Quellen der Bibel

Ja natürlich, Propheten als solch herausragende Gestalten und Religionsstifter (mögen sie historisch oder legendär sein) finden sich in den meisten anderen altorientalischen Kulturen nicht (ausgenommen im iranischen Raum Zarathustra und Mani).
Genau, das ist schon ein auffallendes Merkmal des Judentums. Und gibt es altorientalisch - historisch oder legendär - ein Parallele zum Bundesschluss zwischen Gott und Israel, so etwas wie das verheißene Land?
 
Gut, gut, Leute! Eure Beiträge haben jetzt schon einen Dreh, den ich eigentlich nicht intendiert hatte. Aber ok, warum nicht? Manch interessante Anregung habe ich dennoch schon in euren posts finden können (Speziellen Dank an dieser Stelle an CarnifexUltra für seinen Tip 'Ninurta/Ningirsu'!). Monotheismus wäre also das Ergebnis einer Art Evolution der Religiosität. Eine einigermaßen rationale Erklärung. Ich möchte mich wieder einklinken bei dem Stichwort Animismus, so, wie er es sich uns heute zeigt und gelebt wird bei den wenigen noch naturnah lebenden Völkern: Was brachte die Leute damals in unvordenklichen Zeiten dazu anzunehmen, daß es da noch etwas Nicht-natürliches, gar Göttliches gab, das man zu berücksichtigen habe? Kein Löwe, der eine Antilope geschlagen hat, begeht eine Gedenkminute um dem Löwengott für die Beute zu danken oder sich bei der Antilopenseele zu entschuldigen. ('Tschuldigung, aber ich war halt nun mal hungrig' oder so...) Wie also ist das Göttliche zu erklären? Oder brutaler ausgedrückt: Ist die Fähigkeit zur Religiösität das entscheidende Merkmal für den Menschen gegenüber allen anderen Kreaturen?
 
Wie man in der Amarna-Korrespondenz einsehen kann sind ja alle unterworfenen Stadtfürsten in Syrien und Palästina "der Dreck zu Füßen des Pharaos" und die Ägypter haben sich um einen Deut mehr geschert als bis an die Knochen auszubeuten. Die Stadtherren betteln durchwegs um Unterstützung und bekommen nie eine Antwort und andersherum ist nur wichtig, dass alles zur besten Zufriedenheit des Königs ist, denn wisse der König und seine Streitkräfte sind gesung und kräftig, er will seine Tänzerinnen und Geschenke. Das "Sklavenhaus Ägypten" ist also alles andere als Fantasie, besonders wenn man bedenkt, dass in der vorfeudalen, altorientalischen Gesellschaft jeder, der einem mächtigeren gehorchen musste mit den Begriffen, die als Sklave übersetzt werden, bezeichnet werden konnte. Den Ägyptern waren ohnehin die meisten elende Nichtswürdige, aber die elenden Asiaten waren ihnen scheinbar ganz besonders zuwider.
Natürlich gibt es insbesondere aus der Zeit der Ramessiden Reliephdarstellungen von Siegen, bei denen der Pharao seine Feinde erschlägt und sicherlich wurden auch Kriegsgefangene getötet (zumindest gibt es propagandistische Darstellungen davon), allerdings scheint Sklaverei im Alten Ägypten nicht so sehr das Thema gewesen zu sein, die Großbauwerke wurden von ordentlich versorgten Menschen errichtet, die offensichtlich frei lebten. So zumindest ist mein Stand der Dinge, aber ich muss einschränkend sagen, dass ich mich nie intensiv mit dem Alten Ägypten befasst habe.

Was brachte die Leute damals in unvordenklichen Zeiten dazu anzunehmen, daß es da noch etwas Nicht-natürliches, gar Göttliches gab, das man zu berücksichtigen habe? Kein Löwe, der eine Antilope geschlagen hat, begeht eine Gedenkminute um dem Löwengott für die Beute zu danken oder sich bei der Antilopenseele zu entschuldigen. ('Tschuldigung, aber ich war halt nun mal hungrig' oder so...)
Weißt du's? Löwen liegen ja große Teile des Tages faul in der Gegend herum, da ist viel Zeit für eine Gedenkminute....

Was du ansprichst, ob der Mensch das Wesen ist, dass sich von anderen Tieren durch Religion unterscheidet: Wir sind zumindest eines der wenigen Tiere, dass sich seiner selbst bewusst ist (Tiere, die sich selbst im Spiegel erkennen, sind sich ihrer selbst bewusst, das gilt z.B. für Elefanten, Delphine und ich glaube auch Krähenvögel). Es gibt einen Zweig in den Neurowissenschaften, der sich mit religiösem Empfinden befasst. So ist z.B. die Suche Gottes/der Götter oben (der Blick zum Himmel) eine Universalie, bestimmte rituelle Handlungen aktivieren im Kopf etwas.
 
