Römerlager in NRW

Von Anreppen bis Bielefeld(-Sennestadt) sind es 24 km Luftlinie. Das ist schon recht weit für einen Tagesmarsch. Falls die Römer sich auf einem hypothetisch bereits existierenden Senner Hellweg bewegt haben, wäre der Weg sogar ca. 1,5 * 24 km = 36 km. Dazu hätten sie zuerst von Anreppen aus (durch den Norden des heutigen Paderborn) bis Bad Lippspringe marschieren müssen, wo der Hellweg beginnt bzw. endet, und dann immer am West- bzw. Südrand des Osning entlang auf einem nach Westen geöffneten Halbkreis (deswegen der Faktor 1,5).

Der Haken bei dieser Überlegung ist, daß der Großteil der Truppen, aus dem neuen Marschlager, nicht in Anreppen Platz gefunden hätte. Dieser exercitus wäre also in Anreppen höchstens vorbei gekommen. Was in Anbetracht der dort gefundenen römischen Wege aber an Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Die Heerlager der Republik und auch die unter Augustus/Tiberius gebauten Heerlager zeigen mit der breiteren Lagerfront zum Feind und/oder in Marschrichtung. Für das neue Marschlager kann man daher eine Marschrichtung entlang am Südhang des Gebirgszuges des Teutoburger Waldes annehmen.

Sollte das römische Heer tatsächlich vom Rhein in Richtung Weser unterwegs gewesen sein, dann wäre es also schon am zu präferierenden Bielefelder Pass vorbei gelaufen. Dieser Umstand könnte also auch eher für eine Marschrichtung aus Richtung SO sprechen. In diesem Zusammenhang darf man sicherlich auch nicht den röm. Wachtposten auf der Sparrenberger Egge vergessen. Es könnte sein, dass von dem Berg oberhalb des Marschlagers aus, dieser Wachtposten sichtbar war. Möglicherweise bestand er also zum Zweck der Feindaufklärung vor der sensiblen Passage des Hauptheeres durch den Bielefelder Pass.

Interessant finde ich, dass damals dort Platz für ein so grosses Römerlager war. Die Verlagerung der eher höher gelegenen bronzezeitlichen Siedlungen in die Ebenen zur LaTene-Zeit war anscheinend noch nicht vollzogen.


Gruß
jchatt
 
Sollte das römische Heer tatsächlich vom Rhein in Richtung Weser unterwegs gewesen sein, dann wäre es also schon am zu präferierenden Bielefelder Pass vorbei gelaufen. Dieser Umstand könnte also auch eher für eine Marschrichtung aus Richtung SO sprechen.
Da könnte etwas dran sein. Marschrichtung Südost würde wohl bedeuten: von Wilkenburg nach Oberaden.
Das neue Lager Sennestadt wird nicht nur von der Luftlinie zwischen diesen beiden Lagern geschnitten (!), es liegt auch noch fast genau auf halber Strecke!
 
Zuletzt bearbeitet:
Da könnte etwas dran sein. Marschrichtung Südost würde wohl bedeuten: von Wilkenburg nach Oberaden.
Das neue Lager Sennestadt wird nicht nur von der Luftlinie zwischen diesen beiden Lagern geschnitten (!), es liegt auch noch fast genau auf halber Strecke!
Hier haben wir wieder das altbekannte Problem. Für Wilkenburg wird eine Zeitstellung von 1 unserer Zeit bis 5 unserer Zeit vermutet. Dagegen ist Oberaden nachgewiesen Teil der Drususfeldzüge. Baubeginn ist 11 vor unserer Zeit. Ziemlich sicher ist das Lager von den Römern 8 vor unserer Zeit niedergebrannt und die Brunnen vergiftet worden. Niemand marschiert also von Oberaden nach Wilkenburg oder anders herum, einfach weil diese beiden Lager aus unterschiedlichen Zeitstellungen stammen. Divico, bitte die jeweilige zeitliche Einordnung von Fundstellen berücksichtigen. Dies ist ein Kritikpunkt, der immer wieder bei Deinen Beiträgen gemacht wird.
:)
 
