Rotteten die Mongolen Völker aus?

Dieses Thema im Forum "Das Mongolenreich" wurde erstellt von Gast, 9. November 2008.

  1. Beetlebum

    Beetlebum Neues Mitglied

    Den Ausführungen über die mongolischen Massenmorde ist wenig hinzuzufügen, die Ausgangsfrage ist damit wohl beantwortet. Nun zu den Kontroversen:

    Europa war im 12. und 13. Jahrhundert nicht mehr vom Islam gefährdet, sondern ist im Gegenteil bereits im 11. Jahrhundert zum "Gegenangriff" übergegangen. Der Mongolensturm hat zur Sicherheit Europas also nichts beigetragen. Gefährdet waren prinzipiell lediglich Ostrom und die christlichen Fürstentümer der Iberischen Halbinsel, woran der Mongolensturm ja auch nichts geändert hat.

    Da muss ich mich El Quijote anschließen: Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage. Die Osmanen haben vom 15. bis zum 19. Jahrhundert den Balkan beherrscht; dass sie für Europa keine "echte" Gefahr waren, hätte man ja mal den Verteidigern von Wien 1529 und 1683 beizubringen versuchen können. In einem anderen Punkt bin ich deiner Meinung: Der Schlag Timurs gegen die Osmanen hat deren Angriff auf Europa sicherlich verzögert.

    Wenn man vom "Überholen" spricht, suggiert man, die beiden Weltgegenden wären irgendwie im Wettbewerb miteinander gestanden. Eine solche Situation trat aber doch erst im 19. Jahrhundert ein, als sich die Europäer dank ihrer militärischen Überlegenheit Zugang zu China verschafften.

    Sicher waren es europäische Staaten, die ca. 1500 zu den größten politischen und militärischen Mächten der Welt aufgestiegen sind. Das hat aber erstens wenig mit der mongolischen Verwüstung Vorderasiens und Chinas zu tun. Wenn China oder Vorderasien sich besser entwickelt hätten, wären die europäischen Flotten deswegen nicht weniger stark gewesen. Und vom europäischen "Imperialismus" waren Vorderasien und China ja erst im 19. Jahrhundert direkt betroffen, davor hat die militärische Überlegenheit Europas für China gar keine Rolle gespielt. Und zweitens: Für die Verhältnisse in der heutigen Welt ist maßgeblich die Industrialisierung im 19. Jahrhundert verantwortlich. Die fand tatsächlich zuerst in Teilen Europas statt, mit dem machtpolitischen Aufstieg Europas um 1500 hat diese Wirtschaftsrevolution der Moderne aber wenig zu tun.

    Nun noch zur Bedeutung der "Pax Mongolica" für die europäischen Entdeckungsfahrten:
    Natürlich hat es schon vor dem Mongolensturm den transasiatischen Handel gegeben. Aber es sind unter der Herrschaft der Ghaznawiden, Seldschuken und Choresmier wohl keine venezianischen Kaufleute nach Transoxanien und China gelangt. Erst die Zertrümmerung des Chormesierreiches und die Eroberung Russlands durch die Mongolen hat den Europäern einen Weg in den fernen Osten geöffnet und den direkten Kontakt ermöglicht. Allein die Erweiterung des geographischen Horizontes ist für die Fahrten der Portugiesen und Spanier im 15. Jahrhundert doch wohl von Bedeutung.

    Das scheint eine plausible Erklärung zu sein. Ist sie jedoch hinreichend? Frage an den Fachmann: Wie war es in Granada, Marokko, Tunesien und Ägypten? Dort gab es ja keine Mongolengreuel. Folglich dürften wir an diesen Orten auch keine geistige Stagnation antreffen. Lässt sich feststellen, dass die Geisteskultur dieser Gegenden von ca. 1200 auf ca. 1300 diejenige Syriens, Mesopotamiens und Persiens überflügelt hat?
     