Nachdem ich mir mal wieder das schöne Epos über den Helden Gilgamesch zu Gemüte geführt habe, drängt sich mir - wiederum wieder - die alte Frage auf: Welche Geschichten des Alten Testamentes sind als original jüdisch anzusehen, bzw. sind nicht nachweislich von älteren Kulturen übernommen worden? (wie etwa die Sintflutgeschichte und angeblich sogar die Zehn Gebote). Gibt es dazu seriöse Literatur? Vielen Dank für Sachdienliches!
Hilfreich ist vielleicht: Karen Armstrong - The Great Transformation.

Hier findest Du vergleichende Betrachtungen über die frühen Entwicklungen von Religionen und Mythen und deren Ähnlichkeiten.

Z. B. Betrachtungen über den Baal-Kult und den Yahweh-Kult.

Der Gott Baal war so mächtig, dass ein Blasen aus seinen Nüstern die Meere trennen konnte.
Freilich ist das ahistorisch, aber der Auszug aus Ägypten mitsamt der Durchquerung des Roten Meeres ist es auch.
Denn die Israeliten waren recht wahrscheinlich nicht in Ägypten, die Ägypter aber sehr wohl auf ihrem Gebiet.

(Mei, es ist halt in Englisch. Eine Übersetzung ins Deutsche hab ich nicht gefunden.)
 
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Sollte der Sprung vom Henotheismus zum Monotheismus im Exil stattgefunden haben? Im alten Juda wohnte Jahwe im Tempel in Jerusalem: ein Lokalgott. Die Exilanten blieben ihm in Babylon treu, versetzten ihn aus dem zerstörten Tempel aber nicht in einen Wanderaltar, sondern in den Himmel. Und dort oben hatte er es nicht mehr schwer, alles Partikulare abzustreifen und zum universalen Gott zu werden.
 
Natürlich gibt es insbesondere aus der Zeit der Ramessiden Reliephdarstellungen von Siegen, bei denen der Pharao seine Feinde erschlägt und sicherlich wurden auch Kriegsgefangene getötet (zumindest gibt es propagandistische Darstellungen davon)
Nicht nur zur Zeit der Ramessiden. Der Pharao, der einen vor ihm knieenden Feind packt und mit der Keule ausholt, um ihn zu erschlagen, war über Jahrtausende hinweg die ikonische Darstellung des siegreichen Pharaos. Das findet sich bereits auf der sog. „Narmer-Palette“ aus der 1. Dynastie und reicht bis in die Spätzeit.
 
Auf der Nilinsel Elephantine gab es eine jüdische Gemeinde, die sogar ihren eigenen Tempel hatte. Diese Juden dienten den Ägyptern hauptsächlich als Soldaten nahe der Grenze zu Nubien.
 
Sollte der Sprung vom Henotheismus zum Monotheismus im Exil stattgefunden haben? Im alten Juda wohnte Jahwe im Tempel in Jerusalem: ein Lokalgott. Die Exilanten blieben ihm in Babylon treu, versetzten ihn aus dem zerstörten Tempel aber nicht in einen Wanderaltar, sondern in den Himmel. Und dort oben hatte er es nicht mehr schwer, alles Partikulare abzustreifen und zum universalen Gott zu werden.
Den Schluss sehe ich nicht zwingend. Nach dem Exil errichteten die Heimkehrer ja erneut einen Tempel in Jerusalem, der sich (wenn man Deinem Gedankengang folgt) erübrigt hätte.
Außerdem gab es (wenn man den biblischen Berichten folgt) auch im Nordreich Jahwe-Heiligtümer.
 
Den Schluss sehe ich nicht zwingend. Nach dem Exil errichteten die Heimkehrer ja erneut einen Tempel in Jerusalem, der sich (wenn man Deinem Gedankengang folgt) erübrigt hätte.
Außerdem gab es (wenn man den biblischen Berichten folgt) auch im Nordreich Jahwe-Heiligtümer.
Natürlich ist der Schluss nicht zwingend. Es wäre allerdings nicht leicht gefallen, den einmal erhöhten Gott nach der Heimkehr aus dem Himmel wieder herunterzuholen.
 
