Gegenkaiser
Gesperrt
Der Schutzgedanke hat im Schiffskampf eine sehr lange Tradition. Bereits in der Antike spannte man Schutzwände aus Fellen über das Schiff, um die eigenen Ruderer und Deckmannschaften gegen feindlichen Pfeilbeschuss zu schützen. Aber erst mit der Einführung der Breitseite, der teilweise über mehrere Decks gestaffelten Platzierung von Kanonen an der Längsseite des Schiffes, erwuchs die Gefahr, daß ein Schiff allein durch Projektilbeschuß versenkt werden konnte. Interessanterweise kam es aber auf frühneuzeitlichen Segelschiffen nie zu einer vergleichbar effektiven Ausbildung von Schutzmechanismen; die Holzbauweise bot nur unvollkommenen Schutz, Feindbeschuß mußte auf den Kriegsschiffen der Zeit einfach ertragen werden. Erst die Ausweitung der Eisen- und Stahlherstellung in der Industriellen Revolution sowie die Einführung wissenschaftlicher Prinzipien im Schiffsbau schafften die Voraussetzungen für den Siegeszug der Panzerschiffe (Ironclads). Dieser führte ab Mitte des 19. Jhs. binnen kurzer Zeit zur völligen Ablösung der Holzbauweise im Kriegsschiffbau. Allerdings finden sich bereits in der Blütezeit der Segelschiffahrt (16.-18. Jh.) mögliche Hinweise auf eine metallene Schiffpanzerung. Im folgenden werden die wichtigsten Fälle kurz dargestellt. Es soll gezeigt werden, daß keines dieser Beispiele eindeutig auf die Existenz von gepanzerten Schiffen vor dem Zeitalter der Ironclads schliessen lässt.
Die Santa Anna, 1522 in Dienst gestellte Kriegskaracke des Johanniterordens war nach damaligen Maßstäben ein außergewöhnlich modernes Schiff. Es konnte 500 Soldaten an Bord nehmen und verfügte unter Deck über geräumige Kabinen für seine Offiziere. Während eine Schmiede für die Instandhaltung des Waffenarsenals sorgte, ermöglichten ein windradgetriebenes Mahlwerk und mehrere Öfen die Versorgung mit frischem Brot auf hoher See. 1531 schlug die Karacke, deren friedliebendes Bild leicht über ihre Kampfkraft hinwegtäuschen konnte, alleine eine osmanische Flotte von 25 Schiffen in die Flucht. Mit ihren von der Heckgalerie herabhängenden Blumenkästen, von denen ein Chronist berichtete, wohl ein höchst ungewöhnlicher Anblick für die kampferprobten Türken. Das Unterwasserschiff der Santa Anna war vollständig mit Bleiplatten beschlagen, womöglich ebenso zwei der sechs Oberdecks. Dem muß aber keineswegs der Panzerungsgedanke zugrunde gelegen haben, auch wenn genau dies der Chronist behauptet. Mindestens ebenso wahrscheinlich ist, dass der Beschlag des Rumpfs einfach zum Schutz gegen den Schiffsbohrwurm gedient hat. Dies war nämlich bei den engverbündeten iberischen Seemächten, die die Weltmeere befuhren, schon seit längerem Usus.
Große Hoffnungen setzten die holländischen Rebellen bei der Verteidigung Antwerpens 1585 auf die Finis Bellis („Ende des Krieges“). Das vor Kanonen strotzende Schiff, das eher einer gewaltigen schwimmenden Batterie glich, sollte in einem Befreiungsschlag die drückende spanische Belagerung sprengen. Der Einsatz der Wunderwaffe erwies sich jedoch als völliges Fiasko. Der Tiefgang erwies sich rasch als zu groß für die seichten Wasserwege, so dass das Schiff noch vor Feindkontakt auf Grund lief, worauf die vor Lachen sich biegenden Spanier es spöttisch auf „Die verschwendeten Ausgaben“ umtauften. Die bisweilen zu findende Angabe, daß die Finis und insbesondere ihr zentrales Deckkastell mit Eisenplatten versehen waren, kann durch weitere historische Berichte, die sich in dieser Frage ausschweigen, nicht gestützt werden.
Ähnlich verhält es sich mit den Tekkōsen (wortwörtlich „Eisenschiffe“), die zu dieser Zeit im japanischen Bürgerkrieg zum Einsatz kamen. Genau genommen handelte es sich um mit Arquebusenschützen besetzte Kampfplattformen, die, von Ruderern angetrieben, nur in Küstennähe operierten konnten. Zwar legt die Schiffstypbezeichnung einen gewissen Eisenbeschlag nahe, aber dieser dürfte allenfalls rudimentär ausgeprägt gewesen sein: der Ruderantrieb hätte jedem Zusatzgewicht enge Grenzen gesetzt und Kanonen spielten in der damaligen Kriegsführung der Japaner praktisch keine Rolle, womit auch keine Notwendigkeit für Schutzmaßnahmen gegen selbige bestand. Nicht zuletzt wird im Bericht des portugiesischen Jesuiten Fróis, der die Schiffe mit eigenen Augen gesehen hatte, keinerlei Eisenpanzerung erwähnt.
