Sommerlager des Varus

Ashigaru schrieb:
...Und irgendwo haben sie dabei auch campieren müssen, und das können ein oder mehrere behelfsmäßig an einem Tag ausgehobene Lager gewesen sein. Und wenn man eines dieser Lager finden könnte, hätte man einen weiteren Mosaikstein zum Fundort der Schlacht.

Da gibt es ein großes Problem, die täglich errichteten Marschlager sind aufgrund ihrer kurzen Anlagedauer und ihrer Errichtung ( z.B.Holzpfähle auf dem kleinen Wall wurden wieder eingesammelt) kaum nachweisbar. Man hat einige römische Standlager gefunden, aber es muß sich in einem Umkreis von 20-30km (normale Tagesleistung einer Legion) auch ein Marschlager befinden? Aber diese findet man nicht..... alle 20-30km muß es dann wieder ein Marschlager gegeben haben usw.....bis zum nächsten Standlager.

Selbst das Lager des Germanicus (8Legionen) muß gewaltige Ausmaße gehabt haben....wenn er die Legionen nicht geteilt hat? Aber es ist bisher noch nicht gefunden worden.
Nur die Standlager haben aufgrund ihrer Ausstattung der Verteidigungsanlagen eine Chance der Entdeckung......bei einem Marschlager bräuchte man viel Glück und Zufall.

Was ist von dem Wall in Kalkriese (meiner Ansicht nach von Römern gebaut) übriggeblieben? Eine kleine Bodenverfärbung....
 
@Cherusker

Stimmt. Temporäre Anlagen einzelner Feldzüge zu finden wäre absolute Glückssache. Von den Germanicusfeldzügen der Jahre 14-16, die teilweise mit acht Legionen durchgeführt wurden, ist absolut NICHTS gefunden worden.
Bei den festen römischen Einrichtungen der Jahre 12 v.Chr. bis 9 n.Chr. sieht es anders aus (siehe Lager an der Lippe, in Marktbreit, Hedemünden oder auch die Siedlung in Waldgirmes. Gerade der Fall Hedemünden zeigt, dass es höchste Zeit ist, längst bekannte Wallanlagen, die als sächsische Fluchtburgen oder frühmittelalterliche Adelssitze bezeichnet werden, genauer zu untersuchen. Bis 2004 hieß die römische Wallanlage von Hedemünden noch "Hünenburg" und wurde in die Zeit der Sachsenkriege Karls datiert.:autsch:
 
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@ Cherusker: Na ja, unmöglich ist es nicht, diese Marschlager zu finden. Ein paar hab ich in der Diskussion bereits genannt, aus der nachaugusteischen Zeit kennt man auch noch mal ne ganze Menge (wenn man noch Übungslager etc. dazu rechnet). Es gibt aber ein Problem: mangels Fundmaterial lassen sich solche Lager vor allem durch Luftbildarchäologie feststellen. Ich kenne das Westfälische aber nicht so und kann daher nicht beurteilen, inwieweit sich hier Wald und Mittelgebirge nachteilig auswirken.

P.S.: zum Thema Kehne: es ist ja richtig, um Kalkriese bzw. auch dessen Vermarktung zu diskutieren, mich stört nur vorab schon mal, dass in den nächsten drei Jahren wohl regelrecht ein sportlicher Wettkampf daraus wird.
 
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Hallo Geschichtsfreunde

@ Cato: Du hast Recht. Es steht nirgendwo in den Quellen etwas von einer Rückkehr in die Winterlager. Es wäre ja auch absurd von einer Rückkehr der Varuslegionen zum Rhein zu sprechen, da die Legionslager Haltern und Anreppen bestens ausgebaut und damit auch Wintertauglich waren. Diese Lager wären sicherlich nicht von den Römern für die Wintermonate aufgegeben worden. Das ist schon wieder etwas in den Äußerungen des Dio, dass sich bei mir im Kopf festgesetzt hatte. ( Ich werde es löschen)