Den Schluss sehe ich nicht zwingend. Nach dem Exil errichteten die Heimkehrer ja erneut einen Tempel in Jerusalem, der sich (wenn man Deinem Gedankengang folgt) erübrigt hätte.
Außerdem gab es (wenn man den biblischen Berichten folgt) auch im Nordreich Jahwe-Heiligtümer.
Da fällt mir was interessantes ein:


וַיֹּ֤אמֶר אֱלֹהִים֙ אֶל־מֹשֶׁ֔ה אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה וַיֹּ֗אמֶר כֹּ֤ה תֹאמַר֙ לִבְנֵ֣י יִשְׂרָאֵ֔ל אֶֽהְיֶ֖ה שְׁלָחַ֥נִי אֲלֵיכֶֽם׃ וַיֹּאמֶר֩ ע֨וֹד אֱלֹהִ֜ים אֶל־מֹשֶׁ֗ה כֹּֽה־תֹאמַר֮ אֶל־בְּנֵ֣י יִשְׂרָאֵל֒ יְהוָ֞ה אֱלֹהֵ֣י אֲבֹתֵיכֶ֗ם אֱלֹהֵ֨י אַבְרָהָ֜ם אֱלֹהֵ֥י יִצְחָ֛ק וֵאלֹהֵ֥י יַעֲקֹ֖ב שְׁלָחַ֣נִי אֲלֵיכֶ֑ם זֶה־שְּׁמִ֣י לְעֹלָ֔ם וְזֶ֥ה זִכְרִ֖י לְדֹ֥ר דֹּֽר׃
Va-yōmɛr ʾɛlōhīm ʾɛl-Mōšɛh: ʾɛhyɛh ʾăšɛr ʾɛhyɛh.
Va-yōmɛr: kōh tōʾmar livnɛ Yisraʾɛl: ʾɛhyɛh šɛlaḥani ʾālɛchɛm. Va-yōmɛr ʿōd ʾɛlōhīm ʾɛl-Mōšɛh:
Kōh tōʾmar ʾɛl-bənɛ Yisraʾɛl:
YHWH ʾɛlōhɛ ʾăvōtɛchɛm, ʾɛlōhɛ ʾAvrāhām, ʾɛlōhɛ Yiṣḥāq vəʾɛlōhɛ Yaʿăqōv, šɛlaḥani ʾālɛchɛm;
zɛh-šəmi ləʿōlām, vəzɛh zikri lədōr dōr.

Und es sagte Gott zu Moses: Ich bin der ich bin (oder ich bin der ich sein werde)
Und er sagte: So sprich zu den Söhnen/Kindern Israels: (Der) "Ich bin" hat mich zu euch gessandt. Und es sagte Gott weiter zu Moses: So sprich zu den Söhnen/Kindern Israels: YHWH, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt. Dies ist mein Name auf ewig und dies ist mein Gedenken von Generation zu Generation.

אֶֽהְיֶ֖ה (ʾɛhyɛh) ist eine Form von הָיָה (hāyāh, 'sein', 'werden', Radikale HYH) das anlautende אֶֽ steht für die erste Person Singular, es ist eine PK-Form (Präformativkonjugation), d.h. ein Imperfekt, also eine nicht abgeschlossene Handlung, es gibt in der semitischen Grammatik im prinzip nur zwei Zeitformen (wobei es auch Imperativ, Konjunktiv und Apokopat gibt), nämlich abgeschlossene Handlung (AK, Afformativkonjugationen) und nicht abgeschlossene Handlung (PK), daher wird ʾɛhyɛh ʾăšɛr ʾɛhyɛh in manchen Übersetzungen wieder gegeben mit "ich bin, der ich bin" und in anderen "Ich werde sein, der ich sein werde" oder "ich werde sein, der ich bin". Das schöne ist die Pseudoetymologie an dieser Stelle, die das Verb הָיָה 'sein' mit dem Tetragramm יְהוָ֞ה YHWH (die Transkription der Vokalisierung des Tetragramms ist falsch, weil der Name Gottes nicht ausgesprochen werden soll, daher sieht man in Übersetzungen dann oft in Großbuchstaben "der HERR", oder eben YHWH bzw. JHWH, je nach Transkription liest man im Hebräischen dann Adonai oder ha-Šem ('der Name')) fälschlich in Beziehung setzt. Wobei Vokale als Radikal, wie bei HYH oder HWH schwach sind und ausgestauscht werden oder verschwinden können. Dass die Verfasser dieses Textes hier einen etymologischen Zusammenhang zwischen HYH und YHWH unterstellten, ist nicht abwegig. Aber halt trotzdem falsch.
 
Dem ganzen geht eine Frage von Mose an Gott voraus:

Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen?​
Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt. Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der HERR, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht.​
 
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