Nationalismus der Deutschen...

Das liegt einfach daran, daß mehr oder weniger 90% derer Leute hier im Forum Deutsche sind, somit wird man sich hier kaum an den Kopf werfen, das wir stolz sind Deutsche zu sein. Da geht es dann doch mehr auf Länderebene ab.
Was allerdings noch hinzu kommt, ist die Tatsache, das wenn ein Deutscher den Satz: "Ich bin stolz Deutscher zu sein" sagt, es in eine politische Gesinnung abgewertet wird und man auf eine Stufe mit dem Nationalsozialismus oder moderenen Nazis gestellt wird. Es hat halt einen bitteren Beigeschmag, den der braunen Geschichte.

Wenn z.B. ein US-Bürger dies bekundet, dann wirft man ihm doch auch nicht an den Kopf, er sei Mitglied im KuKluxKlan.
Wir Deutschen geiseln uns immer noch selbst mit unserer dunklen Vergangenheit, warum auch immer....

Ich habe insbesondere in Lateinamerika und den USA immer wieder Nationalstolz erlebt, verstanden habe ich ihn nie. Bis dahin hat mich Nationalstolz oder Regionalstolz, von wem auch immer, befremdet. Stolz kann man auf Leistungen sein, Leistungen vollbringen aber i.d.R. Einzelpersonen oder Kleingruppen. Geburt und Herkunft sind dagegen keine Leistungen.
 
Da gebe ich Dir vollkommen recht, es ist schon komisch zu sagen, das man Stolz auf "Gegend" ist. Allenfalls kann man sagen, daß einem seine Heimat gefällt, weil man das Meer mag oder die Berge, den Wald oder wie auch immer.

Doch macht auch der Nationalstolz eine gewichtige Größe in der Geschichte eines Staates aus, denn er verbindet die Nation.
So z.B. das Zusammengehörigkeitsgefühl, wenn die Nationalelf Europameister werden würde, dann Feiern alle Deutschen zusammen, ob von der See oder den Bergen und dann ist man auf den Sieg der Deutschen Mannschaft stolz, auf die Nation, oder ?
 
Das ist der Kern auf den ich hinauswollte:

EQ, zum Teil stimme ich dir zu (weils mir auch so geht) aber andererseits kann ichs auch verstehen. Es kann einen stolz machen, in diesem Land geboren zu sein, Teil dieser Geschichte zu werden, zu wissen, was die Generationen vor einem vollbrachten.
Die "Deutschen" sind da schon ein bisschen vorbelastet und es ist auch ein Vorurteil, Deutscher = Nazi. Dass solch Vergangenheit auch mal vergessen werden kann, zeigt doch eindrucksvoll die WM `06. Nationalstolz schweißt ein Volk zusammen, und Nationalstolz gibt es zB in den USA sehr stark. Ich habe Filme gesehen (okay Hollywood, aber überall ist was wahres dabei), da haben Soldaten bei dem Anblick der Fahne geheult, Zivilisten sagen innbrüstig die Nationalhymne, bei uns bin ich mir nichtmal sicher ob die jeder hinbekommt (S. Conner...)

Wenn z.B. ein US-Bürger dies bekundet, dann wirft man ihm doch auch nicht an den Kopf, er sei MItglied im KuKluxKlan.
Wir Deutschen geiseln uns immer noch selbst mit unserer dunklen Vergangenheit, warum auch immer....

Es ist hart sich für das zu verantworten was Generationen vor einem getan haben. Das hat auch in unserer Gesellschaft zu Spannungen geführt (68er) und führt noch heute dazu. Das war nun mal das unmenschlichste Verbrechen aller Zeiten und wird es hoffentlich bleiben.
Das Geiseln, nunja, ich mache mir keine Schuldvorwürfe, wär ja auch Blödsinn/Quatsch.
Was für uns wichtig ist, dass wir uns das auch in Zukunft im Gedächtnis behalten, das gehört dazu, wenn Deutsche irgendwann wieder stolz sein können Deutsche zu sein, ohne als Nazi beschimpft zu werden (btw. das trifft natürlich nicht auf alle zu, aber es gibt immer gewisse Menschen, die Vorurteile nur zu schnell verbreite)
 
