3) und auch Florus helfen uns da nicht weiter in der Beantwortung der Frage, welche Stämme sich namentlich unterworfen haben; dies trifft insbesondere auf die Markomannen zu, die sich unter Marbod aus römischer Sicht ihrem Zugriff über die Elbe ins Böhmische Becken entzogen haben. In der Res Gestae Divi Augusti (13/14.AD) gibt es folgenden Abschnitt, den man auf die Deditio beziehen kann:
32 54 Ad mé supplices confugerunt regés Parthorum Tíridates et postea Phrátes 1 regis Phratis filius; § Medorum Artavasdes; Adiabenorum Artaxa2 res; § Britannorum Dumnobellaunus et Tima. . . . . .; Sugambrorum 3 Maelo; § Marcomanórum Sueborum . . . . .rus. Ad me rex Parthorum 4 Phrates Orodis filius filiós suós nepotesque omnes misit in Italiam, non 5 bello superátus, sed amicitiam nostram per liberorum suorum pignora 6 petens. § Plúrimaeque aliae gentes expertae sunt p. R. fidem me prin7 cipe, quibus anteá cum populo Romano nullum extiterat legationum 8 et amícitiae commercium. §
Man kann diese Stelle jedoch auch so interpretieren, dass ein markomannischer König ins römische Exil gegangen ist, aus welchen innenpolitischen Gründen auch immer.
Der lässt sich nur indirekt aus Velleius erschließen. Marbod nahm gegenüber den Römern zeitweise eine unterwürfige Haltung ein (interdum ut supplicem*), zeitweise sah er sich auf Augenhöhe (interdum ut pro pari). Die unterwürfige Haltung würde eher zu den früheren Jahren passen, die auftrumpfende in die Zeit direkt vor dem Tiberius-Feldzug.

Um Fragen an einen Text zu stellen, muss der Zusammenhang beachtet werden:
Dio behandelt hier das Jahr 1 n. Chr. und den fehlgeschlagenen Versuch, die versprengten Cherusker zurückzubringen.
Bei dieser Gelegenheit erwähnt er eine frühere gelungene Aktion des Ahenobarbus (Ansiedlung der herumirrenden Hermunduren).


* EDIT: supplex wäre nach meinem Wörterbuch substantivisch auch als "Schützling" zu übersetzen. Also: "zeitweise wie ein Schützling - zeitweise wie ein Ebenbürtiger"

Da stellt sich mir die Frage, wie flexibel das römische Reich außenpolitisch agiert hat - angenommen 8 v.Chr. hätten sich auch die Markomannen unterworfen, oder zumindest ein Teil, vielleicht der nicht mehr fassbare König mit der Endung -rus, dann schon wieder Amici, ein abgeschlossener Freundschaftsvertrag mit ihnen durch Ahenobarbus ein paar Jahre später - so verstehe ich die Cassius Dio-Stelle
55,9-10,2-3 Gleichzeitig gab es neue Ereignisse bei den Kelten. Domitius Ahenobarbus hatte früher, als er noch die Gebiete an der Donau verwaltete, die Hermunduren, die ihre Heimat aus mir unbekannten Grund verlassen hatten, und auf der Suche nach neuem Land umherirrten, unter seinen Schutz genommen und in einem Teil des Markomannengebiets angesiedelt. Und er hatte die Elbe, ohne dass ihm jemand entgegentrat, überschritten. Freundschaftsverträge mit den dortigen Barbaren geschlossen und an dem Strom einen Altar für Augustus errichtet. Jetzt aber war er an den Rhein gekommen, und als er einige vertriebene Cherusker durch Vermittlung anderer in ihre Heimat zurückführen wollte, hatte er dabei keinen Erfolg und bewirkte so, dass auch die anderen Barbaren sie verachteten. Mehr wurde in diesem Jahr nicht erreicht.
Mir erscheint es wesentlich wahrscheinlicher, dass der Feldzug des Ahenobarbus zu den Hermunduren an die Mittelelbe ging. Insgesamt ist mir die Politik der Hermunduren (Sturz Catualdas, Sturz Vannius, Krieg gegen Chatten unter ihrem König Vibilius, der 30 Jahre regiert) tendenziell eher romfreundlich. Zur Zielrichtung des Ahenobarbus-Feldzugs Jan Bemmann in seinem Fazit:
Genau aus der Zeit, in die die Herausbildung der Markomannen und die Herrschaft Marbods fällt (Völling Gruppen II und III bzw. Stufe D2 und B1a bzw. ca. 50/40 v. bis 15 n. Chr.), fehlen in der Region zwischen Pirna und Wittenberg Siedlungsindikatoren fast gänzlich. Daher dürfte auch der bei Cassius Dio überlieferte (55,10a,2), vor das Jahre 1 n. Chr. zu datierende Vorstoß von Domitius Ahenobarbus an die Elbe kaum in dieses Gebiet geführt haben (vgl. jedoch Johne 2006, 124), viel eher ist an die dicht besiedelte Region zwischen Magdeburg und Dessau zu denken, denn die Römer waren nicht an dünn besiedelten Landschaften ohne besondere Rohstoffvorkommen interessiert. In der Phase B1b, in die der Sturz Marbods fällt, setzen die Gräberfelder in der Untersuchungsregion ein und mehrere große, westlich der Weißen Elster gelegene Bestattungsplätze wie Ballstädt, Großromstedt, und Schkopau werden aufgelassen. Aber ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, bleibt offen.
Jan Bemmann, Das Elbegebiet zwischen Wittenberg und Bad Schandau von der Spätlatènezeit (Stufe D2) bis zum Ende der älteren Römischen Kaiserzeit, 2009, S.392

