Slawisierung und das Byzantinische Reich

Die neuere Forschung (Curta, Barford u.a.) geht eher davon aus, dass eine slawische Identität an der unteren Donau entstand, keine größere Migration in das Gebiet stattfand.
Ähnlich wie die neuentstehenden Gruppen an der Gallisch-Germanischen Reichgrenze (Franken, Alamannen, Bajuwaren) erst als Produkt der Verhältnisse im römischen Grenzgebiet enstanden, entstanden slawische Gruppen an der unteren Donau. Vermutlich schon in sarmatischen und hunnischen Kontingenten werden slawische Hilfstruppen vermutet, zur Zeit der Awarenherrschaft diente der Terminus "Slawe" allgemein als Bezeichnung der Awarischen Fuß- und Bootstruppen. Wie auch unter den iranischen Hrvaten und den Post-hunnischen Bulgaren hat sich schließlich nach Zusammenbruch der Zentralmacht das zahlenmäßig überlegene slawische Element durchgesetzt. Gerade in den chaotischen Zeiten des entstandenen Machtvakuums erwies sich die unkompliziertere, bodenständigere Lebensart der slawischen Gruppen als ausdauernder und damit als hochattraktiv, wodurch auch große Teile der vorher gothisch, dalmatisch, romanisch oder thrakisch geprägten Bevölkerung relativ rasch slawisiert wurde.
Pohl erwähnt, dass die hunnischen, awarischen und gothischen Gebilde auf einem funktionierenden byzantinischen Staat fußten. Anders als durch dessen Tribute und durch die Kriegsbeute waren diese nicht zu finanzieren. Das slawische Gegenmodell dagegen behielt die landwirtschaftliche Selbstversorgung bei und funktioniert daher autark, es entstanden auch kaum militärische Eliten.

Ausführlicher hier, Walter Pohl, zitiert nach Wiki:
"Avars and Bulgars conformed to the rules of the game established by the Romans. They built up a concentration of military power that was paid, in the last resort, from Roman tax revenues. Therefore they paradoxically depended on the functioning of the Byzantine state. The Slavs managed to keep up their agriculture (and a rather efficient kind of agriculture, by the standards of the time), even in times when they took their part in plundering Roman provinces. The booty they won apparently did not (at least initially) create a new military class with the greed for more and a contempt for peasant's work, as it did with the Germans. Thus the Slavic model proved an attractive alternative ... which proved practically indestructible. Slav traditions, language, and culture shaped, or at least influenced, innumerable local and regional communities: a surprising similarity that developed without any central institution to promote it. These regional ethnogeneses inspired by Slavic tradition incorporated considerable remnants of Roman or Germanic population ready enough to give up ethnic identities that had lost their cohesion"
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil es eine große Menge von Völkern gibt wo eine kleine Elite ihre Sprache oder Identität auf eine große Bevölkerungsgruppe übertragen hat. Seien es nun die Türken, Ungarn, Angelsachsen, Römer, Griechen in Anatolien e.t.c.

40-50 % halte ich für zu Hoch gegriffen.

Hatten wir nicht bereits einen Thread, in dem es um dieses Thema ging?

Ich meine ihn gefunden zu haben, bin mir aber nicht sicher, ob es der richtige ist.

http://www.geschichtsforum.de/f72/bernahme-von-sprachen-widerstand-macht-20628/
 
Die neuere Forschung (Curta, Barford u.a.) geht eher davon aus, dass eine slawische Identität an der unteren Donau entstand, keine größere Migration in das Gebiet stattfand.
Curta geht ja noch einen Schritt weiter: die byz. Quellen des 6.-7. Jhs. sollen mit Sklabenoi (Sclavenen) die Unterschichten der byz. Provinzbevölkerung und noch keine Slawen gemeint haben - wenn das stimmen sollte, dann fragt man sich konsterniert, warum Mitte des 6. Jhs. in eben demselben griechisch wie in den etwas späteren griech.-byz. Quellen Prokop (Gotenkriege) den Anten und Sclavenen "eine furchtbar barbarische Sprache" attestiert hatte...
Zudem belegen merowingische Quellen schon im 7.Jh. eindeutig Slawen an den Ostgrenzen des ostfränkischen Reichs. Wenn die Slawen samt ihrer slaw. Sprache erst im 7.Jh. "entstanden" sein sollen, dann müssen die freilich schon einen ICE etc gehabt haben, um sich so furchtbar schnell bis an die Ostsee (Abodriten) auszubreiten und innerhalb weniger Jahre eine eigene Sprache zu entwickeln... ;)
 
Die neuere Forschung (Curta, Barford u.a.) geht eher davon aus, dass eine slawische Identität an der unteren Donau entstand, keine größere Migration in das Gebiet stattfand.
keine größere Migration ist ein sehr schwammiger begriff, ähnlich wie (keine) Masseneinwanderung nach Britannien.