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  2. lynxxx

    lynxxx Neues Mitglied

    Hinreichend wohl nicht.
    Immerhin hat hier Tetzlaff in einem nicht allzu langem Artikel einige Gründe dargestellt, in dem Kapitel:

    Die Lähmung endogener Innovationspotentiale durch externe Einflüsse (Mongolensturm)

    http://www.geschichtsforum.de/f36/aufstieg-und-niedergang-der-araber-17641/index2.html#post279174
     
    Zuletzt bearbeitet: 2. Februar 2009
  3. Weltweite Auswirkungen des Mongolensturms

    Ming , Mongolen und Europa

    Die Werften zeigen, daß die größten dieser Schiffe auch nicht größer waren als die größten Schiffe die damals in Europa gebaut wurden. Es ist wenig bekannt, aber in Europa wurden auch übergroße Holzschiffe gebaut. http://de.wikipedia.org/wiki/Grace_Dieu
    Selbst schon die Wikingerschiffe erreichten eine Länge bis 55m bei den Großschiffen die

    Die Dschunken des Zheng He waren demgegenüber nicht so groß wie es allgemein dargestellt wird. Die Länge lag zwischen 55 und 70 m. Die größten Europäischen Holzschiffe hatten in dieser Zeit zwischen 60 und 70 m, waren also vergleichbar lang.

    Viel wichtiger ist die Intention der Reisen. Die Wikinger segelten auch bis Amerika. Entscheidender als der Radius ist die Zielsetzung und die Motivation.

    Die Europäer segelten um in Kontakt mit Ostasien zu kommen. Ein Kontakt der durch die Muslime behindert wurde, insbesondere nach der Eroberung Ägyptens durch die Osmanen. Es ist wenig bekannt, aber es gab damals ein Projekt der Venezianer eine Art Suez Kanal zusammen mit den Mamelucken zu errichten damit Venezianische Schiffe ins Rote Meer und nach Indien segeln konnten. Die Idee scheiterte an der Eroberung Ägyptens durch die Osmanen.

    Zum Handel nochmal: Schon zur Römerzeit gab es Handel nach Ostasien, entscheidend ist nicht das ein solcher stattfand sondern die Quantität. Die Quantität des Handels nahm durch den Mongolensturm drastisch zu.

    Dazu kommen noch die Motive einzelner, wie beispielsweise das Motiv Heinrich des Seefahrers, der einen Kontakt zum Priesterkönig Johannes schaffen wollte, um mit diesem gemeinsam gegen den Islam vorzugehen. Und auch diese Legende beruht auf der Mongolenzeit und den nestorianischen Christen im Mongolenreich.

    Natürlich ist es komplexer, wie sollte man aber die ganze Komplexität in so kurzen Sätzen richtig darstellen können?

    Aber um beim eigentlichen Thema, den Ming zu bleiben:

    Die Mongolen fielen auch zur zeit der Ming regelmäßig in China ein und stellten für die Ming (Großmacht!) eine so große Gefahr dar, daß die Große Mauer massiv ausgebaut wurde und sehr große Teile der Ming Armee dauerhaft im Norden gebunden waren.

    Trotzdem erlitten die Ming verheerende Niederlagen die so weit führten, daß der Kaiser der Ming von den Mongolen gefangen wurde. Das die Mongolen Bejing belagerten und das die Ming die Hauptstadt zeitweilig nach Nanjing verlegen mußten.

    El Quijote schrieb, daß China eine Großmacht gewesen sei, bis es durch Abschottung zugrunde ging. Das halte ich für falsch bzw es ist komplexer.

    Die Abschottung ist nicht die Ursache der Krise der Ming, sondern ein Symptom der schon bestehenden Krise. Die Ming hatten massive wirtschaftliche und vor allem finanzielle Probleme.

    Und der ständige Krieg gegen die Mongolen im Norden überlastete das Ming Militär. Gesellschaftlich erstarrten die Ming und China viel in seiner Dynamik zurück. Fakt ist beispielsweise, daß die Schwarzpulvertechnologie die die Mongolen nach Europa brachten, im Ming Reich degenerierte, die Kanonen der Ming entwickelten sich nicht bzw entwickelten sich zurück. Während in Europa die Schwarzpulvertechnologie aufblühte.

    Das wäre jetzt eine Frage der Kontrafaktischen Geschichte, wie also die Entwicklung gewesen wäre, wenn die Mongolen nichts gemacht hätten. Fakt ist, daß der Islamische Raum massiv durch den mongolischen Angriff geschwächt und geschädigt wurde. Dies war für Europa definitiv förderlich, da es potentielle Konkurrenten ausschaltete. Du machst den Umkehrschluß, daß Europa ja durch den Islam nicht bedroht war, also die Mongolen für die Frage der Konkurrenz irrelevant seien. Aber es geht auch genau anders herum, gerade weil die Mongolen so massiv gegen den islamischen Raum vorgingen, fiel dieser als potentieller Konkurrent aus.