https://www.vfgarch.uni-bonn.de/vfg/mitarbeiter/wissenschaftler-2/veroeffentlichungen/bemmann_elbe
Noch ein Text von Johne zu Klientelpolitik Roms
http://edoc.hu-berlin.de/miscellanies/topoi-amici-42168/225/PDF/225.pdf
 
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Die Frage ist, aus welcher Quelle Cassius Dio geschöpft hat: benannte er die Markomannis eben nach der in seiner Zeit (* um 163; † nach 229 AD) gebräuchlichen geographischen Bezeichnung (dann meint Markomannis wahrscheinlich Böhmen), oder übernahm er die Markomannis aus einer älteren Quelle

Ersteres ist (so auch Kehne) weit wahrscheinlicher.

Aber auch wenn die unwahrscheinliche zweite Möglichkeit zuträfe, ist damit Böhmen nicht wegzudiskutieren. Denn die ältere Quelle kann nicht älter sein als die Statthalterschaft des Ahenobarbus an der Donau. Und zu dieser Zeit saßen die Markomannen bereits in Böhmen. Dass Ahenobarbus das nicht mitbekommen hat, ist auszuschließen.

Angenommen, in der älteren Quelle hätte "ehemalige Markomannis" oder etwas dergleichen gestanden (für diese Annahme sehe ich keinen Grund), dann kommen wir um die Annahme nicht herum, dass Dio diese Angabe verhunzt hat. (Timpe meint ja tatsächlich, Dio habe bei der ganzen Ahenobarbus-Sache Mist gebaut, aber auch diese Annahme scheint mir nicht ausreichend begründet.)

Bliebe nur der Ausweg, das Dios Informant bereits Mist gebaut hat und nicht wusste, dass die Markomannen damals schon in Böhmen saßen. Auch das halte ich für wenig plausibel.

Warum aber sollen wir den Quellen unterstellen, dass sie Mist erzählen?

(Velleius spricht übrigens auch von Boiohaemum für Böhmen, nicht von Markomannis, für 6 n.Chr. Vell 2,109,5)
Er wusste aber ebenso wie sein Zeitgenosse Strabon, dass dort die Markomannen saßen.


Wir haben also zwei denkbare Aufmarschrouten.
Beide sind archäologisch nicht nachweisbar.
Wir haben also nur den Text bei Dio.
Die eine Aufmarschroute würde einen Sinn ergeben (Marsch ins Markomannenland, Machtdemonstration der Schutzmacht, vertragliche Vereinbarungen).
Die andere ergibt überhaupt keinen Sinn - es sei denn, wir ändern den Quellentext solange, bis er "passt".


Nur assoziativ: wenn Bernd Steidls These stimmen sollte, dass das Legionslager Marktbreit in Mainfranken für eine südliche geplante Provinzialisierung gedacht war, und wie Volkmann ( PDF mein letzter Beitrag) in einer germanischen Siedlungskammer angesiedelt war, könnte es sich nicht dort um die angesiedelten Hermunduren handeln?
Schon möglich.
Hermunduren am Mainfranken würden auch zu dem von Tacitus geschilderten Streit mit den Chatten passen.
Nur kann es sich nicht um die von Ahenobarbus angesiedelten Hermunduren handeln, wenn wir Dio ernst nehmen wollen.

