Ja, kannst du denn Deine Position positiv belegen?
Wenn ich es könnte, würde ich es tun.
Du postulierst, dass müsse ja so gewesen sein - und da per Quellen nicht nachweisbar, auch stillschweigend. Aha. Nachweisbarkeits-Kriterium aufgehoben?
Ich postuliere, dass man sich darüber eigentlich Gedanken gemacht haben müsste, ja.
Ich sehe da kein aufgehobenees Nachweisbarkeitskriterium, sondern viel mehr den Ansatz, dass man die schriftlichen Hinterlassenschaften der betreffenden Personen, im besonderen Briefwechsel, im Hinblick auf die DNVP möglicherweise auch Sitzungsprotokolle (sofern noch vorhanden), mal nach der Frage nach der Zukunft des Reichspräsidentenamtes abklopfen müsste.
Ich habe nicht behauptet, ich könne solche Gedankengänge durch irgendwelche mir vorlienden Schriftstücke beweisen.
Ich habe lediglich angemerkt, dass mir das Postulat, dass darüber nicht nachgedacht worden sein soll, unpausibel vorkommt, im Besonderen bei Papen, dessen ganze politische Existenz von der Person Hindenburgs abhing.
Wenn in meinem Beitrag oben postuliert wurde, dem war nicht so - wie sollte dies dann anders als durch Abwesenheit belegbar sein?
Z.B. durch interne Papiere und private (z.B. briefliche) Einlassungen der involvierten Personen dahingehend, dass sie davon ausgingen, dass Hindenburg seine Amtszeit zu Ende führen oder sich Hitler in ein paar Monaten ohnehin erledigt haben würde, somit die Gefahr, dass die Frage nach der Nachfolge Hindenburgs während Hitlers Amtszeit akkut würde, gering sei.
Deswegen hatte ich danach gefragt, ob sich Äußerungen in diese Richtung irgendwo in derem privatem Schriftverkeehr finden lassen.
Oder durch schlüssiges Handeln, siehe Papens Marburger Rede, siehe Hugenbergs Rücktritt.
Bei Hugenberg sehe ich jedenfalls Ansätze schlüssigen Handels, dass hatte ich im obigen Beitrag auch zugestanden.
Er ist da allerdings die einzige Person, die ich da sehe, weil er eben die einzige Person ist, die aus dem Kabinett Hitler entsprechend schnell zurücktrat.
Die Marburger Rede wurde im Juni 1934 gehalten, als von irgendeiner Form von Einschränkung der Diktatur Hitler (das Ermächtigungsgesetz und die faktische Zerschlagung des republikanischen Systems lagen da schon über ein Jahr zurück), längst nicht mehr die Rede sein konnte.
Insofern halte ich das eher für Selbstinszenieerung/Selbstrechtfertigung, dafür bei der Einrichtung von Hitlers Diktatur mitgewirkt zu haben.
Davon abgesehen, distanzierte sich Papen auch nicht völlig vom System Hitler, sondern übernahm nach seinem Ausscheiden als Vizekanzler mehrere Gesandschaftsposten im Namen des Systems Hitler, unter anderem wirkte er noch an der nationalsozialistischen Österreich-Politik mit.
Schlüssiges Handeln sieht für mich ein wenig anders aus ehrlich gesagt.
Auch sonst zog mit Ausnahme von Hugenberg inm Frühjahr-Sommer 1933 kaum jemand die Konsequenz mit dem System Hitler zu brechen, was man ja doch eigentlich von jedem erwarten sollte, der nicht mindestens bereit war, auch ein solches System nötigenfalls zu akzeptieren oder nicht?
Mir sind bislang jedenfalls keine Äußerungen Papens, Hugenbergs und Schachts bekannt geworden, z.B. in der einschlägigen Lit., dass sie vor der von Ihnen betriebenen Ernennung H.s zum RK bereits in der Perspektive dachten und handelten sowie akzeptierten, ein RK Hitler könne mit dem Ableben Hindenburgs eine unumschränkte persönliche Diktatur durchsetzen, installieren.
Nun, wie gesagt, ich kann es nicht belegen.
Aber in gewissem Maße spielen da, meine ich auch Wahrscheinlichkeiten eine Rolle und die Wahrscheinlichkeit, dass alle miteinander unhinterfragt davon ausgingen, dass ein Hindenburg, der nach damaligen Maßsstäben schon locker 10-15 Jahre über seine statistische Lebenserwartung hinaus war, den job ohne Probleme noch auf Jahre würde ausführen können, halte ich für verschwindend gering.
Dazu bedurfte es ja nicht einmal eines dezidierten Ablebens, eine Einschränkung der Gesundheit die zur Amtsunfähigkeit führte, hätte vollkommen gereicht.
Hinzu kommt, dass mindestens in monarchistischen Kreisen und solchen sind Teile der DNVP und sicherlich auch Papen zuzurechnen, die Phantasie einer Restauration der Monarchie ja im Besonderen in den frühen 1930er Jahren durchaus eine Rolle spielten und damit auch die Frage der Reichsprsädidentschaft und möglicher Umwidtmungen des Reichspräsidentenamtes ("Reichsverweser" etc.").
Entsprechend des Umstands, dass das in der monarchischen Rechten in den vorangegangenen Jahren ein Schlüsselthema im Rahmen potentieller Restaurationsversuche war, fällt es mir recht schwer mir vorzustellen, dass man in diesen Kreisen dann urplötzlich 1932/1933 aufgehört haben soll, über derlei nachzudenken.
Natürlich kein Nachweis, aber wie ich meine, Anlass genug das mal zu überprüfen und das Narrativ der "Einrahmung" Hitlers durchaus infrage zu stellen.