Nationalsozialismus-Kaiserreich

Diese Diskussion ist entlarvend wie erschreckend zugleich, obwohl sie für mich nicht überraschend ist, da hier vieles schon längst in anderen Fäden über Jahre hinweg angeklungen war.


Verwundern muss doch zunächst einmal, dass es hier einen regelrechten „Shit-Storm“ gibt, in dem man mit Vehemenz verleugnen möchte, dass der Nationalsozialismus, oder sagen wir auch Faschismus, seine Wurzeln durchaus in den vorangegangenen Jahrzehnten hatte.
...entlarvend und erschreckend zugleich ist für mich bei diesem Thema eine Wortwahl wie der von dir verwendete "Anglizismus", denn auch fremdsprachig wird Fäkalsprache nicht besser...

ich habe in diesem Faden mitdiskutiert, und offensichtlich soll ich mich nun belehren lassen, dass ich zu einem Shit (=Scheiße)-Storm beigetragen habe - ich werde nicht im selben Stil antworten, weise aber darauf hin, dass solche Vorwürfe in die Runde absolut geschmacklos sind!

...wer leugnete hier eigentlich irgendwas bzw. was soll überhaupt geleugnet worden sein? Man muss kein pseudopolitisches Blabla über "Geschichtspolitik" ablassen, wenn es um die Frage geht, welche Wurzeln die rassistische und antisemitische NS-Ideologie hatte - man kann eher darüber nachdenken, ob die Jahre von 1871 bis 1918 ausschließlich von Gestalten wie Lanz von Liebenfels & Co. bevölkert waren... tut man dies, stellt man fest, dass diese Zeit im gesamten deutschsprachigen Raum nun mal nicht einzig und allein von Prä- oder Protonazis bevölkert war, und das schon gar nicht mehrheitlich. Die Gründer- und Jugendstil- und Naturalistenzeit hat nicht nur Pränazis hervorgebracht und schon gar nicht wird sie durch solche charakterisiert.

als Lektüre darüber, wo und wie sich faschistische Haltungen in den Großstädten zwischen den Weltkriegen etablierte, wäre Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz zu empfehlen.
 
Diese Diskussion ist entlarvend wie erschreckend zugleich, obwohl sie für mich nicht überraschend ist, da hier vieles schon längst in anderen Fäden über Jahre hinweg angeklungen war.

Gemessen an der Vielfalt der unterschiedlichen Positionen im Forum eine ziemlich krude Verallgemeinerung. Ich frage mich nur, wer sich bei diesem Urteil angesprochen fühlen soll? Geht es nicht ein wenig konkreter?

... oder sagen wir auch Faschismus, seine Wurzeln durchaus in den vorangegangenen Jahrzehnten hatte. Dazu brauchen wir noch nicht einmal „Systemvergleiche“, mit deren fehlender Deckungsgleichheit weiter oben schon Thanepower argumentieren wollte. Man kann doch nicht einfach die Haltung der Gesellschaft und die Befindlichkeiten ihrer Individuen ausblenden. Systeme werden ja erst von Menschen gemacht, und ein ganzer Teil der Gesellschaft war ja ua. schon in der Zeit der Monarchie sozialisiert worden, als er 1933 zur Urne schritt.

Es freut mich natürlich ausgesprochen, dass jemand das Problem von Agent und Structure anspricht und damit ebenfalls die Form der Sozialisation. Dieses Problem habe ich in Anlehung an Archer, Giddens und Habermas versucht zu diskutieren, um die Reproduktion von Strukturen anzusprechen.

http://www.geschichtsforum.de/f72/das-handelnde-individuum-der-geschichte-43556/

Das Problem sollte jedoch noch erweitert werden, da die Reproduktion von Strukturen m.E. am weitestgehendsten durch die Arbeiten von Bourdieu zur Reproduktion der unterschiedlichen Kapitalsorten erklärt wird, bzw. es hat sich Michael Mann (The Sources of Social Power) im Rahmen eines makrosoziologischen Ansatzes der historischen Soziologie ebenfalls unter dem Aspekt unterschiedlicher "Macht-Quellen" mit dem Phänomen der Reproduktion von Macht beschäftigt.

Welchen Ansatz vertrittst Du denn zu diesem Themenkomplex, da ich natürlich nicht davon ausgehe, dass es lediglich so trivial zu verstehen ist, wie oben formuliert?

