Sachsen-die Schwertsöhne

El Quijote schrieb:
Waren das romanische oder germanische Dialekte?

Da "French" üblicherweise die Bezeichnung für eine romanische Sprache ist, würde ich bei der Bezeichnung "Old North French" wohl ebenfalls auf einen romanischen Dialekt tippen...
 
Strupanice schrieb:
Mit Verlaub, dadurch, daß du die alten Geschichten von den streitsüchtigen Germanen, die keinen König über sich duldeten immer wiederholst, werden sie nicht richtiger.
Bei den Langobarden, den Thüringern, den Goten, den Franken, den auf den britischen Inseln lebenden Germanen usw. gibt es überall einen oder mehrere Könige. Der Versuch hier eine Form der griechischen Demokratie in die spätgentile, frühfeudale Gesellschaftsstruktur einzupflechten geht paralell mit den sagenhaften Erzählungen der Chronisten von der Herkunft der Sachsen von den Makedoniern.

So was haben denn die Langobarden, Franken, Goten, Angel-Sachsen usw. gemeinsam?:grübel: Richtig....sie sind mit Teilen bzw. in der Gesamtheit ihres Volkes auf Wanderschaft gegangen und so haben sie auch andere Herrschaftsformen (auch von den Römern inspieriert) eines Alleinherrschers über einen längeren Zeitraum angenommen.
Aber worüber schreiben wir hier eigentlich? Die Sachsen!!! Und zwar diejenigen fußlahmen Sachsen, die im norddeutschen Gebiet verblieben. Auch ist kein König bekannt, der die zurückgebliebenen Langobarden beherrscht hat.

Übrigens habe ich hier keinen Versuch unternommen eine "Form der griechischen Demokratie" darzustellen ....:pfeif:



Strupanice schrieb:
Wieso werden Herzoge nur für Kriegshandlungen gewählt. Herrscht in den militärisch so hervorragend organisierten Gebieten in Friedenszeit die absolute "Anarchie". Wie lassen sich Sippen, die es gewohnt sind selbständig zu handeln und keine Befehle zu erhalten, gerade in kritischen Zeiten, wie die einer militärischen Bedrohung, auf einmal zu Befehlsempfängern degradieren ?
Wer soetwas annimmt, stellt die gesammten Gesellschaftswissenschaften auf den Kopf.

Ganz einfach....germanische Stämme hatten in der Antike die Angewohnheit einen Anführer für bestimmte Unternehmungen zu bestimmen. Als Beispiel nenne ich Dir hier: Ariovist ("Anführer des Heeres"), der suebische Gemeinschaften und andere germanische Stämme (z.B. Jüten) nach Gallien führte. Sie haben sich für diese Aktion einer bestimmten Person untergeordnet.

Und was hat das mit Anarchie zu schaffen, wenn z.B. auf einem Thing aus mehreren germanischen Adligen ein Anführer gewählt wird und ansonsten die Adligen ihre Gebiete beherrschen? Da gibt es doch keine Unordnung, wenn die Adligen für eine bestimmte Zeit einen Anführer wählen/bestimmen. Im Gegenteil, wenn in einem Kriegsfall zuviele Anführer verschiedene Ansichten haben, kommt es nicht zu einer notwendigen Entscheidung. Daher wurde für den zeitlich begrenzten Zeitraum einer Aktion ein Anführer gewählt, der militärische Handlungen koordinieren konnte. Auch bei den Kelten gab es solche Anführer. Wenn sie allerdings versagten, dann blühte ihnen bei den Kelten Unheil (Tod) und danach kam es auch nicht zur Anarchie.
Da braucht man nun wirklich keine Wissenschaften auf den Kopf zu stellen.....:p
 
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beorna schrieb:
Wo steht denn das die Edelinge genauso abhängig waren wie die Liten?
Die Rechtsbücher, die aus der Zeit Karls des Großen stammen, kennen im Unterschied zu den älteren Rechtsbüchern einen höheren Stand als die Freien. Obendrein ist darauf hinzuweisen, daß eine bestimmte Ständegliederung durchaus nicht die gesamte Bevölkerung eines Landes zu umfassen brauchte und daß neben der einen Ständegliederung mehrere andere bestehen konnten. Einen Stand oder wenigstens eine Schicht hat Karl der Große in Sachsen mit Sicherheit geschaffen, nämlich die königlichen Liten. So kommt Matthias Springer zu dem Schluß, die Edlen bildeten keine sächsische Besonderheit, sondern eine Besonderheit der unter Karl dem Großen geschaffenen Rechtsbücher.
beorna schrieb:
Wie konnte deiner Meinung nach das kleine Völkchen der saxones ganz Sachsen erobern?
Eine kleine Siedlung wie Rom konnte ein Weltreich errichten, so ist es nicht wirklich verwunderlich, wenn dies auch den Sachsen gelang.
beorna schrieb:
Zwischen Sachsen und Alamannen liegt das Land der Franken das früher Germanien hieß.
Römische Verwaltung hat diesen Namen geschaffen; gemeint ist hier also sicherlich nicht das große Germanien, sondern Obergermanien mit der Hauptstadt Mainz.
beorna schrieb:
Ihr Gebiet gehörte zur francia antiqua.
Der Begriff ist mir unbekannt. Meines Wissens lag die sogenannte Francia im nördlichen Frankreich.
beorna schrieb:
Die Brukterer müssen nicht Brukterer sein. Vielmehr bezeichnet der Begriff Borahtri die Einwohner eines Gaues. Doch nirgends wird gesagt, daß diese keine Herrschaft über sich hätten oder auch nur welche.
Der heilige Suitbert, der einer der Genossen Willibrords war, zog von Friesland zu den Brukterern, einem kleinen Stamm rechts des Niederrheins. Die Brukterer saßen zu beiden Seiten der unteren Ruhr und bis zur Ems, in der Nähe des Sachsenlandes.
beorna schrieb:
... nur das kleine, unbesiegbare Gebiet der Brukterer blieb frei.
So wird es berichtet.
beorna schrieb:
Unzählige Reiche fielen mit dem Tod des Königs, während Gebiete mit zersplitterten Herrschaften vielfach mühselig unterworfen werden.
Es gibt aber auch Gegenbeispiele, so kann man nicht aus Kriegen auf eine bestimmte Verwaltung schließen (vgl. Römisches Reich).
Cherusker schrieb:
Da aber der sächsische Adel mehr oder weniger schon auf die Seite Karl d.Gr. übergetreten war, ...
Hierbei handelt es sich um eine Vermutung, die mit die Einführung der Grafschaftsverfassung begründet wird, wobei auch sächsische Edlinge zu Grafen (comes) gemacht wurden.
Strupanice schrieb:
Der Versuch hier eine Form der griechischen Demokratie in die spätgentile, frühfeudale Gesellschaftsstruktur einzuflechten geht parallel mit den sagenhaften Erzählungen der Chronisten von der Herkunft der Sachsen von den Makedoniern.
Beides ist falsch, dennoch ergibt sich meiner Einschätzung nach aus den Quellen eine Volksherrschaft bei den Sachsen; anders ist die jährliche Versammlung der Sachsen (die es auch ohne Marklo gegeben haben muß) nicht zu deuten (vgl. hierzu auch das Allthing der Isländer).
beorna schrieb:
Es handelt sich um eine Version von Liafwin.
Matthias Springer teilt uns mit: Der sprachbewußte Hucbald veränderte den unpassenden Ausdruck satrape in principes, "die Großen".
 