    Es geht hier nicht um direkten Wettbewerb sondern um gesellschaftliche und technologische Entwicklung.

    Natürlich ist das komplexer. Die Staatenvielfalt Europas, die Sozialen Strukturen usw, aber was die Technologie und die gesellschaftliche Dynamik angeht, überholte Europa China eben aufgrund der von mir genannten Fakten. Zur Zeit der Ming war Europa bereits den Chinesen voraus und die Grundlagen gelegt die zu einer Vorherrschaft Europas weltweit führten.

    Gerade die Seereisen des Zheng He zeigen diese Unterschiede klar auf. Die Intention der Reisen, die Zielsetzung, die kulturellen Ideen und auch die verwendete Technologie zeigen die Rückständigkeit bzw Erstarrung der Ming, nicht deren Überlegenheit.

    Meiner Ansicht nach ja. Das reicht bis in die heutige Zeit, gerade Ägypten entwickelte sich aufgrund dieses Prozesses zum geistigen und theologischen Zentrum des sunnitischen Islam. Das ist bis heute so, das Ägypten für die Sunniten eines der wichtigsten Zentren des Islam ist.

    Nur im Osten, Pakistan bis Indonesien gibt es die Dominanz einer anderen Rechtsschule des Islam für die Sunniten und auch diese Zweiteilung entstand so aufgrund der Mongolen.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 3. Februar 2009
  4. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Die Legende vom Priesterkönig Johannes basiert auf Otto von Freising (Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus) und dieser beruft sich auf den Bischof Hugo von Gabala (Dschubail/Byblos); dieser berichtete anlässlich einer Romreise von einer Schlacht zwischen dem König und Priester Johannes und den Persern. Man hat versucht diese Schlacht in den Kontext der Schlachten zwischen Mongolen und Türken zu stellen (Ulrich Knefelkampf), wonach man annahm, dass der mongolische Ehrentitel Gur Khan den Yelü Ta-schih erhalten hat, zu Johann verderbt wurde. Möglicherweise hat die Schlacht zwischen Karakitai und Seldschuken, die ja zu diesem Zeitpunkt die Kreuzfahrerstaaten pressierten, tatsächlich dazu geführt, dass man hier einen christlichen Herrscher im Rücken der Muslime vermutete, und Hoffnungen auf Verbindungen hegte. Richtig bekannt wurde der Priesterkönig aber erst durch einen Brief, der dem Papst zugespielt wurde und der in lateinischer Sprache an "Emanueli, Romeon gubernatori" gerichtet war, in welchem ein arroganter Herrscher auftritt, der von allen möglichen Wundern zu berichten weiß. Man hat die Verfasserschaft dem Mainzer Erzbischof zugeschrieben. Davon ist man zwar ab, aber nach wie vor vermutet man eine deutsche, prostaufische Verfasserschaft.
    Aber mit den Reisen die im Zuge des Konzils von Lyon (1245) gen Osten unternommen wurden (Johannes de Plano Carpini, Wilhelm von Rubruk), also wo man wirklich mit den Mongolen in Kontakt zu kommen und zu ermitteln versucht, wie christlich diese denn sind, sinkt auch der Stern des Priesterkönigs.
     
  5. Beetlebum

    Beetlebum Neues Mitglied

    Der Artikel war mir aus dem verlinkten Beitrag bekannt. Eine Differenzierung zwischen den von den Mongolen unterworfenen Gebieten auf der einen Seite und Nordafrika/Spanien wird darin leider nicht vorgenommen.

    Ich bin da ganz deiner Meinung. Sicher ist der Handelsverkehr auch nach Abbruch der direkten Verbindung zwischen Europa und Ostasien weitergegangen, aber eben (wieder) über Zwischenhändler, was den Preis erhöht hat.

    Das ist mir in der Tat neu und scheint mir ein hochinteressantes Kapitel der frühneuzeitlichen Handelsgeschichte zu sein. Wie sieht es mit Quellen und Literatur dazu aus?