Ein weiterer möglicher Fall in Fernost waren die sogenannten Schildkrötenschiffe des koreanischen Admirals Yi Sun-sin. Diese sollen einer modernen Interpretation zufolge beim existentiellen Abwehrkampf gegen die japanischen Invasoren (1592-97) mit einer eisengepanzerten Überdeckung ausgestattet gewesen sein. Die Beharrlichkeit, mit der von koreanischer Seite der Anspruch auf Ersterfindung des „Panzerschiffs“ (sic) vorgetragen wird, hat sicherlich auch mit dem Status Yi Sun-sin als der nationalen Identifikationsfigur Südkoreas schlechthin zu tun. Wo Schulklassen an Denkmälern auf- und abmarschiert werden, kommen kritische Gedankengänge manchmal zu kurz. Tatsächlich enthalten zwar zeitgenössische japanischen Quellen vage Anspielungen auf die Verwendung von Eisen, aber Yi Sun-sin selbst, der angebliche Erfinder, erwähnt in seinem akribischen Kriegstagebuch eine derartige Panzerung mit keinem Wort. Genauso wenig tut dies sein Neffe, der wichtigste Historiker der Krieges, sowie alle anderen damaligen koreanischen Zeitzeugen, die in einem Fall sogar ausdrücklich von hölzernen Dachplanken sprechen. So oder so hätte der metallene Dachbeschlag der Schildkrötenschiffe, der zur Abwehr der gefürchteten Samurai-Entertruppen gedient haben soll, durch seine Dachlage bedingt keinen Schutz gegen feindliche Breitseiten bieten können und somit wenig mit der späteren Schiffsrumpfpanzerung der Ironclads gemeinsam. Ganz abgesehen von der Frage, ob ein derartig topplastiges Wasserfahrzeug überhaupt seetauglich gewesen wäre.
Nachweislich zum Einsatz kamen 1782 gepanzerte spanisch-französische Schwimmbatterien gegen Gibraltar. Diese hielten zunächst dem Gegenfeuer der Festung stand, flogen aber nach Wirkungstreffern mit glühenden Kugeln schließlich reihenweise in die Luft. Angesichts des Mißerfolgs des Unternehmens und der Tatsache, daß es sich bei der Panzerung um eine Mischkonstruktion aus Harthölzern, Kork mit Lederzug und Eisenbarren handelte, kann man auch hier von einer Episode ohne Folgen sprechen.
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß Geschichte tatsächlich nicht umgeschrieben werden muß: Die Panzerung im Kriegsschiffbau kam erst unter den Bedingungen des 19. Jhs. auf, als eine Reihe von getrennt laufenden Neuerungen wie der Dampfantrieb, die Schiffsschraube und die industrielle Eisenproduktion zur Konstruktion eines revolutionär neuen Schiffstypen gebündelt wurden...aber das ist bereits eine andere Geschichte.
Die Santa Anna, 1522 in Dienst gestellte Kriegskaracke des Johanniterordens war nach damaligen Maßstäben ein außergewöhnlich modernes Schiff. Es konnte 500 Soldaten an Bord nehmen und verfügte unter Deck über geräumige Kabinen für seine Offiziere. Während eine Schmiede für die Instandhaltung des Waffenarsenals sorgte, ermöglichten ein windradgetriebenes Mahlwerk und mehrere Öfen die Versorgung mit frischem Brot auf hoher See. 1531 schlug die Karacke, deren friedliebendes Bild leicht über ihre Kampfkraft hinwegtäuschen konnte, alleine eine osmanische Flotte von 25 Schiffen in die Flucht. Mit ihren von der Heckgalerie herabhängenden Blumenkästen, von denen ein Chronist berichtete, wohl ein höchst ungewöhnlicher Anblick für die kampferprobten Türken. Das Unterwasserschiff der Santa Anna war vollständig mit Bleiplatten beschlagen, womöglich ebenso zwei der sechs Oberdecks. Dem muß aber keineswegs der Panzerungsgedanke zugrunde gelegen haben, auch wenn genau dies der Chronist behauptet. Mindestens ebenso wahrscheinlich ist, dass der Beschlag des Rumpfs einfach zum Schutz gegen den Schiffsbohrwurm gedient hat. Dies war nämlich bei den engverbündeten iberischen Seemächten, die die Weltmeere befuhren, schon seit längerem Usus.
