Schuld der 68er?

Da ist sicher auch viel Wahrheit dabei.
Und sicher war es ein bestimmtes, meinetwegen anarchisches Lebensgefühl, das die '68er- Revolution entscheidend geprägt hat.
Aber ich glaube, jede Revolution basiert auch auf einer solchen- na, sagen wir: Aufbruchstimmung, die die meisten der Beteiligten gar nicht näher umschreiben könnten, außer irgendwie mit dem Wunsch nach Freiheit von bestehender Einengung, soweit bestehende Verhältnisse als solche empfunden werden.
Und bei welcher Revolution entsteht schon eine kommunikative Basis zwischen Bewahrern und Revoluzzern, beziehungsweise kann sich diese behaupten?
Durch besonders konstruktive Elemente zeichnen sich Revolutionen wahrlich nicht immer aus. Auch die vielbeschworene französische Revolution lief irgendwann aus dem Ruder.
 
Zuletzt bearbeitet:
Am Wochenende hatte ich eine interessante Diskussion, die in das Thema etwas hereinpasst. Es ging um die Karrieren von heute aktiven Politikern/Politikerinnen.
Gerade auf den linken Bundestagssitzen sind einige ehemalige Extremisten der 68er Generation, was auch offen bekannt wird. Zum Beispiel war unsere Gesundheitsministerin, Frau Schröder, früher Mitglied im Kommunisten Bund Westdeutschland und hatte Berufsverbot als Lehrerin. Nicht nur der ehemalige Aussenmister Fischer, sondern eine ganze Reihe von Politikern hatten nicht nur einmal mit der Polizei zu tun gehabt. Ich schätze jeder zweite hatte schon mal Handschellen an :pfeif:
Sie alle sind nun "geläutert" und leben so, wie sie es vor knapp 30 Jahren verteufelt haben. Abgesehen davon, daß Ähnliches bei Politikern mit rechtsextremistischer Vergangenheit sicher unmöglich wäre, zeigt es mir, daß wenn die Akteure von damals nicht mehr hinter den Parolen stehen, warum soll ich sie ernst nehmen?
 
Das liegt wohl vor allem am Alter. Wenn jung ist und die Umstände der Zeit noch dazukommen, da glaubten wohl viele sie könnten die Welt verändern.
Im Alter realtiviert sich das alles jedoch und die meisten werden wohl "zahmer".
Naja und Adenauer sagte schon als man ihn auf einen Meinungswechsel ansprach:
"Wer soll mich daran hindern klüger zu werden?":D
 
hyokkose schrieb:
Arne schrieb:
Zum Beispiel war unsere Gesundheitsministerin, Frau Schröder,

Die derzeitige deutsche Gesundheitsministerin heißt m. W. Ulla Schmidt.

:rofl:
Arne schrieb:
Am Wochenende hatte ich eine interessante Diskussion, die in das Thema etwas hereinpasst. Es ging um die Karrieren von heute aktiven Politikern/Politikerinnen.
Gerade auf den linken Bundestagssitzen sind einige ehemalige Extremisten der 68er Generation, was auch offen bekannt wird. Zum Beispiel war unsere Gesundheitsministerin, Frau Schröder, früher Mitglied im Kommunisten Bund Westdeutschland und hatte Berufsverbot als Lehrerin. Nicht nur der ehemalige Aussenmister Fischer, sondern eine ganze Reihe von Politikern hatten nicht nur einmal mit der Polizei zu tun gehabt. Ich schätze jeder zweite hatte schon mal Handschellen an :pfeif:
Sie alle sind nun "geläutert" und leben so, wie sie es vor knapp 30 Jahren verteufelt haben. Abgesehen davon, daß Ähnliches bei Politikern mit rechtsextremistischer Vergangenheit sicher unmöglich wäre, zeigt es mir, daß wenn die Akteure von damals nicht mehr hinter den Parolen stehen, warum soll ich sie ernst nehmen?
Nun haben sich aber nicht nur "die 68er" verändert, sondern auch die Republik ist ihnen ein ganzes Stück weit entgegen gekommen - natürlich nicht in der historischen Situation, aber im Nachhinein.
 
Die zeitweilige "Bibel" der 68er, insbesondere der späten, war:

Rebellion der Studenten von Dutschke, Lefevre, Rabehl

Rabehl war später Professor an der FU Berlin, und hatte Probleme, da er recht konservativ war. Artikel von ihm findet man u.a. in der "Jungen Freiheit"

lt. aktuellem Spiegel dreht man zZ einen film über Uschi Obermeier.

