Sommerlager des Varus

Ave Cato,
Ave Klaus,

schon mal Dank für eure Einlassungen, die ich hier beantworten möchte:

Cato schrieb:
...Weshalb biegen die Römer bei den Meller Bergen nach Norden ab und überqueren das Wiehengebirge? Die Römer hatten um 9 n.Chr., darauf weist Timpe mehrmals hin, umfangreiche Kenntnis von den Hauptverkehrswegen in Germanien......

Am Wiehengebirge hatte die Arminiuskoalition dasselbe Problem wie am Teutoburger Wald, dass sich aber einfacher lösen lies. Es gibt ja wiederum etliche Pässe durch dass Wiehengebirge, welchen der Zug nehmen würde war ad hoc nicht klar. Da aber alle Pässe ohne Ausnahme auf den nördlich vorgelagerten Heerweg führen, brauchte man nur die westliche Engstelle bei Kalkriese zu blockieren.

Desweiteren musste man versuchen, den auch noch möglichen Ausbruch über die Osnabrücker Senke zu verhindern, da sonst Kalkriese umgangen werden könnte.

Dieses musste spätestens an derWasserscheide Hase/Else (braun eingezeichent) westlich Melle erreicht sein, denn bis dahin muss der Zug bergauf,danach nur noch Bergab. Man hätte den Zug auch schon früher nach Norden abdrängen können, vielleicht hat man es auch schon etwas früher geschafft, oder eben hier sozusagen auf den letzten Drücker. Vermutlich kannten die Römer den Ausweg via Osnabrücker Senke und haben es versucht, aufgrund der fortgeschrittenen Schwächung des Zuges aber nicht geschafft.


Cato schrieb:
...Außerdem beschreibt Tacitus nicht, dass das Germanicusheer 15 n.Chr. beim Abgehen der Wegstrecke abermals einen Gebirgszug überqueren musste....

Nun, alle Quellen sind leider sehr dünn und unter sich widersprüchlich. Die wirklich guten Quellen sind ja alle verschollen. Für Tacitus stand niemals die exacte Beschreibung eines Feldzuges im Vordergrund sondern die Darstellung der Antipoden der Helden Germanicus / Arminius und der verkommenen Herrschergeschlechter seiner Zeit um 100 n. Chr. Geographische Details kannte er im Prinzip nur vom Hörensagen und sie waren niemals sein Hauptaugenmerk.


Cato schrieb:
...Wenn Kalkriese Ort der Varusschlacht war, dann ist der von Mommsen vorgeschlagene Weg von Minden aus entlang des Wiehengebirges der wahrscheinlichste.....

Klar, es ist nunmal der Hauptweg der nach Kalkriese führt, dass der Tross aus Minden kam liegt da erstmal nahe. Diesen Weg habe ich Anfangs auch bevorzugt. Nur dagegen gibt es wesentliche Einwendungen:

Erstens wurde in der Nähe von Minden archäologisch kein Sommerlager nachgewiesen oder wahrscheinlich gemacht.

Zweitens was soll es da geostartegisch gesehen zu suchen haben ? Es passt nicht so richtig in die Konnotation der Provinzialstrategie.

Und Drittens schliesslich: Der Weg ist viel zu kurz, nach Cass. Dio wurde die Endschlacht am vierten Tag des Angriffs geschlagen, da wäre man längst weit hinter Kalkriese gewesen, der Weg ist weniger als 40 rM lang, das Gelände ist garnicht so schwierig und höchstens bei massiven Regen schlecht wegbar.


Cato schrieb:
...Tausend weist ausdrücklich darauf hin, dass das Aufsuchen des Varusschlachtfeldes durch Germanicus eher eine Marschrichtung des Varusheeres nach Osten vermuten lässt. .....

Wenn er von der Ems her kam, kann er z.B. über die Bielefelder Senke gekommen sein und kam von Süden her in das Schlachtgebiet um dann später via Kalkriese am Emstreffpunkt mit den drei Truppenteilen einzutreffen.

Cato schrieb:
...Auch das sog. „Sommerlager" ist, Ralf G.Jahn erwähnt es in seiner Dissertation, eine reine Erfindung neuzeitlicher Quelleninterpretation. Jahn betont, dass niemand genau aussagen kann, wo und in wie vielen Lagern sich die Legionen des Varus im Jahre 9 aufgehalten haben und wo sich ihr eventueller Sammelpunkt befand......

Richtig, dass Sommerlager ist nur eine, wenn auch naheliegende, Quelleninterpretation.


Klaus schrieb:
...Arminius' militärische Haupt-Leistung bestand offenbar darin, die Römer in den Wald gelockt und nicht wieder herausgelassen zu haben und so daran zu hindern, ihre militärischen Kräfte voll zu entfalten.......

Genau, deswegen ist der Weg von Minden aus nicht geeignet und auch nicht durch die Quellen zu decken.


Klaus schrieb:
...Andererseits würde ich bei einem solchen situativen Herumirren nicht erwarten, dass die Nachtlager in gewohnt regelmäßigen Abständen errichtet würden; eher in einem geringeren Abstand, da man ja Angriffe von allen Seiten abwehren müsste - oder aber in einem größeren, da man versuchen könnte, sich dem Schlamassel durch einen Gewaltmarsch zu entziehen.....

Klar, man muss die Marschlager erst mal archäologisch nachweisen, wenn man wenigstens eins findet, kann man weitere Schlüsse ziehen.

Nun, ihr werdet es mir kaum glauben, ich habe bei meinen Nachforschung tatsächlich eines der Marschlager die ich blau gekringelt bzw.erwähnt habe, möglicherweise gefunden. Welches und wie und wo ich es gefunden zu haben glaube, will ich im Moment hier nicht veröffentlichen, sonst können wir morgen früh dort Horden von Raubgräbern bewundern. Aber es wäre vielleicht was für den Tony.

Beste Grüsse, Trajan.
 
..., da man versuchen könnte, sich dem Schlamassel durch einen Gewaltmarsch zu entziehen.

Es werden meist nicht die römischen Beschreibungen berücksichtigt. Folgende Informationen stehen zur Verfügung:
1. Varus hatte einen großen Troß und auch Zivilisten (Frauen, ...) dabei.
2. Das Wetter war sehr regnerisch.
3. Der Troß bestand aus Zugtieren, wie z.B. Ochsen, Maultiere, Esel,...
4. Die Römer marschierten nicht in der gefechtsbereiten Formation "agmen expeditum".
5. Es wurden schwer passierbare Nebenwege benutzt.
6. Germanische Angriffe setzten ein.

