Sachsen-die Schwertsöhne

Beorna schrieb:
Das bestärkt aber wieder die These, die Feldzüge des späten 7. und frühen 8. Jhds. wären von den Franken gegen rebellierende Gruppen geführt worden.

Das war zumindest auch die Eigensicht der Franken. In der überhöhenden Darstellung Pippins des Mittleren in den Annales Mettenses wird berichtet, er versuch die Stämme der Friesen, Sachsen, Bayern, Alemannen, Vaskone und Aquitanier wiederzugewinnen. Da ist nicht die Rede von einer Expansion jenseits der Reichsgrenzen. De facto war es aber dann doch eine Neueroberung und Erschließung von Gebieten, die die Merowingerkönige im 6. Jahrhundert mehr oder weniger formal beherrscht haben.
 
geköpft/umgesiedelt

Ashigaru schrieb:
Das war zumindest auch die Eigensicht der Franken.

Politische Logik.

An dieser Stelle (sorry, little spamed) möchte ich mich bei Timo bedanken.
:anbetung:
Ich hab das noch nie vorher gehört und ich finde diese zwei Worte müssten in der Sache der Saxen-Kriege ganz ganz oben stehen. Dann würde es mit der Massenmordgeschichte (4.500 war geradezu eine holocaustsche Zahl für die damaligen Bevölkerungszahlen!) und dem bösen Finger ein Ende haben ... :grübel:
 
- In Prinz, Deutschlands Frühgeschichte, wird eher allgemein davon gesprochen, dass die Sachsen ab dem 6. Jahrhundert, ihr Herrschaftsgebiet sukzessive nach Westen und Süden ausweiteten. Gibts dazu nähere archäologische und historische Erkenntnisse?
Die Sachsen werden erstmals von dem Griechen Ptolemäus genannt. Er setzte sie zwischen Elbe und Eider an der Spitze der kimbrischen Halbinsel und auf drei Inseln an der Mündung der Elbe. Im Zuge der Wanderung der Stämme rückten die Sachsen immer stärker über die Elbe in die Gebiete zwischen Elbe und Niederhein ein. Sie haben dabei manche Völker, die sie bezwangen, zu einem Bund vereinigt. Während dies im Sachsenland vor sich ging, wurden von Zeit zu Zeit von ihnen Eroberungen und Raubzüge gegen ihre Nachbarvölker unternommen; auch zur See. Zur Zeit des Eutropius, also Julians des Abtrünnigen, wohnten die Sachsen vom äußersten Ende der kimbrischen Halbinsel bis zur Weser, Ems und dem Rhein. Zosimus, der um die Mitte des fünften Jahrhunderts lebte, gestand ihnen den Vorzug an Mut und Kraft und Stärke im Kampf zu. Zu jener Zeit erfolgte auch der berühmte Zug nach den britischen Inseln. Noch immer aber schoben sich die Sachsen, langsam die bisherigen Bewohner des Landes sich unterwerfend, gegen den Rhein vor. Allmählich verbreiteten sich die Sachsen aus dem Norden auch nach dem Süden und Osten. Gregor von Tours stellt sie als wilde Streithähne dar. Friedensverträge und fromme Schwüre hielten sie deshalb nur so lange, wie sie sichtbare Vorteile brachten. Daraus entstand eine dauernde Feindschaft über Jahrhunderte mit den Franken, da sie eine ständige Bedrohung der unter fränkischer Verwaltung stehenden Gegenden bildeten. Im Jahr 557 erlitten die Franken unter Chlothars Führung eine schwere Niederlage. In der Zeit, als Pippin von Landen Hausältester in Ostfranken war, wird von einem schweren Krieg der Franken gegen die Sachsen erzählt, den die Sachsen verloren. Die Sachsen beschworen den angenommenen Vertrag, hielten ihn aber nicht. Gegen Ende des siebenten Jahrhunderts brausten die Sachsen, die Menschen und Tiere in Angst und Schrecken versetzten, über die Erde und fielen über die Brukterer her, die sich mit den Sachsen vereinigen mußten. So dehnte sich der Stamm der Sachsen mit dem Sieg über die Brukterer bis an die Ruhr aus.
- Zweitens knabbere ich noch an dem Problem, was sich die frühen Karolinger vor Karl dem Großen von ihren Sachsenzügen (z.B. durch Pippin den Mittleren und Karl Martell) erhofften bzw. was deren Ziele waren. Gibt es dazu detailliertere Analysen? Ich weiß, dass die erhaltenen Schriftquellen das Thema Sachsen immer nur recht knapp behandeln.
Nachdem er Hausmaier des fränkischen Königs geworden war, unternahm Karl gegen den Friesen Radbod, dessen Tochter mit dem früheren Hausmaier Grimoald vermählt war, einen Feldzug, vier Jahre nachdem er Hausmaier des fränkischen Königs geworden war, gegen die Sachsen, die ohne Zweifel die fränkischen Lande auf der rechten Rheinseite bedrängten, und drang bis zur Weser vor. Es war dies jener Karl, der die Aufständischen, die im ganzen Umkreis des Frankenreiches die Macht an sich rissen, niederwarf. Die Vergeltungsfeldzüge gegen die Sachsen erzwangen im Jahr 738 das Versprechen der Sachsen, ihrer früheren Pflicht nachzukommen, jährlich vierhundert Rosse den Franken zu geben. Als Pippin der Jüngere drei Jahre später Karls Nachfolger im Amt des Hausmaiers geworden war, gestalteten sich die Kämpfe gegen die Sachsen noch heftiger. Die Sachsen erhoben sich, und selbst Theoderich, der vor kurzem Unterwürfigkeit gelobt hatte, fehlte nicht bei dem neuen Aufstand seines Volkes.
- Nordhessen sah damals ja eine große fränkische Siedlungsaktivität. Ist es berechtigt, die Zentren der sächsischen Herrschaft nicht weit davon im Weserbergland zu sehen? So dass schon damals (Zeitraum 670 - 750) versucht wurde, die Aktivitäten der Sachsen in ihrem Kernland einzudämmen?
Die Siedlungslandschaften der Sachsen lagen hauptsächlich in Holstein und entlang der großen Flüsse und deren Nebenflüssen, also Weser, Hunte, Aller, Leine, Oker, Diemel, Ems, Hase, Elbe, Ohre, Bode; später auch Lippe und Ruhr. Hierhin richtete Karl der Große vor allem seine Feldzüge.
In der überhöhenden Darstellung Pippins des Mittleren in den Annales Mettenses wird berichtet, er versuche die Stämme der Friesen, Sachsen, Bayern, Alemannen, Vaskone und Aquitanier wiederzugewinnen.
Die Geschehnisse um die Ewalde verdeutlichen, daß in Sachsen nur die Sachsen das Sagen hatten, und nicht etwa der fränkische König. So sagten einige Sachsen, die Fremdlinge kämen von den Franken, sie wollten ihnen ihre Götter rauben und sie mit dem neuen Glauben unter das Joch der Franken beugen.
 