@ Ashigaru: Cassius Dio schrieb seine Romanika Historia mehr als zweihundert Jahre nach der Varusschlacht. Diese zeitliche Distanz gab ihm sicherlich die Möglichkeit dieses Geschehen vor seinen Lesern zu verschleiern und zu Idealisieren. Eventuell gab es für ihn in seiner Zeit auch keine detaillierten Aufzeichnungen mehr, auf denen er sich berufen konnte. Er schreibt ja eingangs seines Varusschlachtberichtes diesen Satz: „Die Römer besaßen zwar einige Teile dieses Landes, doch kein zusammenhängendes Gebiet, sondern wie sie es gerade zufällig erobert hatten, deshalb berichtet auch die geschichtliche Überlieferung darüber nichts.“ . Aus diesem Grunde konnte er seiner dichterischen Freiheit ihren Lauf lassen. Die Aussagen von ihm zur Varusschlacht strotzen vor übertriebenen Erklärungsversuchen: Der Feldherr war unfähig, die Germanen hinterhältig und niederträchtig, und wörtlich „Das Gebirge war nämlich reich an Schluchten und uneben, die Bäume standen dicht und überhoch gewachsen, so dass die Römer schon vor dem feindlichen Überfall mit dem Fällen der Bäume, dem Bauen von Wegen und Brücken, wo es sich erforderlich machte, große Mühe hatten. Sie führten auch viele Wagen und Lasttiere mit sich, wie mitten im Frieden. Dazu folgten ihnen nicht wenige Kinder und Frauen sowie der übrige riesige Tross, so dass sie schon deshalb weit auseinander gezogen marschieren mussten. Gleichzeitig brachen noch heftiger Regen und Sturm los und zersprengten sie noch mehr; der Boden, um die Wurzeln und unten um die Baumstämme herum schlüpfrig geworden, machte jeden Schritt für sie zu einer Gefahr, und abbrechende und herabstürzende Baumkronen schufen ein großes Durcheinander.“

Ich kann nicht daran glauben, dass es sich so zugetragen hat. Und aus diesem Grund muss man alle Äußerungen von Dio stark in Zweifel ziehen, und sogar teilweise gänzlich ablehnen.

Wenn man jedoch nur die aussagekräftigen Aufzeichnungen des Paterculus, Strabo, Frontinius, Sueton und Tacitus zur Findung der Örtlichkeit der Varusschlacht hinzuzieht, und Dio vollständig ausgrenzt, dann ergibt sich ein vollständig anderes Bild der beschriebenen Örtlichkeiten, die sich dann auf eine bestimmte Gegend eingrenzen lassen.

Gruß Maelo
 
Hi Maelo,
da man den Geschichtsschreibern nicht auf's Wort vertrauen darf, "wäre so als würde ich die napolionischen Kriege ohne genaues Wissen schreiben!"

Es wäre doch nur sinnvoll von den tatsächlichen Dingen aus zu gehen und die liegen bzw wurden gefunden in Kalkriese!
Ergo, ist von dieser Position auch der frühere Marschweg zu verfolgen.
Hierbei ergeben sich 3 Richtungen die Überprüft werden sollten,
denn der Radius bei Schleppschlachten, fülle an Soldaten, Tross und Anhang dürfte nicht gross gewesen sein.
 
Hallo Fisher 1265,
das einzige was im Bezug zu Kalkriese feststeht, ist, dass sich hier eine Schlacht zwischen Germanen und Römern zugetragen hat.

Alles andere ist bisher noch reine Spekulation.

Maelo
 
Nochmal

Ich muss mich korrigieren. Grundsätzlich handelt es sich bei Kalkriese mit Sicherheit „nur“ um eine Schlacht zwischen Römern und Germanen.

Für mich hat sich hier definitiv ( wie schon in einem anderen Beitrag von mir erwähnt) die Schlacht am Angrivarierwall zugetragen.