Ähnlich wie die neuentstehenden Gruppen an der Gallisch-Germanischen Reichgrenze (Franken, Alamannen, Bajuwaren) erst als Produkt der Verhältnisse im römischen Grenzgebiet enstanden, entstanden slawische Gruppen an der unteren Donau.
Allerdings waren Franken etc auch schon vorher Germanen. Ähnlich ist dies dann doch wohl auch bei den Slawen. Die Reichsgrenze führte zur Neu- und Umbildung slawischer Gruppen.

Vermutlich schon in sarmatischen und hunnischen Kontingenten werden slawische Hilfstruppen vermutet, zur Zeit der Awarenherrschaft diente der Terminus "Slawe" allgemein als Bezeichnung der Awarischen Fuß- und Bootstruppen. Wie auch unter den iranischen Hrvaten und den Post-hunnischen Bulgaren hat sich schließlich nach Zusammenbruch der Zentralmacht das zahlenmäßig überlegene slawische Element durchgesetzt.
Das sehe ich auch so.

Gerade in den chaotischen Zeiten des entstandenen Machtvakuums erwies sich die unkompliziertere, bodenständigere Lebensart der slawischen Gruppen als ausdauernder und damit als hochattraktiv, wodurch auch große Teile der vorher gothisch, dalmatisch, romanisch oder thrakisch geprägten Bevölkerung relativ rasch slawisiert wurde.
Bodenständige Slawen, der, der Scholle zugewandte Slawe. Das klingt mir nach 19. Jahrhundert. Sie müssen allerdings auf irgendeine Weise attraktiv gewesen sein, das ist richtig. Ich denke, daß das durch die vielen Kriege, Plünderungen, Seuchen und Ansiedlung von Föderaten zerrüttete Land, tatsächlich Vakua hinterließ und ganz besonders die Autorität und den identitätsstiftenden Charakter des RR in Auflösung brachten, was den slawischen Fürsten ermöglichte neue Herrschaften und ethnische Einheiten zu errichten

Pohl erwähnt, dass die hunnischen, awarischen und gothischen Gebilde auf einem funktionierenden byzantinischen Staat fußten. Anders als durch dessen Tribute und durch die Kriegsbeute waren diese nicht zu finanzieren. Das slawische Gegenmodell dagegen behielt die landwirtschaftliche Selbstversorgung bei und funktioniert daher autark, es entstanden auch kaum militärische Eliten.
Ich habe starke Zweifel daran. Man holte zB Kroaten und Serben als Sicherung der nordwestbalkanischen Gebiete. Hätten Bauern dazu getaugt?
 
Wie romanisiert war denn die ländliche Bevölkerung des Balkans um 600?
Sprachen die Bauern auch zu Hause Latein oder war es für sie eine Zweitsprache?

Eine slawische Einwanderungswelle (oder auch mehrere), die kleine Gruppen von Norden kommend beschreibt, die in das Vakuum verschwindender römischer Herrschaft sickerten und dem Großteil der Bevölkerung kulturell ähnelten, ist doch gut vorstellbar.

Dies ähnelt dann der Situation am Rhein, wo auch nicht alle Bewohner umgezogen sind, die Sprachgrenze aber dennoch deutlich westlich vom Rhein lag.
 
Bodenständige Slawen, der, der Scholle zugewandte Slawe. Das klingt mir nach 19. Jahrhundert. Sie müssen allerdings auf irgendeine Weise attraktiv gewesen sein, das ist richtig.
Ich habe starke Zweifel daran. Man holte zB Kroaten und Serben als Sicherung der nordwestbalkanischen Gebiete. Hätten Bauern dazu getaugt?