Wenn z.B. ein US-Bürger dies bekundet, dann wirft man ihm doch auch nicht an den Kopf, er sei MItglied im KuKluxKlan.
Wir Deutschen geiseln uns immer noch selbst mit unserer dunklen Vergangenheit, warum auch immer....
Das kann sein, daß viele noch solche Minderwertigkeitskomplexe haben. Ich kann für mich jedoch sagen, daß ich durchaus noch einen gewissen Nationalstolz habe (ganz besonders, wenn z. B. unsere Fußballmannschaft gewinnt :devil: :ironie:) und dies auch artikuliere (nur nicht zu aggerssiv und zu oft). Aber da wir hier ein deutsches Forum sind, braucht man das ja nicht sagen, denn deutsche sind ja (fast) alle, egal, ob sie aus Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Hessen oder Niedersachsen kommen.
balticbirdy schrieb:
Als Norddeutscher an der Ostsee fühle ich mich eher mit den Skandinaviern und sonstigen Balten verbunden als mit den Bewohnern der Alpen + Umgebung - bitte nicht als Wertung verstehen.....
Ja ja, und die Leute auf Rügen und in und um Stralsund bezeichnen sich heute noch als "Südschweden".:still:
 
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Ich habe insbesondere in Lateinamerika und den USA immer wieder Nationalstolz erlebt, verstanden habe ich ihn nie. Bis dahin hat mich Nationalstolz oder Regionalstolz, von wem auch immer, befremdet. Stolz kann man auf Leistungen sein, Leistungen vollbringen aber i.d.R. Einzelpersonen oder Kleingruppen. Geburt und Herkunft sind dagegen keine Leistungen.
Hallo E.Q.!
Es ist natürlich jedem selbst überlassen, auf was er stolz ist, oder nicht. Wenn du sagst, du kannst nicht stolz auf deine Nationalität sein, weil du persönlich dazu nichts beigetragen hast, ist das natürlich eine Entscheidung, die du für dich getroffen hast.

Ich dagegen denke darüber so:

Ich bin sehr wohl stolz, ein Deutscher zu sein.
Ich lehne es grundsätzlich ab, irgendetwas nicht mehr zu tun, oder zu verwenden, nur weil irgendwelche geistig verwirrten Verbrecher es irgendwann mal mißbraucht haben.
Also ich bin stolz auf meine Sprache, darauf, daß wir eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt sind und auf die klugen Köpfe, die in der Vergangenheit durch ihre Erfindungen dafür gesorgt haben, daß wir soweit gekommen sind, daß uns selbst zwei katastrophale Kriege im 20. Jh. nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden ließen und heute eine der forschrittlichsten Demokratien der Welt sind.
Und ich bin auch stolz auf unsere Geschichte, denn die deutsche Geschichte besteht nicht nur aus diesen fürchterlichen 12 Jahren im 20. Jh., sondern aus über 1000 Jahren - wir waren einmal die bedeutenste Nation Europas.

Alles etwas, wozu ich persönlich nichts beigetragen habe?

Richtig, aber es ist etwas, wozu unsere Vorfahren etwas beigetragen haben und wir haben die Errungenschaften unserer Vorfahren geerbt und können nun dazu beitragen, daß dieses Erbe bewahrt und verbessert wird.

Und - wichtig ist aber auch, zu sagen: Wir haben auch Schattenseiten in unserer Geschichte, aber wir haben daraus gelernt und machen es nun besser.
 
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Wir leben glücklicherweise in einer Demokratie. Das bedeutet aber, dass auch ich als Einzelperson ein Stück Verantwortung für deren Funktionieren habe, da ich neben demokratischen Rechten auch Pflichten habe.
Dass ich einen deutschen Pass habe und hier geboren bin, ist Zufall, aus dem für mich persönlich kein Stolz erwächst. Ich fühle mich aber als Teil des Ganzen und muss dessen in Teilen verabscheuungswürdige Vergangenheit sowie die vielen guten Seiten integrieren. Mit diesem "Gemeinschaftswerk: Demokratie Deutschland" kann ich mich durchaus identifizieren.
 