Kehne meint im RGA-Band 2001,S.292, dass es schwerlich vorstellbar ist, dass die Markomannen nicht mitgemeint sind wenn von einer allgemeinen Unterwerfung der germanischen Stämme zwischen Rhein und Elbe 8 v.Chr.gesprochen wird.
Das hängt nun davon ab,
a) wo wir die Markomannen vor der Auswanderung nach Böhmen siedeln lassen wollen (diesseits oder jenseits der Elbe?)
b) wie wörtlich wir den berühmten Satz inter Albim et Rhenum Germani omnes Tiberio Neroni dediti nehmen wollen.
(Ganz ähnlich klingt die Aufschrift, die Germanicus auf seinem Siegesdenkmal nach der Schlacht von Idistaviso anbringen ließ: debellatis inter Rhenum Albimque nationibus ... - die Nationen zwischen Rhein und Elbe seien nun bezwungen...)


Die Quellen (Strab 7,1,4; Suet Augustus 21,1; Tac. ann 2,26,3) und auch Florus helfen uns da nicht weiter in der Beantwortung der Frage, welche Stämme sich namentlich unterworfen haben; dies trifft insbesondere auf die Markomannen zu ...
Ja, genau.
... die sich unter Marbod aus römischer Sicht ihrem Zugriff über die Elbe ins Böhmische Becken entzogen haben.
Ich wiederhole mich: Das könnte aus römischer Sicht ein Grund gewesen sein, hier nochmals nachzuhaken.
Das Böhmische Becken war natürlich von der Donau leichter zu erreichen als vom Rhein aus, und der Statthalter der Provinz Illyricum gebot immerhin über fünf Legionen (man möge mich ggf. korrigieren). Deren Basislager dürften allerdings überwiegend im heutigen Slowenien zu suchen sein. Von Poetovio (Ptuj) bis an die böhmische Elbe wären dann ca. 500 km zu marschieren gewesen. Bis zur Mittelelbe mit dem Umweg über Regensburg wären es ca. 1000 km.

Mir erscheint es wesentlich wahrscheinlicher, dass der Feldzug des Ahenobarbus zu den Hermunduren an die Mittelelbe ging.
Aber warum? Was hätte der Sinn dieses Ausflugs sein sollen?
Und warum hätte man damit den Statthalter von Illyricum beauftragt?
 
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Ich dachte immer Marktbreit sei ein Marschlager des Saturninus gewesen der 6 AD von Mainz nach Böhmen gegen Marbod marschierte.

Das Land, das die Markomannen verlassen hatten, kann für mich auch nur das verwaiste Süddeutschland nördlich der Donau sein, wo sie bis zu Drusus Feldzügen siedelten; vorzugsweise Franken. Denn im späteren Dekumatland ist Nichts über Hermunduren bekannt.

Nahe Franken irgendeine Elbquelle zu platzieren wird aber schwierig. Es mag aber sehr wohl sein, daß sie sich danach weiter ins westliche Böhmen ausbreiteten, schließlich mischten sie Mitte des 1ten Jhdts, kräftig in den Trohnstreitigkeiten der Markomannen mit. Und dann passt die Moldauquelle. Tacitus schreibt ja erst um 100 AD. Auch wären sie so nahe der rätischen Grenze, wo ihre Händler angeblich ein- und ausgingen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich dachte immer Marktbreit sei ein Marschlager des Saturninus gewesen der 6 AD von Mainz nach Böhmen gegen Marbod marschierte.
Die Ausstattung (mit Bädern!) deutet darauf hin, dass es schon etwas mehr als nur ein Marschlager gewesen sein kann.

Das Land, das die Markomannen verlassen hatten, kann für mich auch nur das verwaiste Süddeutschland nördlich der Donau sein, wo sie bis zu Drusus Feldzügen siedelten; vorzugsweise Franken.

Dio gibt keinen Hinweis darauf, dass die Hermunduren im "Land, das die Markomannen verlassen hatten" angesiedelt wurden.

Um Dio so (miss?)verstehen zu wollen, muss man voraussetzen, dass er seine Leser in die Irre führt.

Denn im späteren Dekumatland ist Nichts über Hermunduren bekannt.
Es dürfte richtig sein, dass im späteren Dekumatland nichts über Hermunduren bekannt ist, das gilt aber auch für Franken.


Es mag aber sehr wohl sein, daß sie sich danach weiter ins westliche Böhmen ausbreiteten, schließlich mischten sie Mitte des 1ten Jhdts, kräftig in den Trohnstreitigkeiten der Markomannen mit.