Diese 19.-Jahrhundert-Referenz war nicht beabsichtigt. Betont werden soll die weniger starke Abhängigkeit von Beute und Tributen, auf welchen die prominenteren Großreiche in Südosteuropa basierten.
Warum sollten die slawisierten Gruppen nicht als Grenztruppen getaugt haben, wo sie sich zumindest teilweise selbst versorgten?
Woher nahmen eigentlich die Awaren ihre Lebensmittel? Von den ihnen unterworfenen "Slawen"?
Eine flächendeckende Ansiedlung in großem Stil - wie von einigen Beiträgen oben postuliert - macht ohne eigene Landwirtschaft überhaupt keinen Sinn, da fehlt schlichtweg die Lebensgrundlage.
 
Diese 19.-Jahrhundert-Referenz war nicht beabsichtigt.
war nicht bös' gemeint.

Betont werden soll die weniger starke Abhängigkeit von Beute und Tributen, auf welchen die prominenteren Großreiche in Südosteuropa basierten.
Warum sollten die slawisierten Gruppen nicht als Grenztruppen getaugt haben, wo sie sich zumindest teilweise selbst versorgten?
Gut, es gibt auch Wehrbauern. Die Frage bleibt, ob solche Wehrbauern dazu fähig waren die angestammt Bevölkerung zu assimilieren und wenn sie in grüßeren Gruppen vorkamen, wo die denn überall hergekommen sind. Ganz Südost und weite teile Mitteleuropas füllen sich nicht von alleine.

Woher nahmen eigentlich die Awaren ihre Lebensmittel? Von den ihnen unterworfenen "Slawen"?
Eine flächendeckende Ansiedlung in großem Stil - wie von einigen Beiträgen oben postuliert - macht ohne eigene Landwirtschaft überhaupt keinen Sinn, da fehlt schlichtweg die Lebensgrundlage.
wie oben bereits gefragt, wo sollen solche massen denn hergekommen sen?
 

Man könnte Adamik allerdings entgegenhalten, dass er zu sehr die Urbanisierung betont, die Verhältnisse in der Polis beschreibt, die Landbevölkerung allerdings völlig außer Acht lässt, obwohl diese zahlenmäßig unbedingt zu beachten war.
Wenn er unter anderem beschreibt, dass die Romanisierung und die damit verbundene Latinisierung im 1./2. Jahrhundert weitgehend abgeschlossen war, so halte ich das im Falle eines Schafhirten aus den Rhodopen oder aus dem dinarischen Gebirge für absurd.

Ebenso wird viel zu wenig auf die von Solwac erwähnte Mehrsprachigkeit eingegangen.

Politisch spielten diese Gruppen natürlich keine Rolle, wurden von den klassischen Autoren nicht erwähnt. Dies mag sie aber nicht daran gehindert haben, sich als Hilfstruppen eben bei den Bulgaren oder den Kroaten zu verdingen, und nach Wegfall von deren Traditionskern selbst deren Identität zu übernehmen.
 
Interessanterweise findet man bei Tante Wiki folgende Bemerkung:

Viele thrakische Wörter haben Entsprechungen vor allem in modernen baltischen und slawischen Sprachen.

Vielleicht war der Weg, Slawe zu werden, für den durchschnittlichen Thraker gar nicht so weit?
 
Die neuere Forschung (Curta, Barford u.a.) geht eher davon aus, dass eine slawische Identität an der unteren Donau entstand, keine größere Migration in das Gebiet stattfand.
Welches "Gebiet"? Könntest Du die Fundstellen spezifizieren?
...hat sich schließlich nach Zusammenbruch der Zentralmacht das zahlenmäßig überlegene slawische Element durchgesetzt.
Auf welche Räume und auf welche Zeit bezieht sich das "zahlenmäßig überlegen"?
Zudem belegen merowingische Quellen schon im 7.Jh. eindeutig Slawen an den Ostgrenzen des ostfränkischen Reichs. Wenn die Slawen samt ihrer slaw. Sprache erst im 7.Jh. "entstanden" sein sollen, dann müssen die freilich schon einen ICE etc gehabt haben, um sich so furchtbar schnell bis an die Ostsee (Abodriten) auszubreiten und innerhalb weniger Jahre eine eigene Sprache zu entwickeln...
:D
Ich bin sicher, dass die Ausbreitungsrichtung und -geschwindigkeit im GF schon diskutiert wurden, finde aber auf die Schnelle nicht den Ort. Deshalb zwei Rückfragen an die Mehr-Wisser:

  • Gibt es Konsens über den Ausgangspunkt? (Siehe die Karte mit der "Auswahl verschiedener Heimatländer, die für die Slawen vorgeschlagen wurden" bei Barford S. 332)
  • Ist z.B. das '4-Richtungen-Ausbreitungs-Modell' (Barford S. 47) allgemein akzeptiert oder gibt es ein plausibleres?
 