Wie wir aus Funden wissen, kann das mit den heidnischen Sachsen nicht so völlig uneingeschränkt richtig sein. Es gab einige sächsische Räume mit Ost-West-Gräbern, die christlichen Einfluß vermuten lassen.

Zu den sächsischen Ursitzen empfehle ich Springer, Die Sachsen.

Die Motive der frühen Sachsenzüge (Pippin etc.) scheinen sehr stark innenpolitisch motiviert zu sein.
 
Im Moment kann ich es noch nicht nachweisen. Doch wird wohl am Ende herauskommen, daß Theoderich ein fränkischer Herzog war. Ich arbeite gerade eine Dissertation durch, die sich genau mit diesem Thema der Sachsengeschichte beschäftigt. Ich bin selbst schon gespannt, wie der Nachweis aussehen wird. :fs:
 
Es gab einige sächsische Räume mit Ost-West-Gräbern, die christlichen Einfluß vermuten lassen.
Wo? Wann?
Zu den sächsischen Ursitzen empfehle ich Springer, Die Sachsen.
http://www.sehepunkte.de/2005/09/7473.html
Die Motive der frühen Sachsenzüge (Pippin etc.) scheinen sehr stark innenpolitisch motiviert zu sein.
Chlodwig gelang es ein Großreich zu gründen. Chlodwigs Söhne trieben den Ausbau voran, bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts wurden Alemannen, Thüringer und Burgunder unterworfen, gerieten die Baiern in Abhängigkeit. Frei waren nur Sachsen und Friesen geblieben. Die merowingischen Könige hatten den unterworfenen Stämmen Herzöge vorgesetzt, in deren Händen die Verwaltung lag, aber bald fühlten sich diese ihren Stämmen mehr verbunden als den Königen, und aus ihnen wurden Stammesherzöge. Die letzten schwachen Merowinger mußten diese Entwicklung hinnehmen, aber schon der Hausmaier Karl Martell schaltete im Jahr 714 das thüringische Stammesherzogtum wieder aus, im Jahr 746 wurde das alemannische Stammesherzogtum ausgeschaltet. Am längsten konnten sich die Baiern unter ihrem Herzogsgeschlecht der Agilolfinger eine gewisse Selbständigkeit bewahren.
Doch wird wohl am Ende herauskommen, daß Theoderich ein fränkischer Herzog war.
Bis dahin gilt nach der Quellenlage: Theoderich war ein sächsischer Herzog, der für die Dauer eines Kriegszuges erwählte oberste Befehlshaber des sächsischen Aufgebots, der seine Amtsgewalt offenbar auf die Beschlüsse von Marklo gründete.
 
Horst schrieb:
Bis dahin gilt nach der Quellenlage: Theoderich war ein sächsischer Herzog, der für die Dauer eines Kriegszuges erwählte oberste Befehlshaber des sächsischen Aufgebots, der seine Amtsgewalt offenbar auf die Beschlüsse von Marklo gründete.

Und genau das wird in der mir vorliegenden Dissertation anhand von umfangreichen Quellenvergleichen untersucht. Bis ich das Ding erst einmal in eine lesbare Form gebracht habe, dauert es allerdings noch ein Weilchen. Die damaligen Kopierverfahren brachten noch nicht so dauerhaft lesbare Kopien hervor.
 
@ Strupanice: vielleicht täuscht dich deine Erinnerung. Habe jetzt Springer, Die Sachsen, endlich vorliegen. Dort konnte ich entnehmen, dass es im 8. Jahrhundert zwei Theoderiche gab: den, über den wir bereits hinreichend diskutiert haben. Bei ihm bestreitet auch Springer nicht, dass es sich um einen sächsischen Adligen handelt.
Dann gibt es aber noch einen Theoderich, ein fränkischer Graf und Verwandter Karl des Großen, dessen Teilnahme an den Sachsenkriegen 782 bezeugt ist.
 
Horst schrieb:
später
http://www.sehepunkte.de/2005/09/7473.html
Horst schrieb:
Chlodwig gelang es ein Großreich zu gründen. Chlodwigs Söhne trieben den Ausbau voran, bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts wurden Alemannen, Thüringer und Burgunder unterworfen, gerieten die Baiern in Abhängigkeit. Frei waren nur Sachsen und Friesen geblieben. Die merowingischen Könige hatten den unterworfenen Stämmen Herzöge vorgesetzt, in deren Händen die Verwaltung lag, aber bald fühlten sich diese ihren Stämmen mehr verbunden als den Königen, und aus ihnen wurden Stammesherzöge. Die letzten schwachen Merowinger mußten diese Entwicklung hinnehmen, aber schon der Hausmaier Karl Martell schaltete im Jahr 714 das thüringische Stammesherzogtum wieder aus, im Jahr 746 wurde das alemannische Stammesherzogtum ausgeschaltet. Am längsten konnten sich die Baiern unter ihrem Herzogsgeschlecht der Agilolfinger eine gewisse Selbständigkeit bewahren.
Das ist so in Ordnung, aber was hätte das dann mit Sachsen zu tun? Schließlich nennst du die Sachsen frei, zusammen mit den Friesen, was so nicht richtig ist.

Horst schrieb:
Bis dahin gilt nach der Quellenlage: Theoderich war ein sächsischer Herzog, der für die Dauer eines Kriegszuges erwählte oberste Befehlshaber des sächsischen Aufgebots, der seine Amtsgewalt offenbar auf die Beschlüsse von Marklo gründete.
Über Marklo bin ich mir nicht ganz klar und folge Springer was dessen Existenz betrifft (noch) nicht. Aber das Theoderich hier seine Machtbefugnis bekam halte ich für unwahrscheinlich.
 
