Hier gleich wieder die wissenschaftliche Publikation des Parks (auf italienisch) dazu, Download des Artikels wie immer unter dem Bild und Einführungstext.
Ob es sich dabei um ein Peristyl handelt, gibt die Pressemitteilung nicht wieder.
Sieht für mich architektonisch aus wie ein klassischer Oecus. Prunkvoll allerdings mit den vollplastisch vorgesetzten Säulen, die sich in der Wandmalerei fortsetzen (wenn auch als Bossensäulen statt kanneliert) - nach Vitruv ein korinthischer Oecus.
Peristyl ist ja eher der Garten (mit Säulenumgang, das hier kann schon allein nach dem Foto kein Peristyl sein, weil kaum Platz zwischen Säulen und Wand ist). In dem Artikel, den du verlinkt hast, heißt es, die vierte Seite sei zum Garten hin offen. In der Publikation lese ich das beim Überfliegen genauso, und auf den Grundrissplänen sieht man das auch. Oecus mit offener Südseite zum Peristyl hin.
Nun stellt sich mir die Frage, ob wir es erneut mit dem Gebäudekomplex zu tun haben, welches bereits die große Privattherme und den dunkel angemalten Bankettsaal enthält. Aber vermutlich ist das ein anderes Gebäude. Wer weiß da näheres?
Die ganzen letzten Entdeckungen, dieser Oecus, die Thermenanlage, der dunkle Oecus, das ist alles Teil von IX 10 (Regio 9, Insula 10). Da wird schon seit einiger Zeit gegraben, und in Pompeji aktuell nur dort.
Ich war zuletzt im März 2024 zum Arbeiten dort und war da auch mit dem Grabungsleiter der Insula im vorderen Bereich. Zu dem Zeitpunkt war der dunkle Oecus schon entdeckt, aber er konnte ihn mir noch nicht zeigen, deshalb habe ich bisher nur den vorderen Teil (von der Via di Nola aus gesehen) mit erstem Atrium, Bäckerei, angrenzenden Räumen und mit den antiken Renovierungsarbeiten gesehen.
Im Befund zeigen sich mehrere Bauphasen mit Ausbesserungsarbeiten (v.a. auch nach dem Erdbeben 62 AD), Mauerdurchbrüchen, Eingangssituation usw. Als Gesamtbild ergibt sich bisher: Die Insula bestand ursprünglich aus mehreren getrennten Besitztümern und "Häusern". Der jetzt publizierte Oecus wird ja spätrepublikanisch datiert (oder zumindest die Wandmalerei), gehört also auch noch in die Zeit getrennter Häuser.
In späteren Phasen der Insula IX 10 wurden Häuser nach und nach zusammengelegt. Beispielsweise wurde die Mauer zwischen einem vorderen Atriumhaus und der angrenzenden Bäckerei durchbrochen. Mehr noch: Im Jahr 79 war man in diesem Haus immer noch mit den Reparaturen der Erdbebenschäden beschäftigt (was nebenbei auch die Frage nach den Bewohnern aufwirft), dafür war - so die Fundsitation - zum Zeitpunkt des Vesuvausbruchs auch eine der Getreidemühlen ins Atrium verlegt, so verknüpft waren die einzelnen Abschnitte hier (normalerweise sind die Werkstätten und "Restaurants" zwar Eigentum eines Hausbewohners, aber meist ohne direkte Verbindung im Inneren).
Das heißt, die "Häuser" der Insula wurden zu immer größeren Abschnitten zusammengefasst, von Reichen aufgekauft und verbunden. Das zeigt sich überall in Pompeji (und auch Herculaneum). Insbesondere nach dem großen Erdbeben haben Reiche die teils zerstörten Häuser von Ärmeren aufgekauft. Nur so entstanden schließlich riesige Häuser mit mehreren Atrien und/oder Peristylen mitten in der Stadt, beispielsweise die berühmte Casa del Fauno, die als einzige (Stand jetzt! - was ist mit IX 10?) eine ganze Insula einnimmt.
Es dürfte aber noch zu früh sein um final sagen zu können, aus wie vielen Einheiten Insula IX 10 besteht oder ob zumindest in der letzten Phase vielleicht sogar alles zusammengehört, was ich nicht ausschließen will. Vielleicht steht in den e-Publikationen des Parks etwas dazu, aber ich habe sie noch nicht vollständig gelesen muss ich zugeben. Mit denen Plänen in der Publikation vom neuen Oecus und dem, was der Befund vor einem Jahr schon gezeigt hat, würde ich aber sagen, um 79 bestand die Insula aus zwei Einheiten.