Ständekampf Rom -> Plebejer Situation nach dem Kampf?

Passi292

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Hallo Leute,
Ich wollte mal fragen ob jemand weiß, wie die Situation für die Plebejer nach dem Ständekampf war..
Also wichtige Fragen:

-War die Situation dannach zufriedenstellend?
-Waren die Kämpfe überhaupt nötig?
-Wie ist das Verhältniss zu den Patriziern nach dem Kampf?
-Gibt es nach dem Kampf noch weitere Ziele der Plebejer?

Würde mich sehr freuen wenn mir jemand helfen könnte.
Danke im voraus :)
 
Angesichts der Quellenproblematik nicht ganz so einfach zu beantwortende Fragen.

-War die Situation dannach zufriedenstellend?

Offenbar, sonst wären die Konflikte vielleicht noch weitergegangen. Die armen Plebejer profitierten ganz massiv von den Eroberungen der Zeit, durch die sie mit Land und Beute versorgt werden konnten. Die reichen Plebejer erhielten nach und nach die Beteiligung an den politischen, dann auch an den religiösen Ämtern.

-Waren die Kämpfe überhaupt nötig?

Aus Sicht der Patrizier sicher nicht. Die Plebejer waren aber anderer Meinung. Und da sie es schafften, recht geschlossen gegenüber den Patriziern ihre Rechte einzufordern und für die Probleme Lösungen zu finden, war man sich auf dieser Seite offenbar ziemlich einig über die Notwendigkeit.

-Wie ist das Verhältniss zu den Patriziern nach dem Kampf?

Nicht das schlechteste. Die armen Plebejer rebellierten so schnell nicht wieder, vor allem nicht in der Geschlossenheit, wie während der Ständekämpfe. Und die reichen Plebejer waren als Senatoren, Magistrate auch nicht schlechter angesehen, als die patrizischen.

-Gibt es nach dem Kampf noch weitere Ziele der Plebejer?

Nicht, dass ich wüßte.
 
Ergänzung zu tela:

War die Situation dannach zufriedenstellend?
Wie ist das Verhältniss zu den Patriziern nach dem Kampf?
Gibt es nach dem Kampf noch weitere Ziele der Plebejer?
Die Problematik hatte sich geändert. Zu Beginn der Ständekämpfe galten im Wesentlichen die Gleichungen: Patrizier = wohlhabend = im Besitz der politischen Macht = rechtlich privilegiert; Plebejer = meistens arm = politisch relativ machtlos = rechtlich benachteiligt. Auf Seiten der in jeder Hinsicht benachteiligten Plebejer gingen daher politische und soziale Anliegen miteinander einher. Im Zuge der Ständekämpfe, mit zunehmender Abschaffung der politischen und rechtlichen Unterschiede, änderte sich das dann allmählich. Einigen plebejischen Familien gelang der politische und soziale Aufstieg, sie wurden selbst Teil einer neuen Oberschicht, der Nobilität, die sich aus den Patriziern und den aufgestiegenen Plebejern zusammensetzte. Somit standen sich jetzt nicht mehr Patrizier und Plebejer als Gegner gegenüber, sondern die Nobilität und das einfache Volk, das arm geblieben war und (mangels Geld für Wahlkämpfe und Bestechungen) auch kaum eine Chance auf politische Karrieren hatte. (Allerdings war die Nobilität eine rein informelle Gruppe, kein offizieller Stand wie das Patriziat.)
 
Einigen plebejischen Familien gelang der politische und soziale Aufstieg, sie wurden selbst Teil einer neuen Oberschicht, der Nobilität, die sich aus den Patriziern und den aufgestiegenen Plebejern zusammensetzte.

Wenn der Ausgangspunkt eine Wirtschaftskrise gewesen ist, Plebejer wie Patrizier auch eine ländliche (nicht nur "städtische") Klasse bildeten, zuvor bereits reiche Plebejer existierten, kann man den Vorgang auch unter Abschüttelung des etruskischen Einflusses subsumieren.

DeMartino und andeutungsweise Alföldy argumentieren in diese Richtung.
 
Könntest Du das bitte etwas näher ausführen?

NmE argumentiert DeMartino gegen die Klassenbetrachtung nach Reichtum oder Stadt-Land-Gegensatz. Angeführt wird auch die zunehmende Bedeutung der Plebejer im Militär. Dazu wird nach seinen Ausführungen die Zuspitzung nur durch den Kontext einer ökonomischen Krise verständlich (die in Zusammenhang mit den Etruskern und deren Einfluss auf Rom stehen soll).