Horst schrieb:
Eine kleine Siedlung wie Rom konnte ein Weltreich errichten, so ist es nicht wirklich verwunderlich, wenn dies auch den Sachsen gelang.

Das Rom, das ein Weltreich errichtet hat, war keine kleine Siedlung.

Ansonsten dürfte die römische Geschichte kein gutes Vergleichsbeispiel, geschweige denn einen Beleg (der war ja gefordert) für die sächsische Eroberung darstellen.
 
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Cherusker schrieb:
So was haben denn die Langobarden, Franken, Goten, Angel-Sachsen usw. gemeinsam?:grübel: Richtig....sie sind mit Teilen bzw. in der Gesamtheit ihres Volkes auf Wanderschaft gegangen und so haben sie auch andere Herrschaftsformen (auch von den Römern inspieriert) eines Alleinherrschers über einen längeren Zeitraum angenommen.
Aber worüber schreiben wir hier eigentlich? Die Sachsen!!! Und zwar diejenigen fußlahmen Sachsen, die im norddeutschen Gebiet verblieben. Auch ist kein König bekannt, der die zurückgebliebenen Langobarden beherrscht hat.

Wie wurde so schön in diesem Forum schon mehrfach gesagt. "Nur weil es keine Erwähnung fand, heißt es nicht, daß es dies nicht gab".
Aber mal im Ernst. Die Sachsen kamen meiner Auffassung nach im fränkisch-thüringischen Krieg unter fränkische Herrschaft. Weiterhin kommt hinzu, daß die nordgermanischen Stämme, einschließlich der Thüringer keine Schriftsprache besaßen. Die nächste Theorie ist natürlich, daß die nordgermanischen Stämme zwischen Rhein und Elbe schon vor 531 unter thüringischem Einfluß standen. Die beiden großen Königreiche zogen wie Magneten alle an ihren Rändern lebenden Gruppen in sich auf. Nicht ohne Grund werden die ersten Kämpfe des Thüringischen Krieges im Gebiet um Hannover vermutet.



Cherusker schrieb:
Ganz einfach....germanische Stämme hatten in der Antike die Angewohnheit einen Anführer für bestimmte Unternehmungen zu bestimmen. Als Beispiel nenne ich Dir hier: Ariovist ("Anführer des Heeres"), der suebische Gemeinschaften und andere germanische Stämme (z.B. Jüten) nach Gallien führte. Sie haben sich für diese Aktion einer bestimmten Person untergeordnet.

Und was hat das mit Anarchie zu schaffen, wenn z.B. auf einem Thing aus mehreren germanischen Adligen ein Anführer gewählt wird und ansonsten die Adligen ihre Gebiete beherrschen? Da gibt es doch keine Unordnung, wenn die Adligen für eine bestimmte Zeit einen Anführer wählen/bestimmen. Im Gegenteil, wenn in einem Kriegsfall zuviele Anführer verschiedene Ansichten haben, kommt es nicht zu einer notwendigen Entscheidung. Daher wurde für den zeitlich begrenzten Zeitraum einer Aktion ein Anführer gewählt, der militärische Handlungen koordinieren konnte. Auch bei den Kelten gab es solche Anführer. Wenn sie allerdings versagten, dann blühte ihnen bei den Kelten Unheil (Tod) und danach kam es auch nicht zur Anarchie.
Da braucht man nun wirklich keine Wissenschaften auf den Kopf zu stellen.....

Das Problem an dem ganzen Konstrukt ist, daß hier kein Fall bekannt ist, wo genau dieser Fall eingetreten ist, daß ein Heerführer für eine bestimmte Zeit die Befehlsgewalt hatte und sie dann wieder freiwillig abgegeben hätte. Das sind alles Interpretationen aus den mehrfach veränderten Chroniken, deren zeitnahe Ur-Quelle nicht mehr vorhanden ist.

Ein oberster Befehlshaber hat natürlich auch die Befugnisse, die, die ihn gewählt haben, abzusetzen, kaltzustellen usw. Desweiteren war die kriegerische Unternehmung erst dann beendet, wenn der "Heerführer" dies so wollte. Und was aus den Quellen des 7. und 8. Jh. herauszulesen ist, war eingentlich ständig Krieg ! Die Ruhephasen zwischen den Kämpfen waren so kurz, daß es kaum möglich war, die Mannschaften geordnet zurückzuführen und dann wieder neu aufzustellen. Die geplanten Kämpfe brauchten monatelange Vorbereitungszeit. Allein die logistischen Vorbereitungen und die Sicherstellung der Versorgung der Mannschaft war ein riesiges Unterfangen.

Das Element des Things und ähnlicher Ratssitzungen sind für die sächsischen Gebiete, wenn überhaupt letztmalig bei Tacitus erwähnt.
In Norwegen stand über dem Thing jeweils ein König (Hakon usw.). Überhaupt hört man von Norwegen erstmals im 7. Jh. und dort spricht man von "Kleinreichen". Die Angeln und Sachsen bildeten seit ihrer Ankunft in England Königreiche. Warum behielten sie nicht ihre altbewährte Form aus den altsächsichen Gebieten bei ? Die Angeln und Warnen bildeten im Thüringer Reich ein Königtum aus.
Der Thing in Island ist erst durch Landnahme norwegischer Siedler vom 9.-10. Jh. entstanden, die zuvor unter frühfeudalen Strukturen innerhalb der norwegischen Kleinreiche lebten. Hier ist allerdings eine Sonderform entstanden, die es woanders in Europa nicht gab, die allerdings Mitte des 13. Jh. von außen beendet wurde. Ob es hier Gemeinsamkeiten und vor allem gemeinsame Urspünge mit den fränkischen und anderen germanischen Things gab, ist nicht nachweisbar.
Im Übrigen lebte die Thingverfassung auch unter den Franken und später den deutschen Königen weiter. Bis in die frühe Neuzeit sind diese Landgerichte noch anzutreffen.
 