Vielen Dank, sehr interessant. Leider geht der Artikel am Kern der Frage vorbei. Er beschreibt die Romanisierung der Oberschicht (die wird sich sich im Zweifel aus dem Staub gemacht haben und ist zahlenmäßig irrelevant), die Kolonisten (wie viele mit Latein als Muttersprache werden das gewesen sein), das Bestehen der alten Stammesverbände (die werden ihre Prioritäten nicht nach der Romanisierung gerichtet haben), das Heer (Latein als Militär- und sonstige Zweitsprache) und die Städte. Welche Sprache der einfache Bewohner jetzt auch gesprochen hat, er wird größere Fenster als fenestra bezeichnet haben, so wie wir heute den PC auch auf deutsch als Computer bezeichnen. Ähnliches wird für andere Fachbegriffe der römischen Zivilisation gegolten haben.

Dies hilft leider nicht bei der Frage nach der Herkunft der Slawen. War die ansässige Bevölkerung ähnlich der eingewanderten Slawen? Wenn ja, dann reichen relativ geringe Zahlen um andere Ideen mitzubringen. Oder wurde nur die Oberschicht ausgetauscht und die Sprache entwickelte sich stark auf Basis der vorhandenen nicht romanischen Sprache.

Der Hinweis auf die griechischsprachige Romanisierung im Ostreich zeigt ja, dass die römische Kultur nur teilweise an die Sprache gebunden war. Der Zusammenbruch der römischen Herrschaft bietet also durchaus andere Muster als im Westen ohne dass diese Muster für den Balkan schon alle bekannt sein müssen.
 
Interessanterweise findet man bei Tante Wiki folgende Bemerkung:

Viele thrakische Wörter haben Entsprechungen vor allem in modernen baltischen und slawischen Sprachen.

Vielleicht war der Weg, Slawe zu werden, für den durchschnittlichen Thraker gar nicht so weit?

Dich zitieren bald wahrscheinlich Anhänger der Autohtonisten am Balkan wenn du so weiter schreibst.:D

Den Gedanken habe ich schon einmal gelesen, liegt vor allem an den wenigen originär thrakischen Wörtern in den modernen südslawischen Sprachen, damit meinte er vielleicht seien thrakisch und slawisch verwandt gewesen und deswegen erklären sich die wenigen Überbleibsel. Sonst ist so bei jeder Sprache die irgendwann eine Rolle am Balkan hatte, viele Wörter übriggeblieben.
 
Interessanterweise findet man bei Tante Wiki folgende Bemerkung:

Viele thrakische Wörter haben Entsprechungen vor allem in modernen baltischen und slawischen Sprachen.

Vielleicht war der Weg, Slawe zu werden, für den durchschnittlichen Thraker gar nicht so weit?
Es gibt ein paar Inschriften, kurze Phrasen, oft nicht sicher entziffert. Man schloß aus diesem Fundus auf eine Reihe von Entsprechungen im Litauischen bzw. den baltischen Staaten. Nun ist aber auch gerade das Baltische, insebesondere das Litauische besonders archaisch. Stammen daher die Übereinstimmungen, da das Thrakische auch eine alte Sprache ist?

Es bleibt aber die alte Frage, wenn Slawisch auf dem Balkan einheimisch ist, wie erklärt man die Nähe zum West- und Ostslawisch?
 
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Ich habe mittlerweile in "Die Provinzen des Römischen Reiches" von Tilmann Bechert einen Blick zur Provinz Dalmatia geworfen: danach ist vor allem die Küste romanisiert worden (die Provinzhauptstadt Salonae befand sich auch dort. Größere Städte im Hinterland scheint es wohl nicht gegeben zu haben. Der geringere Grad an Romanisierung mag dann auch die Slawisierung vereinfacht zu haben (ähnlich wohl wie in England).

Es gibt ein paar Inschriften, kurze Phrasen, oft nicht sicher entziffert. Man schloß aus diesem Fundus eine Reihe von Entsprechungen im Litauischen bzw. den baltischen Staaten. Nun ist aber auch gerade das Baltische, insebesondere das Litauische besonders archaisch. Stammen daher die Übereinstimmungen, da das Thrakische auch eine alte Sprache ist?

Es bleibt aber die alte Frage, wenn Slawisch auf dem Balkan einheimisch ist, wie erklärt man die Nähe zum West- und Ostslawisch?