Nämlich, dass man heute die Zeit des Nationalsozialismus isolieren möchte, quasi als „Ausrutscher“, und dass nur deswegen, um die Verantwortung der bürgerlichen Gesellschaft diesbezüglich zu marginalisieren. Dahinter steckt ganz klar eine Geschichtspolitik, die sich schon längst auf die Gestaltung von Lehrbüchern aber auch auf „Dokumentationen“, wie auch auf die Inhalte von Lehrerkonferenzen ausgewirkt hat, und zwar in etwa seit der Zeit des Mauerfalls und der sich anschließenden so genannten Berliner Republik.

Ich beziehe diese Aussage auf die Eingangs formulierte pauschale Beurteilung des Forums und es wird damit unterstellt, dass hier ähnliches formuliert wird.

Vor dem Hintergrund des durchaus breiten politischen Spektrums des Forum geht diese Vermutung ins Leere. Alleine mir hat man wiederholt "Marxismus", "Stalinisnis" oder ähnliche freundliche Bewertungen angeheftet und nur, weil ich gewagt habe zu widersprechen.

Aber die Vielfalt der unterschiedlichen Positionen hast Du, obwohl Du ja ein intimer Kenner des Forums bist, wohl versehentlich überlesen.

Die Frage muss doch sein, warum verhielten sich die Menschen in den letzten Jahrzehnten der Monarchie schon so?

Natürlich hatten wir damals noch keinen Holocaust. Aber soll das etwa dazu reichen, dass man die Wurzeln des Nationalsozialismus nicht auch in der Spätphase der Monarchie zu suchen habe? Natürlich waren Rassismus und Chauvinismus, von ihrer Qualität her, nicht so ausgeprägt wie im Nationalsozialismus, - angelegt waren sie aber schon längst.

Das Hitler und sein NS-System nicht voraussetzungslos waren, wurde bereits deutlich betont:

Und es ist ebenfalls wichtig, auf die historische Genese des Antisemitismus in der NS-Bewegung einzugehen. So stellt MacGregor Knox (S. 341ff), Link wurde ebenfalls bereits eingestellt, in den Vordergrund, dass Hitler bereits um 1920 ein Amalgam aus vielen unterschiedlichen Slogans erzeugte und zu einem neuen System der "Ideologie" verband. Dabei bezog er sich nicht unerheblich auf die Aussagen des "Schutz- und Trutz- Bund".

Ansonsten, wie haben sich die Menschen denn im Kaiserreich verhalten? Die SPD war die stärkste Partei und Rosa und Karl organisierten die Avantgarde der Arbeiterbewegung. Wie haben sich diese ca. 35 Prozent der Wähler im Kaiserreich verhalten als Einstimmung auf Gewaltexzesse im WW1? Welche Studien zur Soziologie der Arbeiterkultur im Kaisserreich wird denn da von Dir angesprochen?

Und in der weiteren historischen Linie, vielleicht solltest Du die unterschiedlichen Meinungen ansehen, die E. Fromm in "Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reiches" darstellt, un sehr gravierende Unterschiede in der politischen Sozialisation deutlich machen, die absolut nicht auf "willige Helfer" für Hitler hingewiesen haben.

oder wie bei dekumatland beschrieben:
wenn es um die Frage geht, welche Wurzeln die rassistische und antisemitische NS-Ideologie hatte - man kann eher darüber nachdenken, ob die Jahre von 1871 bis 1918 ausschließlich von Gestalten wie Lanz von Liebenfels & Co. bevölkert waren... tut man dies, stellt man fest, dass diese Zeit im gesamten deutschsprachigen Raum nun mal nicht einzig und allein von Prä- oder Protonazis bevölkert war, und das schon gar nicht mehrheitlich. Die Gründer- und Jugendstil- und Naturalistenzeit hat nicht nur Pränazis hervorgebracht und schon gar nicht wird sie durch solche charakterisiert.

Dazu brauchen wir noch nicht einmal „Systemvergleiche“, mit deren fehlender Deckungsgleichheit weiter oben schon Thanepower argumentieren wollte.

Die in der Historiographie derzeit am weitesten entwickelte komparative Diskussion betrifft die Theorie über "Totalitarismus", aber das weist Du ja natürlich. Und im Rahmen dieser Diskussion wird deutlich, dass trotz der offensichtlichen Ähnlichkeiten der beiden Regime, je differenzierter man sich damit beschäftigt, die Unterschiede deutlicher hervortreten. So zumindest die übereinstimmende Bewertung aus den beiden Readern.