    Das kann ich mir zwar gut vorstellen, trotzdem bitte ich auch hier um Quellen und Literatur, um abschätzen zu können, wie sich der Handelsumfang und die Nachfrage in Europa von ca. 1200 über ca. 1300 bis ca. 1400 entwickelt hat. Vor allem wäre zu fragen, was der gewichtigere Faktor war, der die europäischen Seefahrten veranlasst hat: Der zwischenzeitliche direkte Kontakt mit Ostasien im 13. und 14. Jahrhundert oder interne Entwicklungen, die zu einem Anstieg der Nachfrage geführt haben, wie steigender Wohlstand und Bevölkerungszahl.

    Dazu hat sich ja bereits El Quijote geäußert: Als Ausgangskern der Legende vermutet man den Sieg Yelü Ta-schihs über die Seldschuken 1141, aus dem 1144 bei Hugo von Gabala ein Sieg des christlichen Priester und Königs Johannes über die Könige von Persien und Medien wurde. Der Chronik Otto von Freisings, der die Nachricht Hugos veröffentlichte, folgt ca. 1165 der berühmte fiktive Brief des Johannes. Die Legende geht also auf die Zeit vor dem Mongolensturm zurück. Dschingis Khan wurde dann zwar anfangs für den Priester Johannes oder einen seiner Nachfolger gehalten, aber der Westen hat bald erkannt, dass das ein Irrtum war. Stattdessen kam die Erklärung in Umlauf, das Reich des Johannes sei von den Ta(r)taren überwältigt worden. Trotzdem (oder gerade deswegen) spielte der Priesterkönig für die portugiesischen Erkundungsfahrten eine Rolle: Weil man den christlichen Priesterkönig bei den Mongolen nicht fand, wurde er in der Vorstellung später nach Süden verlegt. Der Pseudo-Johannes des Briefes von 1165 hatte sich als "König von Indien" bezeichnet, so dass man den Priesterkönig auch mit Indien und Äthiopien in Verbindung bringen konnte. Letzteres deshalb, weil der Begriff Indien von den Christen auch für Äthiopien verwendet wurde (Hauptsache am Erythräischen Meer/Indischen Ozean gelegen...). Für die Portugiesen mag das ein Ansporn gewesen sein, Afrika zu umsegeln, um mit diesem christlichen Machthaber in unmittelbare Verbindung zu treten.

    Ja, aber Fakt ist auch, dass der islamische Raum im 12. und 13. Jahrhundert gar keine wesentliche Bedrohung mehr für die christlichen Länder Europas darstellte. Daran ist nichts kontrafaktisch. Kontrafaktisch ist vielmehr deine Betrachtungsweise: Der islamische Raum war trotzdem ein potentieller Konkurrent und hätte Europa doch wieder gefährlich werden können.

    Ein potentieller Konkurrent ist kein tatsächlicher Konkurrent. Wenn man unterstellt, aus dem potentiellen Konkurrenten wäre (wieder) ein tatsächlicher geworden, ist das kontrafaktisch. Der Mongolensturm wäre für Europa nur dann "definitiv förderlich" gewesen, wenn wir sicher wüssten, dass der islamische Raum sich wieder zu einem tatsächlichen Konkurrenten entwickelt hätte. Und das wissen wir natürlich nicht. Ersetze das "definitiv" durch ein "womöglich" und ich bin einverstanden. Aber ein apodiktisches Urteil, gar noch mit weitreichenden Schlussfolgerungen ("die Vorherrschaft Europas ist entscheidend dem Mongolensturm zu verdanken") ist hier unzulässig.

    Sicher, aber ich habe ich nicht nur an Theologie gedacht, sondern vor allem an Mathematik, Naturwissenschaft und Technik. Der islamische Westen müsste da ja nahtlos an die "Goldene Zeit" angeknüpft haben, da er doch nicht vom Mongolensturm betroffen war.
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Februar 2009
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  6. lynxxx

    lynxxx Neues Mitglied

    zum Zweiten Mal:
    http://www.geschichtsforum.de/f14/o...dox-oder-realit-t-5960/index4.html#post245619
    Der traditionelle Handelsweg blieb so, wie er schon vorher war bis Ende des 16. Jh., fällt also als Hauptmotiv weg, auch wenn es heute immer noch so in den Schulbüchern steht.
    Übrigens, ein Suezkanal-Projekt wurden auch unter den Osmanen geplant. Aber wieder aufgegeben. Schaue mal ins Forum und such nach mir und dem Stichwort "Suez" für mehr Infos.