Warum erst "danach"?

Nach Dio müssten sie doch schon durch Ahenobarbus ins Markomannengebiet gekommen sein.

Warum ignoriert jeder das, was bei Dio steht?
 
Dio schreibt zwar nicht, daß es das "ehemalige" Gebiet der Markomannen war. Es ist aber mehr als unwahrscheinlich, daß er irgendeinen Zugriff auf das aktuelle Siedlungsgebiet der Markomannen in Böhmen hatte.
 
Hallo Agricola,

Bernd Steidl sieht in Marktbreit den geplanten Nachfolgestandort der Mainzer Legionen, welcher aber durch die Ereignisse unter Varus wieder von der römischen Administration verworfen worden ist. Zudem schreibt er, dass nach der Befundlage die Germanen ein gutes Verhältnis zu den dortigen stationierten Römern gehabt haben müssen - Stichpunkt Akkulturation. Es gibt eine Augenfibel aus Biebelried-Westheim (B.Steidl Abb.19, S. 148; 2009), welche das Scharniersystem einer Aucissafibel aufweist (Hybrid). Er zitiert daraufhin jene Cassius Dio Stelle, wonach sich die Germanen an die römische Lebensweise angepasst haben. Am deutlichsten werden die Beziehungen zu den Römern in der ehem. germanischen Siedlung Gaukönigshofen durch einheimische und römische Funde fassbar. Die Funde um Marktbreit insgesamt passen da wie die berühmte Faust auf's Auge. Diese Beobachtung lässt sich für das Gebiet zwischen Niederrhein und Weser nicht feststellen. Auch Armin Becker hält fest, dass es signifikante Unterschiede nördlich (militärisch) und südlich (zivil - siehe Waldgirmes) der Mittelgebirgsschwelle gibt. Entscheidend sind m. M. nach die späten Situlen von der Siedlung in Baldersheim mit schmalem Fuß (Schkopau Stufe VII). Es gibt einheimisches Inventar, aber auch Keramik aus dem Elbe-Saale-Gebiet. Dies stellte schon Ralf Schwarz (LDA Halle unveröffentlicht) vor einigen Jahren fest. Wenn auch nur wenige Münzen aus Marktbreit bekannt sind, so gibt es aus dem Lager selbst und der näheren Umgebung ältere Nemausus I und Lugdunum I Asse, sowie mittelaugusteische Denare und ältere Republikdenare. Es fehlen aber wie in Anreppen auch schon die Gaius-Lucius Denare. Damit sind wir chronologisch wie in Anreppen auch vor 6 n. Chr. ! Ein Nachfolgestandort oder vorgeschobenes Legionslager für die Mainzer Legionen, wie B. Steidl (5/7 oder 9 n. Chr.) plädiert, scheidet für mich deswegen schon aus. Zudem fehlt es im Marktbreiter Lager an großen Speichern wie in Haltern oder Anreppen. Heißt im Umkehrschluss für mich, dass man dort definitiv nicht überwinterte. Die Ware wurde vom Rhein über den Main zum Lager transportiert. Vieles aus dem archäolgisch/numismatischen Kontext vom Lager Marktbreit spricht eher für eine einmalige, kurze Aktion, da das Lager nicht fertig gestellt und wieder aufgegeben wurde. Eine "Überwachung" und Ansiedlung elbgermanischer Bevölkerungsteile würde sehr gut in das Bild passen. Die wenigen Münzfunde sprechen ebenfalls für einen kurzen Aufenthalt (Saison).

Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn auch nur wenige Münzen aus Marktbreit bekannt sind, so gibt es aus dem Lager selbst und der näheren Umgebung ältere Nemausus I und Lugdunum I Asse, sowie mittelaugusteische Denare und ältere Republikdenare. Es fehlen aber wie in Anreppen auch schon die Gaius-Lucius Denare.

Wie viele Denare wurden denn in Marktbreit insgesamt gefunden?
 
Dio schreibt zwar nicht, daß es das "ehemalige" Gebiet der Markomannen war. Es ist aber mehr als unwahrscheinlich, daß er irgendeinen Zugriff auf das aktuelle Siedlungsgebiet der Markomannen in Böhmen hatte.

Warum?

Wir sprechen hier vom Zeitraum irgendwann zwischen 7 v. Chr. und 1 v. Chr.

Was wissen wir denn genau über die Vorgänge in diesem Zeitraum?
 
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