Die Biografie von Fritz Teufel hat auch ein paar Punkte die eigentlich unbegreiflich sind. Der saß ein paar Jahre im Knast, unschuldig, hatte ein wasserdichtes Alibi, mit dem er nicht herausrückte.

Horst Mahler, und so könnte man weitermachen.

Also "die 68er" triffts hinten und vorne nicht.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Am Wochenende hatte ich eine interessante Diskussion, die in das Thema etwas hereinpasst. Es ging um die Karrieren von heute aktiven Politikern/Politikerinnen.
Gerade auf den linken Bundestagssitzen sind einige ehemalige Extremisten der 68er Generation, was auch offen bekannt wird. Zum Beispiel war unsere Gesundheitsministerin, Frau Schröder, früher Mitglied im Kommunisten Bund Westdeutschland und hatte Berufsverbot als Lehrerin. Nicht nur der ehemalige Aussenmister Fischer, sondern eine ganze Reihe von Politikern hatten nicht nur einmal mit der Polizei zu tun gehabt. Ich schätze jeder zweite hatte schon mal Handschellen an :pfeif:
Sie alle sind nun "geläutert" und leben so, wie sie es vor knapp 30 Jahren verteufelt haben. Abgesehen davon, daß Ähnliches bei Politikern mit rechtsextremistischer Vergangenheit sicher unmöglich wäre, zeigt es mir, daß wenn die Akteure von damals nicht mehr hinter den Parolen stehen, warum soll ich sie ernst nehmen?
Warum sollen sie alle geläutert sein?:confused: Die Gesellschaft hat sich seit damals entscheident geändert. Wofür sie damals Kämpften, wie z.B. der Umweltschutz ist nun Allgemeingut der Gesellschaft. Die Gleichberechtigung von Frau und Mann ist nun weitestgehend durchgesetzt. Wir haben trotz mancher Männerwiderstände eine Bundeskanzlerin. Selbst der Konservativste hat inzwischen begriffen, dass wir ein Einwanderungland sind.:D
Ich hatte zwar nie Handschellen an und war auch nicht so blöd mich von der Polizei verhauen zu lassen, muß aber feststellen, dass in Frankfurt der Stadtwald immer mehr abgeholzt wird, um Platz für eine weitere Startbahn zu schaffen. Die Profitmaximierung wird soweit getrieben, bis wir keinen Stadtwald mehr haben.
Welche Frau Schröder meist Du und wo ist diese Gesundheitsministerin?:confused:
 
Erneuerte These

Hallo Zusammen.
heinz schrieb:
Die Gesellschaft hat sich seit damals entscheident geändert. Wofür sie damals Kämpften, wie z.B. der Umweltschutz ist nun Allgemeingut der Gesellschaft. Die Gleichberechtigung von Frau und Mann ist nun weitestgehend durchgesetzt. Wir haben trotz mancher Männerwiderstände eine Bundeskanzlerin. Selbst der Konservativste hat inzwischen begriffen, dass wir ein Einwanderungland sind.

Heinz erwähnt da ja ein paar interessante Handlungsschemata, welche damals in Breite in der westdeutschen Gesellschaft anzukommen starteten. Ich nenne sie mal Prinzipien der "Verantwortung". Die Gleichberechtigung der Geschlechter war bereits längstens in der Verfassung festgeschrieben, jedoch begann die Emanzipationsbewegung selbige im Alltag einzuverlangen. Zuerst stutzte ich bei Heinzens Themen Einwanderer und Umweltschutz - im Grund Themen die erst in den 80ern richtig virulent wurden. Und doch schlagen sie in die selbe Kerbe. Wiederum entwickelte die Gesellschaft in Breite neue "Umgangsformen der Verantwortung, der Gleichberechtigung, des Dialogs". (Und der Umweltschutz wurde dementsprechend in Verfassungsrang erhoben. Bayern, wenn ich nicht irre...)

All diese Phänomene mit enormer Wirkung führe ich auf ein neues Erklärungs- und Handlungsmodell in der westdeutschen (westlichen?!) Gesellschaft(en?) zurück. Dafür braucht es ein neues Argumentationssystem. Und meines Erachtens ist das in unserem Fall die Psychologie. (Und selbige Psychologie war eben genau als Katalysator einziges Wirkungsmodell, um sich der unfassbaren Katastrophe des Holocausts nähern zu können. Und darin sehe ich auch das "Revolutionäre" weil tief Verändernde. Und nicht in spektakulären Studentenunruhen. Und auch nicht in bärtigen 68ern. Die freilich nichts desto trotz unterhaltsame Laiendarsteller hergeben... :) )

Gruß Martin
 
68er und Psychologie?