Und genau deswegen bedarf es schon einer ausführlicheren Darstellung, ob es nun eine Kontinuität oder sogar eine Kausalität gibt vom Kaiserrreich zum NS-System, weil die Methodik des Vergleich im Prinzip ähnlich ist. Und es ist zu fragen, wodrin diese Kontinuität besteht. Der Verweis auf irgendwelche Gewalt ist da sicherlich nicht ausreichend oder beliebig, da er für nahezu alle europäischen Länder gilt als universelles Phänomen, wie bei Pinker!! nachzulesen.

Beyond Totalitarianism: Stalinism and Nazism Compared - Michael Geyer - Google Books

Stalinism and Nazism: Dictatorships in Comparison - Google Books
 
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@Diago

Am Beispiel der Zabern Affäre habe ich auf den Zustand des DR 1913 hingewiesen.

Ein neunzehnjähriger Leutnant verspricht senen Soldaten 10 Mark für jeden abgestochenen Wackes.Dann läuft er mit dem Säbel durch den Ort und säbelt Leute nieder.

Kommentar des Kronprinzen

Immer feste druff!

Zabern-Affäre ? Wikipedia

Und du meinst wirklich die Zabernaffäre ist repräsentativ für das Deutsche Reich und deren Gesellschaft des Jahres 1913?
 
Diese Diskussion ist entlarvend wie erschreckend zugleich, obwohl sie für mich nicht überraschend ist, da hier vieles schon längst in anderen Fäden über Jahre hinweg angeklungen war.


Verwundern muss doch zunächst einmal, dass es hier einen regelrechten „Shit-Storm“ gibt, in dem man mit Vehemenz verleugnen möchte, dass der Nationalsozialismus, oder sagen wir auch Faschismus, seine Wurzeln durchaus in den vorangegangenen Jahrzehnten hatte. Dazu brauchen wir noch nicht einmal „Systemvergleiche“, mit deren fehlender

Wie Du zu dem Schluss kommst, ist mir völlig rätselhaft.

Genau das Gegenteil ist der Fall, wie oben schwarz auf weiß und beliebig oft nachlesbar: unwidersprochen wurde darauf explizit hingewiesen (u.a. von Ursi, Thanepower, Turgot und mir), dass man Wurzeln und Voraussetzungen des NS in der Gesellschaft des Kaiserreichs findet. Hier sind keine Marsmännchen vom Himmel gefallen, die das Deutsche Reich für 12 Jahre okkupiert haben. Ebenso wird hier im Forum an vielen Stellen über Schichten resp. Eliten des Kaiserreichs gesprochen, die den NS (mit) in den Sattel gehoben haben.

Das alles ist völlig unbestritten. Ein weiteres Beispiel aus der Literaturforschung hast Du verlinkt.

Es ist aber nicht alles. Die Forschung zum NS beschäftigt sich mit der "Generation 1900", NS-Wählerschichten, Führungsstrukturen etc., die auch außerhalb von Eliten des Kaiserreichs zu verorten sind. So ist die "Generation 1900" zu Kriegszeiten Teenager, in der Weimarer Republik Twen, 150%-überzeugter Karrierist im NS (wie zB viele junge Juristen) und dann Massenmörder in den Einsatzgruppen. Das hat weniger mit Kaiserreich, als vielmehr mit Weltkriegsprägungen und nationalistischem Getöse in der WR zu tun. Solche seriöse Forschungen, wenn sie einem nicht passen, mit "auftragsbezahlt" abzuqualifizieren, ist schlechter Stil in Form von Totschlagsargumenten und wird hier im Forum als unsachlich auch keine Beachtung finden.

Solche "Wurzelbetrachtungen" sind - auch das ist nach Lesen dieses Themas kalter Kaffee - streng davon zu trennen, die Singularität der NS-Verbrechen dadurch in Frage zu stellen und im Einklang mit Rechtsaußen-Aktivitäten zu relativieren zu wollen, sie in eine Reihe mit Verbrechen, Kriegsrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen oder kolonialen Massenmorden des Kaiserreichs oder anderer Nationen zu stellen.

Da Du schon in der Interpretation der Diskussion hier völlig daneben liegst, was NS-Wurzeln in der Gesellschaft des Kaiserreichs angeht, und was ich als Interpretationsfehler Deinerseits unterstelle (der mir allerdings unerklärlich ist, weil diese Diskussion einfach nachzuvollziehen ist), warte ich erstmal mit einem Kommentar zu Deinen weiteren Beobachtungen "von Fäden [im Geschichtsforum.de] über Jahre" ab.

