Slawen, Wenden, Sorben, Obodriten

Der Lutize wünscht allen Geschichtsfreunden einen Asphaltflechten freien Feiertag!
Spruch des Tages: Hieran mag ein Jeder sehen was ein guter Vorsatz nützt und warum auch wiederstehen wenn der volle Becher blitzt.
 
Hallo Lutize,
die Kaschuben nannten ihren Fürsten Swatopolk. Nur dies ist eine orginäre slawische Bezeichnung. Das polnische Krull soll ja von Karl(dem großen) kommen.
Alle slawischen Fürsten holten selbst deutsche Siedler ins Land, um wirtschaftlich und damit militärisch aufzurüsten. Viele Menschen, Bergwerke, Städte, bedeuteten mehr Steuereinnahmen und mehr Soldaten und damit mehr Unabhängigkeit.
Auch die Kaschuben, die von den pommerischen Piasten, den Mecklenburgern u. den Prussen bzw. später dem deutschen Ordensstaat bedrängt wurden, machten dann da mit. Die deutsche Besiedlung vor allem in Ostdeutschland war weniger das Ergebnis einer Eroberung, als des wirtschaftlichen hochrüstens.
 
Flamen siedleten nicht nur im Osten. Im 13. Jh. gab es auch eine flämische Siedlung vor den Toren meiner Stadt (südliches Niedersachsen). Nach der städtischen Überlieferung wurde sie in einer einzigen Nacht von den Einheimischen ausgelöscht, weil man geschäftstüchtige Konkorrenz nicht in der Nachbarschaft haben wollte.
 
Ich glaube auch, dass es eher ein technologischer Wettkampf der slawischen Fürsten untereinander war, denn mit den deutschen und flämischen Siedlern wollten sie ihre Gebiete landwirtschaftlich kultivieren. Ihr primäres Ziel war natürlich, die höchste Machtstellung unter den slawischen Stämmen und Fürsten zu gewinnen. Sie förderten also die Einwanderung von fremden Siedlern, ohne zu merken, dass sie sich dadurch ins eigene Fleisch schnitten. Natürlich entwickelten sie sich weiter, aber die kleinen einheimischen Bevölkerungsgruppen der Slawen wurden so größtenteils germanisiert, somit wuchs auch die Macht des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation über die Elbe- Saale- Linie und noch weiter über die Oder hinaus.
Die deutschen Siedler kamen aus allen Gebieten des Reiches, aus Friesland, aus Thüringen, aus dem Rheinland, aus Flandern usw.
 
Noch viel schwieriger wäre es mit den Sorben gewesen.
Ihr Siedlungsgebiet war noch wesentlich undurchdringlicher zumal sie eine Burgendichte
hatten wo auf rund 16-25 Km²eine Burg kam. Also fast in Sichtweite.Dieses mag ihr Überleben gesichert haben.

Das beantwortet beinahe die Frage die ich hier stellen wollte. Nämlich wieso gerade die Sorben als einziger slawischer Stamm bis heute überdauert haben.
 
Aragorn schrieb:
mich würde interessieren was die Slawen als eine eigene Gruppe von völkerschaft auszeichnet, außer Sprache und religion!

Ich glaube da geht die Forschungsmeinung der neueren Zeit mehr in die Richtung, dass die Slawen nur die Sprache gemein hatten. Sie grenzten sich demnach nur darin ab, indem sie sich sprachlich verstanden. Von der gleichen Religion kann man schon gar nicht sprechen, da sich besonders die polnischen Herrscher im 11.Jh. dem Christentum zuwandten, während die Liutizen noch ihren heidnischen Kulten folgten.
 
Pachelbel schrieb:
Das beantwortet beinahe die Frage die ich hier stellen wollte. Nämlich wieso gerade die Sorben als einziger slawischer Stamm bis heute überdauert haben.