@Martin:
Deine Beiträge machen mir einiges Kopfzerbrechen (und das ist gut so:) ), ich bleibe irgendwie ratlos an ihnen hängen.
Seit den 70er Jahren hat sich der Individualismus als gesellschaftliches Leitbild durchgesetzt. Eng damit verknüpft ist die damals einsetzende breite Akzeptanz der Psychologie als Erklärungsmodell.
Erklärungsmodell? Weiter unten schreibst du von einem Argumentationssystem, einem Wirkungsmodell, einem Katalysator, der Begriff Handlungsmodell fiel auch.
Ich habe vergeblich nach einer Definition des Begriffes „Erklärungsmodell“ gesucht, die Psychologie ist eine Wissenschaft, du schreibst auch von Verwissenschaftlichung.:confused:
Ich muss einfach mal fragen – hier sind doch einige Wissenschaftler bzw. angehende Wissenschaftler zugange – ist eine Wissenschaft ein Erklärungsmodell oder kann sie ein Erklärungsmodell sein, oder arbeitet sie – unter anderem – mit Erklärungsmodellen? Letzteres habe ich aus einigen Netzseiten geschlossen, aber ich bin keine Wissenschaftlerin und weiß es wirklich nicht.
(Und selbige Psychologie war eben genau als Katalysator einziges Wirkungsmodell, um sich der unfassbaren Katastrophe des Holocausts nähern zu können.
Wie meinst du das?
Man kann vielleicht zwischen historischen Entwicklungen und dem Entstehen bzw. der Ausprägung von Wissenschaften oder Wissenschaftszweigen Verbindungen erkennen und Schlüsse ziehen. Die Psychologie ist eine relativ junge Wissenschaft, sie existiert eigenständig seit 1879. Quelle: Kleines Psychologisches Wörterbuch, bei Herder erschienen. Seitdem sind verschiedene Richtungen und Schulen der Psychologie entstanden, einige davon sind heute nicht mehr aktuell. In „Psychologie für jedermann“ von Pierre Daco steht unter anderem: „Die immense Entwicklung der Psychologie entspricht einem immensen Bedürfnis. In unserer heutigen haltlosen Welt gilt es, eine stabile Grundlage des Wiederaufbaus zu finden.“ (S18) Die deutsche Ausgabe des Buches ist 1993 zum ersten Mal erschienen. Ein anderes Mal heißt es: „Unsere Zeit ist eine Zeit der Verdrängung.“ (S.19)
Der Begriff Verdrängung stammt aus der Tiefenpsychologie. Die Tiefenpsychologie (ihre geistigen Väter waren Sigmund Freud, Carl Gustav Jung und Alfred Adler) entstand Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts. Und an C.G. Jung musste ich beim Lesen deiner Beiträge denken, denn die von ihm begründete Analytische Psychologie (man verzeihe mir die Abschweifung, die meisten hier werden das alles wissen) „stellt die Selbst-Findung des Menschen in den Mittelpunkt...“
Es war Jungs Verdienst „schon lange vor Autoren wie z.B. Maslow die Prozesse der Selbstaktualisierung bzw. Selbstverwirklichung beschrieben und so eine Brücke von der Tiefenpsychologie zur humanistischen Psychologie geschlagen zu haben“.
(Zitate aus „Kleines Psychologisches Wörterbuch“, Schlagwort Analytische Psychologie)
Jung war seiner Zeit voraus. Ein Vertreter der humanistischen Psychologie war Carl Rodgers (ich kenne von ihm „Entwicklung der Persönlichkeit“), und Carl Rogers wurde tatsächlich unter anderen in „Elementarteilchen“ von Houellebecq erwähnt. Meinst du einen solchen Zusammenhang, eventuell zwischen der 68er-Bewegung und der humanistischen Psychologie?
Von C.G. Jung gibt es einen Aufsatz „Nach der Katastrophe“, in dem er sich mit der Kollektivschuld der Deutschen am Nationalsozialismus auseinandersetzt. (Enthalten im C.G. Jung – Lesebuch, erschienen im Walter-Verlag). Es wäre allerdings gut für ihn selbst und seine Lehre gewesen, wenn er sich konsequenter mit seinen persönlichen Verstrickungen, seiner eigenen Schuld auseinandergesetzt hätte (für den Fall, dass ein Einwand in diese Richtung kommt: dass Jung auch problematisch war, weiß ich, ich schätze ihn trotzdem sehr, mit den problematischen Dingen muss man sich als Leser eigenverantwortlich auseinandersetzen).
Die Erforschung und Aufarbeitung des Faschismus und des Holocaust – ein Fall für die Tiefenpsychologie? Das würde ich unterschreiben.
(Ist ein bisschen lang geworden - ich bin seit dem Wochenende am Grübeln.)
 