P.S., nur am Rande: Es gab hier keinen Shit-Storm, und keinerlei persönliche Beleidigungen (die wären auch von der Moderation unterbunden worden, behauptete Beleidigungen per Bewertungssystem sind bislang nicht vorgelegt worden), sondern deutlichen Widerspruch in der Sache wegen der Empörung, dass der NS (befürchtet, vermeindlich) relativiert werden soll.
 
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Dann schau dir doch mal die Kommentare der Zeitgenossen an.


Meinst du den beispielsweise den Reichstag? Im Zuge der Zabenaffäre hat der Reichstag nämlich gegen den Reichskanzler Bethmann-Hollweg sein Mißtrauen mit 293 gegen 54 Stimmen ausgesprochen. Bethmann sah ein, dass das Militär sich rechtswidrig verhalten hatte, aber er meinte auch, "der Rock des Königs müsse geschützt werden." Nun, das sah der Reichstag in seiner überwältigenden Mehrheit anders. Das ganz uferte nämlich in eine sehr unerfreuliche Diskussion für Kaiser und Kriegsminister von Falkenhayn aus, in der es um die Rechtsstellung des Militärs in Staat und Gesellschaft ging.
 
Dass der I.Weltkrieg enorm ideologisch aufgeladen war, dass beweist doch nicht zuletzt das für jeden im Netz verfügbare Bildmaterial, ua. Propagandapostkarten. Beispiel-1, Beispiel-2 , , Beispiel-3
Dazu ein kleiner Hinweis: Entgegen verbreiteter Vorstellung handelt es sich bei militärischen Ulkbildern nach dem Motto "Jeder Schuß ein Ruß" nicht um amtliche Propaganda. Stattdessen erfolgte im 1. Weltkrieg eine Zensur von "hetzerischen" Motiven die geeignet waren, dass "Ansehen der deutschen Kultur und des deutschen Heeres und seiner Waffentaten herabzuwürdigen" (Bayrisches Kriegsministerium, München, September 1914). Ab September 1914 wurden diese "Hetzpostkarten" nach und nach von den Zensurbehörden einkassiert. Zuerst erfolgte ein Verbot in Bayern, dem sich später das preußische Kriegsministerium anschloß. Ende 1914 wurden etwa 500 Bildpostkartentypen in München aus dem Verkehr gezogen, bis auf 5-6 Ausnahmen sind es solche 'Hetzpostkarten'. [1]

[1] Christine Brocks, Die bunte Welt des Krieges. Bildpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg 1914-1918, Essen 2008, S. 32.
 
@Diago

Am Beispiel der Zabern Affäre habe ich auf den Zustand des DR 1913 hingewiesen.

Ein neunzehnjähriger Leutnant verspricht senen Soldaten 10 Mark für jeden abgestochenen Wackes.Dann läuft er mit dem Säbel durch den Ort und säbelt Leute nieder.

Kommentar des Kronprinzen

Immer feste druff!

Zabern-Affäre ? Wikipedia

Und da siehst Du einen Zusammenhang, zwischen dem NS? Selbstverständlich haben 1933 keine "faschistischen" Aliens das DR okkupiert. Selbstverständlich und unbestritten gab es autoritäre Grundstrukturen (soziologische, ökonomische, militaristische etc.), die den NS als Ideologie und Herrschaftwirklichkeit erst möglich werden ließen.

Nur, gab es einen "historischen Automatismus", der schnurstracks vom Kaiserreich via WR in den NS führte? Mir erscheint das als geschichtphilosophische Spekulation. Das es im I. WK seitens der Mittelmächte Kriegsverbrechen gegeben hat - unbestritten. Allerdings, wo siehst Du die historische Kausalität?

In der Übertreibung liegt die Anschauung. Ich kann auch "Wurzeln" der SA im preußischen Landsturm finden, nur wäre das per se mehr als ahistorisch - sondern einfach falsch.

M.

P.S.: "Kasinogeschwätz", auch wenn sicher kolportiert, sollten wir als das einordenen was es ist, nämlich "Geschwätz".
 
An der Diskussion wird zudem etwas sehr Wesentliches deutlich, was Sie in vielen Medien, ob Presse, Rundfunk, Fernsehen in ähnlicher Weise verfolgen können. Nämlich, dass man heute die Zeit des Nationalsozialismus isolieren möchte, quasi als „Ausrutscher“, und dass nur deswegen, um die Verantwortung der bürgerlichen Gesellschaft diesbezüglich zu marginalisieren.