Anhand der Bedingungen kann man davon ausgehen, daß die Römer auf den Wegen eine einzige Schlammwüste vorfanden. Die Vorhut kann noch die Wege einigermaßen sicher passiert haben. Aber wenn so eine große Anzahl auf diesen regennassen Wegen zog, dann hatte die Nachhut und der Troß nur noch matschige schlammige Wege.
D.h. die Ochsenkarren des Troß müssen sich häufiger festgefahren haben und Ochsen gelten nicht als schnellziehende Zugtiere. So hat Varus den Entschluß gefaßt, daß er den Troß schon am ersten Tag der Schlacht aufgibt um schneller voran zu kommen. Und die Aufgabe eines römischen Trosses ist schon ein Zeichen der Niederlage.
Daher vermute ich, daß die römische Wegstrecke, die zurückgelegt wurde, konnte niemals an das tägliche Marschsoll herangereicht haben. Somit keine tägliche 15-20km, sondern eher 10km! Gewaltmärsche waren gar nicht möglich, da die Legionen hintereinander herzogen und der jeweilige Vordermann bestimmte das Tempo!
Ein Beispiel: wenn heutzutage 20.000Zuschauer ein Stadion verlassen, dann kann man auch nicht schneller vorankommen, sondern muß sich mit der Masse mitbewegen. Und wenn die Wege nicht befestigt sind, dann hat man sehr schnell einen richtigen glitschigen Matschweg!

Wenn jetzt dieser römische Zug auch noch mit Zivilisten durchsetzt war, dann führte dies mehr oder weniger zu chaotischen Zuständen. Es wurde auch beschrieben, daß sich die Römer im Gedränge gegenseitig zu Fall brachten. Die römischen Kampfhandlungen waren daher sehr eingeschränkt. Germanische Überfälle führten somit zu stetigen Verzögerungen.

Ich gehe davon aus, daß Germanicus bei seinem Besuch des Schlachtortes keine großen Strecken zurücklegen mußte.
 
Varuslager bei BREPOHL

Erstens wurde in der Nähe von Minden archäologisch kein Sommerlager nachgewiesen oder wahrscheinlich gemacht.


Beste Grüsse, Trajan.

Jetzt habe ich mir auch noch die "Kultfest-Theorie von WILM BREPOHL durchgelesen. Bisher hatte ich nur Bruchstücke davon erfahren. Der dreht ja mächtig am Rad....
Aber wenn man den ganzen Quatsch mit diesen "Gotteskriegern" wegläßt, dann findet man auch bei BREPOHL eine Vermutung über den Standort des Sommerlagers.

Ich selbst bin zwar der Ansicht, daß es nicht ein großes 3 bzw. 5Legionenlager gegeben hat, aber BREPOHL setzt sich für den Standort Hameln ein. Er argumentiert, daß bis ins Mittelalter die Weser flußaufwärts nur bis Hameln beschiffbar war, da dort durch eine Furt und eine Felsbarre, eine Umladung auf andere Schiffe unabdingbar war, um weiterhin flußaufwärts zu fahren. Somit vermutet BREPOHL, daß in Hameln das 3Legionensommerlager war. Varus konnte sich hier gut mit Proviant, der über den Wasserweg beschafft wurde, versorgen und auch einen Teil seines Trosses konnte er auf dem Wasserweg an den Rhein zurückschicken. So vermutet er, daß Asprenas die Güter der Varuslegionen in Empfang nahm und deswegen an der Bereicherung des Legionenerbes bezichtigt wurde.
Da fragt man sich aber, warum hatte Varus dann immer noch so einen großen Troß?

Die Verpflegung von Mensch und Tier mußte bei den Römern gewährleistet sein. Ansonsten konnten auch Feldzüge abgebrochen werden, z.B. Drusus zog einmal nur bis zur Weser, da die Versorgung schwierig wurde.
Da die Germanen keine Vorratshaltung kannten, konnten sich die Legionen auch nicht in Germanien selbständig versorgen. Sie waren daher auf Lieferungen aus Gallien angewiesen. Diese Massen konnte man besser auf Wasserwegen transportieren als über schlecht ausgebaute Hellwege.
Wenn es ein 3Legionenlager gegeben hat, dann müssen die Wasserwege (hier die Weser) mit berücksichtigt werden.
 
Ave Cherusker,


vielen Dank für deine Einlassungen.

Cherusker schrieb:
Es werden meist nicht die römischen Beschreibungen berücksichtigt. Folgende Informationen stehen zur Verfügung:
Cherusker schrieb:
1. Varus hatte einen großen Troß und auch Zivilisten (Frauen, ...) dabei.
2. Das Wetter war sehr regnerisch.
3. Der Troß bestand aus Zugtieren, wie z.B. Ochsen, Maultiere, Esel,...
4. Die Römer marschierten nicht in der gefechtsbereiten Formation "agmen expeditum".
5. Es wurden schwer passierbare Nebenwege benutzt.
6. Germanische Angriffe setzten ein.....


Ja und nein, an allem ist was wahres dran, aber wieviel davon ist Topos, Übertreibung oder Fehlinformation ? Erst der Vergleich mit archäologischen Erkenntnissen gibt einige Hinweise auf die Verlässlichkeit der Quellen. Der Vergleich der Quellen mit Kalkriese zeigt, dass die Autoren Vellius, Tacitus, Dio wohl schon um Ehrlichkeit bemüht waren aber u.a. mangels Nähe zum Geschehen auch nicht besonders genau. Florus kann man garnicht trauen, und einzig Vellius, der als Zeitgenosse über räumliche und zeitliche Nähe verfügte, schreibt uns kaum etwas, mit dem Hinweis dass er dass in einem seiner Geschichtswerke behandeln werde. Nun dass ist aber verschollen oder wurde nie geschrieben. Dito der verschollene Plinius d.Ä., den Tacitus vermutlich gelesen hatte, und als Quelle für seine als Kaiserhauskritik angelegten Annalen nutzte.

Insofern: Die römischen Quellen werden selbstverständlich berücksichtigt, aber mit der notwendigen Quellenkritik.


Cherusker schrieb:
....Anhand der Bedingungen kann man davon ausgehen, daß die Römer auf den Wegen eine einzige Schlammwüste vorfanden. .....


Also von dem angenommenen Abmarsch in Lügde bis nach Kalkriese vergingen 5, höchstens 6 Tage. Hätte es beim Abmarsch schon geregnet oder sich Unwetter nur angekündigt, Varus wäre wohl kaum auf vermeintlich schlechten Wegen losmarschiert. Wenn überhaupt der Regen eine grössere Rolle gespielt hat, dann erst auf dem späteren Teil des Marsches.


Cherusker schrieb:
....D.h. die Ochsenkarren des Troß müssen sich häufiger festgefahren haben und Ochsen gelten nicht als schnellziehende Zugtiere. .....


Absolut richtig und schlimmer noch, sie sind auch nicht besonders ausdauernd (ich glaube Jahn zitiert das aus dem Junkelmann). Sie schaffen mit Karren so etwa 5 km/h und dass nicht länger als etwa 4 bis 5 Stunden am Tag. Dass wären so 20 bis 25 km Maximum, 20 rM sind damit also kaum zu machen. Nun wurden aber auch in Kalkriese keine Ochsen gefunden, sondern nur die ausdauernden und schnelleren Pferde und Maultiere als Zugtiere. Daraus lässt sich mutmassen, dass entweder die Römer auf die billigen aber hinderlichen Ochsen ehr verzichtet haben, oder falls sie doch welche dabei hatten, diese schnell aufgegeben wurden, um ein höheres Marschtempo zu erlauben.