Wie Hyokkose schon richtig darstellt, es gibt viele Deutungsmöglichkeiten von Namen, die zum Teil an den Haaren herbeigezogen sind. Ich kann mich noch erinnern, daß ich auch schon mal gelesen habe, daß der Name der Brukterer aus dem Keltischen stammen soll. Ich weiß nicht mit Sicherheit, ob Brukterer von Bruch oder Brache kommt oder von irgendeinem anderen Wort, wenn man aber die VERMUTLICHE Lage der Brukterer nimmt, so liegen sie in einem Gebiet mit sehr viel Moor- und Feuchtlandschaften. Daher läge Bruch näher, zudem macht für mich die Bez. Brache wenig Sinn. Das Volk von der Brache? Anger bedeutet in der Tat Wiese, aber eben auch Flußlandschaft, es kann sogar Bergwiesen meinen. Warjoz ist das germ. Wort für Mann. Man bedenke Wergeld. Ich weis es jetzt nicht, letztlich könnte wer und warrior und war zusammenhängen, ob direkt, keine Ahnung. Somit bliebe für Angrivarier - Männer aus dem Flußtal. Das ist aber nicht besonders entscheidend.

Ich kann Strupanice nur unterstützen. Es ist unsinnig, den Germanen einen gewissen demokratischen Grundcharakter zu unterstellen. Wo immer einem Germanen es möglich war eine Königsherrschaft zu errichten, hat er das auch versucht. Wenn andere diesen Versuch vereitelt haben, dann nicht aus demokratischer Grundüberzeugung, sondern um nicht beherrscht zu werden, am Besten, um selber eine Königsherrschaft zu errichten. Und zum Begriff 'wählen' - man warf die Runen. Hier haben wir tatsächlich eine Ähnlichkeit mit dem griechischen Orakel: Und? Aus den Runen wurde gelesen wer führt. Aber bestimmt nicht durch den Ratschluß der Götter, sondern durch handfeste politische Interessen. Auch die ewige Unterteilung, nach Tacitus, in reges und duces. Welcher rex überließ es denn einem zufällig gewählten dux, einen Kriegszug zu führen, bei dem der dux so viel Macht erlangen konnte um selber rex zu werden.

Zu Horst und dem Begriff 'principes'. Wir sind uns doch einig, daß der Begriff der satrapae keinesfalls sächsisch ist. Beda wußte nur nicht, wie er die Stellung der sächsischen Führer bezeichnen sollte. Daher ist Hucbalds Änderung in principes (ich hatte mich hier wohl vertan) durchaus verständlich. Zudem werden in der nordischen Sage mehrfach sächsische Könige erwähnt. Also warum sollen die Sachsen keine Könige gehabt haben. Ich frage mich sowieso immer, wer bestimmt ob jemand König ist oder nicht. Es ist nicht ungewöhnlich, daß ein duxo.ä. in fränkischen Quellen, in anderen Quellen als König erscheint. Wer hat nun Recht. Ich habe mich das schon immer bei Ariovist gefragt. Er erhält von Rom den Königstitel. Ja, was war er denn vorher? Kein König? Oder hat Rom ihm nicht vielmehr protokollarisch diesen Titel zugesprochen, obwohl Ariovist sich selbst schon vorher als König sah?

Horst, deiner Meinung nach ergibt sich aus den Quellen eine Volksherrschaft bei den Sachsen. Wie habe ich das zu verstehen? Ich hatte schon mal gefragt. Wie siehst du die je 12 Vertreter der Stände in Marklo? Siehst du in ihnen Abgeordnete? Wie kann ein Adliger, Freier oder Lite in der Versammlung frei mitbestimmen, wenn er in einer Gefolgschaft/Abhängigkeit eines Adligen steht und dieser ganz anders abstimmt?
 
Ui, da ist ja vieles verschiedene geschrieben worden.

Strupanice schrieb:
Diese Methode ist sogar sehr richtig, da die bisherige Forschung archäologisch nicht definierte Funde der historiographischen Forschung folgend erst eine zwanghafte Zuordnung zu einer Ethnie geschaffen hat. Somit sind Funde "eindeutig" als allamannisch, fränkisch, sächsisch usw. bezeichnet worden, weil man davon ausging, daß die "Stämme" zu dieser Zeit in diesem Gebiet gelebt haben, wie es die Chronisten berichten. Genau hier tritt die große Fälschung zu tage.

Was die Ethnienproblematik an sich betrifft, finde ich Springers Ausführungen zum großen Teil sogar sehr zutreffend. Aber ich sehe eine große Problematik darin, wenn die archäologischen und die historischen Forschungen nur nebenher laufen. Aufgrund der den historischen Quellen dieser Zeit eigenen Einseitigkeit auf bestimmte Ereignisse oder soziale Gruppen hin kann es so passieren, dass völlig verschiedene Forschungsbilder entstehen. Zudem ist die Rolle der Archäologen zwiespältig: zum einen können sie als einzige wirklich neue frühmittelalterliche Quellen erschließen; andererseits sind sie gerade für dieser Epoche sehr stark auf die Vorarbeit der Historiker angewiesen, da es unheimlich wenige "sprechende" Funde gibt. Und noch ein Aspekt: ich interessiere mich besonders für das frühmittelalterliche Hessen, dass in den historischen Quellen vor der Gründung der Klöster Fulda, Lorsch und Hersfeld kaum Erwähnung findet, aber ebenjene Zeit trotz noch gewaltiger Forschungslücken archäologisch relativ gut erforscht ist (im Vergleich etwa zu den Sachsen). Ich denke, es wäre fahrlässig, diese Grabungen völlig zu ignorieren.

Horst (zur Francia antiqua) schrieb:
Der Begriff ist mir unbekannt. Meines Wissens lag die sogenannte Francia im nördlichen Frankreich

Jein. Mit der Lokalisierung der Francia liegst du zwar richtig. Die Francia antiqua taucht aber durchaus auch in den Quellen auf. Dieser begrifft wird so gedeutet, dass er sich auf einen rechtsrheinischen Siedlungsbereich der Franken am Niederrhein bezieht.

Horst schrieb:
Der heilige Suitbert, der einer der Genossen Willibrords war, zog von Friesland zu den Brukterern, einem kleinen Stamm rechts des Niederrheins. Die Brukterer saßen zu beiden Seiten der unteren Ruhr und bis zur Ems, in der Nähe des Sachsenlandes.
Beorna schrieb:
... nur das kleine, unbesiegbare Gebiet der Brukterer blieb frei.
So wird es berichtet.

