MfS, warum in diesem Ausmaß?

Robert_Lee schrieb:
Es kommt wohl nicht nur dir so vor, sondern es ist wohl so. ;)

Aber ein paar Einsprüche habe ich doch.

Das MfS wurde 1950 gegründet und der KGB erst 1954 aus verschiedenen Behörden und Abteilungen. Demzufolge konnte das sowjetische Modell kein Muster darstellen.
Auch besaß der KGB nie kriminalpolizeiliche Kompetenzen, während das MfS bei schweren Straftaten die Ermittlungen aufnahm. Gründungsgedanke des Mfs war allerdings die Sabotageabwehr und baute auf den in Deutschland von Berija installierten deutschen NKWD Abteilung und der sowjetischen politischen Polizei K5 in Deutschland auf.

Okay, das stimmt. Von 1947-51 war der Auslandsnachrichtendienst (KI) sogar eine eigenständige Behörde. Davor und danach waren Inlands- und Auslandsnachrichtendienst allerdings immer in derselben Behörde (NKWD, MWD, NKGB usw.).

Bemerkenswerterweise hat es das MfS geschafft wieder Ministerium zu werden (während das KGB "nur" Komitee des Ministerrats war). Ein weiterer Unterschied zur UdSSR.

Einwand zum RSHA: Die Behördenabgrenzungen im Dritten Reich waren nicht unbedingt eindeutig, die Zuständigkeiten noch weniger ("institutionalisierte Anarchie"). Persönliche Rivalitäten in der Nazi-Führung konnten leicht zur Schaffung neuer Behörden und der Entmchtung bestehender führen. Die ostdeutschen Behörden funktionierten da schon eher normal-bürokratisch.

Ansonsten Zustimmung.
 
Robert_Lee schrieb:
Dann dürfte es keinen Verfassungsschutz heute geben. Aber augenscheinlich gibt es ihn doch. ;)

Hier bewegt man sich mit der Argumentation auf einem sehr schmalem Grad, da im Prinzip jedes Land auf dieselben Mittel zurückgreifen muß, um die Einhaltung seiner Verfassung zu gewährleisten.

Ja schon, aber die Staasi ist mit den Geheimdiensten in einer Demokratie gar nicht zu vergleichen.
- Die Geheimdienste in demokratischen Staaten müssen regelmäßige Berichte über ihre Arbeit vor dem Parlament abliefern. Sie unterliegen also einer demokratischen Kontrolle.
In Deutschland ist es sogar so, daß es eine Trennung zwischen ausländischer und inländischer Tätigkeit gibt.
Diese Geheimdienste haben nicht mehr Personal, als es notwendig ist, für die Observierung einzelner Personen.
Die Staasi ( z. B. ) war sogar mehr, als nur ein Geheimdienst:
- Sie unterlag keiner echten demokratischen Kontrolle, da es keine demokratischen Kontrollmechanismen gab ( z. B. eine Opposition, freie Presse usw. )
- Es gab keine Trennung zwischen Auslands- u. Inlandsaufgaben.
- Die Staasi war so aufgebaut und hatte so viel Personal ( verschiedene Arten wurden schon genannt ), daß eine flächendeckende Überwachung jedes Bürgers möglich war.
- Die Staasi verfügte über eine bewaffnete Elitetruppe, das heißt, sie war auch noch eine bewaffnete Truppe, neben den vielen anderen ( z. B. NVA, Polizei, Kampfgruppen ). In einem Ernstfall wäre diese Elitetruppe für besondere Aufgaben betraut worden ( möglicherweise eine nicht-friedliche-Revolution des Volkes? )
- Die Staasi unterstützte aktiv die RAF in Westdeutschland, bildete Mitglieder auf dem Gebiet der DDR an der Waffe und im Gelände aus und gewärte ihnen, wenn nötig, Unterschlupf. Das ist erwiesen.

Die Frage nach dem Warum und nach dem Ausmaß kann man eigentlich nur so erklären, daß in einem totalitären System gerade solche Staatsorgane besonders aufgebläht werden, weil man sich einerseits gegen eine eventuelle Gefahr aus dem Ausland wehren können muß ( dieses Bedürfnis haben auch Demokratien ), andererseits ist aber die Gefahr durch das eigene Volk besonders groß, weil durch die fehlende Meinungsfreiheit, und alle anderen Freiheiten die Unzufriedenheit im eigenen Volk als gefährlicher eingeschätzt wird, als in einer funktionierenden Demokratie. Und da diese demokratische Kontrollen fehlen, ist dieses ungebremste Aufblähen des gesammten Apparates auch möglich.
 
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