Das ist so in Ordnung, aber was hätte das dann mit Sachsen zu tun? Schließlich nennst du die Sachsen frei, zusammen mit den Friesen, was so nicht richtig ist.
Es hat insofern mit Sachsen zu tun, als daraus geschlossen werden kann, daß Sachsen nicht von einem fränkischen Herzog verwaltet wurde, der sich von der fränkischen Herrschaft unabhängig gemacht hatte. Die Friesen waren ebenso wie die Sachsen bis zum Tode Radbods frei, denn der friesische Herzog Radbod war kein Franke. Nach dem Tode Pippins eroberte er verlorene Gebiete zurück. Sein Großreich zerfiel erst endgültig im Jahr 785. Die Friesen kämpften, gemeinsam mit den Sachsen, im Jahr 784 unter ihren Häuptlingen Unno und Eilrat gegen die Franken.
Über Marklo bin ich mir nicht ganz klar und folge Springer was dessen Existenz betrifft (noch) nicht. Aber das Theoderich hier seine Machtbefugnis bekam halte ich für unwahrscheinlich.
In Marklo berieten die Sachsen gemeinsam, was sie im Verlauf des bevorstehenden Jahres sowohl in Kriegs- wie in Friedenssachen unternehmen wollten. Dort wurde angeblich auch der Herzog, dem alle im Krieg zu gehorchen hatten, durch das Los gewählt.
 
Aber wir wissen doch gar nicht, wie die sächsischen "satrapae" zu den Merowingerkönigen standen. Immerhin zahlten "saxones" Tribut an die Merowinger. Das dieser später erlassen wurde, heißt letztlich nicht, das die Franken auf ihre Oberherrschaft verzichteten.

Die Geschichte über Marklo kenne ich wohl. Nur glaube ich sie in weiten Teilen nicht, Springer geht sogar soweit, sie für erfunden zu halten.
 
Aber wir wissen doch gar nicht, wie die sächsischen "satrapae" zu den Merowingerkönigen standen.
Nach dem Gutdünken der Edlinge, Frilinge und Lassen oder auch nach klug von ihnen ersonnenen Vorhaben standen den einzelnen sächsischen Gauen einzelne Fürsten vor. Die sächsischen Fürsten der einzelnen Gaue hielten in Marklo mit ausgewählten Männern der drei sächsischen Klassen eine allgemeine Ratsversammlung ab. Die sächsischen Fürsten waren deshalb von den Merowingerkönigen unabhängig. Die sächsische Ratsversammlung wurde vor der Einführung der fränkischen Grafschaftsverfassung abgehalten, und sie wurde von Karl dem Großen verboten.
Immerhin zahlten "saxones" Tribut an die Merowinger. Das dieser später erlassen wurde, heißt letztlich nicht, das die Franken auf ihre Oberherrschaft verzichteten.
Die Gewalt der Franken über die Sachsen beschränkte sich auf die Forderung einer jährlichen Abgabe, die von den Sachsen ursprünglich zur Vermeidung eines Krieges mit den Franken gezahlt wurde. Von einer Oberherrschaft der Franken über die Sachsen kann deshalb nicht gesprochen werden.
Die Geschichte über Marklo kenne ich wohl. Nur glaube ich sie in weiten Teilen nicht, Springer geht sogar soweit, sie für erfunden zu halten.
Hucbalds von S. Amand berichtet in nachvollziehbaren Tatsachen wahrheitsgetreu, weshalb an der Wahrhaftigkeit seines Berichts über Marklo kein Zweifel bestehen dürfte.
 
Von einer Oberherrschaft der Franken über die Sachsen kann deshalb nicht gesprochen werden.

Der Anspruch wurde auf jeden Fall erhoben, dies geht aus der kurzen "außenpolitischen Konzeption" Pippins des Mittleren, die in den "Annales Mettenses" geschildert wird, eindeutig hervor. Faktisch mag es durchaus unter den Sachsen auch fränkische Vasallen gegeben haben, immerhin gibt es ja wenigstens eine familiäre Beziehung im Hochadel zwischen Dagobert I. und seiner sächsischen Frau. Insgesamt stimme ich aber zu, dass die Franken die Sachsen zwischen 600 - 772 nicht in dem Maße kontrollierten, wie sie die ebenfalls umstrittenen Gebiete in Thüringen, Alemannien etc. beherrschen konnten.

Hucbalds von S. Amand berichtet in nachvollziehbaren Tatsachen wahrheitsgetreu, weshalb an der Wahrhaftigkeit seines Berichts über Marklo kein Zweifel bestehen dürfte.

