Ravenik
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Grundsätzlich halte ich auch nichts davon, eine Arbeit automatisch und reflexartig nur deshalb zu verwerfen, weil sie in den 30er Jahren entstand, der Verfasser bei der NSDAP oder einer ihrer Organisationen war oder weil er bei einem Verlag publiziert(e), der (auch) rechtsextreme und/oder esoterische Literatur veröffentlicht.Also waren Deiner Ansicht nach deutsche Unis in den 30er Jahren nicht wissenschaftlich und Wissenschaftler automatisch Pseudowissenschaftler wenn sie etwa die Verbreitung der Germanen untersuchen wollten?
ABER: Natürlich wird man bei solchen Autoren und ihren Veröffentlichungen besonders kritisch sein müssen. Wenn sie in der Zeit des Nationalsozialismus entstanden, schon deshalb, weil es damals einfach keine freie Forschung und Lehre gab - erst recht nicht, wenn man im Auftrag oder mit Unterstützung der Nazis forschte und publizierte. Und natürlich muss man auch den persönlichen Hintergrund des Verfassers berücksichtigen. Es gab natürlich auch viele, die sich nur aus Karrieregründen angebiedert haben, aber eben auch Überzeugte. Ideologische Voreingenommenheit (bzw. Druck von oben her, nur zu bestimmten Ergebnissen zu gelangen) ist bei der Forschung aber immer schädlich: Wer von einer bestimmten Weltanschauung ausgeht, wird natürlich geneigt sein, seine Ergebnisse entsprechend zu interpretieren bzw. nur das zu berücksichtigen, was ins Weltbild passt. Wer also von der Überlegenheit einer "nordischen Rasse" überzeugt ist und dass nur sie zu höheren kulturellen Leistungen in der Lage war, wird auch nach entsprechenden Beweisen suchen bzw. Funde passend interpretieren. Dann kommen auch solche seltsamen Annahmen heraus wie dass die alten Ägypter oder gar die altamerikanischen Kulturen Starthilfe von denen aus dem hohen Norden brauchten, um ihre Hochkulturen hervorbringen zu können. Klar: Wenn nur die "nordische Rasse" zu höheren Leistungen fähig ist, gibt es außer einem direkten Kulturtransfer natürlich keine logische Erklärung, wieso dann andernorts hochentwickelte Zivilisationen entstanden. Wieso dann aber nur in Ägypten und Altamerika Pyramiden entstanden und nicht auch auf Grönland oder in Norddeutschland, wo die eigentlichen Kulturträger doch zuhause gewesen sein sollen, wird anscheinend ausgeklammert.
Das hat nichts mit "glaubhaft" zu tun. Diejenigen, die behaupten, der jüdische Monotheismus sei vom Aton-Kult abgekupfert, ignorieren, dass erstens der Aton-Kult gar kein Monotheismus war, sondern nur ein Henotheismus, und dass zweitens der Aton-Kult recht kurzlebig war, ehe er wieder unterdrückt wurde, und dass zwischen seinem Ende und dem Auftreten des jüdischen Monotheismus möglicherweise Jahrhunderte vergingen. Denn es ist umstritten, ab wann Jahwe von den Juden wirklich als einziger Gott verehrt wurde. Heutzutage wird eher von einer Entstehung erst im 1. Jahrtausend v. Chr. ausgegangen, somit mindestens vierhundert Jahre nach Echnaton.Etwa ob es wirklich glaubhaft ist, daß der jüdische Jahwismus ohne ägyptische Einflüsse als erster - nach Chans Definition "richtiger" - Monotheismus in Erscheinung trat?