Zur thrakischen Sprache und ihrem überlieferten Vokabular ist in der Wiki ein Artikel mit einigen Wörtern (die tatsächlich dem Litauischen ähnlich sind):

https://de.wikipedia.org/wiki/Thrakische_Sprache#Thrakische_W.C3.B6rter
 
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Sehr interessant ist Florin Curtas Artikel "The Slavic lingua franca" von 2009:

https://www.academia.edu/227792/The_Slavic_lingua_franca_Linguistic_notes_of_an_archaeologist_turned_historian_

Er geht davon aus, dass das awarische Kaganat das Slawische als Gemeinsprache (lingua franca) nutzte, um überhaupt eine Kommunikation der vielen unterworfenen Gruppen zu ermöglichen. Demnach hätten die Awaren das slawische an der unteren Donau übernommen, und mit ihrer Expansion über den gesamten Balkan und Pannonien verbreitet, die Untertanen des Kagans, wie auch die awarische Elite, waren demnach bilingual.
Nach dem Zerfall des Kaganats zerfiel auch die slawische Spracheinheit in die späteren zahllosen Dialekte.
Curta erwähnt ausdrücklich, dass dies nicht die Verbreitung des slawischen nach Russland oder Weißrussland erklärt, da diese nicht unter awarischer Herrschaft standen. Andererseits gibt es überhaupt keine slawischen Sprachzeugnisse nördlich der Karpaten vor 900, es könnte sich also um spätere Wanderungen handeln.
 
Die Diskussion wird zunehmend schwer zu überschauen, die Migrationen mit einem ursprünglichen Bezug zu Byzanz (hier wäre aufgrund der archäologischen Befunde Griechenland interessant) sind etwas in den Hintergrund getreten :D

Eine Ergänzung:
Zudem belegen merowingische Quellen schon im 7.Jh. eindeutig Slawen an den Ostgrenzen des ostfränkischen Reichs.
Ich würde das etwas schwächer formulieren: eindeutig werden Bezeichnungen belegt. Was hinter den Bezeichnungen steckt, was aus den epischen Beschreibungen bzgl. Ethnien daraus abzuleiten ist, bleibt umstritten.

Nehmen wir also Fredegar: Niemand käme auf die Idee, etwa die Ethnogese der benannten Wenden daraus abzuleiten, dass während der jährlichen Überwinterungen awarische Krieger mit slawischen Frauen geschlafen haben, Fredegar IV/48, 40.

Jedenfalls bleibt völlig unklar, welche ethnischen Hintergründe überhaupt die wechselnden Bezeichnungen ansprechen sollen.

Zu der (ebenfalls) umstrittenen Diskussion:
Curta: Slavs in Fredegar and Paul the Deacon: medieval gens or scourge of God?

Das zieht auch wieder den Kreis auf die Frage, ob und in wieweit die byzantinischen Beschreibungen der "frühen Slawen" - jedenfalls aus dem Licht einer Diskussion über Ethnogenese - ebenfalls ein "Konstrukt" der Quellen sind. Das ist natürlich nicht mit "erfunden" gleichzusetzen, sondern die Frage ist vielmehr, wie die Beschreibungen zu verstehen sind, ob damit überhaupt ethnische Entwicklungen fassbar sind. Ältere Migrationshypothesen werden in Frage gestellt.

Bezogen damit wieder auf Griechenland und den oben angesprochenen Peloponnes:

weder nach Münzfunden, noch nach Gräber- und Siedlungsgeschichte, noch nach den übrigen Fundlagen sind "Slawen" archäologisch unstrittig nachgewiesen, weder ländlich noch in Städten.

Ältere archäologische Interpretationen, die sich stark an den Schriftquellen orientierten und damit übereinstimmend siedelnde Slawen "deuteten", sind inzwischen in Zweifel gezogen worden. Vereinzelte ältere archäologische "Nachweise" von slawischer Präsenz werden inzwischen bestritten.

Zweifel werden (in der Folge) an der Deutung einer umfassenden "byzantinischen Reconquista" Griechenlands angemeldet, ebenso werden Aspekte des erzählten Verlaufs der Siedlungs-, Bevölkerungs- und "Wirtschafts-"geschichte (etwa Attika, Korinth, Thessaloniki, zu Erdbeben, Epidemien, Invasionen nach den Grabungen der letzten Jahrzehnte) anscheinend etwas vorsichtiger bewertet.
 
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