Es gibt das Problem, dass dieses Marklo bisher nicht lokalisiert werden konnte, was bei einem Ort dieser Bedeutung schon ein wenig erstaunt... Eine wirkliche Meinung kann ich mir darüber noch nicht bilden, denn diese Stelle habe ich bei Springer noch nicht nachgelesen.
 
Ashigaru schrieb:
Es gibt das Problem, dass dieses Marklo bisher nicht lokalisiert werden konnte, was bei einem Ort dieser Bedeutung schon ein wenig erstaunt... Eine wirkliche Meinung kann ich mir darüber noch nicht bilden, denn diese Stelle habe ich bei Springer noch nicht nachgelesen.

Wenn ich mich noch an den Vortrag von Prof. Dr. Springer erinnern kann, so war es der Heilige Liafwin aus England (gest. 775 in Deventer), der über ein jährliches Treffen der Sachsen in Marklo berichtete. Da der Hl. Liafwin aber niemals persönlich im Sachsengebiet war, sind seine Berichte mit Vorsicht zu bewerten. Dr. Springer sagte, daß es im frühen Mittelalter viele Versammlungen (z.B. Gerichte, Abstimmung über Feldzüge,...) gab. Aber die eine Versammlung hat es anscheinend nicht gegeben. Dr. Springer weißt daraufhin, da das alte Sachsen keine politische Einheit hatte und es daher viele Machthaber in Sachsen gab. Die Einteilung der Gaue wurde wohl eher später von den Karolingern vorgenommen.
Ich sehe das etwas anders......gerade weil es mehrere Herrscher im Sachsengebiet gab, war eine zentrale Versammlung schon angebracht.

Ferner weißt Dr. Springer auf die Fehldeutung des Begriffs "Electi" hin. Seiner Meinung nach waren diese 12 Electi aus allen Schichten pro Herrschaftsbereich, Ausgewählte von Gott und nicht vom Volk. Daher sei der Begriff "Electi" fehlgedeutet worden.

P.S.
Das heutige Marklo wurde erst in den `30iger Jahren so genannt.
 
Ich meine auch, dass manche Autoren - möglicherweise auch Springer, habe ich jetzt nicht so im Kopf - es angesichts damaliger Kommunikations-, Verkehrs und Herrschaftsverhältnis nicht für möglich halten, dass jährlich so eine Veranstaltung aller Sachsen zusammengekommen sein könnte.
 
Diese Ansicht ist überholt. Sachsen gilt heute nicht mehr als ein unterentwickeltes Land, dem erst die Franken die "Zivilisation" bescherten.
Ashigaru schrieb:
Der Anspruch wurde auf jeden Fall erhoben, dies geht aus der kurzen "außenpolitischen Konzeption" Pippins des Mittleren, die in den "Annales Mettenses" geschildert wird, eindeutig hervor.
Mehr als ein Anspruch kann es nicht gewesen sein, da in der überhöhenden Darstellung Pippins des Mittleren, der die Bekehrungsarbeit förderte, in den Metzer Jahrbüchern die Stämme der Friesen und Sachsen genannt werden. Suitbert hatte wie viele seiner Landsleute die Erfahrung machen müssen, daß die Bekehrungsarbeit vor allem von der Macht der Franken abhängig war. Vor den Angriffen der Sachsen mußte Suitbert aus dem Bruktererland, das nunmehr unter sächsische Herrschaft geriet, wieder zurückweichen. Pippin der Kurze beherrschte nur einen kleinen Teil Frieslands, der nach seinem Tod wieder verloren ging. Nach Sachsen unternahm er, wie die Merowinger, nur Feldzüge, ohne eine tatsächliche Herrschaft in Sachsen auszuüben.
Faktisch mag es durchaus unter den Sachsen auch fränkische Vasallen gegeben haben, immerhin gibt es ja wenigstens eine familiäre Beziehung im Hochadel zwischen Dagobert I. und seiner sächsischen Frau.
Es gab auch eine Verbindung zwischen Radbods Tochter und dem Hausmaier Grimoald, deshalb wurde weder der eine noch der andere tatsächlich zum Gefolgsmann.
Ashigaru schrieb:
Es gibt das Problem, dass dieses Marklo bisher nicht lokalisiert werden konnte, was bei einem Ort dieser Bedeutung schon ein wenig erstaunt.
Der Standort der Irminsul konnte bis heute auch nicht festgelegt werden, daraus schließt aber niemand, sie habe es nicht gegeben.
Cherusker schrieb:
Da der Hl. Liafwin aber niemals persönlich im Sachsengebiet war, sind seine Berichte mit Vorsicht zu bewerten.
Liafwin wurde von Gregor von Utrecht nach Sachsen geschickt.
Cherusker schrieb:
Seiner Meinung nach waren diese 12 Electi aus allen Schichten pro Herrschaftsbereich, Ausgewählte von Gott und nicht vom Volk.
Das kann aus der Quelle nicht geschlossen werden; es handelte sich naheliegend um Volksvertreter, da es in Marklo um Rechtstreitigkeiten, Gesetze und Vorhaben ging, die alle Sachsen betrafen.
 