Es kann gar keine Rede davon sein, dass die Epoche des Nationalsozialismus bewusst "isoliert" wird. Ganz im Gegenteil werden in Deutschland vielfältige Schuldzuweisungen analysiert und zwar sowohl in der überregionalen Presse (u.a. ZEIT, Süddeutsche) als auch in TV-Dokumentationen und Publikationen. Intensiv diskutiert werden dabei

- das Fortbestehen der alten Eliten des Kaiserreichs

- antidemokratische Tendenzen in Militär, Justiz u. Beamtenschaft

- Wirkungen des Versailler Vertrags

- fehlende demokratische Gesinnung der Staatsbürger

- Schwäche der demokratischen Parteien

- mentale Befindlichkeit der Deutschen

- Massenarbeitslosigkeit u. Wirtschaftskrise usw. usw.

Publikationen haben zudem den angeblich obrigkeitshörigen Charakter des deutschen Volkes seit Martin Luther betont und ihn für den Niedergang der ersten deutschen Demokratie und das Aufkommen des Nationalsozialismus verantwortlich gemacht. Ferner wird diskutiert, welchen Einfluss der preußische Militarismus und der autoritäre preußische und kaiserliche Staat auf die deutsche Mentalität hatten und inwiefern das dem NS-Staat die Bahn bereitete.

Es wurden somit bis heute eine Fülle von Ursachen erarbeitet, die erklären wollen, wie es zur NS-Diktatur kommen konnte. Von einer "Isolierung der NS-Zeit" kann dabei keine Rede sein - ganz im Gegenteil.

Dahinter steckt ganz klar eine Geschichtspolitik, die sich schon längst auf die Gestaltung von Lehrbüchern aber auch auf „Dokumentationen“, wie auch auf die Inhalte von Lehrerkonferenzen ausgewirkt hat, und zwar in etwa seit der Zeit des Mauerfalls und der sich anschließenden so genannten Berliner Republik.

Das ist eine ganz unsinnige Verschwörungstheorie. Gerade die Werke für den Geschichtsunterricht ziehen eine ganz deutliche Linie vom Kaiserreich zum NS-Staat, betonen vielfach die aus Kaiserzeiten stammende obrigkeitshörige Mentalität vieler Deutscher und verknüpfen das mit der nationalsozialistischen Diktatur.

Ich greife einmal exemplarisch Aussagen heraus:
Dass der I.Weltkrieg enorm ideologisch aufgeladen war, dass beweist doch nicht zuletzt das für jeden im Netz verfügbare Bildmaterial, ua. Propagandapostkarten. Beispiel-1, Beispiel-2 , , Beispiel-3

Diese Kriegspostkarten sagen nicht das mindeste speziell zur mentalen Verfassung der Deutschen aus.

Erstmals in der Geschichte begleiteten und unterstützten Massenmedien einen Krieg auf breiter Front. Die Kriegspropaganda lenkte in allen Ländern die öffenliche Meinung und stachelte die Menschen zu Hass und Menschenverachtung an. Den Feind stellte die Kriegspropaganda auf beiden Seiten als entmenschtes Ungeheuer dar und machte ihn zum Massenschlächter. Insofern gibt es sowohl bei den Staaten der Entente als denen der Mittelmächte Kriegspostkarten, die wir heute als rassistisch, verrohend und menschenverachtend einstufen.
 
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Dazu ein kleiner Hinweis: Entgegen verbreiteter Vorstellung handelt es sich bei militärischen Ulkbildern nach dem Motto "Jeder Schuß ein Ruß" nicht um amtliche Propaganda. Stattdessen erfolgte im 1. Weltkrieg eine Zensur von "hetzerischen" Motiven die geeignet waren, dass "Ansehen der deutschen Kultur und des deutschen Heeres und seiner Waffentaten herabzuwürdigen" (Bayrisches Kriegsministerium, München, September 1914). Ab September 1914 wurden diese "Hetzpostkarten" nach und nach von den Zensurbehörden einkassiert. Zuerst erfolgte ein Verbot in Bayern, dem sich später das preußische Kriegsministerium anschloß. Ende 1914 wurden etwa 500 Bildpostkartentypen in München aus dem Verkehr gezogen, bis auf 5-6 Ausnahmen sind es solche 'Hetzpostkarten'. [1]

[1] Christine Brocks, Die bunte Welt des Krieges. Bildpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg 1914-1918, Essen 2008, S. 32.