Cherusker schrieb:
....Daher vermute ich, daß die römische Wegstrecke, die zurückgelegt wurde, konnte niemals an das tägliche Marschsoll herangereicht haben. Somit keine tägliche 15-20km, sondern eher 10km! Gewaltmärsche waren gar nicht möglich, da die Legionen hintereinander herzogen und der jeweilige Vordermann bestimmte das Tempo! ...... Und wenn die Wege nicht befestigt sind, dann hat man sehr schnell einen richtigen glitschigen Matschweg! .....

Ja, aber zum Stau kommt es genau dann, wenn man zu eng aneinander geht, genauso wie auf der Autobahn. Wenn man die Kolonne weit genug auseinander zieht geht’s aber problemlos.

Die nicht befestigten Wege kennt jedes Landkind auch heute noch ganz gut. So lange sie trocken sind, sind sie genauso gut oder schlecht wie die befestigten römischen Wege. Selbst leichter Regen ist kein allzu grosses Problem, wenn man nur einen Drainagegraben neben den Strassen lässt. Solcher Art unbefestigter Wege gabs zu allen Zeiten, vermutlich auch damals, denn der Aufwand dafür ist minimal und was eine Drainage ist war den Germanen gut bekannt, wie u.a. Kalkriese belegt.

Aber natürlich hast du recht, die tatsächlichen Weglängen werden erst dann greifbar, wenn man wenigstens eines der Marschlager archäologisch gesichert hat.

Cherusker schrieb:
....Ich gehe davon aus, daß Germanicus bei seinem Besuch des Schlachtortes keine großen Strecken zurücklegen mußte. .....


Ganz richtig, von der Ems bei Gütersloh über die Bielefelder Senke nach Knetterheide sind nur 35 km.

Cherusker schrieb:
.... aber BREPOHL setzt sich für den Standort Hameln ein. Er argumentiert, daß bis ins Mittelalter die Weser flußaufwärts nur bis Hameln beschiffbar war, da dort durch eine Furt und eine Felsbarre, eine Umladung auf andere Schiffe unabdingbar war, um weiterhin flußaufwärts zu fahren. .....


Ja, auch Brepohl hat sicherlich ein Körnchen Wahrheit gefunden: Hameln ist der notwendige Weserübergang auf der Achse Rhein-Elbe.

Cherusker schrieb:
.... Varus konnte sich hier gut mit Proviant, der über den Wasserweg beschafft wurde, versorgen und auch einen Teil seines Trosses konnte er auf dem Wasserweg an den Rhein zurückschicken. .....Da fragt man sich aber, warum hatte Varus dann immer noch so einen großen Troß? ....Die Verpflegung von Mensch und Tier mußte bei den Römern gewährleistet sein. Ansonsten konnten auch Feldzüge abgebrochen werden,. .....


Ich stimme Dir zu: Die Versorgungsfrage ist ganz wichtig. 30.000 Leute mit Nutztieren, die haben einen gewaltigen Hunger und Durst. Allein für die Wasserversorgung braucht man die Nähe zu Wasserwegen. Und Nahrungs- und Futtermittel, über den Daumen gepeilt wohl gut 50 Tonnen täglich. D.h. wenn so ein Sommerzug wenigstens drei Monate unterwegs ist, sagen wir 100 Tage ergibt dies wenigstens minimal 5000 Tonnen Bedarf an Essen und Futter, vielleicht waren es aber auch 10000 Tonnen, man gönnt sich ja sonst nix. Einen Teil davon konnte sicherlich die römische Logistik bewältigen, den Grossteil wird die germanische angrenzende Bevölkerung aufgebracht haben.

Cherusker schrieb:
.... Da die Germanen keine Vorratshaltung kannten, konnten sich die Legionen auch nicht in Germanien selbständig versorgen. Sie waren daher auf Lieferungen aus Gallien angewiesen. Diese Massen konnte man besser auf Wasserwegen transportieren als über schlecht ausgebaute Hellwege.
Cherusker schrieb:
Wenn es ein 3Legionenlager gegeben hat, dann müssen die Wasserwege (hier die Weser) mit berücksichtigt werden. .....


Sicherlich, aber dass die Germanen keine Vorratshaltung kannten, halte ich für ein Gerücht. Wie sollten die denn über den harten Winter kommen ? Von der Bärenjagd allein bestimmt nicht. Deren Vorratshaltung war bestimmt nicht so perfekt wie die der Römer, aber man wird schon was gehortet haben. Ich vermute, dass der noch wenig berücksichtigte Versorgungsaspekt solcher Kulturzüge einen erheblichen Anteil an der Entwicklung des Arminiusaufstands hatte.

Wie war denn die Situation im Jahre 9 ? Man hatte in der Vergangenheit seit den Drususfeldzügen etliche Schlachten geschlagen und verloren, der immensum bellum, der gewaltige Krieg, von dem wir lediglich wissen dass es ihn gab ohne dass die noch verfügbaren Quellen Details berichten, war 5 Jahre vorher sicherlich mit grossen persönlichen Opfern verloren gegangen. Nun hatte man Frieden und die Römer begannen die Provinzialisierung voranzutreiben.

Aber auch im Frieden konnte man nicht miteinander leben, die Römer frassen die Gegend leer ! Wenn ein solcher Sommerzug dass Land verliess, waren nicht nur Steuern abkassiert und unverständliches Recht gesprochen, auch alle Speicher waren leer und die Wälder leergeballert und das Wild auf Monate vertrieben. Es folgten Hungerwinter in denen reihenweise gerade die schwächsten und wertvollsten, die Kinder starben. Wer dann im Jahre 9 zum Kampf antrat, und dass waren fast alle, der hatte sicherlich etliche persönliche Opfer zu beklagen, und er wusste dass es so nicht weitergehen durfte.

Arminius und seinen Koalitionären wurde immer als Motiv vorwiegend Raubgier unterstellt, dass greift imho aber viel zu kurz. Man muss berücksichtigen, dass sowohl der Arminiusclan als auch der Segestesclan durch die Verbindung mit Rom selbst sehr bevorteilt waren, es zahlte sich für diese auch wirtschaftlich wirklich gut aus. Mit dem Angriff im Jahre 9 tauschte man nun aber einen dauerhaften Vorteil gegen einen einmaligen, und der war auch noch völlig ungewiss. Mit Raubgier allein geht das nicht zusammen! Da müssen weit tiefere Gründe vorliegen.

Mit besten Grüssen, Trajan.
 
OT: nicht befestigte Landwege/Sommerwege:

Trajan schrieb:
Die nicht befestigten Wege kennt jedes Landkind auch heute noch ganz gut. So lange sie trocken sind, sind sie genauso gut oder schlecht wie die befestigten römischen Wege. Selbst leichter Regen ist kein allzu grosses Problem, wenn man nur einen Drainagegraben neben den Strassen lässt. Solcher Art unbefestigter Wege gabs zu allen Zeiten, vermutlich auch damals, denn der Aufwand dafür ist minimal und was eine Drainage ist war den Germanen gut bekannt, wie u.a. Kalkriese belegt.