Diese Ansicht ist überholt. Sachsen gilt heute nicht mehr als ein unterentwickeltes Land, dem erst die Franken die "Zivilisation" bescherten.

Darum geht es nicht, obwohl tatsächlich der durch das Reich geförderte Landesausbau im späten 7. und 8. Jahrhundert die Gebiete rechts des Rheins sehr verändert hat. Es geht darum, dass derart häufige Versammlungen aller der dafür bestimmten Menschen sehr schwer zu organisieren waren, zumal für so ein großes Gebiet. Springer verweist darauf, dass es so etwas nicht einmal im (bereits stärker staatlich organisierten) Frankenreich gegeben habe.

Mehr als ein Anspruch kann es nicht gewesen sein, da in der überhöhenden Darstellung Pippins des Mittleren, der die Bekehrungsarbeit förderte, in den Metzer Jahrbüchern die Stämme der Friesen und Sachsen genannt werden.

Die Darstellung ist überhöht. Dennoch geschahen die Forderungen Pippins nicht ohne Vorgeschichte, denn im 6. Jahrhundert ist schon einmal erwähnt, dass die Sachsen den Franken tributpflichtig waren. Ich halte es durchaus für möglich, dass es während des 5. und 6. Jahrhunderts noch engere, kaum überlieferte Beziehungen zwischen Sachsen und Franken gegeben haben mag. Denn es ist völlig klar, dass beide Völker sich aus diversen benachbarten Rhein-Weser-Germanenstämmen formiert haben.

Es gab auch eine Verbindung zwischen Radbods Tochter und dem Hausmaier Grimoald, deshalb wurde weder der eine noch der andere tatsächlich zum Gefolgsmann.

Es gibt z.B. für das Jahr 622 im Kontext des sächsischen Aufstands gegen Dagobert I. einen Sachsen namens Bertoald, der sich als Knecht des Königs
bezeichnet. Für mich steht es außer Frage, dass einige sächsische Adlige mehr oder weniger eng mit dem Merowingerreich verbunden waren, denn
- zum einen waren weder Sachsen noch die rechtsrheinischen Gebiete des Frankenreichs fest umrissene Staaten nach unseren heutigen Vorstellungen. Beide Gebiete wurden von einem Netz adliger Familien beherrscht, die mal Beziehungen zueinander pflegten, mal Kriege gegeneinander führten. Erst die Hausmeier bemühten sich darum, diesen Raum straffer und zentralistischer durchzuorganisieren. Wie ich bereits schon einmal schrieb, sehe ich es aber so, dass das Sachsenland - obwohl die Merowinger zeitweise die Oberherrschaft forderten und zum Teil vielleicht wirklich formal inne hatten - vor Karls Sachsenkriegen im 6./7. Jhdt. nie so eng mit dem Reich verbunden waren, wie Thüringen oder Alemannien.

Der Standort der Irminsul konnte bis heute auch nicht festgelegt werden, daraus schließt aber niemand, sie habe es nicht gegeben.

Da sehe ich schon einen Unterschied. Immerhin wäre Marklo ein Ort vom Rang z.B. einer der Hauptstädte des Merowingerreiches gewesen. Und es stimmt schon nachdenklich, wenn es dann nur in einer einzigen Quelle auftauchte, die Lage auch durch Ortsnamen nicht zu erschließen ist, und auch nicht durch spätere Besitzverhältnisse.

Das kann aus der Quelle nicht geschlossen werden; es handelte sich naheliegend um Volksvertreter, da es in Marklo um Rechtstreitigkeiten, Gesetze und Vorhaben ging, die alle Sachsen betrafen.