Sollte das römische Heer tatsächlich vom Rhein in Richtung Weser unterwegs gewesen sein, dann wäre es also schon am zu präferierenden Bielefelder Pass vorbei gelaufen. Dieser Umstand könnte also auch eher für eine Marschrichtung aus Richtung SO sprechen. In diesem Zusammenhang darf man sicherlich auch nicht den röm. Wachtposten auf der Sparrenberger Egge vergessen. Es könnte sein, dass von dem Berg oberhalb des Marschlagers aus, dieser Wachtposten sichtbar war. Möglicherweise bestand er also zum Zweck der Feindaufklärung vor der sensiblen Passage des Hauptheeres durch den Bielefelder Pass.
Die südliche Zollstation für den Bielefelder Pass befand sich laut Wikipedia im Bielefelder Stadtteil Gadderbaum. Das neuentdeckte Marschlager befindet sich im heutigen Stadtteil Sennestadt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gadderbaum#/media/File:Bezirk_Gadderbaum_in_Bielefeld.svg
Dies sind jetzt nicht gerade Distanzen, welche einen römischen Feldherrn schrecken konnten. Insbesondere, wenn er vor nicht allzu langer Zeit noch in Syrien gewesen wäre.
:cool:
Ich würde jetzt nicht ausschließen, dass man- ursprünglich aus westlicher Richtung kommend - trotzdem vom Lager aus den Bielefelder Pass benutzte. Das könnte einer attraktiven Lage des Platzes geschuldet sein. Man war relativ weit oben. Vielleicht saß den Römern noch die Erinnerung an Arbalo in den Knochen. Dort war man in einem Talkessel in eine missliche Lage geraten.

Schöner ist es - mal Fantasie gewagt - , wenn man einen Ausgangspunkt Anreppen annimmt. Dieses Standlager hat immerhin 23 Hektar. Und nicht alle Truppen in Sennestadt müssen in Anreppen gelegen haben. Man kann dort auch detachierte Einheiten sammeln und von dort gemeinsam in das Winterquartier nach Westen marschieren. Dann passt sowohl ein Anmarsch aus südöstlicher Richtung und umgekehrt im Frühjahr einer aus westlicher Richtung.
 
Mich hätte ja sehr interessiert, wie sie ohne Funde zu der Datierung gekommen sind.

Ja! Es ist bislang nur von "zeittypischen Eingangstoren" die Rede. Außerdem wäre eine Spekulation von berufener Seite (also den Leuten vor Ort) über den mutmaßlichen Verlauf der erwähnten Marschroute (wenigstens im lokalen Bereich des Lagers) von Interesse.
 
Die Zeitstellung ab 4 uZ bis 15 uZ habe ich hier eingebracht. Dies wurde so in der offiziellen Pressemitteilung des LWL nicht bestätigt. Ich vermute mal, dass man den Denar für Gaius und Lucius Caesar bei Augustdorf mit dem Lager in Sennestadt in Verbindung gebracht hat. Dieser Denar war zu Zeiten des Drusus noch nicht existent. Und für den Immensum bellum ist erst wohl ab 4 uZ mit römischen Operationen so weit östlich zu rechnen. Man muss halt nicht alles glauben, was man in Netz so liest - mea culpa
 
Guten Morgen,

@flavius-sterius

den Denar von Augustdorf hatte ich ins Spiel gebracht. Da muss es keine Verbindung zum Lager geben, jedoch liegen beide Punkte (Lager - Denarfundort) nur knapp 4-5 km auseinander. Man kann es ein wenig mit dem Harzhorn vergleichen. Auch da wurde wenige Kilometer weiter bei Dögerode die Pionieraxt der IIII. Legion aus Singidunum gefunden. Interessant für die Datierung des Lagers sind jetzt die Münzfunde, welche bereits der verstorbene Rolf Bökemeier (* 15. April 1932; † 8. Mai 2007) vom Teuto kartiert und publiziert hat.

https://www.roemerfreunde-weser.inf...r-fundmünzen-aus-der-region-weserbergland.pdf

Grüße
 
Na ja, Flavius, sie sagen "aus der Zeit des Augustus". Sehe da keine große Abweichung zu deiner Datierung.