Auch die Römer bauten ihre viae consularis mit Seitenstreifen links und rechts, d.h. gepflasterte Straße, gewölbt, damit Regenwasser ablaufen konnte in der Mitte, Drainagegraben an den Rändern und jenseits der Gräben: breite Seitenstreifen, welche Straße und Privatgrund voneinander abgrenzten.
Ulpianus: "viae autem publicae solum publicum est, relictum ad directum certis finibus latitudinis ab eo, qui ius publicandi habuit..." (Dig. 43, 8, 2 § 22)
Derselbe: "Ait praetor: 'In via publica itenereve publico facere immittere quid, quo ea via idve iter deterius sit fiat, veto.' " (Dig. 43, 8, 2, § 20).
Auf diesen Seitestreifen darf also nichts aufgestellt werden. Schlussfolgerung von Thomas Pékary, Untersuchungen zu den römischen Reichsstraßen. In: Antiquitas Reihe 1 - Abhandlungen zur alten Geschichte, Bd. 17, Bonn 1963: Die Seitenstreifen sind Sommerwege!
 
Zuletzt bearbeitet:
Da muß ich Dir deutlich widersprechen...


Insofern: Die römischen Quellen werden selbstverständlich berücksichtigt, aber mit der notwendigen Quellenkritik.

So so...da wird die "Quellenkritik" eingesetzt. Daß es in dieser Gegend zu dem Zeitpunkt regnerisches Wetter geben kann , halte ich nicht für ausgeschlossen. Und die Römer hatten auch keine Schönwetterlegionen!






Ja, aber zum Stau kommt es genau dann, wenn man zu eng aneinander geht, genauso wie auf der Autobahn. Wenn man die Kolonne weit genug auseinander zieht geht’s aber problemlos.

Aber nicht, wenn es zu Stauungen durch schlecht passierbare Wege kommt. Ein festgefahrener Karren konnte schon eine Verzögerung bedeuten!


Die nicht befestigten Wege kennt jedes Landkind auch heute noch ganz gut. So lange sie trocken sind, sind sie genauso gut oder schlecht wie die befestigten römischen Wege. Selbst leichter Regen ist kein allzu grosses Problem, wenn man nur einen Drainagegraben neben den Strassen lässt. Solcher Art unbefestigter Wege gabs zu allen Zeiten, vermutlich auch damals, denn der Aufwand dafür ist minimal und was eine Drainage ist war den Germanen gut bekannt, wie u.a. Kalkriese belegt.

Landkind hin, Landkind her....Anscheinend hast Du keine Ahnung, wenn auf so einem nicht asphaltierten Weg (Ausnahme die Römerstraßen) tausende von Menschen entlangziehen. Selbst heutige Waldwege sind trotz Drainagegräben bei Regen ziemlich schlammig, so bald sie häufiger genutzt werden. Da kenne ich mich schon aus....ansonsten würde ich mich fragen, warum meine Schuhe immer so dreckig sind?

Und woher willst Du wissen, daß die Germanen Drainagegräben an den Wegen angelegt haben??? Das ist ja was ganz Neues.
In Kalkriese haben die Germanen auch keine Drainagegräben angelegt! Hier liegt eindeutig eine Fehldeutung der Archäologen vor. Kurz nach der Entdeckung des Kalkrieser Walls gingen die Archäologen noch von einem römischen Werk aus. Da sie aber nur einen kleinen Abschnitt des Walls freigelegt hatten und der freigelegte Bogen mit den Enden zum Hügel zeigte, erklärten sie ihn für germanisch! Später wurden aber immer mehr Wallabschnitte freigelegt und man erkannte ein Schlangenlinienmuster, d.h. der Wall zog sich am Weg entlang. Aber statt jetzt die Sache noch einmal zu überdenken, wurde einfach der Spitzgraben der vor dem Wall zum Hügel hin angelegt wurde als Drainagegraben erklärt. Schließlich sollen die Germanen an diesem Wall monatelang geschufftet haben. Aber plötzlich stellten die Archäologen fest, daß der Wall aber in kurzer Zeit errichtet wurde......ferner entspringt auch nicht auf dem kleinen Kalkrieser Hügel ein Fluß, der alles wegreißen würde. Und dann stellte sich die Frage, warum die Germanen vor "ihren" Wall einen Graben anlegen, den sie erst überqueren müssen?

Es gibt bei Tacitus eine Stelle, in der erwähnt wird, daß die Römer einen Wall errichten, der durch die Umleitung der Bäche seitens der Germanen, unterspült wurde. Das ist aber bei "pontes longi" der Fall....
Um diese Diskussion zu beenden, bleiben die Archäologen bei ihrer einmal aufgestellten These. Und das halte ich für völlig falsch! Meiner Ansicht nach haben die Römer die Drainage gebaut, um den Wall vor den umgeleiteten Bäche zu schützen.
Übrigens sagte Frau Wilbers-Rost dazu in einem Video, sinngemäß: Wenn die Römer den Wall gebaut hätten, dann wäre er höher geworden.






Sicherlich, aber dass die Germanen keine Vorratshaltung kannten, halte ich für ein Gerücht. Wie sollten die denn über den harten Winter kommen ? Von der Bärenjagd allein bestimmt nicht.


Übrigens das Gerücht stammt von Dr. Kühlborn (Archäologe und Ausgrabungsleiter von Anreppen). Die Römer konnten sich nicht allein versorgen. Deswegen wurden Versorgungslager, wie Hedemünden und Anreppen (große Vorratsspeicher) angelegt.
 
So so...da wird die "Quellenkritik" eingesetzt. Daß es in dieser Gegend zu dem Zeitpunkt regnerisches Wetter geben kann , halte ich nicht für ausgeschlossen. Und die Römer hatten auch keine Schönwetterlegionen!
Dass die Römer keine Schönwetterlegionen hatten, damit hast Du mit ziemlicher Sicherheit recht. Aber ob es nun regnete oder wie der Zug zu diesem Zeitpunkt zusammengesetzt war, darüber kann uns nur ein Augenzeuge Auskunft geben. Das war aber keiner der überliefernden Historiographen. Das gleiche gilt für die Beschaffenheit des Geländes.

Und woher willst Du wissen, daß die Germanen Drainagegräben an den Wegen angelegt haben??? Das ist ja was ganz Neues.
In Kalkriese haben die Germanen auch keine Drainagegräben angelegt! Hier liegt eindeutig eine Fehldeutung der Archäologen vor. Kurz nach der Entdeckung des Kalkrieser Walls gingen die Archäologen noch von einem römischen Werk aus. Da sie aber nur einen kleinen Abschnitt des Walls freigelegt hatten und der freigelegte Bogen mit den Enden zum Hügel zeigte, erklärten sie ihn für germanisch! Später wurden aber immer mehr Wallabschnitte freigelegt und man erkannte ein Schlangenlinienmuster, d.h. der Wall zog sich am Weg entlang. Aber statt jetzt die Sache noch einmal zu überdenken, wurde einfach der Spitzgraben der vor dem Wall zum Hügel hin angelegt wurde als Drainagegraben erklärt. Schließlich sollen die Germanen an diesem Wall monatelang geschufftet haben. Aber plötzlich stellten die Archäologen fest, daß der Wall aber in kurzer Zeit errichtet wurde......ferner entspringt auch nicht auf dem kleinen Kalkrieser Hügel ein Fluß, der alles wegreißen würde. Und dann stellte sich die Frage, warum die Germanen vor "ihren" Wall einen Graben anlegen, den sie erst überqueren müssen?