Ich habe mir die Stelle neulich mal angeschaut. Tatsächlich lässt sich dabei so gut wie gar nichts über die Brukterer erfahren, außer dass Suitbert dort missioniert und dass jene von den Sachsen angegriffen und die christlichen Brukterer vertrieben wurden. Die "Boructuarii" des Suitbert werden tatsächlich aufgrund des Vergleichs mit den "altgermanischen" Brukterern lokalisiert. Diese Erwähnung wird gerne zu allen möglichen Interpretationen genutzt (besonders Böhme äußerte sich sehr weitgehend in einem Aufsatz von 2000 dazu, worauf ich noch mal zurückkommen möchte). Ich bin aber auch der Meinung, dass die Brukterer des 7./8. Jahrhunderts kaum an einer anderen Stelle als irgendwo im nordhessisch/südwestfälischen Raum gelebt haben können.

Und schließlich noch zum Problem der Königsherrschaft bei den Germanen: das ist eine Frage, die nun wirklich nicht einfach zu klären ist. Aus Zeitmangel möchte ich nur kurz darauf verweisen, dass im Merowingerreich die allermeiste Zeit mehrere Könige gleichzeitig herrschten (durchaus auch innerhalb des Teilreiches, etwa das Vater-Sohn-Gespann Chlothar II./Dagobert I. oder dass es zu Konstruktionen mit unterschiedlichem Zusammensetzungen kam, in Form der Kombination ein mächtiger Hausmeier + König (unter Pippin d. Mittleren bis Pippin d. Jüngeren) oder dass Kinderkönige von Hausmeiern sowie verschiedenen Adels- und Kirchenoligarchien gestützt wurden. Zu einer echten Monarchie kam es wohl erst unter Pippin dem Jüngeren.
 
Ashigaru schrieb:
[...]Ethnienproblematik [...] Aber ich sehe eine große Problematik darin, wenn die archäologischen und die historischen Forschungen nur nebenher laufen. Aufgrund der den historischen Quellen dieser Zeit eigenen Einseitigkeit auf bestimmte Ereignisse oder soziale Gruppen hin kann es so passieren, dass völlig verschiedene Forschungsbilder entstehen. Zudem ist die Rolle der Archäologen zwiespältig: zum einen können sie als einzige wirklich neue frühmittelalterliche Quellen erschließen; andererseits sind sie gerade für dieser Epoche sehr stark auf die Vorarbeit der Historiker angewiesen, da es unheimlich wenige "sprechende" Funde gibt.

Ich möchte Ashigarus Argumentation mit einem spanischen Beispiel unterstützen. Strabo berichtet auf der iberischen Halbinsel von Kelten, Iberern und Keltiberern. Diese drei Völkerschaften werden bis heute in der Historiographie unterschieden. Nur sehr langsam setzt sich die Erkenntnis der Archäologen durch, dass die Keltiberer von den Kelten archäologisch nicht zu unterscheiden sind. Strabo hat eben aus der Außenperspektive geschrieben...
Jetzt ergibt sich allerdings ein neues Problem, nämlich dass der alte Begriff Keltiberer modern gerne für die "Iberokelten" benutzt wird. Die Konfusion ist perfekt.

Zurück zu den Sachsen und ihren Teilstämmen.
 
Ashigaru schrieb:
Aber ich sehe eine große Problematik darin, wenn die archäologischen und die historischen Forschungen nur nebenher laufen. Aufgrund der den historischen Quellen dieser Zeit eigenen Einseitigkeit auf bestimmte Ereignisse oder soziale Gruppen hin kann es so passieren, dass völlig verschiedene Forschungsbilder entstehen.
Nicht nebenher, sondern es geht darum, daß die archäologischen Untersuchungen sich an die eindeutig erkennbaren Fakten halten, nicht mehr dazu fügen und nichts weglassen.
In der bisherigen Archäologie ist es aber oftmals der Fall gewesen, daß man aufgrund der Kenntnis der schriftlichen Quellen auf die Bestätigung dieser hingearbeitet hat, ohne in Betracht zu ziehen, daß es sich bei den gemachten Funden um völlig andere Ethnien handeln könnte. Man hat sozusagen etwas gefunden und hat es automatisch den von der Geschichtswissenschaft definierten Gruppen zugeordnet, obwohl man überhaupt keinen Überblick hatte, ob diese Gruppen wirklich dort siedelten.


Ein Fall ganz aktueller Fall ist z.B. die Suche nach der Königspfalz Dornburg des 10./11. Jh. Jahrzehntelang wurde gestritten, wo sich diese Pfalz nun befunden hat. Anhand der Itinerare ist eindeutig Dornburg an der Saale übrig geblieben. Nun hat man aber seit Jahrhunderten in sämtlichen Chroniken davon geschrieben, daß das heute noch stehende sogenannte "Alte Schloß" auf den Grundmauern der Pfalz steht.
Die neuesten Grabungen ergaben, daß die frühesten Mauerfunde und keramischen Funde auf das 12. Jh. hindeuten.
Hier ist nun der vielgefürchtete Fall eingetreten, daß historiographische und archäologische Überlieferung nicht zusammenpassen.
Das die Burg irgendwo in der Nähe der Stadt gelegen haben muß, ist sicher unstrittig, doch das Wissen um die Lage der bis ins 11. Jh. genutzten Pfalz war schon im Spätmittelalter bei den verschiedenen Chronisten nicht mehr vorhanden.
 
beorna schrieb:
Ich kann Strupanice nur unterstützen. Es ist unsinnig, den Germanen einen gewissen demokratischen Grundcharakter zu unterstellen. Wo immer einem Germanen es möglich war eine Königsherrschaft zu errichten, hat er das auch versucht. Wenn andere diesen Versuch vereitelt haben, dann nicht aus demokratischer Grundüberzeugung, sondern um nicht beherrscht zu werden, am Besten, um selber eine Königsherrschaft zu errichten. Und zum Begriff 'wählen' - man warf die Runen. Hier haben wir tatsächlich eine Ähnlichkeit mit dem griechischen Orakel: Und? Aus den Runen wurde gelesen wer führt. Aber bestimmt nicht durch den Ratschluß der Götter, sondern durch handfeste politische Interessen. Auch die ewige Unterteilung, nach Tacitus, in reges und duces. Welcher rex überließ es denn einem zufällig gewählten dux, einen Kriegszug zu führen, bei dem der dux so viel Macht erlangen konnte um selber rex zu werden.

