Ich werfe mal wieder die These von Hermann Stöbe in den Raum, die Springer zwar aufgreift aber nicht konsequent weiterverfolgt. Die Theorie besteht darin, dass zwischen tatsächlichen Gentes und einer Fremdbenennung durch die Franken zu unterscheiden ist. Genausowenig, wie alle zum Thüringer Reich zählenden Gruppen Thüringer waren, sowenig waren alle als Sachsen bezeichneten Gruppen auch Sachsen. Stöbe geht davon aus, dass die Merowinger alle nordmitteleuropäischen Gruppen unter dem Sammelbegriff "Sachsen" zusammengefasst haben, ohne später genau trennen zu können, aus welchen Gentes diese im Einzelnen stammten.
Zeigt Ströbe denn eigentlich auch am Sprachgebrauch auf, wo eben von einer gens Saxonum zu sprechen wäre und wo vom Sammelbegriff als Fremdbezeichnung? Ist im übrigen der Sprachgebrauch nicht auch zu differenzieren nach jeweiligen Überlieferungen?
Wie sieht es denn mit den „Saxones“ im röm. Dienst aus?
Sie werden erwähnt im Gebiet des heutigen Frankreichs bei Springer, soweit ich mich erinnere.
Auch der Verweis Eugippus/Odoaker Theorie scheint eine Wanderung als militärischen Einheit (en) zu bestätigen.
Die vielen spätantiken Militärgürtel im Bereich Nidersachsen, NRW etc. scheinen zu bestätigen, dass viele von Ihnen zurückkehrten.
Allerdings wäre eine für mich ob eine Rückkehr heißt, an den eigenen Geburtsort oder ins „Barbaricum“, um eigene Herrschaften zu gründen wie z.B. „Reich des Samo“ im 7. Jahrhunderts
Im Grunde spiegelt meine Antwort auf deine Frage vor einger Zeit schon, daß ich so meine Schwierigkeit mit diesen Sachsen in Nordgallien habe und Strupanice Hinweis macht auf den differenten Sprachgebrauch des Saxones-Namens aufmerksam. Also schaue ich noch einmal in Springers Sachsenbuch wegen der schwierigen Sachsen an der gallischen Atlantikküste nach:
In Kp. 5.2 kommt er auf die
Saxones Baiocassini zu sprechen, die sich wie die Normannen - ihre spätere Nachfolger - gewiß nicht über den Landweg kommend, hier niedergelassen hatten. Springer erwähnt in diesem Zusammenhang auch einen späteren Herzog Chulderich, der möglicherweise solche sächsischer Herkunft gewesen sein oder aber auch aus England stammen könnte.
Springer diskutiert in dem angegebenen Kapitel zwei Textstellen bei Gregor von Tours, so über den Einbruch der Langobarden unter ihrem König Alboin (IV 41) und den Übergriff nach Gallien, den der Patricius Eunius Mummomulus zurückgeschlagen hatte (VI 42); in diesem Abschnitt erwähnt Gregor von Tours auch in Gallien einbrechende
Saxones qui cum Langobardis in Italiam, die "in dem Gebiet von Riez, bei dem Hofe Estoublon", wo sie ihr Lager aufgeschlagen hatten plünderten und vom genannten Patricius bekämpft wurden; schließlich schworen sie, nach Gallien zurückzukehren, holte ihre Familein aus Italien, "um sich König Sigibert zu unterwerfen und von ihm wieder in die Gegenden zurückgeführt zu werden, von denen sie ausgezogen waren." Aus dem Weg dorthin zogen sie in zwei Abteilungen (über Nizza und Embrun) nach Avignon; als sie über die Rhône setzen wollten schalt sie Mommulus und duften schließlich weiterziehen und gelangte über Clermont "zum König Sigibert und erhielten in der Gegend, aus der sie früher ausgezogen waren, Wohnsitze." Dieser Bericht findet in einem späteren Kapitel bei Gregor von Tours seine Fortsetzung:
"Und da zu jener Zeit, wo Alboin nach Italien gezogen war, Chlothar und Sigibert Schwaben (Suavos) und andere Völker in die Gegend versetzt hatten, welche die Sachsen vorher bewohnt hatten, die mit Alboin ausgezogen waren, so wollten diese, als sie zur Zeit Sigiberts zurückkehrten,. jene aus dem Lande treiben und sie vernichten." (V 15) Allerdings unterlagen sie und wurden sozusagen vernichtet. Springer argumentiert nun, daß mit dem Ort, von wo der sächsische Kriegerverband einst auszog die Gegend um Bayeux sein müsse und wohin sie zurückkehrten; gewissermaßen offen läßt der Autor, ob auch Boulogne, das als terra Saxonica überliefert ist, in Frage komme. Springer läßt keinen Zweifel daran, daß es diese nordgallischen Sachsen waren, die einst mit den Langobarden nach Italien kamen, und nicht - wie die herrschende Lehre gerne angenommen hat - aus einem zwar ebenfalls kontinentalen, aber rechtsrheinischen Sachsenland. Sogar die Überlieferung bei Paulus Diaconus deutet er in dieser Hinsicht: Springers Lesart gemäß verwendete dieser die Bezeichnungen Saxones und Anglisaxones gewissermaßen synonym verwendet. Springer erwähnt nur eine Quelle, in der - wie sich ausdrückt, von "echten" Sachsen die Rede sei, und zwar in einem Gedicht von Venantius Fortunatus, demnach Sigibert I einen Sieg über die "thüringischen Saxones" gelang.
Völlig offen läßt Matthias Springer allerdings, woher die nordgallischen Sachsen nun herstammen. Der Sprachgebrauch weist auf Beziehungen nach Britannien; in seiner Zusammenfassung sieht Springer, daß in merowingischen Quellen "mindestens seit dem 7. Jh. Aussagen nachweisbar [sind], die sich eindeutig auf die Sachsen und das alte Sachsen beziehen" (2004, S.121); dem steht allerdings der schon von mir bemerkte Hinweis auf eine
Saxonia antiqua in rechtsrheinischen Gebieten gegenüber; ich werde mir wohl die Mühe machen müssen, diese einstweilen zu kartieren, um im Anschluß die genaueren Beziehungen dieser noch fraglichen Region zum Gebiet um Bayeux und Boulogne einerseits, andererseits nach Britannien zu eruieren.