berechtigte Zweifel

Hallo Marcia,

ich bin ja auch am Nachsinnieren ob meine These wirklich relevant ist. Historisch/politisch relevant?! Wissenschaftstheoretisch? Es ist halt eine verdammt weiche These... Und ich bin weder Historiker noch Psychologe, sondern nur ein Landschaftsarchitekt der sich mal weit aus dem Fenster gelehnt hat. Insofern bin ich nicht verzweifelt, wenn Du meine These als irrelevant wegkickst... :)

Aber. Nochmal in der Frage mit den 68ern.
Ich kritisiere in erster Linie, dass die umfassenden Gesellschaftsveränderungen der BRD (ich wage mal eine zeitliche Eingrenzung von 1965 bis 1980?!) an "DEN 68ern" festgemacht werden. (Und umgekehrt die 68er alles Unheil verursacht hätten.) Das ist einfach zuviel der Ehre für die Herren und Damen 68er!!! Und dass damit nur die Studentenunruhen gesehen werden, bzw die entsprechenden, "wilden" Protagonisten. Mir erscheint das zu eindimensional. Es erklärt mir zu wenig warum die Gesellschaft in der Breite ihre Leitbilder zu wechseln begann. Zum Beispiel frage ich mich ob der Kniefall von Brandt in Polen die Gesellschaft nicht weitaus mehr in die Veränderungen gewiesen hat als der studentische Krawall?

Ob jetzt die Psychologie so prominent in erster Reihe wirkt?!
Staatsrechtlich würde man wohl die in der breiten Bevölkerung angekommene parlamentarische Demokratie ins Zentrum rücken. Ökonomen dürften die schnurrende "soziale Marktwirtschaft" als für damals tragend begreifen. Der Städtebauer sähe eine angewachsene urbane Bevölkerungsstruktur. Und so weiter. Aber steckt nicht hinter diesen Erklärungen ein vielweitreichenderes "Erklärungsmuster"?! Ein neues Menschenbild und neue Wertvorstellungen, nach denen sich neue Handlungsmaximen ableiteten?! Und als Grundlage dafür meine ich die Psychologie, ein psychologisches Menschenbild ausmachen zu können. (Ich meine nicht, daß damals auf einmal alles Volk am rumpsychologisieren war.)

:grübel:

(Die Bewältigung des Holocausts direkt mit der Psychologie als Wissenschaft zu verknüpfen sehe ich selbst schwierig. Obwohl die Motivationen der 68er ja ebenfalls eng dergestalt verknüpft waren. Aber da überhebe ich mich ja völlig. Da kann ich nun wirklich nicht belegen, dass es eine psychologische Herangehensweise war, die ein Leben mit dieser Geschichte ermöglichte.)

:grübel:

Herzlicher Gruß, Martin
(Vielleicht habe ich auch nur etwas gegen Radikalinski-Verherrlichung und einfache Erklärungen? Hm. :grübel: :grübel: :grübel: Ich weiß viel zu wenig über die Geschichte der Psychologie. Und noch viel weniger über Wechselwirkungen von Wissenschaften und Demokratiebewegung! :rotwerd: Muss nochmal studieren gehen... )
 
Marcia schrieb:
Die Erforschung und Aufarbeitung des Faschismus und des Holocaust – ein Fall für die Tiefenpsychologie? Das würde ich unterschreiben.
(Ist ein bisschen lang geworden - ich bin seit dem Wochenende am Grübeln.)

Liebe Marcia,
die Erforschung und Aufarbeitung des Fachismus und des Holocaust ist nicht nur ein Fall für Die Tiefenpsychologie sondern des ganzen Volkes.
Mit der 68er Bewegung hat sich die damalige Jugend gegen das heuchlerische überkommene Menschenbild ihrer Eltern und Großeltern aufgelehnt. Das war ein wichtiger Schritt um die weitere Zukunft gestalten zu können.
Ohne die 68er wäre die Bundesrepublik Deutschland heute nicht das, was sie ist. Ein Zurückdrehen vor 68 wird es nicht geben.:grübel:
 
heinz schrieb:
Liebe Marcia,
die Erforschung und Aufarbeitung des Fachismus und des Holocaust ist nicht nur ein Fall für Die Tiefenpsychologie sondern des ganzen Volkes.
Mit der 68er Bewegung hat sich die damalige Jugend gegen das heuchlerische überkommene Menschenbild ihrer Eltern und Großeltern aufgelehnt. Das war ein wichtiger Schritt um die weitere Zukunft gestalten zu können.
Ohne die 68er wäre die Bundesrepublik Deutschland heute nicht das, was sie ist. Ein Zurückdrehen vor 68 wird es nicht geben.:grübel:

Womit Heinz vollkommen Recht hat.
Ihr könnt Euch heute gar nicht mehr vorstellen, was das für eine verkniffene Gesellschaft war, anno 1965.

"Man musste nämlich und konnte nix machen gegen den Hitler! Und der Hitler hat auch nicht alles gewußt von den Juden und so... Die Nationalhymne haben sie vorsichtshalber gleich gar nicht gesungen, könnte ja verboten sein!"
Nachfragen nach den KZ´s, gab ein paar in der Nähe, wurden kaum oder gar nicht beantwortet.
Und dann hat man Kogon "Der SS-Staat" gelesen, die Auschwitz-Prozesse, da hat einen die abgrundtiefe Verzweiflung gepackt. Das kann man nie wieder gut machen, .............. und die alten Säcke, die habens gewußt!!!!!! die haben mitgemacht......... Die haben nichts dagegen getan.............
Und jetzt sind sie auch noch zu feige um es zuzugeben.............

Und die Feigheit, das hat einem den Rest gegeben.

Mein Schulfreund hat Diskussionen über Schulnoten oder langes in der Kneipe hocken mit den Worten
"Ihr habt mir überhaupt nichts zu sagen, ihr seid besser still, ihr habt euch nämlich schon mit Juden gewaschen"
nachhaltig beendet.

Eine Vielzahl der Sprüche die so mancher hier schon losgelassen hat, von den "verlorenen Siegen" und soweiter konnte man damals täglich hören. Womit auch erkärt wäre, warum dieselben mich immer so aufregen.


Grüße Repo
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Marcia,
die Erforschung und Aufarbeitung des Fachismus und des Holocaust ist nicht nur ein Fall für Die Tiefenpsychologie sondern des ganzen Volkes.
Ganz gewiss – Danke für den Hinweis. Ich hatte mich in meinem ohnehin umfangreichen Beitrag etwas auf die Psychologie konzentriert. Ich will die Auseinandersetzung mit den dunklen Seiten der deutschen Geschichte keineswegs auf die Tiefenpsychologie abwälzen. Vielmehr halte ich den tiefenpsychologischen Ansatz – es geht ja um Analysieren von Unangenehmem, Verdrängten (Jung verwendet dafür ganz treffend den Begriff des Schattens) für eine geeignete Methode im Umgang mit solchem Gedankengut, das ja mit dem Ende des 2. Weltkrieges auch nicht völlig verschwunden ist. Wachsamkeit ist ständig geboten. Eine bessere Kenntnis der menschlichen Psyche ist auch dem Nicht-Psychologen hilfreich.

Ihr könnt Euch heute gar nicht mehr vorstellen, was das für eine verkniffene Gesellschaft war, anno 1965.
Da stimme ich zu. Ich war (Jahrgang 64) zu klein, um das mitzukriegen.;) Ich meine, dass uns in der DDR – wir haben die 68er Bewegung sozusagen ausgelassen – wichtige Auseinandersetzungen und Denkanstöße gefehlt haben, die uns jetzt auch für das Verständnis des nun gemeinsamen Staates fehlen. Deshalb habe ich, unter anderem, diese Diskussion eröffnet.
 
nochmal an Martin...

Hallo Martin,

ich kicke hier nichts weg (bin schließlich kein Fußballer;) ); ich fand, deine These, sofern ich sie verstanden habe, hat etwas für sich, und deshalb hatte ich – und zwar sehr gern – noch einiges nachgelesen. Und: Auch Sachbearbeiterinnen lehnen sich mal weit aus dem Fenster (dieses Thema ist ein Beispiel dafür);) .
Probleme hatte ich mit dem Begriffe-Dschungel, den ich ansprach, und ich will nun versuchen, ob ich nicht den einen oder anderen Konsens feststellen kann. (Wenn ich mich irre, bitte ich um Widerspruch.)
Ich lese aus deinen Beiträgen heraus, dass du (allzu) einfache Erklärungen ablehnst – volle Zustimmung meinerseits. Auch ich meine, dass man historische Prozesse und Ereignisse nicht isoliert betrachten sollte.