Das stimmt definitiv nicht!
Wie Tacitus in seiner GERMANIA beschreibt, wurden die Angelegenheiten eines Stammes von den Stammeshäupter (Adlige) und ggfs. vom König auf einer Volksversammlung (Thing) geregelt. Die Vorschläge wurden dann von der Versammlung durch Murren abgelehnt oder durch Waffenschlagen zugestimmt. Allerdings weist Tacitus daraufhin, daß sich die Goten dadurch ausweisen, daß sie Könige haben. Das besondere Merkmal der Goten sind die runden Schilde, kurzen Schwerter und der Gehorsam gegenüber Könige.
Wenn das ein besonderes Merkmal ist, dann können die anderen germanischen Stämme keine Könige gehabt haben.
Somit wurden die anderen germanischen Stämme von den Stammeshäupter beherrscht, die gemeinsam beim Thing die Vorgehensweise festlegten. Es ist hier keine Rede von Runenwerfen (obwohl auch Priester anwesend waren).
Auch ist Marbod (als Alleinherrscher der Markomannen) von den Römern ausgebildet worden. So hat er deren gewünschtes Herrschaftsbild (Königtum)übernommen. Das er aber zu mächtig wurde, das war von den Römern nicht gewollt.
Wieso sollen denn die Sachsen in Norddeutschland jetzt ein grundlegendes anderes Bild dargestellt haben, wenn auch bei ihnen ein Thing genannt wurde? Daß die Germanen grundsätzlich ein Königtum angestrebt haben, ist eine reine Vermutung, die durch Quellen nicht zu beweisen ist (eher das Gegenteil).





beorna schrieb:
...Ich habe mich das schon immer bei Ariovist gefragt. Er erhält von Rom den Königstitel. Ja, was war er denn vorher? Kein König? Oder hat Rom ihm nicht vielmehr protokollarisch diesen Titel zugesprochen, obwohl Ariovist sich selbst schon vorher als König sah?

Ariovist war einfach (wie sein Name schon sagt) der Anführer des Heeres. Da er über suebische Stämme und andere beteiligte Germanen (Jüten) herrschte, kann er vorher nicht deren König gewesen sein, da die Sueben sich als Freie bezeichnet haben, die keinem Stamm unterstanden (außer sie wurden "übernommen", wie durch Marbod). Die Sueben waren somit eine Völkergemeinschaft. Bestimmt hat Ariovist vorher keinen so großen Herrschaftsbereich gehabt, daß er auch über die Jüten bestimmte. Diese Ansicht wurde so auch von Prof. Dr. Wolfram bei einem Vortrag vertreten.
Fazit: Ariovist sein Heer war ein zusammengewürfelter Haufen, der das Ziel der Landnahme verfolgte.
 
Cherusker schrieb:
Das stimmt definitiv nicht!
Wie Tacitus in seiner GERMANIA beschreibt, wurden die Angelegenheiten eines Stammes von den Stammeshäupter (Adlige) und ggfs. vom König auf einer Volksversammlung (Thing) geregelt. Die Vorschläge wurden dann von der Versammlung durch Murren abgelehnt oder durch Waffenschlagen zugestimmt. Allerdings weist Tacitus daraufhin, daß sich die Goten dadurch ausweisen, daß sie Könige haben. Das besondere Merkmal der Goten sind die runden Schilde, kurzen Schwerter und der Gehorsam gegenüber Könige.
Wenn das ein besonderes Merkmal ist, dann können die anderen germanischen Stämme keine Könige gehabt haben.
Somit wurden die anderen germanischen Stämme von den Stammeshäupter beherrscht, die gemeinsam beim Thing die Vorgehensweise festlegten. Es ist hier keine Rede von Runenwerfen (obwohl auch Priester anwesend waren).
Auch ist Marbod (als Alleinherrscher der Markomannen) von den Römern ausgebildet worden. So hat er deren gewünschtes Herrschaftsbild (Königtum)übernommen. Das er aber zu mächtig wurde, das war von den Römern nicht gewollt.
Wieso sollen denn die Sachsen in Norddeutschland jetzt ein grundlegendes anderes Bild dargestellt haben, wenn auch bei ihnen ein Thing genannt wurde? Daß die Germanen grundsätzlich ein Königtum angestrebt haben, ist eine reine Vermutung, die durch Quellen nicht zu beweisen ist (eher das Gegenteil).
Zuersteinmal stellt sich die Frage, warum Tacitus die Gotenführer als Könige bezeichnet, die anderer gentes als principes oder duces. Ich habe das noch nicht untersucht, aber nur weil Tacitus sie nicht als Könige bezeichnet, muß das grundsätzlich so stimmen. Allerdings befinden wir uns zu Tacitus Zeiten +/- 100 in einer Zeit der Veränderung in Germanien. Es war eine Zeit großer Völkerverschiebungen. Dies könnte ein Grund für das Fehlen von Königsherrschaften sein. Die jeweiligen militärischen Führer waren nach ihrer Landnahme noch nicht fähig eine Königsherrschaft zu errichten. Auffallen muß doch, daß z.B. Arminius zur stirps regia der Cherusker gehört - ohne Könige, keine stirps regia - ergo muß ein Königtum zuvor bestanden haben, daß auf der Wanderung im 1. Jhd v.d.Z. verlorenging. Wir haben dieses Phänomen auch in Gallien, z.B. Vercingetorix bei den Arvernern. Ich empfehle dir dazu Wenskus, Stammesbildung und Verfassung.
Zu den Runen: Sie warfen das Los, bzw. das Los entschied. Was stellst du dir dabei vor, Stäbchenziehen, Tombola?
Cherusker schrieb:
Ariovist war einfach (wie sein Name schon sagt) der Anführer des Heeres. Da er über suebische Stämme und andere beteiligte Germanen (Jüten) herrschte, kann er vorher nicht deren König gewesen sein, da die Sueben sich als Freie bezeichnet haben, die keinem Stamm unterstanden (außer sie wurden "übernommen", wie durch Marbod). Die Sueben waren somit eine Völkergemeinschaft. Bestimmt hat Ariovist vorher keinen so großen Herrschaftsbereich gehabt, daß er auch über die Jüten bestimmte. Diese Ansicht wurde so auch von Prof. Dr. Wolfram bei einem Vortrag vertreten.
Fazit: Ariovist sein Heer war ein zusammengewürfelter Haufen, der das Ziel der Landnahme verfolgte.
Hier hast du in Teilen Recht. Ariovist war wohl nur König der Triboker, alle anderen von Cäsar ihm unterstellten gentes, waren nur lose oder gar nicht Ariovist unterstellt. Dies gilt für die Sueben, die am Rhein erschienen, vielleicht auch für Harüden und Eudosen. Das er von anderen Königen als gleichwertig angesehen wurde, zeigt seine Heirat mit einer norischen Königstochter.

Horst, Beda schreibt, ich nehme die Stelle jetzt mal aus Springer: (Die Ewalde) begaben sich in die/eine Provinz der Altsachsen. In der englischen Übersetzung heißt es lustiger Weise to the KINGDOM of the Old Saxons. Weiter heißt es bei Beda, daß sich die Ewalde an den satrapa wenden wollten, um zu missionieren. Aus Angst, der satrapa konnte zum Christentum übertreten und die Einwohner der "Provinz" ebenfalls dazu zwingen, tötete man sie. Es stellt sich hier wieder die Frage nach der Macht der Volksversammlung. Anscheinend hatte der satrapa das Recht den Glauben seiner ihm Untergebenen zu bestimmen, wenn man den Quellen glauben darf, was du ja machst. Der satrapa schickte sogar seine Leute aus, die das Dorf niederbrannten und alle seine Bewohner erschlugen. Welch wahrhaft demokratisches Verhalten!!!
 