Die Sorben haben mehr auf anderen Tatsachen beruhend die sog. "deutsche Ostkolonisation" überstanden. Sie schlossen sich dem christlichen Glauben an, haben aber ihre Traditionen teilweise bis heute überliefert oder einfach in den "christlichen Kalender" eingeflochten. Auch gab es nie eine übermäßige ethnische Durchmischung der Sorben von "außen". Die Tatsache das sie immer wieder Verbündete fanden schützte sie auch nicht davor Zielscheibe von Kriegen und Verfolgungen zu werden. Das lässt sich ja quasi bis Anfang der 80-er Jahre der DDR verfolgen. Dort wurde bis zu letzt Unterricht in deren Muttersprache verboten, ganz zu schweigen von öffentlichen Beschilderungen.
 
Vielleicht haben sich Bräuche der Slawen bei den deutschen Neusiedlern erhalten? Ich habe neulich einen Bericht über die Sorben gesehen, zu Ostern findet bei denen das "Ostereiten" statt. Nun weiss ich aus familiären Quellen und alten Fotos das es diesen Brauch auch in der Gegend von Bernburg (Sachsen/Anht.) gab.
Gibt es ihn nocH? Die Fotos stammen aus den Endvierzigern.
 
http://www.mdr.de/leipzig-liest/interview/287738-hintergrund-607905.html
http://www.uni-potsdam.de/u/kwi/publ/kwi-stud_werner_annika_00.htm



Das lässt sich ja quasi bis Anfang der 80-er Jahre der DDR verfolgen. Dort wurde bis zu letzt Unterricht in deren Muttersprache verboten, ganz zu schweigen von öffentlichen Beschilderungen.



"Die Schulpolitik der DDR gegenüber den Sorben kann man, mit Ausnahme einer kurzen Phase, überwiegend als positiv bezeichnen. Es gab in der Lausitz Schulen vom Typ A (mit Sorbisch als Unterrichtssprache) und vom Typ B (mit Sorbisch als Fremdsprache). Nur im Jahr 1964 wurde eine Regelung eingeführt, die vorsah, daß der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht zum großen Teil in deutscher Sprache erfolgen sollte. Darüber hinaus wurde der sorbische Pflichtunterricht abgeschafft und der Unterricht in sorbisch sollte nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Gleichzeitig durfte nicht für den freiwilligen sorbischen Unterricht geworben werden. 1968 wurde diese Regelung allerdings wieder gelockert."
aus:
http://www.forum-identitaet.de/020217.html
http://www.freitag.de/2001/13/01132201.htm
 
Zuletzt bearbeitet:
askan schrieb:
Vielleicht haben sich Bräuche der Slawen bei den deutschen Neusiedlern erhalten? Ich habe neulich einen Bericht über die Sorben gesehen, zu Ostern findet bei denen das "Ostereiten" statt. Nun weiss ich aus familiären Quellen und alten Fotos das es diesen Brauch auch in der Gegend von Bernburg (Sachsen/Anht.) gab.
Gibt es ihn nocH? Die Fotos stammen aus den Endvierzigern.


Vom Osterreiten in Bernburg ist mir nichts bekannt. Zumindest die letzten Jahrzehnte.
Oder meintest Du Bautzen in Sachsen?
 
Könnern ist ne Stadt. Durch mysteriöse Umstände zum Stadtrecht gekommen wie Kuhkaff Köthen. :rofl:

Aber vom Osterreiten dort ist mir überhaupt nichts bekannt.
 
Auf den Dörfern die genau dazwischen liegen, dort soll der Brauch gewesen sein. Wie gesagt, ich kenne es auch nur von alten Familienfotos.
 
NicMacchiavelli schrieb:
während die Liutizen noch ihren heidnischen Kulten folgten.

