Soldaten als Sündenböcke

Um mal zum Ursprungsthema zurück zu kommen:
Es gab und gibt Sprüche wie "Soldaten sind Mörder".
Und zum Teil stimmt das ja auch. Egal in welche Zeit man sieht, immer wieder sind es die bewaffneten Banden, oftmals uniformiert oder in staatlichem Auftrag, die umhergehen und aus einem Krieg das machen, was ihn für die Menschheit eben so grausam gestaltet.

Wie oft Fragen Kinder danach, warum man sich in Fällen von Streitigkeiten nicht zum Beispiel zum Mau-Mau oder Schachspielen trifft und es so regelt.
Jeder selbstbewußte Mensch steht vor der Entscheidung überhaupt zur Waffe im staatlichen Auftrag zur greifen und was er / sie letztlich daraus macht.
Erscheint ein Krieg also besonders ungerecht oder grausam geführt, so sind die Soldaten daran nicht unbeteiligt, eine Mitschuld kann attestiert werden.
So weit zur Theorie.
Diese Theorien entstehen alle aus der Draufsicht der Vergangenheit oder des Unbeteiligten. Wer, wie Ursi ausführt, allen dt. Soldaten unterstellt des 2. Wk unterstellt gewußt zu haben, was einige Kameraden taten, überschätzt deren Übersicht, und wer verlangt oder anklagt, mehr tun zu können, der kennt das eigene Bedürfniss nicht richtig, unbeschadet und ohne Probleme zu wandeln.

In einigen Fällen aber bleibt die Schuld. Wer, wenn nicht die Soldaten die sich freiwillig gemeldet hatten ermöglichten den Sezessionskrieg in den USA mit all seinen Auswirkungen und Folgen, positiv wie negativ?
Wer wenn nicht die kurz darauf gemeldeten oder gezogenen Soldaten jubelten so laut über den drohenden 1. Weltkrieg, dass selbst der Säbelrassler Wilhelm verblüfft war?
Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin. Oder stell dir vor es ist Krieg, und keine "alten Soldaten" bändigen die Soldateska oder treten für die Soldaten ein.
Soldat werden ist nicht schwer, Soldat sein dagegen sehr...
Nur Empfehlsempfänger, Bürger in Uniform, Kindersoldaten... dieses Thema ist riesig, moralisch, z.T. Tagesaktuell, z.T. extrem historisch.

meine wirren Gedanken zum Thema.
 
Die Empfindung was moralisch gut oder schlecht, richtig oder falsch ist wird bei einigen Soldaten ja auch von der ideologischen Durchdrungenheit gestört. Einige ehemalige SS-Angehörige empfanden das systematische Töten von anderen Volksgruppen als größte Ehre die ihnen der Führer aufgetragen hat.
(gesagt hat das Harry Seidel in einem Dokumentarwerk über die Totenkopfverbände)
 
Woher kommt es eigentlich, dass jeder immer Soldaten für Kriege verantwortlich macht? Kommt es daher weil sie unmittelbar beteiligt sind oder weil die Politiker es einfach gewohnt sind, sich herauszureden?
Für Meinungen wäre sehr dankbar.

Weil sie die verbalen Schüsse der Politiker in reale Schüsse umwandeln.
Wobei für Kriege nicht die Soldaten verantwortlich gemacht werden.
Es sei denn, sogenannte Kriegsverbrechen konnten von Soldaten gegen andere Soldaten oder Zivilisten nachgewiesen werden. Dazu zählen nicht Kampfhandlungen im Krieg.

"Schütze Arsch" ist immer der Dumme. Er latscht in den Krieg, schiesst, fährt auf ne Mine oder wird bestenfalls durch friendly fire getötet (für letzteres in den USA mit Auszeichnung zu Grabe getragen). Deshalb sollte er auf zwei linke Hände bei Musterung machen.
 