Nicht nebenher, sondern es geht darum, daß die archäologischen Untersuchungen sich an die eindeutig erkennbaren Fakten halten, nicht mehr dazu fügen und nichts weglassen.

Ein Fall ganz aktueller Fall ist z.B. die Suche nach der Königspfalz Dornburg des 10./11. Jh. Jahrzehntelang wurde gestritten, wo sich diese Pfalz nun befunden hat. Anhand der Itinerare ist eindeutig Dornburg an der Saale übrig geblieben.

@ Strupanice: das finde ich etwas widersprüchlich: einerseits soll die Archäologie sich an die Fakten halten, andererseits hat sie beim Beispiel Dornburg die historischen Annahmen widerlegt.

In der bisherigen Archäologie ist es aber oftmals der Fall gewesen, daß man aufgrund der Kenntnis der schriftlichen Quellen auf die Bestätigung dieser hingearbeitet hat, ohne in Betracht zu ziehen, daß es sich bei den gemachten Funden um völlig andere Ethnien handeln könnte.

Das stimmt. In diesem Punkt drehen sich die Archäologen etwas im Kreis. So hat Böhme (was ich gestern schon anschnitt) aufgrund des Problems, dass sich die Kulturen in Nordhessen, Westfalen und Niedersachsen praktisch aufgrund archäologischer Funde nicht oder nur schwer trennen lassen, die Brukterer für sich "entdeckt" und sieht sie nun wohl als eine dem ganzen Raum bestimmenden Ethnie des 6. und 7. Jahrhunderts an. (siehe Jahrbuch Hessische Landesgeschichte, 2000). Nicht völlig überzeugt hat mich auch der Ansatz von Frank Siegmund (Alemannen und Franken), der aufgrund einer quantifizierenden Analyse von Gräbern in ganz Deutschland Kulturräume abgrenzen konnte, aber auch feststellen muss, dass die Unterschiede dabei in Nuancen liegen und die Völker des 5. bis 7. Jahrhunderts eine sehr ähnliche materielle Kultur pflegten.

Andererseits nehme ich z.B. bei Springer zur Kenntnis, dass er etwa in seinem Kapitel über die sächsische Religion die Grabfunde überhaupt nicht berücksichtigt (die zumindest Zusatzinformationen geben) oder dass er sich kaum zur Erforschung von Siedlungen oder Ringwällen äußert (von denen einige ja doch archäologisch kaum erforscht sind). So richtig ich die Schlüsse meist finde, die er aus den Quellen zieht (wie etwa die grundsätzliche Aussage, dass die bekannten "Ethnien" im 8. Jahrhundert in Wahrheit verschiedene Adelsfamilien und nicht Völker darstellen), so blendet er auf diese Weise die Alltagskultur und die Kultur der "einfachen" Menschen (über die in der Regel höchstens in den Heiligenviten mal etwas zu lesen ist) völlig aus.
 
beorna schrieb:
Zu den Runen: Sie warfen das Los, bzw. das Los entschied. Was stellst du dir dabei vor, Stäbchenziehen, Tombola?

Da die Runen erst in den Jahrzehnten um Christi Geburt auf der Grundlage südeuropäischer Alphabete (römischer Einfluß) entstanden sind, können sie anfangs bei den germanischen Stämmen nicht die Bedeutung gehabt haben. Runenähnliche Zeichen gab es schon vorher auf Felsbildern und Gefäßen. Wie bereits beschrieben richtete sich beim Thing der jeweilige Vorschlag nach Zustimmung bzw. Ablehnung aus. Ansonsten wären bestimmte Kriegshandlungen gegen die Römer auch nicht möglich gewesen....

Übrigens ist bei den Cheruskern eine Adelsschicht erkennbar, die nicht von einer Einzelperson regiert wurde. Beispiel hierfür sind Segestes und Inguiomerus, die offensichtlich nicht den Befehlen eines Arminius ohne ihre eigene Meinung folgten.

beorna schrieb:
Hier hast du in Teilen Recht. Ariovist war wohl nur König der Triboker, alle anderen von Cäsar ihm unterstellten gentes, waren nur lose oder gar nicht Ariovist unterstellt. Dies gilt für die Sueben, die am Rhein erschienen, vielleicht auch für Harüden und Eudosen. Das er von anderen Königen als gleichwertig angesehen wurde, zeigt seine Heirat mit einer norischen Königstochter.

Das sagt gar nichts aus. So war Ariovist auch noch mit einer zweiten Frau, einer Suebin, verheiratet. Auch als erfolgreicher Adliger kann er von den Kelten akzeptiert worden sein.



beorna schrieb:
Horst, Beda schreibt, ich nehme die Stelle jetzt mal aus Springer: (Die Ewalde) begaben sich in die/eine Provinz der Altsachsen. In der englischen Übersetzung heißt es lustiger Weise to the KINGDOM of the Old Saxons. Weiter heißt es bei Beda, daß sich die Ewalde an den satrapa wenden wollten, um zu missionieren. Aus Angst, der satrapa konnte zum Christentum übertreten und die Einwohner der "Provinz" ebenfalls dazu zwingen, tötete man sie. Es stellt sich hier wieder die Frage nach der Macht der Volksversammlung. Anscheinend hatte der satrapa das Recht den Glauben seiner ihm Untergebenen zu bestimmen, wenn man den Quellen glauben darf, was du ja machst. Der satrapa schickte sogar seine Leute aus, die das Dorf niederbrannten und alle seine Bewohner erschlugen. Welch wahrhaft demokratisches Verhalten!!!