Was mich nun wundert, ist, das zum Süden hin, also zum Senner Hellweg, noch gar kein Tor gefunden wurde, sondern nur im Westen und nach Norden.
 
Die Zeitstellung ab 4 uZ bis 15 uZ habe ich hier eingebracht. Dies wurde so in der offiziellen Pressemitteilung des LWL nicht bestätigt. Ich vermute mal, dass man den Denar für Gaius und Lucius Caesar bei Augustdorf mit dem Lager in Sennestadt in Verbindung gebracht hat. Dieser Denar war zu Zeiten des Drusus noch nicht existent. Und für den Immensum bellum ist erst wohl ab 4 uZ mit römischen Operationen so weit östlich zu rechnen. Man muss halt nicht alles glauben, was man in Netz so liest - mea culpa

Möglicherweise stammt die ungefähre Datierung auch aus einem Vergleich mit bereits gefundenen röm. Marschlagern.
Das Ostlager in Haltern weisst eine vergleichbare Form auf. Auch die umschlossene Fläche und Bauausführung mit Clavicula ist ähnlich.
image.png


rot=neues Marschlager Bielefeld
grün=Ostlager in Haltern
 
Ich weiß von der Entdeckung dieses Lagers bereits seit Längerem.
Und zwar durch einen Kontakt zu einem offiziellen Sondengänger.
Er hat mir vor einigen Wochen davon berichtet.
Morgen und übermorgen finden offizielle Führungen mit Frau Tremmel statt.
Ich gedenke am Samstag teilzunehmen.
Wenn es zeitlich klappt, werde ich zeitnah berichten.
 
Bin gerade von der Führung zurück.
Der Vortrag fand an einem neu angelegten Schnitt direkt gegenüber von Haus Neuland statt. Haus Neuland liegt übrigens zur Hälfte im Lager und zur Hälft außerhalb. Birgit Tremmel betonte noch einmal die Besonderheit des Lagers und wies darauf hin, daß wenn keine Aufforstung stattgefunden hätte, man die Größe des Lagers heute sehr gut erkennen könnte. Durch die Aufforstung ist das Lager nahezu vollständig erhalten. Ein wahrer Glücksfall. Der neu angelegte Suchschnitt zeigte im Profil den Wall und den Graben, dieser war an der Stelle aber nur noch muldenartig. In einem anderen Schnitt ist er dagegen sehr gut zu erkennen. Die Dimensionen der Umwehrung sind nicht unbedingt gewaltig. Der Graben war ca. 0,8 m tief und der Wall wohl etwa 0,6 m hoch. Die Umwehrung ist ca. 1400 m lang und umringt nicht das ganze Lager, da der Hang am Kamm als natürliche Umwehrung diente. Aufgrund der Fläche von 26 ha geht man mittleweile davon aus, das im Inneren zwischen 20.000 und 25.000 Soldaten Platz hatten. Also durchaus drei Legionen plus Hilfstruppen - ein Schelm wer da nicht an Varus denkt!
Datieren lässt sich das Lager momentan nicht. Es gibt bis jetzt keinen einzigen römischen Fund - dafür aber diverse Zeltheringe leider neuzeitlich aus diversen Zeltlagern des Hauses Neuland. Frau Tremmel wies daher auf die intensive Nutzung des Areal hin. Von den Römern bis in die Neuzeit eben. Vor allem fehlen für die Datierung natürlich Münzen. Die Sondengänger stoßen dort auf diverse Schwierigkeiten. Zu einem gab es wohl auch dort zumindest tw. Plaggenwirtschaft, zum anderen ist das Gebiet auch entsprechend bewaldet. Hier müssen die nächsten Jahre entsprechend Aufschluß geben. Interessant fand ich die Bemerkung von Frau Tremmel über den Ort des Lagers. Und dann sind wir bei der Frage mit dem Bielefelder Pass. Offensichtlich haben sich die Römer (mit samt Tross?) durch die engen Täler, wie z.B. das Schopketal gezwängt und nicht über den vergleichsweise breiten und flachen Bielefelder Pass. Tremmel begründete dies logisch und einfach, nämlich mit dem Vorhandensein fliessender Gewässer.
Erstaunt war ich (und auch Frau Tremmel) über den sehr großen Andrang und das Interesse. Ich habe nicht gezählt, aber ich denke es waren gut und gerne an die 100 Leute dort. Und in den beiden Führungen vorher war es wohl ähnlich. Und am morgigen Sonntag (nochmals drei Führungen) werden noch mehr Interessierte erwartet.
 