Große Hoffnungen setzten die holländischen Rebellen bei der Verteidigung Antwerpens 1585 auf die Finis Bellis („Ende des Krieges“). Das vor Kanonen strotzende Schiff, das eher einer gewaltigen schwimmenden Batterie glich, sollte in einem Befreiungsschlag die drückende spanische Belagerung sprengen. Der Einsatz der Wunderwaffe erwies sich jedoch als völliges Fiasko. Der Tiefgang erwies sich rasch als zu groß für die seichten Wasserwege, so dass das Schiff noch vor Feindkontakt auf Grund lief, worauf die vor Lachen sich biegenden Spanier es spöttisch auf „Die verschwendeten Ausgaben“ umtauften. Die bisweilen zu findende Angabe, daß die Finis und insbesondere ihr zentrales Deckkastell mit Eisenplatten versehen waren, kann durch weitere historische Berichte, die sich in dieser Frage ausschweigen, nicht gestützt werden.
Ähnlich verhält es sich mit den Tekkōsen (wortwörtlich „Eisenschiffe“), die zu dieser Zeit im japanischen Bürgerkrieg zum Einsatz kamen. Genau genommen handelte es sich um mit Arquebusenschützen besetzte Kampfplattformen, die, von Ruderern angetrieben, nur in Küstennähe operierten konnten. Zwar legt die Schiffstypbezeichnung einen gewissen Eisenbeschlag nahe, aber dieser dürfte allenfalls rudimentär ausgeprägt gewesen sein: der Ruderantrieb hätte jedem Zusatzgewicht enge Grenzen gesetzt und Kanonen spielten in der damaligen Kriegsführung der Japaner praktisch keine Rolle, womit auch keine Notwendigkeit für Schutzmaßnahmen gegen selbige bestand. Nicht zuletzt wird im Bericht des portugiesischen Jesuiten Fróis, der die Schiffe mit eigenen Augen gesehen hatte, keinerlei Eisenpanzerung erwähnt.
Ein weiterer möglicher Fall in Fernost waren die sogenannten Schildkrötenschiffe des koreanischen Admirals Yi Sun-sin. Diese sollen einer modernen Interpretation zufolge beim existentiellen Abwehrkampf gegen die japanischen Invasoren (1592-97) mit einer eisengepanzerten Überdeckung ausgestattet gewesen sein. Die Beharrlichkeit, mit der von koreanischer Seite der Anspruch auf Ersterfindung des „Panzerschiffs“ (sic) vorgetragen wird, hat sicherlich auch mit dem Status Yi Sun-sin als der nationalen Identifikationsfigur Südkoreas schlechthin zu tun. Wo Schulklassen an Denkmälern auf- und abmarschiert werden, kommen kritische Gedankengänge manchmal zu kurz. Tatsächlich enthalten zwar zeitgenössische japanischen Quellen vage Anspielungen auf die Verwendung von Eisen, aber Yi Sun-sin selbst, der angebliche Erfinder, erwähnt in seinem akribischen Kriegstagebuch eine derartige Panzerung mit keinem Wort. Genauso wenig tut dies sein Neffe, der wichtigste Historiker der Krieges, sowie alle anderen damaligen koreanischen Zeitzeugen, die in einem Fall sogar ausdrücklich von hölzernen Dachplanken sprechen. So oder so hätte der metallene Dachbeschlag der Schildkrötenschiffe, der zur Abwehr der gefürchteten Samurai-Entertruppen gedient haben soll, durch seine Dachlage bedingt keinen Schutz gegen feindliche Breitseiten bieten können und somit wenig mit der späteren Schiffsrumpfpanzerung der Ironclads gemeinsam. Ganz abgesehen von der Frage, ob ein derartig topplastiges Wasserfahrzeug überhaupt seetauglich gewesen wäre.
Nachweislich zum Einsatz kamen 1782 gepanzerte spanisch-französische Schwimmbatterien gegen Gibraltar. Diese hielten zunächst dem Gegenfeuer der Festung stand, flogen aber nach Wirkungstreffern mit glühenden Kugeln schließlich reihenweise in die Luft. Angesichts des Mißerfolgs des Unternehmens und der Tatsache, daß es sich bei der Panzerung um eine Mischkonstruktion aus Harthölzern, Kork mit Lederzug und Eisenbarren handelte, kann man auch hier von einer Episode ohne Folgen sprechen.
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß Geschichte tatsächlich nicht umgeschrieben werden muß: Die Panzerung im Kriegsschiffbau kam erst unter den Bedingungen des 19. Jhs. auf, als eine Reihe von getrennt laufenden Neuerungen wie der Dampfantrieb, die Schiffsschraube und die industrielle Eisenproduktion zur Konstruktion eines revolutionär neuen Schiffstypen gebündelt wurden...aber das ist bereits eine andere Geschichte.