    Zum Einfluss des Elitenmordes in Bagdas auf den islam. Westen: Ich weiß es nicht, aber ich vermute, dass theologische Konzepte des isl. Kernlandes, wie mit "Neuerungen" umzugehen sei, und wie das Verhältnis zu den "Bewahrern" ist, zugunsten der letzteren sich ausgebildet hatte, und dieses nach und nach auf die gesamte isl. Welt ausstrahlte.
    Vielleicht erzählt diese Vorlesung mehr darüber:
    http://timms.uni-tuebingen.de/Browser/Browser01.aspx?path=%2fUniversit%C3%A4t+T%C3%BCbingen%2fFakult%C3%A4t+f%C3%BCr+Kulturwissenschaft%2fOrientalisches+Seminar%2fVorlesung+Einf%C3%BChrung+in+die+Geschichte+und+Kulturen+des+Nahen+Ostens+II+SoSe+2008%2f
    z.B. unter dem Punkt, "intellektuelle Krise, Antwort 1 und 2."
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. Februar 2009
  7. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Der Elitenmord in Bagdad ist zu spät angesetzt. Die wissenschaftliche Blütezeit des andalusischen Islam ist, wobei das je nach Fachgebiet ein wenig variiert, auf die Zeit vom späten zehnten bis zum frühen 13. Jahrhundert anzusetzen. Granada war im 14. und 15. Jahrhundert eigentlich nur noch ein Überbleibsel, wenn man mal von Ibn al-Khatib und Ibn Khaldun als Historikern und Soziologen absieht. Die Dichtung und das Handwerk erlebten in Granada damals noch mal eine Blütezeit, granadinische Handwerker gestalteten die christlichen Höfe mit.
     
  8. Zur Frage des Elitenmordes von Bagdad:

    Bagdad war immer noch das Zentrum Islamischen Wissens durch die Bücher die dort gesammelt waren. In keinem anderen islamischen Zentrum gab es so viele Bücher, so umfangreiche islamische Bibliotheken.

    Die Mongolen verbrannten diese Bücher und töteten die islamischen Gelehrten. Das sollte durchaus Folgen gehabt haben.

    Das sehe ich nicht so. Der traditionelle Handelsweg der durch den Mongolensturm begründet wurde ging über Land, durch die Steppen Zentralasiens ans Schwarze Meer.

    Im 16 Jahrhundert kamen die Waren jedoch zum größeren Teil übers Meer, übers Rote Meer und deshalb über Ägypten.

    Natürlich gab es die Handelsposten im Schwarzen Meer weiter, natürlich kamen auch so noch Waren in Richtung Westen, aber der Haupthandel verschob sich vom Schwarzen Meer und Kleinasien in Richtung Süden nach Ägypten, über Indien und Persien.

    Noch eine vielleicht bedenkenswerte Sache:

    Die Pest. Die vermutlich aus der Mongolei stammt und von den Mongolen nach Westen hin verbreitet wurde.

    Auch dies ist indirekt meiner Ansicht nach eine bedeutende Auswirkung, insbesondere wenn man die Folgen für das geistige Leben in Europa und die Entwicklung der Kultur in Europa bedenkt.

    Das stimmt für die katholische Kirche, aber zumindest in Bezug auf Heinrich den Seefahrer ist es doch so, daß dieser sehr wohl nach dem Priesterkönig suchte. So war dies ein Faktor (von vielen natürlich) für die Entwicklung der Portugiesischen Seefahrt.
     
  9. lynxxx

    lynxxx Neues Mitglied

    Hättest du in den Link geschaut, hättest du bemerkt, dass ich mit dem traditionellem Handelsweg, den Seeweg meinte.

