Das mag sein, wenn man die Geschichte der katholischen Kirche oder die großen, klassischen protestantischen Kirchen in Europa betrachtet. Ohne die Entwicklung einer wissenschaftlichen Welterklärung wäre ihre Macht aber nicht derart unterhöhlt worden, wie sie es ist.
Ich fürchte wir schreiben etwas aneinander vorbei:
Wenn ich von Macht religiöser Institutionen, in diesem Fall vor allem der katholischen Kirche rede, meine ich damit ein massives Ausmaß dezidiert institutioneller Macht.
Merkmale dessen wären unter anderem:
- Offene Konkurrenz mit den weltlichen Institutionen um politische Macht
- Die Abhängikeit weltlicher Akteure davon, dass die religiöse Institution ihre Person und/oder ihr Handeln legitimiert
- Eine eigene Gerichtbarkeit
- Die Kontrolle ausgedehnter von der weltlichen Macht nicht antastbaerer Territorien, in Funktion auch als deren weltlicher Oberherr.
- Eigene Streitkräfte (vergleiche, z.B. mit den geistlichen Ritterorden in Europa oder Mönchs-Kriegern im fernen Osten)
- Die Möglichkeit die Zugehörigkeit der Bewohner des Einflussbereiches dieser Institution auch gegen ihren Willen zur Mitgliedschaft zu zwingen und jeden, der versucht sich abseits zu stellen, tatsächlich drakonisch zu bestrafen.
- Die Möglichkeit Abweichler aus den eigenen Reihen, die andere Deutungen ins Spiel bringen effektiv Mundtod zu machen (oder schlimmeres)
- Die Möglichkeit die eigene Position in massive ökonomische Vorteile umzumünzen, die den stetigen Ausbau der Machtposition ermöglichen.
etc.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Alles was sich unterhalb dieser Ebene befindet, wie tendenziell große Mitgliederzahlen, ein gewisses Gewicht bestimmter Gruppen in der regionalen Politik, ein gewisser sozialer Druck (der aber aus der Gemeinde, nicht der Insitution kommt) einem solchen Verein anzugehören, allerdings ohne dass es gleich bedrohliche Konsequenzen hätte, wenn sich dem jemand verweigert, sind Dinge, die für mich unter "Einfluss" oder "sozialer Bindekraft" laufen, aber nicht unter "Macht".
Und dafür das zu brechen, was ich tatsächlich unter "Macht" verstehe, waren jedenfalls in Europa nicht die Wissenschaften verantwortlich. Die waren dafür verantwortlich nach der Entmachtung der Kirchen ihren noch vorhandenen sozialen Einfluss weiter auszuhöhlen (hierfür kann man sinkende Mitgliederzahlen sicherlich als Indikator nehmen), aber das insgesamt ein niedrigschwelligerer Prozess als ein Kampf um institutionelle Macht in diesem Sinne.
Die Religionsgemeinschaften, die heute einen immer größeren Einfluss auf verschiedene Gesellschaften haben, haben das gleiche Problem. Die evangelikalen Glaubensgemeinschaften in den USA & anderswo, die großen Strömungen des Islam, aber auch die katholische Kirche in anderen Weltteilen*; oder auch die Mormonen oder (ultra-) orthodoxen Juden, wenn man es etwas kleiner haben will. Das sind die Glaubensgemeinschaften, die wachsen, die an Mitgliedern und Macht gewinnen, und nicht verlieren. Diese haben ihren Frieden mit der Wissenschaften noch lange nicht gemacht.
Der Gewinn von Mitgliedern, bedeutet noch lange keinen Gwinn von Macht im institutionellen Sinne.
Wie wird man Mitglied in einer Religionsgemeinschaft?
In dem meisten Fällen, in dem man dort hinein geboren, bzw. durch die eigenen Eltern da hingeschleppt wird, salopp gesagt.
Konversionen aus tatsächlicher Überzeugung sind demgegenüber meistens (außer wenn neue religiöse Gruppen gerade erst enstehen) relativ rare
Phänomene.
Wenn Religionsgemeinschaften, vor allem durch eine überdurchschnittliche Fortpflanzungsrate ihrer Mitglierder wachsen, bedeutet da mitunter nichts weiter, als dass sie durch Hinzukommen weiterer Karteileichen aufgbläht werden, nicht dass sie zwangsläufig auch mächtiger werden.
Es bedeutet nichtmal, dass sie zwangsläufig einflussreicher werden.
Die evangelikalen Glaubennsgemeinschaften oder die Mormonen in den USA, haben vielleicht lokalen geselslchaftlichen Einfluss, aber nicht annnähernd so etwas wie instiutionelle Macht, wie sie die katholische Kirche vor der Reformation einmal inne hatte.
Die haben sie nie besessen und werden sie nie besitzen.
Die großen Strömungen des Islam haben zum Teil eine vergleichbare Macht, wie sie die Katholische Kirche einmal hatte.
Im überwiegenden Teil der islamischen Welt gelten Rechtssysteme, die sich aus der religiösen Überlieferung herleiten, in weiten Teilen dieser Länder bekommen Personen, die versuchen sich von der entsprechenden Religion loszusagen Probleme, die weit darüber, dass vielleicht die Nachbarn die Nase darüber rümpfen hinausgehen.
Daran hat Wissenschaft nichts geändert, obwohl das Konzept auch in dieser Weltregion schon länger bekannnt ist.
Schaut man sich den fernen Osten an, ist da teilweise nicht zu erkennen, dass Wissenschaft den sozialen Einflusss von Religionsgemeinschaften oder Institutionen, wenngleich sie keine Inhaber institutioneller Macht im oben besschreibenen Sinne sind, irgendwie schmählern würde.
Ein großteil der Bevölkerung Japans scheint kein Problem damit zu haben in einer extrem von Wissenschaft beinflussten gesellschaft zu leben und trotzdem Buddhistischen und/oder Shinto-Traditionen und Gemeinschaften anzugehören (gut, mag daran liegen, dass die inhaltlich anders aufgestellt sind und gegenüber Wissenschaften weniger angreifbar sind und nicht auf Absolutheit eigener Lehren bstehen, jedenfalls die Meisten nicht).
Andererseits, verdient in einem Faden, wo es um die Beziehung zwischen Wissenschaft und Religion geht, viellicht auch das einmal betrachtet zu werden, auch wenn es vielleicht nicht das erste ist, woran man in diesen Breitengraden bei diesem Thema denken mag.
BTW, die Botanik ist auch Biologie, und für Pflanzen gilt die Evolutionstheorie ebenso.
Das ist doch aber aus kirchlicher Sicht kein Problem.
Das es Evolution gibt und sich Lebensformen weiterentwickeln steht doch mit der religiösen Vorstellung einer ursprünglichen Schöpfung nicht im direkten Widerspruch.
Aus religiöser Perspektive könnte man argumentieren Evolution an sich, sei lediglich der Beweis dafür, dass der Akt der Schöpfung nicht vollständig abgeschlossen, sondern gewissermaßen work in progress sei, und Mutationen, Gendrift usw. lediglich die Werkzeuge.
Was demgegenüber ein Problem darstellt, ist die postulierte vom Tierreich unabhängige Schöpfung des Menschen nach göttlichem Ebenbild.
Das bekommt man natürlich mit der Evolution nicht zusammen.
Die evolutionäre Weiterentwicklung von Plannzen, scheint mir demgegenüber kein Problem zu sein.