Angenehme Nachtruhe allerseits,

Maelo
 
@ Maelo:
Cassius Dio schrieb seine Romanika Historia mehr als zweihundert Jahre nach der Varusschlacht. Diese zeitliche Distanz gab ihm sicherlich die Möglichkeit dieses Geschehen vor seinen Lesern zu verschleiern und zu Idealisieren. Eventuell gab es für ihn in seiner Zeit auch keine detaillierten Aufzeichnungen mehr, auf denen er sich berufen konnte.
Zu Dios Bericht: mit einer sehr kritischen Sichtweise kann man das auch so sehen - ich will gar nicht sagen, dass das so "richtig" oder "falsch" ist. Nur der letzte Satz "Eventuell... etc." Freilich schreibt Dio über 200 Jahre nach der Varusschlacht. Aber: er war seit seiner Jugend Beamter, später sogar Proconsul (auch das ist strittig, aber meiner Meinung nach die wichtigste Position nach dem Kaiser), und ich bin sicher, dass er zumindest die Möglichkeiten hatte, alles Material einzusehen, was über die Varusschlacht vorhanden war - und irgendwas muss da noch gewesen sein, sonst hätte er das Thema überhaupt nicht aufgegriffen. Das soll nicht heißen, dass er nicht versucht hätte, es in beschönigender Weise auszuschmücken. Aber immerhin muss man dem Rechnung tragen, dass er nicht alles erfunden hatte.

Das bringt uns zu deinem Zitat. Zumindest diesen Teil
"die Bäume standen dicht und überhoch gewachsen, so dass die Römer schon vor dem feindlichen Überfall mit dem Fällen der Bäume, dem Bauen von Wegen und Brücken, wo es sich erforderlich machte, große Mühe hatten." halte ich nicht für unrealistisch, denn waldreich mag das Gebiet ohne Zweifel gewesen sein.

Ich kann nicht daran glauben, dass es sich so zugetragen hat. Und aus diesem Grund muss man alle Äußerungen von Dio stark in Zweifel ziehen, und sogar teilweise gänzlich ablehnen.
Ein grundsätzliches Problem - wir haben diesen Text als ausführlichsten Bericht. Deswegen muss man sich schon darüber im klaren werden, wie wertvoll diese Informationen sind, denn die Varus-Schlacht hat es ohne Zweifel gegeben. Zusätzliche Informationen kann m.e. nur die archäologische Forschung geben - Kalkriese und dessen Interpretation ist eine Möglichkeit.

Wenn man jedoch nur die aussagekräftigen Aufzeichnungen des Paterculus, Strabo, Frontinius, Sueton und Tacitus zur Findung der Örtlichkeit der Varusschlacht hinzuzieht, und Dio vollständig ausgrenzt, dann ergibt sich ein vollständig anderes Bild der beschriebenen Örtlichkeiten, die sich dann auf eine bestimmte Gegend eingrenzen lassen.
Na ja, widersprechen würde ich nicht sagen - nur sind nahezu alle Berichte wenig kongruent, sie enthalten insgesamt zu wenig Fakten, um sie so zusammenfügen zu können, dass sie sich zu so einem Bild zusammenfügen, dass der Ort sicher lokalisiert werden kann. Sueton hat übrigens keinerlei Wertigkeit - er spricht nur davon, dass die Legionen verloren wurden und dies Augustus sehr besorgt habe, trifft aber keinerlei Aussagen über Ort und Einzelheiten der Schlacht. Auch Paterculus und Strabo haben m.e. wenig beizutragen bei der Lokalisierung, etwas anders ist es mit Tacitus.



Ich bin in der Lokalisierung völlig offen, auch was Kalkriese betrifft. Es gibt sehr gewichtige Argumente gegen Kalkriese, aber andererseits könnte man die Münzen auch so interpretieren, dass es zutrifft - zudem sind Schlachtfelder archäologisch ohnehin schwer zu lokalisieren. Dort gibt es viele Spuren, aber bisher fehlen sozusagen noch "Vergleichswerte" von anderen Schlachtfeldern. So finde ich den Fund schon bemerkenswert - und angesichts der Vielzahl der Spuren mag sich dort tatsächlich so eine große Schlacht zugetragen haben.
 