    :winke:
     
  10. Beetlebum

    Beetlebum Neues Mitglied

    Ob über das Schwarze oder das Rote Meer: Du hast sicher darin Recht, dass der Handel unter den Mameluken und Osmanen nahtlos weiterging. Gleichzeitig muss man gegenüber dem 13. und 14. Jahrhundert mit einem Anstieg der Preise auf dem europäischen Markt rechnen, wenn man den Zwischenhandel in Rechnung stellt. Das wäre dann doch ein plausibles Motiv für die Suche nach einer neuen Verbindungsroute unter Umgehung der türkischen Herrschaftssphäre. Das Ende der Mongolenherrschaft und der Fall Konstantinopels also verursachten zwar keinen Abbruch des Handels (höchstens eine Rückgang der Quanität, aber es ist ohne Recherche nicht zu beurteilen, ob eine solche überhaupt eingetreten ist), aus europäischer Sicht aber durchaus eine Beeinträchtigung der Handelsverbindung. Darauf können wir uns wohl einigen?
     
  11. lynxxx

    lynxxx Neues Mitglied

  12. Hurvinek

    Hurvinek Gast

    @Quintus Fabius
    Priesterkönig Johannes muss ja steinalt geworden sein, wenn Heinrich der Seefahrer noch nach ihm fahndete.
    Zu Marco Polos Zeiten hiess der Priesterkönig bereits Georg und war sechster Nachfolger nach Priesterkönig Johannes.
     
  13. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Wenn Du den Priesterkönigbrief zugrunde legst, erfährst Du folgendes:

    Einige Abschnitte weiter heißt es:


    Der Priesterkönig geht dann noch mal kurz darauf ein, wie er verfährt, wenn er unterwegs ist:

     
  14. Der Seeweg, die Seidenstraße des Meeres ist aber zur Zeit des Mongolenreiches nicht der traditionelle Handelsweg gewesen. Dieser Weg erlebte erst dann seinen enormen Aufschwung als der Landhandel durch die Kriege Timurs stark eingeschränkt wurde.

    Es gab diesen Handel auch schon vor den Mongolen. Er geht nahtlos seit der Römerzeit schon. Und selbst auf dem Seeweg sind auch schon zur Römerzeit Waren transportiert worden, ja selbst Römer sind per Schiff nach China gelangt.

    Ich möchte nochmal betonen, daß es mir nicht um die Route geht, sondern primär um die Frage der Quantität des Handels und die Frage des Preises der angebotenen Waren.

    Im weiteren sollte man den Handel als Faktor nicht so überschätzen. Er war ein Faktor, von mehreren. Bei Prinz Heinrich war der Handel meiner Ansicht nach weniger wichtig als seine christlichen Motive.

    Wir denken in Bezug auf die Vergangenheit manchmal oder zu oft zu modern. Wir denken mit unserem Denken und versuchen dadurch schlußfolgerungen auf die Vergangenheit zu ziehen was dann zu falschen Schlüssen führt, weil unser Denken und Empfinden nicht das der Menschen damals ist.

    Man unterschätzt meiner Ansicht nach irrationale und religiöse Motive in der damaligen Welt.

    Und noch mal zu den Ming da mir darauf noch keiner geantwortet hat:

    Die Ming waren sicher eine Großmacht, aber sie waren bereits technologisch hinter Europa zurück gefallen, insbesondere was die Schwarzpulverwaffen angeht.

    Das Ming Reich hatte immense finanzielle Probleme und stand unter starkem Druck mongolischer Einfälle.

    Primäre These: Die Abschottung ist nicht die Ursache der Krise sondern ein Symptom derselben !

    Die Mongolen nahmen den Ming Kaiser gefangen, belagerten Bejing, und fielen so oft in Nordchina ein, daß die Ming die Hauptstadt zeitweilig nach Nanjing verlegten.

    Die Schwäche der Ming und die Konzenration der Ming Truppen im Norden störten die Sicherung anderer Gebiete so daß die Wako/Seeräuber die Küsten verheerten und allgemein das Räöberunwesen sich ausbreitete.

    Selbst noch die 8 Banner der Mandschu waren von Mongolen dominiert die prozentual einen höheren Anteil der Bannerkrieger stellten als die Mandschu.

    Die Eroberung Chinas durch durch die 8 Banner kostete dann erneut um die 20 Millionen Chinesen das Leben.


    Weitere Thesen:

    Die Mongolen haben das Schwarzpulver nach Europa gebracht. (so wie sie umgekehrt das Trebuchet mit Gegengewicht aus Europa nach China brachten.)