Da gebe ich Dir vollkommen recht, es ist schon komisch zu sagen, das man Stolz auf "Gegend" ist. Allenfalls kann man sagen, daß einem seine Heimat gefällt, weil man das Meer mag oder die Berge, den Wald oder wie auch immer.

Doch macht auch der Nationalstolz eine gewichtige Größe in der Geschichte eines Staates aus, denn er verbindet die Nation.
So z.B. das Zusammengehörigkeitsgefühl, wenn die Nationalelf Europameister werden würde, dann Feiern alle Deutschen zusammen, ob von der See oder den Bergen und dann ist man auf den Sieg der Deutschen Mannschaft stolz, auf die Nation, oder ?
Ich habe mir erlaubt einmal etwas anders hervor zu heben.:cool:
Nach dem Satz springt Köbis aber wieder um auf ein etwaiges heutiges Ereignis. Oder wie soll ich das nun verstehen?

Für mich ist die Frage auch, ob wir uns hier über historische Entwicklungen oder aktuelle Befindlichkeiten unterhalten wollen. Regional- und Nationalstolz sind verwurzelt in der Geschichte. Für beides wurden historische Ereignisse bereits strapaziert. Hier sah man die "Befreiungskriege" (1813-14/15) als nationale Befreiungstat, welcher mit Monumenten gewürdigt wurde, dort begeht diese oder jene Gemeinde, dass der Lehnsherr vor soundsovielen Jahren seinem Nachbarn was aufs Haupt geschlagen hatte.

Höchstwahrscheinlich lässt sich nicht nur der Nationalstolz, sondern ebenso die Einstellung von El Quijote nach historisch Wurzeln untersuchen.
 

1. Und ich bin auch stolz auf unsere Geschichte, denn die deutsche Geschichte besteht nicht nur aus diesen fürchterlichen 12 Jahren im 20. Jh., sondern aus über 1000 Jahren - wir waren einmal die bedeutenste Nation Europas.

Alles etwas, wozu ich persönlich nichts beigetragen habe?

2. Richtig, aber es ist etwas, wozu unsere Vorfahren etwas beigetragen haben und wir haben die Errungenschaften unserer Vorfahren geerbt und können nun dazu beitragen, daß dieses Erbe bewahrt und verbessert wird.

1. Zu welchem Zeitpunkt? Ist es möglich, dass Du den Begriff "Nation" auch auf eine Zeit überträgst, als er noch nicht im modernen Sinne in Gebrauch war?:grübel:

2. Ich lese "unsere Vorfahren", also meine Vorfahren wie die von vielen wohl hier im Forum und gerade wenn wir die Bezeichnung "Vorfahr" bis in das Mittelalter ausdehnen, waren z.T. Schweizer, andererseits kann ich meine Vorfahren nichtmal bis in die Renaissance zurückverfolgen. Da mögen Franzosen, Polen und sonstwer dabei gewesen sein, ohne dass ich mit Bestimmtheit sagen könnte, dass sich meine Vorfahren (oder geht es Dir dabei nun ausschließlich um die Mehrzahl der Vorfahren?) allesamt als Deutsche begriffen hätten. Von daher bin ich mit Aussagen wie "unsere Vorfahren" sehr vorsichtig.
 
Das liegt einfach daran, daß mehr oder weniger 90% derer Leute hier im Forum Deutsche sind, somit wird man sich hier kaum an den Kopf werfen, das wir stolz sind Deutsche zu sein. Da geht es dann doch mehr auf Länderebene ab.
Was allerdings noch hinzu kommt, ist die Tatsache, das wenn ein Deutscher den Satz: "Ich bin stolz Deutscher zu sein" sagt, es in eine politische Gesinnung abgewertet wird und man auf eine Stufe mit dem Nationalsozialismus oder moderenen Nazis gestellt wird. Es hat halt einen bitteren Beigeschmag, den der braunen Geschichte.
Letztlich ist doch die Frage, ob dies für heutige Menschen ein Problem darstellt oder ob uns dieser scheinbare (für einige Menschen offensichtlich vorhandene und von einigen als ein solcher erachtete) Mangel an Nationalstolz, nicht auch eine Chance bieten kann. Gibt es nicht Alternativen zum Nationalstolz? Welche Verbindlichkeiten waren in der Geschichte, bevor wir im 19.Jh. ein teilweise bis ins 21.Jh. erhaltenen Begriff von Nation bekamen, wichtiger als die Berufung darauf, eine gemeinsame Nation zu bilden? Familie?:grübel:
 