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maelo schrieb:
Nochmal

Ich muss mich korrigieren. Grundsätzlich handelt es sich bei Kalkriese mit Sicherheit „nur“ um eine Schlacht zwischen Römern und Germanen.

Für mich hat sich hier definitiv ( wie schon in einem anderen Beitrag von mir erwähnt) die Schlacht am Angrivarierwall zugetragen.

Angenehme Nachtruhe allerseits,

Maelo

Da stimme ich Dir zu, daß es eine Schlacht zwischen Germanen und Römer dort gegeben hat.
Aber die dortige Lokalisierung der "Schlacht am Angrivarierwall" halte ich für definitv falsch!;) .
Wenn man die überlieferten Schlachten der Römer gegen Arminius zugrunde legt, dann kommt hier eher die "Schlacht an den Langen Brücken" in Frage.
In Kalkriese ist ein römisches Heer durch einen Engpaß gezogen und hat sich dann geteilt. Im Gegensatz dazu verfolgte beim Angrivarierwall Germanicus mit 8Legionen das Heer des Arminius. Er hatte vorher den Rückzug der Germanen bei Idistaviso erlebt.

Auch halte ich die Erklärungen von Achim Rost (wohl der Ehemann von Frau Susanne Wilbers-Rost) hinsichtlich des Walles in Kalkriese für wenig glaubhaft. Wenn Germanen kurzfristig einen Wall für eine Schlacht errichtet hätten, dann hätten dies die Römer mit Sicherheit erwähnt, da die Römer aus jeglichen Niederlagen gelernt hatten. Ein Gegensatz bildet hier der Angrivarierwall, dieser existierte bereits und war die Grenze zwischen Cheruskern und Angrivariern alters her.
Es hat zu der Zeit keine Wälle gegeben, die Germanen extra für eine Schlacht errichtet haben (kein Geschichtsschreiber erwähnt eine so "wichtige" Tat) . Erst einige Jahrhunderte später haben Germanen in Großbritannien Wälle für eine Schlacht errichtet.

So, das war jetzt ein kleiner Ausflug.....:rotwerd:
 
Hallo Geschichtsfreunde

Ein weiteres Faktum, dass die Weserlagertheorie ins wanken bringt, ist der militärische und strategische Nutzen der eine römische Truppenverlagerung so tief ins Innere Germaniens haben könnte. Die von Augustus geplante, und von Tiberius begonnene Verlagerung des römischen Interessengebietes bis zur Elbe, musste wegen der Aufstände in Pannonien und Dalmatien vorläufig abgebrochen werden. Denn nun war es erforderlich diese Gefahr für das Kernland des römischen Imperiums, durch die Konzentration der militärischen Kräfte im Aufstandgebiet zu begegnen. Das bedeutete den teilweisen Abzug der Legionen, die schon bereit standen um gegen den Markomannenfürsten Marbod zu ziehen. Dadurch wurde in Niedergermanien nur noch ein römisches Rumpfheer zurückgelassen, das allenfalls ausreichte, den erlangten Status Quo im immer noch unruhigen Germanien zu bewahren. Keinesfalls reichten die in Germania Inferior zurückgebliebenen fünf Legionen dazu aus eine Offensive in Germanien zu beginnen und gleichzeitig die bisher eroberten Gebiete zu sichern. Velleius Paterculus schreibt dazu: „Da wurde der Ruhm der Notwendigkeit geopfert: Es erschien gegen die Belange der Sicherheit, ein Heer im innersten Winkel des Landes zu begraben und Italien ungeschützt dem Angriff eines so nahen Feindes zu überlassen.“.

Als Varus seine Statthalterschaft begann hat er sicherlich von Augustus eine Maßgabe mit auf dem Weg bekommen, die ihm verbat auf eigene Faust einen militärischen Konflikt tief im inneren Germaniens zu suchen, sondern die in erster Linie vorsah, die Bevölkerung der unter der Kontrolle Roms stehenden Gebiete an die römische Lebensart zu gewöhnen und den römischen Anspruch auf diese Gebiete zu manifestieren. So ist es kaum vorstellbar, dass Varus drei Legionen aus Vetera, Haltern und Anreppen abgezogen hat, und dadurch die vorrangig zu sichernden Gebiete in der Münsterländer Bucht und am Rhein entblößte, um in Gegenden zu ziehen die zu diesem Zeitpunkt peripher bis abseits des römischen Interessengebietes standen. Denn die jenseits der Ems siedelnden Cherusker und Chauken galten bei den Römern als Puffervölker zum östlichen Barbarium, die zwar in die Obhut von Rom aufgenommen wurden, aber noch weiterhin ihre politische Souveränität behielten.