Nein, dass hast du nicht richtig verstanden. Es geht um die Übersetzung und Deutung des Wortes "electi". Während viele Forscher daraus geschlossen haben, dass die Vertreter "gewählt" wurden, plädiert Springer dafür - ausgehend vom Gebrauch des Wortes electi im frühen Mittelalter - dass diese Vertreter "ausgewählt" bzw. "bestimmt" sind.
 
Ashigaru schrieb:
Darum geht es nicht, obwohl tatsächlich der durch das Reich geförderte Landesausbau im späten 7. und 8. Jahrhundert die Gebiete rechts des Rheins sehr verändert hat. Es geht darum, dass derart häufige Versammlungen aller der dafür bestimmten Menschen sehr schwer zu organisieren waren, zumal für so ein großes Gebiet. Springer verweist darauf, dass es so etwas nicht einmal im (bereits stärker staatlich organisierten) Frankenreich gegeben habe.
Du meinst vermutlich im späten 8. und 9. Jahrhundert, da Sachsen zuvor nicht Bestandteil des fränkischen Reiches war. Die Veränderungen in den Gebieten rechts des Rheins betrafen vor allem eine Unterstützung der Feldzüge beispielsweise entlang des Hellwegs, an dem befestigte Ansiedlungen der Franken entstanden waren. Die Gründungen von Orten, die man den Karolinger nachsagt, führten erst in späteren Zeiten zu Städten, so etwa Osnabrück. Der Hellweg an sich war schon vorhanden, was auch auf viele andere Verkehrswege in Sachsen zutrifft. Die Übermittlung von Botschaften erfolgte bei den Franken und Sachsen auf die gleiche Weise, durch Meldereiter (Königsboten), wobei den Sachsen wohl noch Feuerzeichen und die Hillebillen zu Gebote standen. Die Herrschaftsverhältnisse in Sachsen begünstigten die Entstehung einer Ratsversammlung für den ganzen Stamm, die im übrigen für germanische Verhältnisse nicht ungewöhnlich war. Zur Ratsversammlung mußte, anders als bei den Franken, nicht erst eine Vorladung erfolgen, denn sie fand zu einer festgesetzten Zeit und an einem festgelegten Ort statt. Die Einrichtung einer Reichsversammlung kann auch bei den Franken kein wesentliches Hindernis gewesen sein, wenn sein Sohn aus Aquitanien zeitig in Sachsen ankam, und selbst Leo III. im Jahr 799 rechtzeitig zur Reichsversammlung der Franken in Paderborn erscheinen konnte.
Ashigaru schrieb:
Die Darstellung ist überhöht. Dennoch geschahen die Forderungen Pippins nicht ohne Vorgeschichte, denn im 6. Jahrhundert ist schon einmal erwähnt, dass die Sachsen den Franken tributpflichtig waren. Ich halte es durchaus für möglich, dass es während des 5. und 6. Jahrhunderts noch engere, kaum überlieferte Beziehungen zwischen Sachsen und Franken gegeben haben mag. Denn es ist völlig klar, dass beide Völker sich aus diversen benachbarten Rhein-Weser-Germanenstämmen formiert haben.
Die Franken versuchten in der Tat nach ihrem gemeinsamen Waffengang gegen die Thüringer bei den einst verbündeten Sachsen ihre machtbewußten Ziele durchzusetzen. In Verbindung mit einem Aufstand der Thüringer im Jahr 556 wurde auch erstmals von einer jährlichen Abgabe berichtet, die die Sachen - vermutlich sogar nur die im Harzvorland ansässigen - an die Franken zu entrichten hatten, um von einer weiteren zu starken fränkischen Einflußnahme verschont zu bleiben. Auf diese frühere und inzwischen lange, wohl seit der Schäche des merowingischen Königtums, beendete Abgabe beruft sich Pippin im Sinne eines alten Abhängigkeitsverhältnisses.