Tremmel begründete dies logisch und einfach, nämlich mit dem Vorhandensein fliessender Gewässer.

@salvus zunächst einmal Danke für die Zusammenfassung des Votrags.

Aber ich verstehe nicht, was die fließenden Gewässer mit dem Anmarschweg zu tun haben sollten?

Wegen Trinkwasser? Oder wurden diese als Transportwege benutzt? Dann hätten die Römer aber noch irgendwie die Transportmittel dorthin gebracht haben müssen, sofern sie nicht vor Ort eine Flotte gebaut haben.
 
@salvusAber ich verstehe nicht, was die fließenden Gewässer mit dem Anmarschweg zu tun haben sollten?

Wegen Trinkwasser?
Natürlich wegen Trinkwasser. Ochsen, Maultiere und Pferde müssen viel saufen, besonders wenn es im Sommer bergauf geht. Ein Legionär kann notfalls mit seiner morgens gefüllten Flasche auskommen — die Tiere können das aber nicht.
 
Der Raum Bielefeld ist/war bestückt von Oberflächengewässern, die durch Überbauung und Bebauungsverdichtung zT heute verschwunden sind. Der Teuto als geographische Marke sollte außerdem auch in der Antike (ohne vorherrschenden Ostwind) für reichlich Niederschlag gesorgt haben, auf beiden Seiten vom Hauptkamm.

Die Senne südlich des Teuto (wenn das Anmarschrichtung ist) ist recht sandig, was Versickerung und lediglich reiches Grundwasser bedeutet. Direkt am Bielefelder Pass müsste sich dagegen mit (Bielefeld-)"Quelle" die Ems-Lutter angeboten haben.
 
Die Sondengänger stoßen dort auf diverse Schwierigkeiten. Zu einem gab es wohl auch dort zumindest tw. Plaggenwirtschaft, zum anderen ist das Gebiet auch entsprechend bewaldet. Hier müssen die nächsten Jahre entsprechend Aufschluß geben.

@salvus

Plaggenwirtschaft und Wald sind KEINE (!) Hindernisse für Detektoren - eher mineralisches Gestein (Hot Rocks) was bei einem Gebirgskamm aber nicht verwundern sollte. Dies kann bei ungenügendem Setup (falscher Abgleich der Ground-Ballance, Sensitivity etc.) , oder viel schlimmer noch der falschen Wahl des Detektors, zu Fehlanzeigen führen. Ein erfahrener Sondengänger verlässt sich zudem nicht auf sein "Mäusekino" bzw. Display (oder hat gar keins, weil nicht benötigt), sondern orientiert sich in erster Linie am Tonsignal. Es gibt jedoch Geräte, welche auf sehr schwierigem Untergrund oder sogar Feldern mit Hochspannungsleitungen und Weidezäunen noch ausgezeichnet filtern und senden. Die viel gerühmten XP Deus oder das Multi-Frequenzgerät Minelab Equinox 800 z.B. sind jedoch nicht dabei - eher überteuerte Spielzeuge für Leute mit zu viel Geld und allenfalls für die gemeine Ackersuche noch brauchbar. Diese haben wie die meisten Geräte bei zuvor genannten Bedingungen massive Probleme. Die beiden halbierten Sesterzen des Marcus Aurelius (anderer Treat hier im Forum) habe ich in 20 und 25 cm Tiefe direkt unter einer Hochspannungsleitung gefunden. Es kommt also auf die richtige Wahl des Detektors an, sonst bleibt die Ausbeute "überschaubar"...
 
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