Wo fängt ein Kriegsverbrechen denn überhaupt an? Ich hab mal vor geraumer Zeit eine Dokumentation angeschaut wo es darum ging das japanische Soldaten gegen Ende des zweiten Weltkrieges angefangen hatten, auf einer kleinen nicht mit Lebewesenversehenen Insel im Pazifik, ihre Feinde zu essen weil auf dieser Insel einfach nichts kreuchte und fleuchte was sie hätten jagen oder pflücken können um am Leben zu bleiben. Sie haben in letzter Konsequenz im Kampfe um das eigene Überleben Kannibalismus an ihren Gegnern betrieben. Diesen Brauch gab es auch noch bis in die Neuzeit hinein auch bei Schiffbrüchigen Seefahrern bei dem allerdings der Schwächste oder der der das kürzeste Streichholz gezogen hatte zum Wohle (Überleben) der anderen sterben mußte. Das es eine Greultat ohnes gleichen ist steht ausser Frage aber ist es auch ein Kriegsverbrechen wenn es soweit kommt?
 
Warum sollte sich die junge Generation denn schuldig fühlen? Wofür?
Nicht schuldig fühlen sondern damit belastet werden. Zitat Michael Friedmann: "Versöhnung ist ein absolut sinnloser Begriff. Den Erben des judenmordenden NS-Staates kommt gar nichts anderes zu, als die schwere historische Verantwortung auf sich zu nehmen, Generationenlang, für immer."
 
Vandamme, franz. General deutscher Abstammung zu Napoleons Zeiten, zog ein halbesdutzend Mal durch meine Heimatstadt, mal im Vormarsch mal im Rückzug.
Jeweils ließ er sich kräftig dafür in Bar entschädigen, dass er erst mit der Nachhut abzog, damit die Stadt nicht ganz so ausgeplündert wurde.

Ein hiesiger Bürger stellt ihm bei einer Gelegenheit die Frage, ob er dieses Verhalten eines Offiziers für würdig hielte? Vandamme erwiderte, bei ihm heiße es "heute rot, morgen tod" das könne einem Soldaten niemand verübeln.
Und ich denke da ist schon etwas dran, ein Soldat ist nicht nur da um umzubringen, er ist auch dazu da umgebracht zu werden. Und dies ist dem Soldaten zu jeder Sekunde bewußt!
Rechtsnormen können sich da schon verschieben.

Was Ihr schreibt sind in aller Regel individuelle Kriegsverbrechen, die nicht zuletzt aus o.g. Grund schon immer, und auch immer wieder geschehen werden. Hier haben die Deutschen sich nichts besonderes vorzuwerfen.

Was den Deutschen vorgeworfen wird, sind die "Regierungs-Kriegsverbrechen", die in einem "außergewöhnlich" großen Ausmass begangen wurden. Und das ist leider ein Fakt.
 
Zum Teil kamen die Prozesse einfach sehr spät, viele wurden nicht einmal zur Rechenschaft gezogen. Dies hilft eben auch nicht die Verbitterung (was ich verstehen kann) der Opfer und deren Angehörigen abzubauen.

Die Diskussion über die Verbrechen der Wehrmacht, zeigte eben schon, dass man sehr lange gewartet hat, dieses Thema auch wirklich historisch zu verarbeiten. Wie kann dann die betroffene Bevölkerung das ganze Verarbeiten?


Das ist eben das Problem.
Ein früherer Bundespräsident, Sohn eines Staatssekretärs, Hauptmann an der Ostfront, sagte irgenwann mal, das Wort "Auschwitz" hätte er erstmals im Frühjahr 1945 gehört.
Das ist gewiss richtig so.

Er erweckt aber so den Eindruck, vom "Holocaust" erst ganz zum Schluss, oder eher hinterher, erfahren zu haben.
Und das kann man ihm nun eben nicht abnehmen.

Die gängige Strategie der 50er und 60er damit umzugehen. Die mich und mein damaliges Umfeld einst fürchterlich empört hat.
 
Deshalb sollte er auf zwei linke Hände bei Musterung machen.

Welchen Sinn sollte das haben?

Zitat Michael Friedmann: "Versöhnung ist ein absolut sinnloser Begriff. Den Erben des judenmordenden NS-Staates kommt gar nichts anderes zu, als die schwere historische Verantwortung auf sich zu nehmen, Generationenlang, für immer."

Der Herr Paolo Pinkas hat sich mMn nach durch sein eigenes Fehlverhalten disqualifiziert, anderen Personen ihre Fehler vorzuhalten.

Ein früherer Bundespräsident, Sohn eines Staatssekretärs, Hauptmann an der Ostfront, sagte irgenwann mal, das Wort "Auschwitz" hätte er erstmals im Frühjahr 1945 gehört.
Das ist gewiss richtig so.