Ashigaru schrieb:
Es gibt z.B. für das Jahr 622 im Kontext des sächsischen Aufstands gegen Dagobert I. einen Sachsen namens Bertoald, der sich als Knecht des Königs bezeichnet.
Das ist eine mißverständliche Auslegung, die ich hier schon zuvor mit Strupanice besprochen habe.
Ashigaru schrieb:
Für mich steht es außer Frage, dass einige sächsische Adlige mehr oder weniger eng mit dem Merowingerreich verbunden waren, denn
- zum einen waren weder Sachsen noch die rechtsrheinischen Gebiete des Frankenreichs fest umrissene Staaten nach unseren heutigen Vorstellungen.
Es handelte sich dennoch um Stammesgebiete, die sich durch gesellschaftliche Unterschiede voneinander trennten. Die Herrschaft eines Königs lehnten die Sachsen offenbar grundsätzlich ab. Bindungen bestanden zwischen den Sippen, ob nun fränkisch oder sächsisch war da wohl weniger von Bedeutung.
Ashigaru schrieb:
Erst die Hausmeier bemühten sich darum, diesen Raum straffer und zentralistischer durchzuorganisieren.
Die Hausmaier hatten offensichtlich im Reich der Merowinger mehr als genug damit zu tun, die ursprüngliche Herrschaft wieder zu errichten. In Sachsen hat selbst Karl Martell nicht viel erreicht.
Ashigaru schrieb:
Da sehe ich schon einen Unterschied. Immerhin wäre Marklo ein Ort vom Rang z.B. einer der Hauptstädte des Merowingerreiches gewesen. Und es stimmt schon nachdenklich, wenn es dann nur in einer einzigen Quelle auftauchte, die Lage auch durch Ortsnamen nicht zu erschließen ist, und auch nicht durch spätere Besitzverhältnisse.
Die Orte der Franken sind zumeist durch das Wegeverzeichnis der fränkischen Könige oder durch aufgezeichnete Rechtsstreitigkeiten bekannt. In Sachsen hat es diese Aufzeichnungen nicht gegeben. Die Irminsul wurde nur bekannt, weil Karl der Große sie zerstörte. Hierzu gibt es auch keine späteren Ortsnamen oder Besitzverhältnisse, obwohl der Ort für die Sachsen einst sehr wichtig gewesen sein muß. Marklo war offenbar keine sächsische Siedlung, sondern ein Versammlungsort (heiliger Hain), der seine Bedeutung mit dem Zerfall der heidnischen sächsischen Gesellschaft in der Zeit Karls des Großen verloren hatte. Beide Orte sind aber ungenau erdkundlich bestimmt.
Ashigaru schrieb:
Nein, dass hast du nicht richtig verstanden. Es geht um die Übersetzung und Deutung des Wortes "electi". Während viele Forscher daraus geschlossen haben, dass die Vertreter "gewählt" wurden, plädiert Springer dafür - ausgehend vom Gebrauch des Wortes electi im frühen Mittelalter - dass diese Vertreter "ausgewählt" bzw. "bestimmt" sind.
Schon klar, doch weil es um wichtige rechtliche Anliegen ging, können die Vertreter nicht durch das Los ermittelt, ausgewählt oder bestimmt worden sein. Es muß sich um sachkundige und beteiligte Leute gehandelt haben, die im weltlichen Sinne als Fürsprecher ausgesucht wurden.
 