„Ein neues Menschenbild und neue Wertvorstellungen, nach denen sich neue Handlungsmaximen ableiten?“
Ich weiß nicht. Bin eher skeptisch in Sachen neue Menschen mit neuen Werten und so.
Du schriebst von Verantwortung, und das fällt für mich in den Bereich der Moral und Ethik, aber das war für Menschen schon in ziemlich alten Gesellschaften von Bedeutung. Ebenso war, wie weiter oben schon erwähnt wurde, der Werteverfall schon früher ein Thema. Emanzipation, Ökologie sind natürlich sehr moderne Begriffe. Die Psychologie ist nicht einfach plötzlich dagewesen, früher haben sich Philosophen, Theologen, Mediziner mit psychologischen Fragen beschäftigt.
In Zeiten historischer und gesellschaftlicher Umbrüche gab es schon immer das Bedürfnis der Menschen nach Verinnerlichung, nach – ich setze hier einfach mal das Wort: Erklärungsmodellen, nach Antworten auf Sinnfragen usw. Ich halte es für möglich (vielleicht willst du darauf hinaus), dass die Psychologie in westlichen Industriestaaten neben ihrem wissenschaftlichen Charakter auch Funktionen erfüllt, die in der Vergangenheit eher Religionen, Sekten, gesellschaftliche Normen geleistet haben. Es läuft bei der Beschäftigung mit Psychologie auf ein Verstehen-Wollen innerer Vorgänge hinaus. Und ich finde es gut, dass diesem Bedürfnis der Menschen mit populärwissenschaftlicher Literatur entgegengekommen wird, zumal es aus der Esoterik, von Sekten etc. auch diverse Angebote gibt. Mir fällt ein Artikel in „Psychologie Heute“ ein, der an interessierte Laien gerichtet war und auf der Grundlage der Traumdeutung C.G. Jungs eine Einführung in die Beschäftigung mit Träumen gegeben hat. Das ist tatsächlich Tiefenpsychologie für Anfänger und für den Gebrauch im Alltag und hebt sich angenehm von übersinnlichen und esoterischen Deutungsanleitungen ab.
Etwas ist mir noch wichtig, nämlich der Individualismus, den du angesprochen hast. Auch das berührt moderne Wertediskussionen, und möglicherweise haben die 68er wirklich etwas in Richtung Individualisierung bewegt. Die Psychologie ist auf die Psyche des Individuums gerichtet, psychische Störungen sind vor allem Anpassungsstörungen, und die moderne Welt verlangt in immer stärkerem Maße immer schnellere Anpassungen, die viele Menschen so problemlos nicht mehr leisten können – Psychologen haben heute gut zu tun. Psychologie und Psychotherapie sollen Menschen dazu befähigen, ihre Balance wiederzufinden, d.h., es geht darum, sie dahin zu bringen, sich auf Grundlage von Selbstakzeptanz (humanistische Psychologie) selbst zu aktualisieren, also anzupassen. „Individuation schließt die Welt nicht aus, sondern ein“ - schrieb C.G. Jung.
„Muss noch mal studieren gehen..
Das müsste ich erst recht, ich habe gar nichts studiert. Lesen soll mir aber genügen.
Gruß
Marcia:winke:
 
anderer Menschenbilder

Hallo zusammen, hallo marcia.
Ich waage die nächsten Überlegungen:

Meine These vom Wandel zum psychologischen Menschenbild schließt im Grunde eine Vorgabe ein. Nämlich dass es zuvor ein anderes Menschenbild gab. Also stelle ich mir die Frage ist dem so und wenn welche wären das. Ich denke fündig geworden zu sein. Allerdings ufert mir die Argumentation zu einer grundsätzlichen Ideenkritik an der Moderne an sich aus.

So weit ich ausmachen kann, bestimmen das 20te Jahrhundert drei große Ideologien: Sozialismus, Nationalsozialismus und parlamentarische Demokratie. Alle drei Ideologien sind im Verlauf des 20ten Jhd. verwirklicht worden. Alle drei Ideologien haben ihr Menschenbild, in Theorie und in "Praxis". (Das ist eine grobe und vereinfachende Darstellung. Sozialismus als Theorie ist nicht gleich Stalinismus in der Praxis. Und so weiter. Jedoch hoffe ich, dass man meiner grundsätzlichen Ideengeschichtlichen Dreiteilung folgen kann.)