@Brissotin: Der Satz war eigendlich Zeitlos zu verstehen, lediglich das Besipiel war auf die heutige Zeit bezogen, bzw. auf die Zukunft.

Dabei ging es um die Bewertung oder Definition des Wortes "Nationalstolz", daß in der Entwicklung betrachtet dann natürlcih an geschichtlichen Ereignisen festgemacht werden kann.

So wird in Deutschland dieses Wort in seiner Bedeutung, immer noch ein direkter Bezug auf die extremste Anwendung im dritten Reich hergestellt.

Dies wäre dann in der Entwicklung des Nationalstolzes der Deutschen allerdings der Momentane Stand und würde wohl zwangsläufig in den Bereich "Tagespolitik" übergehen. Das wollen wir ja nicht, gell.

Diese Thema habe ich nur in die Richtung angesprochen, da die Frage eines polnischen Forummitgliedes kam, warum hier keiner sich zu seiner Nation Deutschland bekennt, dabei habe ich ein wenig weiter ausgeholt, um es Ihm verständlich zu machen.

Somit steht Eurer Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung diese Themas nichts mehr im Wege....:winke:
 
Stolz kann man auf Leistungen sein, ...
Aber eben nicht nur auf solche.
Deine Sichtweise ist logisch schlüssig. Aber wie die Praxis zeigt, ist es nicht die einzige (und eher die seltenere).

Man muß wohl akzeptieren, daß viele Leute auch auf alle möglichen Sachen stolz sind, die nichts mit ihren persönlichen Leistungen zu tun haben: Auf die schöne Landschaft, in der sie wohnen, auf "ihre" Fußballmannschaft, auf Goethe und Schiller, auf die Oberweite ihrer Freundin, auf den Wahlsieg ihres Favoriten ...

Das ist dann halt so, ist wohl auch legitim, das Wort "Stolz" hat eben verschiedene Bedeutungsvarianten, und es ist wohl müßig, mit Logik eine dieser Varianten für die verbindliche zu erklären.

Bleibt die ebenfalls völlig legitime Feststellung, daß eine Variante wie "Nationalstolz" eben nicht den persönlichen Geschmack trifft.
 
@Barbarossa: Ja ja, und die Leute auf Rügen und in und um Stralsund bezeichnen sich heute noch als "Südschweden".
Weil sie bis 1815 zu Schweden gehörten. In den Wendewirren 1989 gab es ernst gemeinte Diskussionen betr. Wiederanschluß. Wismar wurde erst 1903 endgültig deutsch. Allerdings, "echte Schweden" waren dort immer nur die hohen Beamten und Offiziere.
 
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ME ist es zu kurz gesprungen, für das angeblich oder tatsächlich mangelnde Nationalgefühl lediglich die kürzesten Tausend Jahre der Geschichte heranzuziehen (wenngleich mir die Argumentationen hierzu teils gefährlich kippelnd vorkommen).

Des weiteren würde ich gerne zu bedenken geben, daß es vielleicht gewisse Auswirkungen auf den Verlauf der Diskussion hat, das Nationalgefühl sofort mit Nationalstolz gleichgesetzt wurde.
Es wurde ja auch schon zutreffend gesagt, es gebe eben Menschen, die auf alles mögliche stolz sind, wie etwa den Vorbau der Freundin (für den mann genausowenig kann wie für die Nationalität seiner Eltern), also auf Fakten/Umstände, zu denen keinerlei persönliche Leistung gehört.

Um mal ein wenig weitere Historie hineinzubekommen: inwieweit könnte denn die Geschichte des deutschen Reiches, insbesondere die Zeit der Kleinstaaten, mit der heute noch praktizierten Identifizierung über die Region zusammenhängen?
 