    Die Pest stammt aus der Mongolei (wo sie noch heute vorkommt und ursprünglich von Murmeltieren ausgeht)

    Kontrafaktisch: der Islam als potentieller Konkurrent wurde ausgeschaltet bzw entscheidend geschwächt (wozu der islamische Raum fähig gewesen wäre zeigt das Osmanische Reich)

    Die Mongolen schwächten und lähmten China für sehr lange Zeit und führten zur Erstarrung der chinesischen Kultur.

    Die Mongolen brachten erstmals so viel Wissen über Ostasien nach Westen das dieses Wissen zu einem der Faktoren wurde, warum die Europäer neue Seerouten dorthin suchten.

    Viele Staaten der Welt heute (Russland) und auch Probleme der Welt heute (Tibetfrage, Afghanistan) beruhen immer noch auf den durch die Mongolen geschaffenen Umständen.
     
  15. Beetlebum

    Beetlebum Neues Mitglied


    Nachdem Quintus hier geantwortet hat, werde ich das auch tun, damit wir nicht komplett zweigleisig fahren. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, das ganze Thema auszugliedern, wie es offensichtlich bereits versucht wurde – die Betonung liegt auf versucht, weil der neue Thread „Weltweite Auswirkungen des Mongolensturms“ wiederum den ganzen Thread zur Ausrottungsfrage enthält und damit natürlich keine Verbesserung darstellt. Gleichzeitig ist in diesem Thread auch keine Ausgliederung passiert.


    Du hast Recht, das ist ein wichtiger Punkt. Es geht tatsächlich nicht an, den türkischen Zwischenhandel als einzige Ursache für einen mutmaßlichen Preisanstieg zu postulieren (zumal die portugiesischen Erkundungsfahrten schon vor dem Fall Konstantinopels begonnen haben, wie du ganz richtig festgehalten hast). Auch der Niedergang der Ilkhane gegen Mitte des 14. Jahrhunderts, die Vertreibung der Mongolen aus China und die Machtübernahme der Ming-Dynastie 1368, die Feldzüge Timurs Ende des 14. Jahrhunderts und andere Faktoren sind da in Betracht zu ziehen. Vor allem aber wäre es nötig, konkrete Informationen über die Entwicklung der Preise und den Umfang des Handels vorzulegen, um überhaupt in aller Seriosität von einem Preisanstieg sprechen und ihn zeitlich dingfest machen zu können. Daher hatte ich auch die Bitte formuliert:


    Ich selbst bin gerade dabei, mich zu dem Thema einzulesen, verfüge allerdings über keine Spezialliteratur, wie sie hier wohl benötigt wird.


    Ich bin die Mehrzahl der dort angeführten Links durchgegangen. Sachdienlichen Hinweis zu den Motiven europäischer Entdeckungsfahrten habe ich nirgends gefunden.


    Das ist locker gesagt, ein Nebeneffekt. Ob es die damaligen Käufer auch so empfunden haben?


    Es bestreitet niemand, dass es den Chinahandel schon seit den Römern, ja seit den Parthern gab. Die Frage ist nur, wie sich dieser Handel von 1200 über 1300 über 1400 bis 1500 n.Chr. konkret entwickelt hat.


    Richtig, und da wäre es eben wichtig, konkrete Zahlen aus der Literatur vorzulegen oder zumindest Literaturhinweise zu geben, um die oben angesprochene Entwicklung nachvollziehen zu können.

    Was die Ming-Dynastie und deine Thesen über die Mongolen anbelangt, kann ich mangels Sachkompetenz wenig dazu sagen. Die kontrafaktische Betrachtungsweise („wozu der islamische Raum fähig gewesen wäre“) halte ich aber wiederum für wenig sinnvoll. Bei der Erweiterung des geographischen Horizontes dagegen gehe ich mit dir d’accord. Was mich allerdings noch interessieren würde, wäre das „Suezkanal“-Projekt der Mameluken und Venezianer.
     
  16. lynxxx

    lynxxx Neues Mitglied

  17. Beetlebum

    Beetlebum Neues Mitglied

    Ein eigener Thead "Weltweite Auswirkungen der mongolischen Expansion" erschiene mir noch sinnvoller, weil es ja um eine vielfältige Thematik geht und der Orienthandel nur ein (allerdings zentraler) Punkt darunter ist. Es wird ja auch über die Ming-Dynastie, den Eindruck auf die islamische Welt usw. diskutiert, was alles nichts mehr mit der Ausgangsfrage zu tun hat.
     