Vielmehr ist es denkbar, dass die Münsterländer Bucht mit ihren fruchtbaren Böden von den Römern zu ihrer eigenen Versorgung genutzt wurde, denn sie war ja durch vorhergehende Militäroperationen teilweise entvölkert und bot den Römern seinerzeit genügend Raum für die eigene Versorgungssicherung. Warum sollte also Varus seine Legionen ohne Auftrag von Augustus so weit vom Rhein entfernt zur Weser führen um dort seine Truppenmacht im Gebiet von Verbündeten zu präsentieren, zumal es diese noch relativ freien Völker diese massierte römische Truppenpräsenz in ihrem Territorium als Provokation und Untergrabung der eigenen Hoheitsgewalt auffassen könnten. Ein derartig politisch unkluges Vorgehen stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen einer militärischen Präsenz im Wesergebiet und passt auch nicht zu den Beurteilungen die von den antiken Schreibern über Varus abgegeben wurden, die ihn als schwerfälligen, das Lagerleben vorziehenden und den Kriegsdienst verabscheuenden Menschen beschreiben.

Gruß Maelo
 
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Ein Hallo zur Runde,
ich bin der Meinung das die Weser und das angrenzende Wiehengebierge
ein herforagender Ort ist um ein Lager zu erstellen.:yes:
Zum einen wird die Weser als Weg für den Nachschub benutzt, bei der Menge an benötigten Material ist es die einzige Möglichkeit!
In Richtung Norden gab es nicht wirklich viel, ausser Moor.
Dann ist da noch das Wiehengebierge das als natürlicher Wall zu sehen ist.
Und nach Süden ist das Weserbergland das von den Höhenzügen eingesehen werden kann.
Im Raum Porta- Westfalica "Barkhausen" wurden römische Münzen gefunden.
 
Fisher 1265 schrieb:
Im Raum Porta- Westfalica "Barkhausen" wurden römische Münzen gefunden.

Münzfunde bedeuten ohne Fundzusammenhang gar nichts. Man hat auch schon vereinzelte römische Münzen in Horten gefunden, zusammen mit Wikingermünzen (d.h. Imitationen), arabischen Münzen, englischen und deutschen Münzen, bis etwa aus der Zeit der Ottonen. Das spricht für einen zeitlich langen Münzumlauf und für eine weite Verbreitung durch Fernhandel.

Bei Münzfunden gilt immer die Datierung der jüngsten Münze als terminus post quem (tpq) des Verlustes bzw. der Hortung. Im Falle Kalkriese gibt es für die Münzen einen Fundzusammenhang (Schlacht) und einen tpq, nämlich - wenn ich das richtig in Erinnerung habe, 6 n. Chr. Weitere Indizien der Münzen sollen ja auf Varus hinweisen, aber ich möchte das hier jetzt nicht weiter vertiefen, da wir diese Diskussion schon in ausreichend anderen Threads führen; vielmehr will ich auf die Frage hinaus, ob Du genaueres zum Fundzusammenhang sagen kannst?
 
Leider kann ich zum Fundzusammenhang nichts genaueres sagen.
Wollte damit auch nur Hervorheben, das ein Lager längsseits der Weser
" wie angenommen" realistisch ist aber nicht durch Funde bewiesen.
Hierbei vertrete ich die Thesen von Tony Clunn zum Sommerlager.
 
Maelo schrieb:
Keinesfalls reichten die in Germania Inferior zurückgebliebenen fünf Legionen dazu aus eine Offensive in Germanien zu beginnen und gleichzeitig die bisher eroberten Gebiete zu sichern.