Horst schrieb:
Hucbalds von S. Amand berichtet in nachvollziehbaren Tatsachen wahrheitsgetreu, weshalb an der Wahrhaftigkeit seines Berichts über Marklo kein Zweifel bestehen dürfte.

Er hat es aber beim besten Willen rein biologisch nicht selbst erleben können, da er erst um 840 geboren wurde und am 21. Okt. 930 starb. Er war ein Zeitgenosse von Rudolf von Fulda. Davon mal abgesehen war Hucbald ein Poet und Musikgelehrter.
Ihm ist die Überlieferung der "Vita S. Lebuini" zu verdanken. Aber, wie gesagt, Poet und Musiker. Das hat einfach viel mit Phantasie zu tun.

Wiederholt kann ich hier nur die Dissertation von Hermann Stöbe (FSU Jena) empfehlen, die genau diese Punkte im Einzelnen auseinandernimmt.
 
Ashigaru schrieb:
Ich meine auch, dass manche Autoren - möglicherweise auch Springer, habe ich jetzt nicht so im Kopf - es angesichts damaliger Kommunikations-, Verkehrs und Herrschaftsverhältnis nicht für möglich halten, dass jährlich so eine Veranstaltung aller Sachsen zusammengekommen sein könnte.
Nicht die schlechte Kommunikation ist die Ursache, sondern, daß sämtliche Berichte über die Versammlung in Marklo ein Produkt von Erzählung, Dichtung und Volkssage sind, nicht von historischer Berichterstattung.
 
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