Lieber Macchiavelli,

deswegen würde mich schon interessieren, ob die Liutizen identisch sind mit den Bewohnern der Ober- und Niederlausitz, also den Sorben, die es ja heute noch gibt. Was ist mit dem Liutizenbund den sie geschlossen hatten, welche slawischen Stämme gehörten diesem Bund an? :thx:
 
Lieber Heinz,

mit dem Siedlungsgebiet der heutigen Sorben ist das nicht vergleichbar. Mir ist im Moment leider nicht bekannt, ob es Quellen oder Anhaltspunkte gibt, wo die Liutizen gesiedelt haben und wenn ja, wie man das geographisch festmachen kann. Aber ich würde mal versuchen das rauszubekommen. :)
Beim Liutizenbund dreht es sich um etwas ganz anderes. Dabei handelt es sich wohl mehr oder weniger um einen losen Zusammenschluss slawischer Stämme, der wohl v.a. dafür verantwortlich ist, das die Bewegung "deutscher Siedler" jenseits Elbe und Saale (der Ausdruck ist leider äußerst unpassend, aber ich habe auf die schnelle Art keinen besseren gefunden,LEIDER!) für einige Jahrzehnte zumindest ad acta gelegt werden musste. Andererseits stellte eben dieser Bund auch Truppen für König Heinrichs II. Zug gegen Boleslaw. Immerhin ein polnischer UND CHRISTLICHER Herrscher.
Ich denke die Chronik Thietmar von Merseburgs kann Dir da sehr gut weiterhelfen. Ab Seite 267 geht er auf das Liutizenbündnis und einen der führenden Stämme, die Redarier ein. Dort wird auch beschrieben wo sie sich befanden, welchem Kult sie nachgingen, Kultstätten, Priester, Organisation usw. Nur immer schön aufpassen...der Herr hat das im 11.Jh. für seinen König geschrieben. ;-) Er verteufelt die Slawen zwar nicht, aber mit der Exaktheit eines Reiseberichtes hat das noch nichts zu tun. ;-)
 
Titus_Livius schrieb:
http://www.mdr.de/leipzig-liest/interview/287738-hintergrund-607905.html
http://www.uni-potsdam.de/u/kwi/publ/kwi-stud_werner_annika_00.htm







"Die Schulpolitik der DDR gegenüber den Sorben kann man, mit Ausnahme einer kurzen Phase, überwiegend als positiv bezeichnen. Es gab in der Lausitz Schulen vom Typ A (mit Sorbisch als Unterrichtssprache) und vom Typ B (mit Sorbisch als Fremdsprache). Nur im Jahr 1964 wurde eine Regelung eingeführt, die vorsah, daß der mathematisch-naturwissenschaftliche Unterricht zum großen Teil in deutscher Sprache erfolgen sollte. Darüber hinaus wurde der sorbische Pflichtunterricht abgeschafft und der Unterricht in sorbisch sollte nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Gleichzeitig durfte nicht für den freiwilligen sorbischen Unterricht geworben werden. 1968 wurde diese Regelung allerdings wieder gelockert."
aus:
http://www.forum-identitaet.de/020217.html
http://www.freitag.de/2001/13/01132201.htm

Bedeutet das nun, dass das DDR-Schulsystem "sorbenfreundlich" war? Oder doch "anti-sorbisch"? Irgendwie widerspricht sich das doch ein wenig. Auf der einen Seite Einrichtung solcher Schulen, andererseits Sanktionierung des sorbischen Unterrichts. Findest Du nicht auch?? :rofl:
 
Ich hatte vor einiger Zeit auch mal die Seite der Leipziger Uni besucht.
Glaube dort auch gelesen zu haben, dass die Sorben zur DDR-Zeit die wohl einmaligste Förderung dieser Minderheit erhalten haben.
War aber auch politisch bezweckt, um den Tschechen den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Was das Schulsystem angeht, ist doch klar das eine Minderheit von 30tausend Menschen beruflich große Probleme bekommt, wenn Sie nicht ausreichend integriert wird und sozial ausgegrenzt bleibt. Vielleicht sind die Kulturverantwortlichen 64-68 etwas über das Ziel hinausgeschossen. An einen Anti-Sorbischen Grund glaube ich weniger.
 
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