Um mal ein wenig weitere Historie hineinzubekommen: inwieweit könnte denn die Geschichte des deutschen Reiches, insbesondere die Zeit der Kleinstaaten, mit der heute noch praktizierten Identifizierung über die Region zusammenhängen?
Wie meinst Du das? Die Frage ist ja schwierig zu beantworten. Teilweise ist der Lokalpatriotismus auch weniger von einer längeren Geschichte der eigenen Region als vielmehr von einem bestimmten kürzeren Abschnitt geprägt, der sich aber in das kollektive Gedächtnis scheinbar ungleich stärker eingebrannt hat. So wird auch in Freiburg oftmals die ehemalige Zugehörigkeit zum Ghzm. Baden gern hervor gekehrt, auch wenn diese im Vergleich zur Zugehörigkeit zu Vorderösterreich eher ein kurzes Intermezzo darstellt.
Mich würde einmal interessieren wie das in Thüringen z.B. ist, ob es in Thüringen einen Lokalpatriotismus bis zur Grenze von z.B. Schwarzburg-Rudolstadt oder Sachsen-Weimar gibt oder sich die Leute innerhalb der Besitzungen des ernestinischen Wettinerzweiges eher als eine Gruppe ansahen. Immerhin wurde ja manches Herzogtum dann wieder an ein anderes bei Aussterben einer Linie angeschlossen, ähnlich ist es deutlich weiter im Norden bei den anhaltinischen Staaten (Anhalt-Bernburg, Anhalt-Dessau usw.).
 
Um mal ein wenig weitere Historie hineinzubekommen: inwieweit könnte denn die Geschichte des deutschen Reiches, insbesondere die Zeit der Kleinstaaten, mit der heute noch praktizierten Identifizierung über die Region zusammenhängen?

Der Mensch ist halt ein Rudeltier, :kuscheln:
anlehnungsbedürftig an eine Gruppe, über welche Faktoren auch immer die Identifizierung vorgenommen werden kann. :friends:

Die Bretonen unterscheiden sich da kaum von denen, die das Badenerlied singen (neulich auf einem Geburtstag im lautstarken Wettkampf mit den zahlreichen Westerwäldern). Ähnliches trifft man mE bei den heutigen polnischen Schlesiern und ihren Identifizierungen an. Weitere Beispiele sind nicht schwer zu finden.

Es lassen sich in vielen (allen?) Staaten - eine gewisse Größe vorausgesetzt - zusätzliche Identifizierungen über die Region feststellen, also kleinere "landsmannschaftliche" Bezüge über Kultur, Geschichte, Essen, Sprache, etc.
 
inwieweit könnte denn die Geschichte des deutschen Reiches, insbesondere die Zeit der Kleinstaaten, mit der heute noch praktizierten Identifizierung über die Region zusammenhängen?
Das ist eine interessante Frage.

Wobei man erst einmal klären müßte, ob diese Identifizierung über die Region in Deutschland stärker zu beobachten ist als in anderen Ländern.

Und da bin ich ziemlich skeptisch.
Ich habe eher den (sehr subjektiven und unrepräsentativen) Eindruck, daß das in vielen Ländern stärker der Fall ist als bei uns.

Mal abgesehen von Italien (wo der geschichtliche Verlauf ähnlich wie in Deutschland sehr regional orientiert war): Gerade in zentralistischen Staaten wie England oder Frankreich habe ich bei vielen Leuten das Gefühl, daß sie sich sehr stark mit ihrer Region identifizieren, eben in Abgrenzung zur Zentrale.

Es ist ja auch die Frage, ob die frühere regional betonte Geschichte in Deutschland überhaupt noch große Wirkung haben kann - denn sie wurden ja überlagert durch sehr heftige Bevölkerungsverschiebungen in den letzten beiden Generationen.

Krieg, Flucht, Vertreibung, die Binnenwanderungen der Wiederaufbauphase, dann die fast drei Millionen, die nach der Wiedervereinigung zwischen West und Ost umzogen - das war wohl deutlich über dem europäischen Schnitt.