Auch wenn dies so richtig sein mag, stellt Ausschwitz nur einen relativ kleinen Teil der NS-Verbrechen dar. Das deutsche Volk wusste grob umrissen sehr wohl, was in solchen Lagern geschieht (gut im hier vorgestellten Buch "Lügendetektor" ersichtlich).
 
...
Der Herr Paolo Pinkas hat sich mMn nach durch sein eigenes Fehlverhalten disqualifiziert, anderen Personen ihre Fehler vorzuhalten. ...

Richtig, es heißt nicht umsonst "..wer von Euch ohne Sünde, der werfe den ersten Stein..".

Aber meint ihr nicht das wir jetzt in die Tagespolitik abgleiten :grübel:
 
Auch wenn dies so richtig sein mag, stellt Ausschwitz nur einen relativ kleinen Teil der NS-Verbrechen dar. Das deutsche Volk wusste grob umrissen sehr wohl, was in solchen Lagern geschieht (gut im hier vorgestellten Buch "Lügendetektor" ersichtlich).

Es mag ja sein, dass der junge Weizsäcker das Wort "Auschwitz" nie gehört hat. Es kann sogar sein, dass er seinen Vater selten gesehen und sich nicht mit ihm über diese Dinge ausgetauscht hat. Vielleicht muss er, als Verteidiger seines Vaters, sogar dran glauben, was dieser im Wilhelmstraßenprozess ausgesagt hat. Weizsäcker war aber seit 1943 Botschafter beim Vatikan, und sein Botschaftssekretär Albrecht von Kessel hat bei irgendeiner Gelegenheit (ich finde das Zitat jetzt nicht auf Anhieb), dass alle höheren Beamten des Auswärtigen Amtes, und dazu zählte Weizsäcker sen. unzweifelhzaft, seit 1941 von der Absicht gewusst hätten, alle Juden planmäßig auszurotten. Dass Botschafter und Botschaftssekretär in Rom sich nicht ausgetauscht haben, das kann nicht sein (s. Thomas Brechenmacher: Der Vatikan und die Juden).
 
Sicher, mit etwas (soldatischer) Selbstdisziplin bestimmt. =) ;)
Jedenfalls ist es uns bislang noch immer geglückt, irgendwie. :)



Und sollte jemand das nötige Minimum an Selbstdisziplin nicht aufbringen, stehen gerne hilfsbereite ModeratorInnen zur Seite, diesen Mangel auszugleichen.
 
Um mal wieder zum Thema zu kommen. Soldaten kann man nicht für Kriege verantwortlich machen. Sie sind ja letztendlich "nur" das ausführende Organ eines Krieges, quasi der Befehlsemfänger der derzeitig kriegführenden Partei.Man kann sie nur für Verbrechen verantwortlich machen die durch ihre Mithilfe, im Krieg, geschehen konnten.
 
Nein, sicher kann man Soldaten nicht für den Krieg verantwortlich machen, - höchstens für die Folgen des Krieges. Ist immer die Frage wie ich einen Befehl auslege.
Wenn der Befehl z.B. lautet, "...nehmen sie dieses Dorf ..." kann es durchaus sein das die Dorfbevölkerung auf der Strecke bleibt wenn die Soldaten übers Ziel hinausschiessen.
Das würde ich dann den Soldaten ankreiden.

Gibts bei der Bundeswehr/Wehrmacht nicht so etwas wie Dienstvorschriften in denen die Ausführung eines Befehls definiert wird?
Bei der Feuerwehr heißt es klipp und klar, "...es ist untersagt Befehle auszuführen die gegen geltendes Recht verstossen, oder die die Sicherheit gefährden..."

Vielleicht kann man die Definition des Sündenbocks auf dieser Schiene klären?
 
Da ich selbst meine neun Monate vor nicht all zu langer Zeit beendet habe weiß ich zu 100%iger Wahrscheinlichkeit das es das bei der Bundeswehr gibt. Dies ist bezogen auf Befehle die sich gegen den einzelnen Soldaten richten oder auf unrechtmäßige Handlungen die der Dienst tuende ausführen soll.Ob es sowas bei der Wehrmacht auch gegeben hat entzieht sich meiner Kenntis. Gruß Chris.
 