Es gibt bei Tacitus eine Stelle, in der erwähnt wird, daß die Römer einen Wall errichten, der durch die Umleitung der Bäche seitens der Germanen, unterspült wurde. Das ist aber bei "pontes longi" der Fall....
Um diese Diskussion zu beenden, bleiben die Archäologen bei ihrer einmal aufgestellten These. Und das halte ich für völlig falsch! Meiner Ansicht nach haben die Römer die Drainage gebaut, um den Wall vor den umgeleiteten Bäche zu schützen.
Übrigens sagte Frau Wilbers-Rost dazu in einem Video, sinngemäß: Wenn die Römer den Wall gebaut hätten, dann wäre er höher geworden.

Die Argumentation begreife ich nicht ganz. Nach wie vor bleibt das Problem, dass der Kalkrieser Wall kein Karree bildet und es eigentlich bei Wällen üblich ist, dass man sich mit ihnen schützt, indem man die eigene Position erhöht. Bei Kalkriese hätten sich die Römer dann aber zwischen Wall und Sumpf eingeschlossen und die erhöhte Position aufgegeben.
 
Ave Cherusker,

das Thema Kalkrieser Berg und Draiangegraben haben wir ja bereits diskuttiert, unter der Osnabrücker Uniseite findest du auch einiges.

Cherusker schrieb:
....In Kalkriese haben die Germanen auch keine Drainagegräben angelegt! Hier liegt eindeutig eine Fehldeutung der Archäologen vor. ..... Später wurden aber immer mehr Wallabschnitte freigelegt und man erkannte ein Schlangenlinienmuster, d.h. der Wall zog sich am Weg entlang......ferner entspringt auch nicht auf dem kleinen Kalkrieser Hügel ein Fluß, der alles wegreißen würde. Und dann stellte sich die Frage, warum die Germanen vor "ihren" Wall einen Graben anlegen, den sie erst überqueren müssen? ....

Das Schlangenlinienmuster ist notwendig schlicht aufgrund der Geologie des Berges, ein Eindruck gibt das Model siehe:


http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Varus02.jpg

sowie die hier unten angehängte Karte. Der Kalkrieserberg läuft wie ein Brei in die Ebene, er fingert aus wie du siehst und zwischen den dutzenden von Fingern laufen dutzende von kleinen Bächen hinab. Man kann gar nicht anders als den Wall schlangenlinienförmig zu bauen und an der Berg zugewandten Seite zu drainieren. Auch braucht man Durchlässe für die Bäche.

Cherusker schrieb:
....Es gibt bei Tacitus eine Stelle, in der erwähnt wird, daß die Römer einen Wall errichten, der durch die Umleitung der Bäche seitens der Germanen, unterspült wurde. Das ist aber bei "pontes longi" der Fall......Um diese Diskussion zu beenden, bleiben die Archäologen bei ihrer einmal aufgestellten These. Und das halte ich für völlig falsch! ...



Das sehe ich ganz anders: Die pontes longi bei Kalkriese sind beim besten Willen weder durch die Quellen noch durch den Fundniederschlag zu decken. Nach den Quellen traf sich Germanicus mit seinen drei Truppenteilen an der Ems und schickte dann die Legionen nach Hause. D.h. diese mussten nach Westen bzw. Süden und keinesfalls nach Osten. Kalkriese liegt aber im Osten des Treffpunkts und die Bewegungsrichtung ist ost-westlich und nicht west-östlich. Und vieles mehr.

Das einige Leute, nämlich auch Bökemeier, intensiv die pontes-longi-Hypothese verteidigen liegt meiner Überzeugung nach an was ganz anderem: Sie glauben, es wäre die einzige Möglichkeit, ihre eigenen Hypothesen über die Varusschlacht gegen Kalkriese zu retten. Ich kann die Ponteslongianern aber beruhigen: Diese Schutzkonstruktion ist gar nicht notwendig, es passt auch ohne diese Hypothese alles bestens zusammen.

Beste Grüsse, Trajan.
 

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Dass die Römer keine Schönwetterlegionen hatten, damit hast Du mit ziemlicher Sicherheit recht. Aber ob es nun regnete oder wie der Zug zu diesem Zeitpunkt zusammengesetzt war, darüber kann uns nur ein Augenzeuge Auskunft geben. Das war aber keiner der überliefernden Historiographen. Das gleiche gilt für die Beschaffenheit des Geländes.

Es gab Augenzeugen! Tacitus hat in seinen Annalen beschrieben, daß Überlebende aus der Varusschlacht dem Germanicus die Plätze zeigten, an denen bedeutende Römer starben bzw. gefangen genommen wurden. Diese Überlebenden werden auch eine deutliche Beschreibung der klimatischen Verhältnisse angegeben haben. Somit kann man davon ausgehen, daß es auch wirklich ein regnerisches Wetter gegeben hat.


Die Argumentation begreife ich nicht ganz. Nach wie vor bleibt das Problem, dass der Kalkrieser Wall kein Karree bildet und es eigentlich bei Wällen üblich ist, dass man sich mit ihnen schützt, indem man die eigene Position erhöht. Bei Kalkriese hätten sich die Römer dann aber zwischen Wall und Sumpf eingeschlossen und die erhöhte Position aufgegeben.

Die Römer haben den Wall parallel zum Weg gebaut, um damit den langsam ziehenden Troß vor Angriffen aus dem Wald zu schützen. Hier konnte der Troß entlang ziehen, ohne durch vereinzelte Angriffe, sei es auch durch Wurfgeschosse, behindert zu werden. Nur eine Erstürmung des Walls würde somit den Troß in Gefahr bringen.
Da Tactius einen solchen Angriff von Arminius beschrieb, kann man auch die somit die Merkwürdigkeit erklären, daß der breite Wall zur Sumpfseite einstürzte und ein Muli begrub. Ich halte das Muli für ein Transporttier und nicht, wie von anderen Experten, als "Kampfmuli" deklariert.

Die Römer sind durch den Engpaß hindurchgezogen, das geht eindeutig aus den Spuren hervor!
 
Das sehe ich ganz anders: Die pontes longi bei Kalkriese sind beim besten Willen weder durch die Quellen noch durch den Fundniederschlag zu decken. Nach den Quellen traf sich Germanicus mit seinen drei Truppenteilen an der Ems und schickte dann die Legionen nach Hause. D.h. diese mussten nach Westen bzw. Süden und keinesfalls nach Osten. Kalkriese liegt aber im Osten des Treffpunkts und die Bewegungsrichtung ist ost-westlich und nicht west-östlich. Und vieles mehr.