Menschenbilder/Menschenideale:
sozialistisch: Überwindung der Klassengesellschaft. Gleichheitsideale.
nationalsozialistisch: Blut und Boden Ideologie. Rassenideologie.
parl. Demokratie: Rechtsstaat. Gewaltenteilung. kein "idealer" Mensch (und insofern ist die parl. Demokratie als einziges Modell nicht recht als Ideologie zu bezeichnen?! Ihr fehlt eben genau der "ideale Mensch"!)

(Einschub: Allerdings gibt es auch "Gleiches" in allen drei Richtungen. In erster Linie ein Zugang zu Technik und Rationalität, bedingt zur Wissenschaftlichkeit. (Stichwort: Rassenideologie als so erklärte biolog. Wissenschaft) Es ist ja gerade die technoide Rationalität die am Holocaust so verstört. Es war ja kein affektives "Wüten", sondern eine rational durchorganisierte Massentötung. Ich habe hier ein Büchlein liegen mit dem Titel Die "Blut und Boden" - Ideologie. Ein dritter Weg der Moderne. (Margit Bensch. Herausgeg. Eisel/Trepel TUBerlin TUMünchen http://www.wzw.tum.de/loek/lehrstuhl/schriftenreihe/band.php?band_nr=2) Daraus würde sich eine ander Diskussion ableiten. Ob wir hier drei Wege der Moderne mit Beziehungen zueinander haben, oder völlig "gegensätzliche" Modelle.)

Die "praktischen" Auswirkungen der Menschenbilder des Sozialismus (Stalinismus) und Nationalsozialismus (Hitlerismus) will ich hier nicht nochmal umfassend aufzählen. Dafür hat es andere Threads. Aber als Ergänzung will ich kurz Beispiele aus der Architektur anreissen. Speers Vorstellungen von Germania sind mittlerweile relativ weit bekannt: Er hätte ein ziemliches Stück Berlin dem Erdboden gleichgemacht, um Nazi-Herrschaftsarchitektur zu errichten. Weniger bekannt sind die Planungen/Ideen des französischen (und im Besten Sinne sozialistischen) Planers Le Corbusier. Er wollte halb Paris niederreissen, um eine neue Stadt für den neuen Menschen zu errichten. Eine soziale/sozialistische Idealstadt. Die Westdeutsche Architekturrealität kennen wir alle. Natürlich wurde viel Schrott gebaut, aber niemand hat ganze Städte platt gemacht um ein neues Nachkriegsdeutschland zu errichten. Das Leitbild war nicht mehr länger "ideal". Der einzelne Mensch wurde mehr und auf realistischere Weise in den Mittelpunkt von Städtebau und Architektur gerückt. (Falls ein Architekt mitliesst: ich liebe die Bauten von Le Corbusier, selten sinnlicheren Beton gesehen. Aber sein sozialistischer Städtebau lässt einen mächtig mit den Ohren schlackern... :) )


Ich komme immer stärker zu der Auffassung, dass "die 68er" - 20 Jahre nach Staatsgründung der BRD - nur ein Teilphänomen der breiten Demokratisierung der BRD sind. (Allerdings waren sie ein lautstarkes Phänomen. Vielleicht werden sie deshalb bevorzugt wahrgenommen.) Auf dem Grund der Demokratisierung sehe ich ein realistischeres Menschenbild hervortreten. Dem realistischeren Menschenbild - eben ein nicht-idealistisches Menschenbild - entspricht die wissenschaftliche Psychologie (Wohl zumindest ab und mit Freud.) Nicht der Mensch wird einem Ideal angepasst, sondern die Idealvorstellungen von Mensch werden aufgegeben. Dafür darf ein "realistisch aufgefasster" Mensch in "realistischer" Gesellschaft sein. Und die Psychologie ist die Wissenschaft, welche versucht den "als realistisch aufgefassten" Menschen zu beschreiben. Und insofern erscheint mir die Psychologie als DIE (oder zumindest als eine der unverzichtbaren) Schlüsselwissenschaft für eine zeitgemässe, auf den real existierenden Menschen ausgerichtete, demokratische Gesellschaft.