Wieso kann das nicht auch ein "normaler" Adliger gegenüber seiner Gefolgschaft befohlen haben?:grübel:
Beispiel: Inguiomerus war sicher kein Cheruskerkönig, konnte aber seiner Gefolgschaft befehlen zu Marbod überzutreten.
Dein Beispiel ist doch kein Beweis dafür, daß es einen König gegeben haben muß.
Wieso sollen adligen Stammesführer nicht auf einem Thing über die Geschicke des Stammes beschlossen haben? Wieso bedurfte es unbedingt eines Königs bzw. Alleinherrschers? :grübel:
 
beorna schrieb:
Horst, Beda schreibt, ich nehme die Stelle jetzt mal aus Springer: (Die Ewalde) begaben sich in die/eine Provinz der Altsachsen. In der englischen Übersetzung heißt es lustigerweise to the KINGDOM of the Old Saxons. Weiter heißt es bei Beda, daß sich die Ewalde an den satrapa wenden wollten, um zu missionieren. Aus Angst, der satrapa konnte zum Christentum übertreten und die Einwohner der "Provinz" ebenfalls dazu zwingen, tötete man sie. Es stellt sich hier wieder die Frage nach der Macht der Volksversammlung. Anscheinend hatte der satrapa das Recht den Glauben seiner ihm Untergebenen zu bestimmen, wenn man den Quellen glauben darf, was du ja machst. Der satrapa schickte sogar seine Leute aus, die das Dorf niederbrannten und alle seine Bewohner erschlugen. Welch wahrhaft demokratisches Verhalten!!!
Das sächsische Volk hat so viele Anführer als es Gaue hat. Zum Häuptling eines Gaues, bei dem sie williges Gehör erwarten durften, wünschten die heiligen Männer geführt zu werden. Dem Häuptling wollten sie die frohe Botschaft des Heils vor allen anderen bringen, um durch ihn eine Versammlung des Volks der Umgegend zu erwirken, oder doch gefahrlosen Zutritt zu den einzelnen Höfen zu erhalten. Mit Staunen betrachteten sie einige und vernahmen bewundernd das Wort von dem allmächtigen Gott und seinem Sohn, der zu ihrer Rettung auf Erden erschienen war. Aber alsbald fanden sich einige Bösewichter, von dem Feind des menschlichen Seelenheils aufgestachelt. Sie sagten, die Fremdlinge kämen von den Franken, sie wollten ihnen ihre Götter rauben und sie mit dem neuen Glauben unter das Joch der Franken beugen. Man dürfe sie nicht zu dem Häuptling lassen, damit sie diesen nicht betörten. - Der Bericht Bedas von den erschlagenen Bewohnern und dem niedergebrannten Dorf wird schon deshalb als Ausschmückung Bedas gedeutet, da der Häuptling keine Kenntnis von dem Ereignis erhalten haben wird. - Die Übersetzung to the KINGDOM of the Old Saxons stammt meines Wissens aus einer Übersetzung zur Zeit Alfreds des Großen; sie ist also zeitbedingt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Horst schrieb:
Der Bericht Bedas von den erschlagenen Bewohnern und dem niedergebrannten Dorf wird schon deshalb als Ausschmückung Bedas gedeutet, da der Häuptling keine Kenntnis von dem Ereignis erhalten haben wird.

Woraus ergibt sich zwingend, daß der Häuptling nichts mitbekommen hat?

Und wer deutet?
 
Ashigaru schrieb:
@ Strupanice: das finde ich etwas widersprüchlich: einerseits soll die Archäologie sich an die Fakten halten, andererseits hat sie beim Beispiel Dornburg die historischen Annahmen widerlegt.

Natürlich graben die Archäologen aufgrund von Hinweisen der Historiker, die an einem bestimmten Ort eine bestimmte Einrichtung vermuten. Allerdings ist in den meisten Fällen heutzutage eine Neubebauung die Ursache von archäologischen "Notgrabungen". So auch im Falle des "Alten Schlosses" in Dornburg/Saale.
Die Archäologen hatten bei den Grabungen und bauhistorischen Untersuchungen erstmals das gesamte "Alte Schloß" im Zuge der Sanierung untersucht und dabei versucht alle Räume vom Keller bis zum Dach, sowie Innenhof und Burgumfeld gleichermaßen zu erfassen. Dabei gelang es eine lückenlose Aufstellung aller Bauphasen aus den verschiedensten Jahrhunderten festzuhalten. Daß sich diese größtenteils mit historisch überlieferten Dokumenten deckten, war nur das Ergebniss der Auswertung dieser Funde im Vergleich mit den schriftlichen Dokumenten. Auf diese Auswertung hatten die Archäologen während ihrer Untersuchungen keinen Einfluß. Als "Nebenprodukt" kam eben u.a. heraus, daß sich keine Funde aus der Zeit vor dem 12. Jh. feststellen ließen.
Die Zuordnung der gemachten Funde zu historisch überlieferten Personen/Besitzern des Schlosses wiederum wurden von Historikern unternommen. Sie haben die "Fakten" der Archäologie eingebettet in die historische Überlieferung. Daß dies für das 12.-20. Jh. natürlich viel treffsicherer ist, als für die Zeit der Völkerwanderung, ist natürlich klar. Auch mussten hier keine Aussagen zur ethnischen Zugehörigkeit der Funde gemacht werden.

Die historischen Annahmen bezüglich der Pfalz sind durch die von den Archäologien gemachten Funde widerlegt worden, nicht durch die Archäologen selbst. Diese haben lediglich die Funde den jeweiligen Zeiten zugeordnet und katalogisiert. Keine Funde = keine Pfalz, zumindest an dieser Stelle. Daß es die Pfalz gegeben hat, erschließt sich allein aus den Itineraren der Ottonen, ohne sich auf archäologische Funde zu stützen. Da der Name "Dornburg" nun in heutiger Zeit an dieser Burg und der Stadt haftet, wird zu untersuchen sein, wo die Pfalz in der Stadt oder deren Umgebung gelegen haben könnte. Anhand weiterer Indizien kann dann die Archäologie hier wiederum tätig werden. Hinzu kommt hier allerdings ein weiter Aspekt, der Vergleich der Charakteristik anderer Pfalzen, die schon relativ gut lokalisiert werden konnten, wie z.B. Grone und Werla.
 
Da die Runen erst in den Jahrzehnten um Christi Geburt auf der Grundlage südeuropäischer Alphabete (römischer Einfluß) entstanden sind, können sie anfangs bei den germanischen Stämmen nicht die Bedeutung gehabt haben. Runenähnliche Zeichen gab es schon vorher auf Felsbildern und Gefäßen. Wie bereits beschrieben richtete sich beim Thing der jeweilige Vorschlag nach Zustimmung bzw. Ablehnung aus. Ansonsten wären bestimmte Kriegshandlungen gegen die Römer auch nicht möglich gewesen....
Ich will mich jetzt nicht am Wort Rune festbeißen. Aber wenn sie das Los warfen, dann hatte dies sicherlich einen rituell-religiösen Hintergrund und darf nicht verstanden werden als ob sie wie beim Fußball eine Münze warfen.

Übrigens ist bei den Cheruskern eine Adelsschicht erkennbar, die nicht von einer Einzelperson regiert wurde. Beispiel hierfür sind Segestes und Inguiomerus, die offensichtlich nicht den Befehlen eines Arminius ohne ihre eigene Meinung folgten.
Niemand behauptet, zumindest ich nicht, daß jeder Gau, jede gens von einem König regiert werden muß.