Im Übrigen: Warum sollte es eigentlich nicht "glaubhaft" sein? Willst Du den Juden unterstellen, sie seien intellektuell nicht in der Lage gewesen, den Monotheismus hervorzubringen? Soll das vielleicht damit zusammenhängen, dass auch die ägyptische Religion auf den nordischen Lichtkult zurückgehen soll, also nicht einmal die Ägypter in der Lage gewesen sein sollen, eine höhere Religion zu entwickeln? Sodass also die Ägypter von den Nordischen einen Entwicklungsschub verpasst bekamen, den sie dann an die Israeliten weitergaben?
Er ist nicht per se abzulehnen, aber Du hast ihn uns nicht als Vorschlag oder Hypothese gebracht, sondern als Faktum:Aber selbst wenn Schriftquellen zitiert werden oder Vorschläge zur Deutung eines Namens gebracht werden, wird wieder in pawlowscher Reflexhaftigkeit darauf reagiert, ohne konkrete Gründe für die vorgebliche Nichthaltbarkeit der Vorschläge oder Deutungen zu bringen.
Die bloße Erwähnung eines Autoren, der meint, daß alle Hypothesen zu Delphi spekulativ sind, reicht zumindest mir nicht.
Warum etwa ist der Deutungsvorschlag abzulehnen?
Noch schlimmer: Du hast nicht nur die Bedeutung des Wortes "Delphi" und den Ursprung des dortigen Kultes als Fakten präsentiert, sondern auch noch dass der Drache ein Archetyp gewesen sei, der die Sonne gefangen hielt.Daß Höhlen oft mit dem Kult einer Urmutter in Verbindung standen ist vielfach überliefert, etwa in Delphi, das übersetzt "Schoß der Schöpfung" bedeutet, und wo ein Erdmutter-Höhlen-Kult für die Göttin Gaia bestand (Barbara Walker: Das geheime Wissen der Frauen. 4. Aufl. München 1997, S. 159). Ende des 2. Jahrtausends wurde dieser durch den Sonnenbefreier-Kult modifiziert: Apollon besiegt als Sonnenbefreier in der Höhle den Drachen als Archetyp des Dämonen, der die weibliche Sonne gefangen hält.
In Wahrheit wissen wir über die Ursprünge von Delphi mehr oder weniger gar nichts.
Und auch wenn es Dich nervt, möchte ich wieder einmal darauf hinweisen, dass es für die Sage von der Tötung des Python gar keine frühen Belege gibt, weder bei Homer noch bei Hesiod. Die ältesten Quellen sind ein Homerischer Hymnos (der, anders als der Name suggeriert, nicht von Homer stammt) und der Lyriker Simonides (6. Jhdt. v. Chr.). Es gibt somit keinen Beleg dafür, dass der Mythos bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreicht.
Die Interpretation mit Apollon als Sonnenbefreier ist überhaupt rein an den Haaren herbeigezogen.
Das Fehlen von Schriftquellen berechtigt aber nicht dazu, einfach irgendwelche wilden Hypothesen aufzustellen, bloß weil sie nicht durch Schriftquellen widerlegt werden können. Stattdessen sollte man einfach akzeptieren, dass sich vieles nicht mehr (er)klären lässt.Ich höre hier immer wieder - auf einen Punkt gebracht -, daß nicht nur Aussagen, sondern auch Hypothesen über Symbole, Orte und dergleichen lediglich Spekulation und wertlos seien, solange keine Schriftquellen dazu vorliegen. Wenn man sich ausschließlich an diesen orientieren würde, wäre die Erforschung der Frühgeschichte Europas nicht zu bewerkstelligen. Auf andere Epochen bezogen wäre eine solche Vorgehensweise geradezu fahrlässig, denn dann würde immer der Sieger eines Konfliktes die Sichtweise darauf festschreiben. Um dies zu vermeiden, bedient sich der Historiker eben auch aller möglichen Sachquellen. Gerade in einem Forum sollte es daher möglich sein, Hypothesen aufzustellen, die mit solchen Sachquellen belegt werden, ohne daß immer wieder der Hinweis auf die fehlenden Schriftquellen erfolgt.
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