Noch ein Link, ist mir bei der Recherche nach den Dogon/Mali über den Weg gelaufen. Paul Parin - er erscheint mir als ein Protagonist in dessen Lebenslauf sich eine Menge unserer Fragestellung spiegelt. Ich erkenne an diesem Mann und an einem derartigen Lebnslauf mehr "revolutionäre Veränderung" als in manchem 68er!
http://www.bbpp.de/altaufgelesen/parin121299.htm

(Ich bin jetzt nicht im Einzelnen auf Deine Worte marcia eingegangen. Ich hoffe Du entdeckst wie ich ein Menge parallelen an Gedanken... der individualiustische Mensch geht ja erst, wenn der ideale Mensch abg`schafft ist!!! :) :winke: )

Herzlicher Gruß, Martin
 
Martin 69 schrieb:
So weit ich ausmachen kann, bestimmen das 20te Jahrhundert drei große Ideologien: Sozialismus, Nationalsozialismus und parlamentarische Demokratie. Alle drei Ideologien sind im Verlauf des 20ten Jhd. verwirklicht worden. Alle drei Ideologien haben ihr Menschenbild, in Theorie und in "Praxis". (Das ist eine grobe und vereinfachende Darstellung. Sozialismus als Theorie ist nicht gleich Stalinismus in der Praxis. Und so weiter. Jedoch hoffe ich, dass man meiner grundsätzlichen Ideengeschichtlichen Dreiteilung folgen kann.)

Ich komme immer stärker zu der Auffassung, dass "die 68er" - 20 Jahre nach Staatsgründung der BRD - nur ein Teilphänomen der breiten Demokratisierung der BRD sind. (Allerdings waren sie ein lautstarkes Phänomen. Vielleicht werden sie deshalb bevorzugt wahrgenommen.) Auf dem Grund der Demokratisierung sehe ich ein realistischeres Menschenbild hervortreten. Dem realistischeren Menschenbild - eben ein nicht-idealistisches Menschenbild - entspricht die wissenschaftliche Psychologie (Wohl zumindest ab und mit Freud.) Nicht der Mensch wird einem Ideal angepasst, sondern die Idealvorstellungen von Mensch werden aufgegeben. Dafür darf ein "realistisch aufgefasster" Mensch in "realistischer" Gesellschaft sein. Und die Psychologie ist die Wissenschaft, welche versucht den "als realistisch aufgefassten" Menschen zu beschreiben. Und insofern erscheint mir die Psychologie als DIE (oder zumindest als eine der unverzichtbaren) Schlüsselwissenschaft für eine zeitgemässe, auf den real existierenden Menschen ausgerichtete, demokratische Gesellschaft.
Herzlicher Gruß, Martin

Lieber Martin,
von den drei von Dir genannten Modellen, hat sich nur die Demokratie bewährt. Die Modelle des Sozialis/Kommunismus und des Fachismus sind gescheitert. Wo wie in China, Nord-Korea oder Cuba noch offiziell ein sozialistisches Modell herrscht ist man indirekt längst zum Kapitalismus übergelaufen. Siehe China mit seiner Marktwirtschaft oder Cuba mit seinem Torismusgewerbe. In Nord-Korea lässt man die Menschen einfach hungen.

Die 68er mußten so laut sein, um sich in einer heuchlerischen Leisetreter- und konservativen Gesellschaft überhaupt Aufmerksamkeit zu schaffen.:grübel:
 
Ich bin fasziniert.

Real ging es "68" aber z. b. darum, dass eine junge Frau erst volljährig sein mußte um vom Frauenarzt ein Pillenrezept zu bekommen.
Und volljährig meine Damen und Herrn wurde man "68" mit 21 Jahren!!!!!

Das waren viel drängendere Probleme wie das runde Treppenhaus der Walddorfschule.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Ich bin fasziniert.

Real ging es "68" aber z. b. darum, dass eine junge Frau erst volljährig sein mußte um vom Frauenarzt ein Pillenrezept zu bekommen.
Und volljährig meine Damen und Herrn wurde man "68" mit 21 Jahren!!!!!

Das waren viel drängendere Probleme wie das runde Treppenhaus der Walddorfschule.

Grüße Repo

Tja, das wohl der Grund gewesen zu sein, weshalb ich schon ´72 ungeplant zur Welt kam!
 
heinz schrieb:
Wo wie in China, Nord-Korea oder Cuba noch offiziell ein sozialistisches Modell herrscht ist man indirekt längst zum Kapitalismus übergelaufen. Siehe China mit seiner Marktwirtschaft oder Cuba mit seinem Torismusgewerbe. In Nord-Korea lässt man die Menschen einfach hungen.


das schnell offtopic. Also Kuba ist nicht kapitalistisch! Fakt! Und man lässt die leute nicht einfach so hungern in Nord Korea-> Isolierung durch den Rest der Welt. Und das China nicht marktwirtschaftlich ist, sondern irgendwie was neues, s auch klar.
 
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