Wieso kann das nicht auch ein "normaler" Adliger gegenüber seiner Gefolgschaft befohlen haben?:grübel:
Beispiel: Inguiomerus war sicher kein Cheruskerkönig, konnte aber seiner Gefolgschaft befehlen zu Marbod überzutreten.
Dein Beispiel ist doch kein Beweis dafür, daß es einen König gegeben haben muß.
Wieso sollen adligen Stammesführer nicht auf einem Thing über die Geschicke des Stammes beschlossen haben? Wieso bedurfte es unbedingt eines Königs bzw. Alleinherrschers? :grübel:
Auch von dieser Notwendigkeit habe ich nicht geredet. Es ging bei diesem Fall darum, daß Horst angibt die Sachsen hätten ihre Anführer aufgrund gerechter Gesetze und aufgrund ihres Vorbildcharakters gewählt. Es scheint aber doch so, daß der satrapa eine recht große Machtfülle besaß, wie man aus der Auslöschung des Dorfes erkennen kann. Zudem sprach ich nicht ausdrücklich von Königen bei den Sachsen. Es mag sein, daß ich mich nicht immer präzise genug ausgedrückt habe, aber ich sprach von Kleinkönigen, reguli oder ähnlichem. Solche gab es z.B. bei den Alamannen. Letztlich bleibt es allerding Definition, wen ich als rex bezeichne, wen als regulus, als basileus, thiudans, hendinos oder princeps.
 
Das sächsische Volk hat so viele Anführer als es Gaue hat. Zum Häuptling eines Gaues, bei dem sie williges Gehör erwarten durften, wünschten die heiligen Männer geführt zu werden. Dem Häuptling wollten sie die frohe Botschaft des Heils vor allen anderen bringen, um durch ihn eine Versammlung des Volks der Umgegend zu erwirken, oder doch gefahrlosen Zutritt zu den einzelnen Höfen zu erhalten. Mit Staunen betrachteten sie einige und vernahmen bewundernd das Wort von dem allmächtigen Gott und seinem Sohn, der zu ihrer Rettung auf Erden erschienen war. Aber alsbald fanden sich einige Bösewichter, von dem Feind des menschlichen Seelenheils aufgestachelt. Sie sagten, die Fremdlinge kämen von den Franken, sie wollten ihnen ihre Götter rauben und sie mit dem neuen Glauben unter das Joch der Franken beugen. Man dürfe sie nicht zu dem Häuptling lassen, damit sie diesen nicht betörten. - Der Bericht Bedas von den erschlagenen Bewohnern und dem niedergebrannten Dorf wird schon deshalb als Ausschmückung Bedas gedeutet, da der Häuptling keine Kenntnis von dem Ereignis erhalten haben wird. - Die Übersetzung to the KINGDOM of the Old Saxons stammt meines Wissens aus einer Übersetzung zur Zeit Alfreds des Großen; sie ist also zeitbedingt.
Es heißt, er ließ das Dorf niederbrennen und alle Bewohner töten. Dein Häuptling ist mein satrapa. Wieso sollte er von der Ermordung der Ewalde nichts gehört haben? Immerhin hatte sie Freunde unter den Bewohnern dieses pagus. Diese hätten dies wohl melden können. Und wieso stimmt alles an dieser Geschichte, außer dem, was dir nicht in den Kram paßt?

Noch etwas zu den Gauen. Das sächsische Volk hat soviel Häuptlinge wie es Gaue hat. Niemandem ist bekannt, wieviele pagi es gab. Aus der bekannten (aber immer noch schwammigen) Gauverteilung des 11.Jhds kann man wohl keine Schlüsse ziehen auf die pagi des 5.,6.,7. oder 8. Jhds.
 
Ich will mich jetzt nicht am Wort Rune festbeißen. Aber wenn sie das Los warfen, dann hatte dies sicherlich einen rituell-religiösen Hintergrund und darf nicht verstanden werden als ob sie wie beim Fußball eine Münze warfen.

Wie kommst Du überhaupt auf Idee, daß die Germanen auf dem Thing durch Runenwurf ein göttliches Urteil anstrebten? Welchen Gott haben sie da "gefragt"?
Bei Tacitus (Germania,11) steht etwas völlig Widersprüchliches: "...Dann hörte man den König an oder die Stammeshäupter, jeweils nach dem Alter, nach dem Adel, nach dem Kriegsruhm, nach der Redegabe; hierbei kommt es mehr auf Überzeugungskraft an als auf Befehlsgewalt. Mißfällt ein Vorschlag, so weist man ihn durch Murren ab; findet er jedoch Beifall, so schlägt man die Framen aneinander. Das Lob mit den Waffen ist die ehrenvollste Art der Zustimmung. ..."
Über die Priester wird nur geschrieben: "Ruhe gebieten die Priester; sie haben jetzt auch das Recht zu strafen."
Daher wird es bei so einer Veranstaltung schon einen Beschluß gegeben haben, den die Mehrheit mitgetragen hat. Ob danach noch ein Priester seinen göttlichen Segen gegeben hat, ist nicht überliefert bzw. nicht mehr ausschlaggebend.
Somit kann man davon ausgehen, daß die germanischen Adligen auf diesem Thing über die Geschicke und das Wohl des Volkes entschieden und nicht irgendwelche Priester, die Runenstäbchen geworfen haben und dann den Weg wiesen. Auch scheint ein König beim Thing nicht eine uneingeschränkte Macht gehabt zu haben, ansonsten hätte er solche Veranstaltungen, die gegen seine Politik gerichtet waren, unterbinden können. Vielmehr mußte der König auch die Zustimmung der anderen Teilnehmer erreichen. Da haben die gotischen Könige bestimmt ihren Spaß gehabt....:yes:


Niemand behauptet, zumindest ich nicht, daß jeder Gau, jede gens von einem König regiert werden muß.

Hier stellt Prof.Dr.Springer die Frage, ob es die bisher bekannten Gaue überhaupt vor den Karolingern gegeben hat? Die Einteilung in Engern, Westfalen und Ostfalen soll von den Karolingern vorgenommen worden sein. Im "Alten Sachsen" soll es nach seiner Meinung keine politische Einheit gegeben haben und mehrere Machtinhaber sollen geherrscht haben.

Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß diese sächsischen Machtinhaber unabhängig voneinander geherrscht haben. Vielmehr gehe ich davon aus, daß es schon einen gemeinsamen Thing (Markloh) gegeben hat, auf dem jährlich gemeinsame Beschlüsse gefaßt wurden. Und wenn dort genauso verfahren wurde, wie Tacitus es für die "antiken" Germanen beschrieb, dann ist es doch schon (für die Zeit) sehr demokratisch. Aber über die Einteilung der "antiken" Gaue liegt somit keine Erkenntnis vor (waren sie größer/kleiner?,...). Es wird zwar angenommen, daß die späteren Bistümer diese Grenzen beinhalteten, aber 100%ig ist das auch nicht nachgewiesen.
 
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