Diese Postkarten wurden bei den Kaisermanöver in Lothringen an das staunende Volk verteilt.

Kaisermanöver (Deutsches Kaiserreich) ? Wikipedia
 
Diese Postkarten wurden bei den Kaisermanöver in Lothringen an das staunende Volk verteilt.

Kaisermanöver (Deutsches Kaiserreich) ? Wikipedia

Aus der Reihe, Vadding in Frankreich, von Zille, 1915
zille-vadding.jpg
"Wenn ick man blot wüsst, wat Stille Nacht, heilige Nacht up französch heet! Ick möcht de Lütten mal een dütsches Wihnachtslied vörsingen."

Natürlich war der Krieg kein Absingen von Liedern. Er musste das Individuum jedoch nicht zwangsläufig brutalisieren.
 
Natürlich war der Krieg kein Absingen von Liedern. Er musste das Individuum jedoch nicht zwangsläufig brutalisieren.

Allerdings war ein gewisses Maß seelischer Agehärtetheit notwendig, um ihn einigermaßen psychisch gesund zu überstehen. Dass das vielfach nicht gelingt, zeigen Scharen von Soldaten mit posttraumatischer Belastungsstörung.
 
Aus der Reihe, Vadding in Frankreich, von Zille, 1915
Anhang anzeigen 12429
"Wenn ick man blot wüsst, wat Stille Nacht, heilige Nacht up französch heet! Ick möcht de Lütten mal een dütsches Wihnachtslied vörsingen."

Natürlich war der Krieg kein Absingen von Liedern. Er musste das Individuum jedoch nicht zwangsläufig brutalisieren.

Meine Großmutter erhielt eine solche Karte vom einem schneidigen Husar während den Kaisermanöver 1908 in Lothringen.Besagter Husar versuchte dann Nachts mittels einer Leiter in ihr Schlafzimmer zu steigen.Mein Urgroßvater stieß die Leiter dann mitsamt Husar um.Der Husar landete in einem grossen Lothringer Misthaufen.

Besser wurde das Verhältnis zwischen meinem Urgroßvater und dem Kaiserreich dadurch nicht.1911 trat er dem Souvenir français bei.
https://en.wikipedia.org/wiki/Le_Souvenir_français
 
Besser wurde das Verhältnis zwischen meinem Urgroßvater und dem Kaiserreich dadurch nicht.
bei einem Mannöver um 1912 in der Reichsfestung Ulm/Neuulm wurde der Urgroßvater meines Nachbarn in eine wüste Schlägerei zwischen württembergischen und bayerischen Truppenteilen verwickelt und musste mit Blessuren ins Lazarett - - - das mag komisch oder auch nicht sein, indes bin ich trotzdem davon überzeugt, dass weder dein Urgroßvater noch der Urgroßvater meines Nachbarn irgendeinen entscheidenden Einfluß auf die Geschichte des frühen 20. Jhs. hatten :winke: und ich bin auch ziemlich sicher, dass diese beiden Urgroßväter uns nicht als Musterexempel oder gar Beweise für irgendeine Haltung zu historischen Fragestellungen sonderlich dienlich sein können.
 
bei einem Mannöver um 1912 in der Reichsfestung Ulm/Neuulm wurde der Urgroßvater meines Nachbarn in eine wüste Schlägerei zwischen württembergischen und bayerischen Truppenteilen verwickelt und musste mit Blessuren ins Lazarett - - - das mag komisch oder auch nicht sein, indes bin ich trotzdem davon überzeugt, dass weder dein Urgroßvater noch der Urgroßvater meines Nachbarn irgendeinen entscheidenden Einfluß auf die Geschichte des frühen 20. Jhs. hatten :winke: und ich bin auch ziemlich sicher, dass diese beiden Urgroßväter uns nicht als Musterexempel oder gar Beweise für irgendeine Haltung zu historischen Fragestellungen sonderlich dienlich sein können.


Sicher nicht.Aber wir können ja nicht dauernd wie die Kesselflicker hier streiten.Das kommt auch noch-keine Angst.
 
Der französische Einmarsch in das Ruhrgebiet im Jahr 1923 ging auch nicht gerade freundschaftlich mit Glacéhandschuhen vonstatten. Französische Willkür und Gewalt waren so ausgeprägt, das ein gewisser Herr H. aus Österreich daraus Kapital schlagen konnte. Und die Beziehungen der Ruhrbevölkerung haben sich zu Frankreich auch nicht gerade gebessert.
 
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