Ich denke, hier war sich die römische Armeeführung nicht bewußt darüber, wie stark der Feind geworden war. Im Vergleich zum Zustand vor 6 n. Chr. mögen fünf Legionen zudem wie eine Rumpfarmee erscheinen, dennoch war das weiterhin eine sehr starke Truppenmassierung (Britannien wurde mit vier Legionen erobert). Ich denke, dass Varus gar nicht in Erwägung gezogen hat, die Germanen könnten die Rheingrenze noch ernsthaft gefährden (Bezeichnenderweise entstand die Kastellkette am Rhein erst unter Tiberius und seinen Nachfolgern).
Welche Befehle Varus genau hatte, darüber lässt sich nur spekulieren, auch, inwieweit er vor der Varusschlacht auf eigene Faust handelte. Aber vergessen darf man nicht, dass Arminius durch seine Rolle als vermeintlicher Verbündeter zumindest dazu beitrug, die drei Legionen in die Falle zu locken.

Vieles ist Spekulation.

Maelo schrieb:
Denn die jenseits der Ems siedelnden Cherusker und Chauken galten bei den Römern als Puffervölker zum östlichen Barbarium, die zwar in die Obhut von Rom aufgenommen wurden, aber noch weiterhin ihre politische Souveränität behielten.

Hier möchte ich anführen, dass es immerhin ziemlich wahrscheinlich ist, dass die Cherusker Nachbarn der Chatten waren, die nun für die Forschungsverhältnisse recht eindeutig im Raum um Kassel lokalisiert sind.

Vielmehr ist es denkbar, dass die Münsterländer Bucht mit ihren fruchtbaren Böden von den Römern zu ihrer eigenen Versorgung genutzt wurde, denn sie war ja durch vorhergehende Militäroperationen teilweise entvölkert und bot den Römern seinerzeit genügend Raum für die eigene Versorgungssicherung.

Darauf fehlt noch jeder Hinweis. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass die Römer weiterhin den Großteil des Nachschubs über die Lippe lieferten. Wenn es an einem mal nicht fehlt, dann an Nachschub- und Hafenanlagen (bezeugt in Haltern u. Anreppen. Wobei wir ohnehin noch ein sehr kryptisches Bild der römischen Präsenz abseits der Lippe haben (schon Waldgirmes wirkt nach derzeitigem Forschungsstand etwas isoliert, ähnliches gilt auch für das Legionslager Marktbreit).

Maelo schrieb:
Warum sollte also Varus seine Legionen ohne Auftrag von Augustus so weit vom Rhein entfernt zur Weser führen um dort seine Truppenmacht im Gebiet von Verbündeten zu präsentieren, zumal es diese noch relativ freien Völker diese massierte römische Truppenpräsenz in ihrem Territorium als Provokation und Untergrabung der eigenen Hoheitsgewalt auffassen könnten. Ein derartig politisch unkluges Vorgehen stünde in keinem Verhältnis zum Nutzen einer militärischen Präsenz im Wesergebiet

Klar weiß man wenig darüber, dass die Römer dort im Osten zu suchen hatten - aber sie waren da. Drusus und Ahenobarbus schafften es ja sogar bis zur Elbe. Dennoch könnte ich dir insoweit zustimmen, dass heutige Forscher vielleicht die Flussnamen falsch interpretiert hätten, dass die damaligen Schriftsteller etwas übertrieben - wenn nicht das Römerlager in Hedemünden gefunden worden wäre. Hier ist erstmals auch eindeutig archäologisch die römische Anwesenheit an der Weser bezeugt. Nach Ausweis der Funde scheint zumindest das am besten dokumentierte von mindestens drei Lagern in die Drususzeit (11 - 9) zu gehören.

http://www.grote-archaeologie.de/roemer.html
 
Varianisches Sommerlager

Hallo,


hier wurde ja einiges über die Sommer- und Marschlager des Varus diskutiert.