Wo fängt ein Kriegsverbrechen denn überhaupt an? Ich hab mal vor geraumer Zeit eine Dokumentation angeschaut wo es darum ging das japanische Soldaten gegen Ende des zweiten Weltkrieges angefangen hatten, auf einer kleinen nicht mit Lebewesenversehenen Insel im Pazifik, ihre Feinde zu essen weil auf dieser Insel einfach nichts kreuchte und fleuchte was sie hätten jagen oder pflücken können um am Leben zu bleiben. Sie haben in letzter Konsequenz im Kampfe um das eigene Überleben Kannibalismus an ihren Gegnern betrieben. Diesen Brauch gab es auch noch bis in die Neuzeit hinein auch bei Schiffbrüchigen Seefahrern bei dem allerdings der Schwächste oder der der das kürzeste Streichholz gezogen hatte zum Wohle (Überleben) der anderen sterben mußte. Das es eine Greultat ohnes gleichen ist steht ausser Frage aber ist es auch ein Kriegsverbrechen wenn es soweit kommt?

Nein, Kannibalismus ist kein Kriegsverbrechen.
Kriegsverbrechen sind Sachen wie Zivilisten grundlos töten, Gefangene ohne Verhandlung töten, Zivilisten oder Gefangene foltern bzw. misshandeln (Guantanamo gehört nicht dazu, weil es nicht im Krieg stattfindet), mutwillig verhungern lassen, usw.
Der Beschuß von Flüchtlingstrecks oder Flächenbombardement auf ganze Städte zählt nicht zu den Kriegsverbrechen, weil sich im Treck wie in der Stadt Soldaten des Gegners befinden. Ein Beispiel, das "Desaster von Mogadishu" 1993. Hier wurden im Kampf somalische Zivilisten erschossen.

Kriegsverbrechen sind also Verstöße gegen geltendes Völkerrecht. Krieg selbst ist kein Verstoß gegen Völkerrecht. Es sei denn, der "Andere" fängt an und geht als Verlierer hervor.
 
@hurvinek: Der Beschuß von Flüchtlingstrecks oder Flächenbombardement auf ganze Städte zählt nicht zu den Kriegsverbrechen, weil sich im Treck wie in der Stadt Soldaten des Gegners befinden.

Das sehe ich etwas anders, sollen sich Juristen dazu äußern. Wären im Nürnberg-Tribunal die Kriterien auf alle konsequent angewandt worden, hätte eigentlich auch Bomber-Harris (The butcher) an den Galgen gehört.

Und wie wertest du es, wenn einzelne Tiefflieger nach eigenem Ermessen auf alles Jagd machen? In den letzten Kriegsmonaten war niemand sicher, der Bauer hinter dem Pflug wurde genauso beschossen wie 2 Kinder mit Bollerwagen oder die Warteschlange vor der Dorfbäckerei. Weit und breit keine Soldaten. Solche Beispiele kenne ich aus der eigenen Familie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Grosseltern (meines Vaters Eltern) waren in AK. Dann nach Warschauer Wiederstands Fall wurden sie beide nach KZ in Pruszków gesenden. Mein zweiter Grossvater war Zwangsarbeiter in Bremmen. Er hat dort seine Erschossung uberlebt. Meine Tante war in Ravensbruck, weil sie einer Judin geholfen hat. Dank den "medischen" Experimenten hat sie beide Beine verloren. Mein Onkel war 5 Jahre in Dachau.

Und ich habe nie gehort, dass jemand von ihnen gesagt hat, dass "die Deutschen" haben gemordet, gebrannt, geplundert etc. Am meissten radikal sind immer diese Leue, die den Krieg personlich nicht uberlebt haben. Meine Grosseltern haben aber die getroffen. Meine Grossmutter hat bis heute im Gedachtnis die 17-jahrigen deutschen Soldaten, die in Warschau kaum lebendig von Angst waren und diese die Histerie-Angriff bekommt haben und den Selbstmord begangen haben.

Anderseits hat Wehrmacht im Polen schon seit ersten Tage Zivilisten gemordet. Ich denke, das war das Problem der bewaffneten Dreckkerle, die geglaubt haben, dass jetzt alles Strafflos ist.
 
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