Wobei Du Amisia mit EMS übersetzt. Was wäre aber, wenn Germanicus die Weser heruntergefahren wäre?

Anscheinend hast Du den Bericht über die pontes longi überhaupt nicht gelesen. Die Beschreibungen decken sich sogar so gut, daß selbst in Kalkriese eine Tafel existiert, auf der Tacitus die Begebenheiten von pontes longi beschreibt!!! Allerdings ohne Quellenangabe, da diese Quelle hier fälschlicherweise pro Varusschlacht verwendet wird. Das ist für mich schon ein kleiner Skandal!
Auch sind in Kalkriese Römer durchgezogen! Dort hat es keine Vernichtungsschlacht gegeben. Anhand der Funde kann man deutlich erkennen, daß sich ein Heer teilt. Das ist auch bei Tacitus pontes longi beschrieben!
Ferner hat Tacitus daraufhin gewiesen, daß die Römer einen Wall bauten (muß nicht zwingend ein Karree bilden) und daß Arminius dort einen Troß angriff. Ein gewisser Herr aus Kalkriese will in einem Bericht glaubhaft machen, daß Germanicus und seine Römer den "germanischen" Wall fälschlicherweise für das letzte Varuslager hielten. Da frage ich mich schon, wie blöde waren eigentlich die Römer, wenn sie noch nicht einmal mit Hilfe von Überlebenden den Wall richtig deuten konnten?

Ferner wurden in der Nähe germanische Waffen gefunden, die aus dem Jahr 15n.Chr. stammen. Auch gibt es in der Nähe einige Bohlenwege (die es aber auch deutlich vor der Germanenzeit schon gab).
Friebe schreibt in seinem Buch, daß es angeblich dort auch Wagenspuren gegeben hat.
Warum findet man in Kalkriese soviele Teile, die eher einem Troß zugeordnet werden können, z.B. Kisten?
Außerdem gab es damals um Kalkriese Hudewälder, die überhaupt nicht mit den dichten Wäldern der Varusschlacht übereinstimmen.


Und...und...und...jetzt schweife ich aber hier vom Thema ab.



Das einige Leute, nämlich auch Bökemeier, intensiv die pontes-longi-Hypothese verteidigen liegt meiner Überzeugung nach an was ganz anderem: Sie glauben, es wäre die einzige Möglichkeit, ihre eigenen Hypothesen über die Varusschlacht gegen Kalkriese zu retten. Ich kann die Ponteslongianern aber beruhigen: Diese Schutzkonstruktion ist gar nicht notwendig, es passt auch ohne diese Hypothese alles bestens zusammen.

Beste Grüsse, Trajan.

Es geht hier nicht um die Theorien und Meinungen von Autodidakten, wie Bökemeier, sondern auch Wissenschaftler wie Kehne und Wolters haben ihre Zweifel!
Es wurde einfach vorschnell Kalkriese zur Varusschlacht erklärt und bestimmt wird das noch bis 2009 durchgezogen....
 
Es gab Augenzeugen! Tacitus hat in seinen Annalen beschrieben, daß Überlebende aus der Varusschlacht dem Germanicus die Plätze zeigten, an denen bedeutende Römer starben bzw. gefangen genommen wurden. Diese Überlebenden werden auch eine deutliche Beschreibung der klimatischen Verhältnisse angegeben haben. Somit kann man davon ausgehen, daß es auch wirklich ein regnerisches Wetter gegeben hat.

Is' schon klar, ändert aber nichts daran, dass Germanicus von 15 - 19, Tacitus aber von 55 - 115 lebte.



Die Römer haben den Wall parallel zum Weg gebaut, um damit den langsam ziehenden Troß vor Angriffen aus dem Wald zu schützen. Hier konnte der Troß entlang ziehen, ohne durch vereinzelte Angriffe, sei es auch durch Wurfgeschosse, behindert zu werden. Nur eine Erstürmung des Walls würde somit den Troß in Gefahr bringen.
Da Tactius einen solchen Angriff von Arminius beschrieb, kann man auch die somit die Merkwürdigkeit erklären, daß der breite Wall zur Sumpfseite einstürzte und ein Muli begrub. Ich halte das Muli für ein Transporttier und nicht, wie von anderen Experten, als "Kampfmuli" deklariert.

Die Römer sind durch den Engpaß hindurchgezogen, das geht eindeutig aus den Spuren hervor!

Wer hat das Muli zum Kampfmuli erklärt?
Eben dass die Römer durch den Engpass gezogen sind, passt nicht dazu, dass der Wall von ihnen gebaut wurde. Nocheinmal: Man baut keinen Wall, um sich dann auf der unteren Seite des Walls zu "verschanzen". Die Richtung des Einsturzes gibt keinen Hinweis darauf, wer von welcher Seite angegriffen hat. Einen Wall rennt man nicht um.
 
Eben dass die Römer durch den Engpass gezogen sind, passt nicht dazu, dass der Wall von ihnen gebaut wurde. Nocheinmal: Man baut keinen Wall, um sich dann auf der unteren Seite des Walls zu "verschanzen". Die Richtung des Einsturzes gibt keinen Hinweis darauf, wer von welcher Seite angegriffen hat. Einen Wall rennt man nicht um.

Lieber Quijote,
die obigen Zeilen solltest Du noch einmal dringend überdenken.
Tacitus´ Beschreibungen über die Maßnahmen des Caecina unmittelbar vor der Schlacht an den pontis longi berichten ausdrücklich davon, dass römische Legionäre mit dem Errichten eines Walles beauftragt wurden, der durch das Umleiten der Bergbäche unterspült und abermals erreichtet werden musste. Du solltest bedenken, dass römische Legionäre Meister seit Marius´ Zeiten im Ausheben von Rasensodenwällen waren; diese Übung gehörte zum alltäglichen Dienst. Wenn ein 4 (!) Legionenheer samt Tross eine Engstelle wie jene in der Kalkriese-Niewedder-Senke zu passieren hatte, noch dazu unter Feindkontakt, so war es militärisch sinnvoll, die Flanke durch einen rasch aufgeschütteten Wall zu sichern. Und ein solcher Wall typisch römischer Bauart wurde bei Kalkriese entdeckt und prompt als germanisch gedeutet (ein Schelm, wer Böses dabei denkt...).
Dass die Einsturzrichtung des Walles keine Aussage über die Angrifssseite erlaubt, möchte ich in Zweifel ziehen. Du schreibst selbst, dass man einen Wall nicht umrennt, da gebe ich Dir Recht. (Ich möchte noch ergänzen, dass ein Wall auch nicht von alleine einstürtzt.) Wenn jedoch an einer Stelle ein konzentrierter Reiterangriff stattfindet, so kann man davon ausgehen, dass der Wall an diesem Punkt anschließend eingeebnet ist. Von einem gezielten Angriff durch Arminius und einer Schar ausgewählter Krieger in die Flanke des römischen Heerezuges berichtet Tacitus in seiner Beschreibung der Schlacht an den pontis longi. Nun bleibt letztendlich die unlösbare Frage, ob Arminius an dieser Schlacht zu Pferde oder zu Fuß teilnahm.
Wie auch immer, über die Schlacht an den pontis longi liegt uns ein detaillierter Bericht vor, der bei aller Quellenkritik ein anschauliches Bild des Eregnisses wiedergibt. Die einzige Schilderung des Verlaufs der Varusschlacht durch Cassius Dio ist weitaus unpräziser und lässt (zu) viel Spielraum für Interpretationen.