Ich weiß nicht, ob es Statistiken darüber gibt, wieviele Menschen wirklich dort wohnen, wo sie und ihre Eltern herkommen (das wäre ja schon eine wesentliche Voraussetzung für regionale Identifikation, auch wenn manche Zuwanderer sich da auch große Mühe geben).

Aber ein solcher statistischer Vergleich zwischen Deutschland (und verschiedenen deutschen Regionen!) und anderen Ländern wäre hochinteressant.
 
Wobei dieses Nationalzusammengehörigkeitsgefühl (tolles Wort) der Kleinstadten um 1830 nicht zu vergleichen ist, mit dem von heute. Auch wenn es Regional abhängig ist, spielt die Globalisierung und der heutige "Vielvölkerstaat" eine so große Rolle, das ein Zugehörigkeitsgefühl, zu einer Region oder auch Nation sehr schwierig für den einzelnen wird.

Beispiel: Die jungen Leute die hier geboren sind, aber die Eltern aus einem anderen Land gekommen sind. Oder noch einfacher, ich bin in Thüringen geboren und lebe aber schon lang in Württemberg und werde hier auch bleiben. Mir gefällt beides, und nu?
 
So wird auch in Freiburg oftmals die ehemalige Zugehörigkeit zum Ghzm. Baden gern hervor gekehrt, auch wenn diese im Vergleich zur Zugehörigkeit zu Vorderösterreich eher ein kurzes Intermezzo darstellt.
Es gab damals wohl nach dem Chaos (bezogen auf Staatsgrenzen etc.) der napoleonischen Zeit ein unglaubliches Bedürfnis, sich zuverlässig in den neuen, oft eigentlich recht künstlich zusammengeschnittenen Staaten einzurichten.

Bis auf einige Ausnahmen (Franken in Bayern, Rheinländer in Preußen) haben sich die Deutschen nach dem Wiener Kongreß in einer überraschend starken Weise mit ihren neuen Heimaten identifiziert.

Baden ist ein schönes Beispiel. Obwohl man bei Freiburg bedenken muß, daß sie jetzt halt direkt dazugehörten, nicht mehr nur von einer fernen Zentrale regiertes Nebenland waren - das half wohl.
Im Gegensatz dazu die Kurpfalz - die hat sich bis heute ihre eigene Identität bewahrt und sich nur mäßig mit Baden identifiziert.

Ein noch stärkeres Beispiel für die Prägekraft der Nach-Kongreßzeit sind m. E. die neuen Gebiete Kur-Hessens. Die waren ja bis zur Annektion durch Preußen nun wirklich nicht lange bei diesem Staat - und trotzdem definiert sie das bis heute und viel stärker als die nachfolgende, viel längere preußische Zeit.
 
Ich spreche jetzt mal von mir als Schwabe: Die Schwaben allgemein sind doch stolz darauf Schwaben zu sein.
Das hat sich alles von lang her gebildet, der Dialekt, die besonderen Eigenheiten usw.
Dann kamen Sprüche wie "Wir können alles außer Hochdeutsch". Irgendwie schweißt sowas ja zusammen, unser unverkennbarer Dialekt lässt uns sofort als Schwaben outen.

Wie "Nationalstolz" dann eine Rolle für jeden spielt, ist doch in der Persönlichkeit des Einzelnen verankert. Ich finde nicht schlimm daran, wenn jemand stolz auf Schiller, Goethe oder Einstein ist. Diese Personen sind etwas erstrebenswertes, Vorbilder. Sie haben unser Land geprägt, wie es jetzt läuft, das kann man auch als Stolz betrachten, darauf, dass diese Menschen unser jetziges Land so geprägt haben.

@Brissotin: Baden wollte ja nicht mit Württemberg zu BaWü werden, v.a. im Fußball merke ich das, wenn es beim VfB heißt "Die Badenser"...
Andersrum ja genauso.
Das lässt auch darauf schließen, dass einzelne große Ereignisse, Personen, Errungenschaften oder auch Vereine/Sport das Nationalbewusstsein eines Menschen prägen, die Identifizierung mit etwas was ausm Ländle kommt
 
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