Ich fasse kurz zusammen:

- gesucht ist das sogenannte Sommerlager, nicht die ebenfalls interessanten Marschlager, des Varuszuges 9 n.Chr.
- es ist bislang kein geeignetes Sommerlager, ausreichend gross für drei Legionen und Tross und Anhang, alles in allem bis zu 30.000 Leute, gefunden worden. Obwohl dies aber wegen seiner Grösse recht wahrscheinlich sein müsste
- es muss nicht unbedingt an der Weser gelegen haben
- es wurde diskuttiert, dass die Nichtauffindung z.B. daran liegt, dass die Spuren eines solch grossen Lagers überschwemmt seien, so dass heute nichts mehr zu finden sei.
- und/oder: es gab vielleicht kein einzelnes Lager, sondern die Truppe des Varus wurde während des Sommers auf verschiedene Örtlichkeiten verteilt.



Nun ja, ich denke es war vielleicht so:

(1) Zunächst glaube ich nicht, dass Varus seine drei Legionen zersplittert hat. Denn spätestens seit der Lolliusniederlage wusste man, dass man selbst auf der gallischen Rheinseite mit nur einer Legion nicht unbedingt seines Lebens sicher sein konnte und 200 Meilen im tiefsten Germanien wäre dass nicht ratsam gewesen. Varus wird kaum drei Legionen, so ziemlich alles was an Truppen zu dieser Zeit des pannonischen Aufstands aufzutreiben war, gleich wieder wesentlich zersplittert haben.

(2) Die Vorbereitungen für die Schlacht in 9 n.Chr. brauchten einiges an Logistik. Das konnte Arminius nicht so einfach aus dem Stand gemacht haben. Vielmehr wird Varus seinen Zug ins elbische Germanien bereits ein- oder zweimal vorher getätigt haben: Er trat seinen Dienst zur Einführung römischer Sitten und Gerichte in Germanien bis zur Elbe schon in 7 an. Also wird er einen Zug vielleicht in 7, ziemlich sicher aber schon einen in 8 gemacht haben.
Daran konnten sich Arminius und seine späteren Verbündeten orientieren. Überhaupt wäre es ansonsten für Arminius schwierig gewesen, irgendwelche Verbündeten auf Leib und Leben für dieses gewagte, aber auch lohnenswerte, Unternehmen so schnell zu finden.

(3) Der Zug diente der Etablierung römischer Herrschaftsstrukturen (Steuern, Justiz, Handel) in das Gebiet bis hin zur Elbe. Daher kommt ein Lager in direkter Nähe zur Rhein-/Lippeachse nicht in Frage, es muss schon ein bisschen weiter im Innern Germaniens liegen.

(4) Die Hauptroute von der oberen Lippe an die Elbe ist heute noch an der Bundesstrasse B1, die von Paderborn bis Magdeburg führt, zu erkennen. Irgendwo an dieser Route sollte dann auch das Sommerlager zu finden sein und zwar deutlich mehr Richtung Elbe als zur Lippe gelegen, da nur so der Machtanspruch auf das ganze Rhein-Elbe-Gebiet demonstriert werden konnte.

(5) Dieses Sommerlager sollte ausreichend sein für drei Legionen plus Tross aus Händlern, Steuereintreibern und Gerichten usw. also mindestens ca. 30.000 Leute. Das bedeutet das Sommerlager sollte einen äusseren Befestigungsrahmen von mindestens etwa 1 Kilometer Kantenlänge haben.

(6) Das eine so grosse und feste Lagerstruktur, die vermutlich über einige Jahre Bestand hatte, bis heute vollständig verschwunden sein sollte, ist durchaus möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Wie im Thread erwähnt, könnte sie durch die Weser verschwemmt sein. Aufgrund der recht ordentlichen Grösse von einem Quadratkilometer ist das aber wenig wahrscheinlich, zumal weit kleinere Lager in solchen Schwemmgebieten bereits ausfindig gemacht wurden.
Das sie bis jetzt niemanden ins Auge gesprungen ist, kann am ehesten an massiver Überbauung als an Flussschwemme liegen, denn Städte wie z.B. Hannover u.a. schlucken mit ihrem Geländehunger von mehr als 200 Quadratkilometer mühelos solche Strukturen.