  18. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Um mal wieder zum Thema zu kommen, bei der Eroberung von Nishapur und Merw allein weiß man von jeweils etliche hunderttausend Toten. Zur Gesamtzahl der Opfer siehe hier. Abgesehen vom 2. Weltkrieg und (vielleicht) einem im Westen fast unbekannten chinesischen Bürgerkrieg waren die Mongolen nicht zu toppen.
    NationMaster - Encyclopedia: List of wars and disasters by death toll

    Eine sehr interessante Seite, die auch viele andere im GF diskutierte Fragen beantwortet.
     
    Zuletzt bearbeitet: 4. Februar 2009
  19. Bis die Frage des Ortes weiterer Erörterungen geklärt ist, werde ich mal in diesem Strang nur noch zur Frage des Massentötens durch die Mongolen äußern:

    Abgesehen von den genannten Städten ist insbesondere Kiew auch Archäologisch untersucht in Bezug auf seine Eroberung durch die Mongolen.

    Die Ausgrabungen in Kiew zeigen Zerstörungen, die so in der damaligen Welt durchaus einzigartig sind, die Stadt wurde wortwörtlich vollständig ausgelöscht und bis in die Fundamente vernichtet.

    Das deckt sich eins zu eins mit den Überlieferungen, die davon sprechen, daß noch viele Jahre nach der Eroberung Kiew ein fast menschenleerer Trümmerhaufen gewesen sei, in dem nur einige wenige Menschen in erbärmlichen provisorischen Unterkünften hausen würden.

    Zur Frage der Ausrottung von Völkern:

    Völkermord wird heute weiter definiert. Viele Handlungen der Mongolen sind nach heutiger Definition Völkermorde gewesen, auch wenn die Mongolen es faktisch nur selten schafften, ganze Völker wirklich komplett auszurotten. Das geschah eher bei Stämmen und begrenzten Völkern im Steppenraum.

    In den großen Staaten die an den Steppenraum angrenzten überlebten allein aufgrund der Größe des Raums und insbesondere aber auch aufgrund der Zielsetzung der Mongolischen Massentötungen durchaus immer genug Menschen.

    Die Mongolen töteten zwar Massenhaft, hatten aber dabei nicht das Ziel der Ausrottung des Gegners.

    Dieser sollte vielmehr durch Terror völlig gelähmt und wiederstandsunfähig werden und der Raum sollte dadurch beherrschbar werden. Als Irrationales damaliges Motiv tritt noch Rache hinzu, die in der mongolischen Kultur dieser Zeit einen überragenden Stellenwert hatte. So ist Rache in den meisten mongolischen Kriegszügen der offizielle Kriegsgrund gewesen.

    Die Mongolen töteten also masenweise Menschen, hatten aber keine Rassistischen oder Völkischen Überlegungen dabei. Es war ihnen völlig gleich welchem Volk die Getöteten angehörten oder welcher Religion. Die Menschen wurden niedergemetzelt ohne Frage nach Herkunft oder Aussehen.

    Besonders deutlich wird das auch immer dort, wo die Mongolen in nächster Nachbarschaft eine Stadt völlig auslöschten und eine andere, ganz in der Nähe gelegene Stadt verschonten. Es ging ihnen bei den Massentötungen also um die Durchsetzung ihres absoluten Herrschaftsanspruches und bei den extremen Ereignissen (die aber nicht die Regel waren sondern Ausnahmen) auch wirklich um Rache für die sie völlig übersteigerte Ausdrucksformen hatten.

    Das Ziel war also Herrschaft und in Einzelfällen Rache. Nicht aber Volk, Kultur, oder Religion.

    Völkermordartig wurde es immer nur durch die immense Zahl der Opfer, Völkermord war aber nur in Ausnahmen wirklich das Ziel der Mongolen, beispielsweise bei den (mongolischen) Tataren (nicht zu verwechseln mit den türkischen Tataren) und den Tanguten, die beide von den Mongolen wirklich ausgelöscht wurden.
     
  20. lynxxx

    lynxxx Neues Mitglied

    Das ist Wikipedia, mit starken Aufforderungen, endlich mal seriöse Belege für Behauptungen aufzuführen und dortigen zahllosen Diskussionen... :devil:

    Dann können wir auch gleich hier diskutieren... :rofl:
     

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