Das Schlangenlinienmuster ist notwendig schlicht aufgrund der Geologie des Berges, ein Eindruck gibt das Model.

sowie die hier unten angehängte Karte. Der Kalkrieserberg läuft wie ein Brei in die Ebene, er fingert aus wie du siehst und zwischen den dutzenden von Fingern laufen dutzende von kleinen Bächen hinab. Man kann gar nicht anders als den Wall schlangenlinienförmig zu bauen und an der Berg zugewandten Seite zu drainieren. Auch braucht man Durchlässe für die Bäche.


Hallo Trajan,
Das Märchen, das Du uns hier auftischen möchtest, glaubt niemand, der schon einmal vor Ort gewesen ist. Da helfen auch keine unmaßstäblichen topographischen Modelle, die hier einen Tatbestand suggerieren möchten. Es existieren weitaus präzisere Zeichnungen von den Ausgrabungskampagnen am Wall, die diese Aussagen eindeutig widerlegen.
Interessant ist zudem, dass die beiden Enden das Walles nach Norden abwinkeln und nicht, wie es bei einer Verteidigung vom Berg her zu erwarten gewesen wäre, nach Süden.
Oje, was nun?

Gruß Cato
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Is' schon klar, ändert aber nichts daran, dass Germanicus von 15 - 19, Tacitus aber von 55 - 115 lebte.

Und? Das soll jetzt heißen, daß die Römer keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterließen, sodaß Tacitius uns hier Märchen auftischt?

Demnach können wir nur Paterculus als Zeitzeuge der Varuszeit vertrauen. Somit wären nur seine Aufzeichnungen bezüglich der Varusschlacht zulässig....oder wie soll ich sowas verstehen?

Demnach sind auch alle Bücher, die heutzutage über geschichtliche Ereignisse berichten, nicht glaubwürdig, da die Geschichtsschreiber meist keine Zeitzeugen sind?


Den Rest hat CATO hier erklärt....
 
Keine Ahnung, warum Du Dich echauffierst. Stell Dir mal vor, Du würdest allein durch mündliche Überlieferung in etwa 90 Jahren Abstand zu einem Ereignis, nehmen wir den WK I., einen Bericht schreiben - das ist in einer von Medien überfluteten Welt kaum noch vorstellbar, ich weiß! Wieviel wäre davon wirlich glaubwürdig? Die Althistoriker müssen sich mit Quellen herumschlagen, die räumlich und zeitlich von ihren beschriebenen Ereignissen entfernt sind. Deshalb müssen sie aber längst nicht alles glauben, was darin steht, ohne gleich zu vermuten, dass z.B. Tacitus uns Mächen auftischt. Aber sie müssen mit der nötigen Distanz an die Überlieferung herangehen, wissend, das Tacitus weder den Ort kannte, noch eine Augenzeugenbefragung durchführen konnte. Und auch für Paterculus gilt: er war zwar Zeitzeuge, aber kein Augenzeuge.

Was die Zuverlässigkeit historischer Sachbücher angeht: Du verwechselst Geschichtsschreiber mit Historikern. Egal: Kein Wissenschaftler würde sie als endgültige Wahrheit festlegen: Historiker können immer nur versuchen anhand der Quellen und ihrer inneren Widersprüche der historischen Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen.
 
Keine Ahnung, warum Du Dich echauffierst. .

Ich wundere mich doch schon sehr wie hier in diesem Forum die Quellenkritik angewendet wird. Einfache und ersichtliche Beschreibungen werden in Zweifel gezogen, während z.B. bei Tacitus die Umschreibungen und Ungereimtheiten nicht berücksichtigt bzw. erkannt werden.
Die Quellenkritik wird hier meist nur angewendet, wenn man nicht weiter weiß...
Gerade Tacitus hat bestimmte Zwecke beabsichtigt, z.B. Germanicus ist rechte Licht zu stellen. Und gewisse Ereignisse hat er mit der Darstellung der verschiedenen Ansichten ausgeschmückt, z.B. das Treffen der Brüder. Hier wurde ein Wortgefecht eingeflochten.
Aber Tacitus war bestimmt kein "Tolkien der Antike".
Man muß hier nicht jedesmal eine Grundsatzdiskussion durchführen: z.B. solche Fragen die die Existenz von Arminius anzweifeln.
Quellenkritik ja, aber sie ist nur hilfreich, wenn sie die subjektive Meinung der römischen Autoren aufdeckt. Ansonsten können wir alles anzweifeln...
Nur Tacitus hat über Idistavison, pontes lonig, Angrivarierwall berichtet....
 
Nein. Den Sachverhalt an sich habe ich gar nicht angezweifelt. Quellenkritik heißt ja nicht, Historiographen zu Romanautoren umzustempeln. Dass es Arminius vielleicht gar nicht gegeben haben könnte, war nur mal so eine Idee von mir, ich habe mich auch schnell davon überzeugen lassen, dass diese Idee ein gedanklicher Schnellschuss war. Sie sollte auch nicht die Ereignisse in Frage stellen, sondern allein die Person. (Für nicht Eingeweihte: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=8099 )
Die Problematik des zeitlichen und räumlichen Abstands brauche ich wohl nicht zu wiederholen.
Was aber in Frage zu stellen ist, ist die Komposition des taciteischen Textes. Die Beschreibungen der Schlacht an den Pontes Longi und der Varusschlacht ähneln sich ja recht stark, Wald, Sumpf, schlechtes Wetter, Tross, bessere Ortskenntnis der Germanen, zusammengestürzter Wall der Varusschlacht (wobei nicht klar wird aus den taciteischen Beschreibungen, wie nah der Wall, wo das letzte Häuflein an Soldaten Schutz suchte an den Orten war, wo die Offizieren starben, das kann im Text in unmittelbarere Nachbarschaft, aber auch Kilometer entfernt gewesen sein) und eingerittener Wall bei den pontes longi... Der wesentliche Unterschied ist doch, dass Varus eine entscheidende Niederlage einsteckt, Caecina aber nicht.

Was in Kalkriese nach den Beschreibungen des Tacitus fehlt und für pontes longi spricht, sind wohl der Grabhügel und die Altäre (wobei, wenn die aus Holz waren, würde man allerhöchstens noch Pfostenlöcher finden können). Was aber für die Varusschlacht spricht, auch dies kam schon wiederholt vor, sind die Massengräber von Knochen, die einige Jahre überirdisch gelegen haben und die Münzfunde. (Mir ist es letztlich vollkommen egal, welche Schlacht dort stattfand! Solange die Ausgabungen nicht beendet sind, soll es ruhig die Varusschlacht sein!)
 