(7) sucht man nun entlang der B1, so wird man auch bald fündig: Google Earth (http://earth.google.com/download-earth.html) liefert das gesuchte Lager an den Koordinaten 52 09 02 N 09 56 53 E. Der Cursor steht dann genau auf der Kreuzung von via principalis und via praetoria. Das innere Legionslager hatte die übliche Abmessung 450 * 550 m und dieses wurde umgeben von einem äusseren Wall mit einer Kantenlänge von mehr als 1000 * 1200 Metern. Beide Strukturen sind noch rudimentär beim rein- und rauszoomen erkennbar (bitte unten die roads-feature usw. ausschalten).

Na, was meint Ihr ? Könnte passen ? Es gibt auch noch weitere Argumente dafür.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Warum Hildesheim? Das was du als Principalis-praetoria-Kreuzung bezeichnet, sieht für mich aus wie ne ganz normale Kreuzung, ich kann auch keine weiteren Lagerstrukturen im Grundriss erkennen. Wenn es so gewesen wäre, hätte sich die Struktur eines der in der frühen Kaiserzeit nahezu ausnahmslos in Holz-Erde-Technik ausgebauten Lager bis ins Frühmittelalter erhalten müssen, was sehr unwahrscheinlich ist. Andere Formen der Kontinuität (z.B. dass Germanen das Lager übernahmen) halte ich für ausgeschlossen.
 
Hallo Trajan,
da sich das Varusschlachtfeld zweifellos westlich der Weser befindet, hätte Varus von Hildesheim aus die Weser überqueren müssen. Davon wird in der sonst detaillierten Beschreibung des Cassius Dio jedoch nicht berichtet.
 
Ashigaru schrieb:
Andere Formen der Kontinuität (z.B. dass Germanen das Lager übernahmen) halte ich für ausgeschlossen.
Absolut richtig. Anders als im linksrheinischen Germanien wurden die Städte rechts des Rheins nicht auf römischem Grundriss errichtet. Zwischen dem Auflassen der Lager und der Gründung dieser Städte liegen mindestens 700 Jahre.
 
Cato schrieb:
Absolut richtig. Anders als im linksrheinischen Germanien wurden die Städte rechts des Rheins nicht auf römischem Grundriss errichtet. Zwischen dem Auflassen der Lager und der Gründung dieser Städte liegen mindestens 700 Jahre.


Aber Cato, wie kannst du denn die Halbe-Varus-Stadt verleugnen!:D :pfeif: :rofl:
 
Trajan schrieb:
...
(1) Zunächst glaube ich nicht, dass Varus seine drei Legionen zersplittert hat. Denn spätestens seit der Lolliusniederlage wusste man, dass man selbst auf der gallischen Rheinseite mit nur einer Legion nicht unbedingt seines Lebens sicher sein konnte und 200 Meilen im tiefsten Germanien wäre dass nicht ratsam gewesen. Varus wird kaum drei Legionen, so ziemlich alles was an Truppen zu dieser Zeit des pannonischen Aufstands aufzutreiben war, gleich wieder wesentlich zersplittert haben. ...


Beste Grüsse, Trajan.


Darüber haben die Römer aber eine ganz andere Meinung!
Cassisus Dio:
"...Er hielt daher auch seine Legionen - was doch in Feindesland angebracht gewesen wäre - nicht zusammen, sondern stellte den Germanen, wenn sie von seinen Truppen zahlreiche Mannschaften erbaten, weil sie selbst dazu zu schwach waren, wie zur Sicherung gewisser Punkte oder zur Ergreifung von Räubern und zum Geleit von Zufuhren, diese bald hierfür, bald dafür zur Verfügung. ..."

Nach dieser Aussage waren die römischen Truppen über das Land verteilt. Somit hat es ein großes 3-Legionensommerlager höchstwahrscheinlich nicht geben. Eine Suche nach diesem Varuslager wäre nicht erfolgreich.:pfeif:
 
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