Und woher willst Du wissen, daß die Germanen Drainagegräben an den Wegen angelegt haben??? Das ist ja was ganz Neues.
In Kalkriese haben die Germanen auch keine Drainagegräben angelegt! Hier liegt eindeutig eine Fehldeutung der Archäologen vor.
Nur zum Kalkrieser Wall: Wenn ich mich recht an das kleine Büchlein von Wilbers-Rost erinnere, war es durchaus so, dass festgestellt wurde, dass die Gräben keinen fortifikatorischen Wert hatten - sie waren nämlich mit Reisig etc. verfüllt, so dass man sie überqueren konnte. Abgesehen orientieren sich die Kalkrieser Wälle (in der Tat in einer Schlangenlinie) an den Höhenlinien des Kalkrieser Berges. Als Schutzwälle einer das Tal durchquerenden Gruppe machen sie so überhaupt keinen Sinn. Die hätten sich ja die Sicht noch absichtlich verschlechtert. Für so eine Deutung (römische Soldaten bauen in der Schlacht Schutzwälle gegen den Berg hin) sind mir keine Parallelen bekannt). Wenn die Römer auf dem Weg ihre Flanken hätten schützen wolltn, wären Wälle auf dem Bergkamm wohl geeigneter gewesen.
 
..., dass die Gräben keinen fortifikatorischen Wert hatten - sie waren nämlich mit Reisig etc. verfüllt, so dass man sie überqueren konnte.

Das ist eine Vermutung von Frau Wilbers-Rost gewesen, es hat aber keine archäologischen Spuren gegeben die auf einen mit Reisig aufgefüllten Graben schließen lassen. Es war ihrerseits ein reiner Deutungsversuch!

Abgesehen orientieren sich die Kalkrieser Wälle (in der Tat in einer Schlangenlinie) an den Höhenlinien des Kalkrieser Berges. Als Schutzwälle einer das Tal durchquerenden Gruppe machen sie so überhaupt keinen Sinn.

Siehe nochmals CATOs Beschreibung....es gab keine gravierenden Höhenzüge bei Kalkriese, da man hier nicht von Bergen, sondern eher von flachansteigenden Hügeln sprechen kann.

Wenn die Römer auf dem Weg ihre Flanken hätten schützen wolltn, wären Wälle auf dem Bergkamm wohl geeigneter gewesen.

Wie sollten denn die Römer auf den Bergkamm gelangen, wenn die Wälder von germanischen Truppen besetzt wurden. Bei pontes longi kamen die Germanen zuerst an die Engstelle und besetzten die Höhenzüge, obwohl Germanicus Caecina zur Eile ermahnt hatte.
 
Siehe nochmals CATOs Beschreibung....es gab keine gravierenden Höhenzüge bei Kalkriese, da man hier nicht von Bergen, sondern eher von flachansteigenden Hügeln sprechen kann.
Wenn ich mich nicht täusche, war da doch ein Gefälle von 20 Metern. Abgesehen davon wäre es im Flachland noch unsinniger, sich als vorbeiziehendes Heer derart durch Wälle die Sicht zu nehmen.

Wie sollten denn die Römer auf den Bergkamm gelangen, wenn die Wälder von germanischen Truppen besetzt wurden. Bei pontes longi kamen die Germanen zuerst an die Engstelle und besetzten die Höhenzüge, obwohl Germanicus Caecina zur Eile ermahnt hatte.
Wenn die Germanen dermaßen nahe gewesen sein sollen (der Kamm ist ja nur ein paar Meter weiter), dann wäre es gewiß nicht mehr zum unbeschwerten Schanzen gekommen.

Das ist eine Vermutung von Frau Wilbers-Rost gewesen, es hat aber keine archäologischen Spuren gegeben die auf einen mit Reisig aufgefüllten Graben schließen lassen. Es war ihrerseits ein reiner Deutungsversuch!

Werde ich noch mal nachschauen, ich meine, in einem Buch was von solchen Spuren gelesen zu haben.
 
Wenn ich mich nicht täusche, war da doch ein Gefälle von 20 Metern. Abgesehen davon wäre es im Flachland noch unsinniger, sich als vorbeiziehendes Heer derart durch Wälle die Sicht zu nehmen.

Es ist doch nicht unsinnig die Flanke durch einen Wall zu schützen. Hier konnten die Römer auf dem Wall (der 5-6m breit war) sich aufstellen, während der Troß langsam die Engstelle passierte. Der Troß hätte somit einen Flankenschutz vor Wurfgeschossen und Pfeilen gehabt.


Wenn die Germanen dermaßen nahe gewesen sein sollen (der Kamm ist ja nur ein paar Meter weiter), dann wäre es gewiß nicht mehr zum unbeschwerten Schanzen gekommen.

Ist er auch nicht. Caecina ließ einen Teil seiner Legionen kämpfen, während der andere Teil mit den Schanzarbeiten begann. Die Germanen haben währenddessen auch damit begonnen die Bäche umzuleiten, sodaß der römische Wall unterspült wurde.
Das würde auch erklären, warum römische Funde zur Bergseite gemacht wurden. Weil vor dem Wall auch Legionäre standen, die durch die Tore auch wieder hinter den Wall gelangen konnten. Warum findet man denn ansonsten die Annäherungshindernisse (auch Sickergruben) vor den Durchlässen? Für die Germanen wären sie bei einem eigenen Wall nur hinderlich gewesen.

Werde ich noch mal nachschauen, ich meine, in einem Buch was von solchen Spuren gelesen zu haben.

Nein...das kann nur die Vermutung von Frau Wilbers-Rost gewesen sein, weil ich in einem Bericht nur gelesen habe, daß es keine Funde bezüglich von Reisig gegeben hat.
Wie sollte sie sich denn sonst das erklären, daß der Graben auf der "falschen" Seite war? Die Germanen hätten bei einem eigenen Wall die Gräben nicht umgeleitet. Und sie hätten mit einfachen Durchlässen die Gräben durch den Wall durchfließen lassen können. Dafür hätten sie keinen Drainagespitzgraben benötigt.
Auch WOLTERS und KEHNE bezweifeln die angebliche germanische Bauart des Walls. Hier hätten die Römer die Germanen an einem bestimmten Punkt fixieren können.
Für mich stellt sich hier noch die Frage, wieviel Germanen hätten denn hinter diesen Wall sich aufhalten sollen? Die Germanen müssen doch mind.10.000 Kämpfer aufgeboten haben, damit sie die Römer (nach Zahlen von Fr. Wilbers-Rost) hätten besiegen können. Ich bezweifel, daß die Römer wie Schlachtvieh an diesem Wall entlanggezogen sind.
Und warum hat dieser Wall nicht den Engpaß abgesperrt (zwischen Sumpf und Hügel? Warum verläuft er parallel zum Weg? Woanders sollen doch Wälle bestimmte Durchgänge gesperrt haben (siehe TRAJANs Ausführungen und Karten).
 
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