Der Gegensatz bekäme damit einen "außenpolitischen" Sprengstoff, der wirtschaftlich-gesellschaftlich zündet.

Kann aber sein, dass ich das nur grob in Erinnerung habe. Ich schlage nochmal nach.
 
Für mich wird da viel zu viel an Wissen über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zustände im frühen Rom vorausgesetzt. Letztlich wissen wir fast nichts. Wir wissen nicht einmal, wie die Patrizier und die Plebejer überhaupt entstanden sind. Wir wissen auch nicht, ob die Diskriminierung der Plebejer wirklich schon zu Beginn der Republik vorhanden war oder erst allmählich von den Patriziern (aufgrund ihrer wirtschaftlichen Potenz?) durchgesetzt wurde. (Immerhin sollen der - freilich höchst unzuverlässigen - Überlieferung zufolge in den Anfangsjahren einige Männer, die zu eigentlich plebejischen Geschlechtern gehörten, hohe Ämter bekleidet haben.)
An zuverlässigen Quellen über die Entwicklung des Verhältnisses Patrizier - Plebejer in der frühen Republik haben wir fast nur verschiedene (allerdings nicht zuverlässig datierbare) überlieferte Gesetze wie z. B. das Zwölftafelgesetz, die zeigen, wie die beiden Stände ursprünglich rechtlich geschieden waren und wie die Unterschiede allmählich gelockert bzw. durch Maßnahmen zugunsten der Plebejer ausgeglichen wurden.
 
Natürlich kann man aufzählen, was wir aus den Quellen nicht wissen, bzw. was widersprüchlich ist, oder was ergänzend die archäologischen Fundbilder hergeben (das ist immerhin einiges, zB nach Zeiträumen geschichtete, abweichende Importstrukturen aus den Fundbildern, die für die Annahme der Krise herangezogen werden).

Es geht doch aber um Erklärungsmodelle, wie du sie selbst ansatzweise in #3 in den Strukturen vorträgst. Die sind derzeit umstritten, wobei die Herkunft dieser Struktur Patritzier/Plebejer wohl weniger wichtig ist als die Ausgangsfeststellung, dass es sich dann um eine krisenhafte ökonomische Zuspitzung gehandelt haben wird, ua. auch verschärft durch die agrarischen Besitzgrößen (auch/gerade nach der Einnahme von Veji). Die wirtschaftshistorischen Analysen verfolgen hier den Kontext natürlich etwas anders als die "Politikgeschichte".
 
Zuletzt bearbeitet:
hi,

die Konfliktsituation Patrizier - Plebs wurde nie gelöst.
Mehrfach, auch schon in der frühen Republik haben die Bürger Rom verlassen, weil sie einfach keien Lust mehr hatten, derart entrechtet zu werden. Armeen haben aus gleichem grund nicht gekämpft
Was dann an Zugeständnissen erreeiht wurde, waren Brosamen vom Tsich der Nobilität.

Einen Mittelstand nach heutiger Lesart hat es nie gegeben. Bestenfalls könnte man die Ritterschaft im kaiserlichen Rom dorthin interpretieren.

Die Zänkereien der einzelnen Familien, der Nobilität und den plebejern zueinander schlugen bis zu den Volkstribunen durch, die auch in Parteiungen verstrickt keine Verbesserung der Lage des Volkes herbeiführen.
So hat man Scipio (africanus) ohne Probleme, die spanischen Legionen gegeben. Wohl in der hoffnung, das er dem Beispiel seines Vaters und seines Onkels folgen würde. Als er später dann Karthago angreifen wollte, wurde als erstes die Begründung seines jungen Alters angeführt. Er war zu mächtig geworden und sollte dann kaltgestellt werden, was dann auch weitestgehend gelang.

Die Landreform der Gracchen wurde nicht abgelehnt, weil der Vorschlag dumm war. Es waren reine Familienzwiste, die es verhinderten und dann zur Ermordung führte.

Schon die Stellung der Neubürger müsste man nach heutigem Gesichtspunkt als kritisch einstufen.

ich grüße euch
 
So ganz verstehe ich Deinen Beitrag nicht, vor allem nicht, was die einzelnen Punkte miteinander zu tun haben.

die Konfliktsituation Patrizier - Plebs wurde nie gelöst.
Mehrfach, auch schon in der frühen Republik haben die Bürger Rom verlassen, weil sie einfach keien Lust mehr hatten, derart entrechtet zu werden. Armeen haben aus gleichem grund nicht gekämpft
Was dann an Zugeständnissen erreeiht wurde, waren Brosamen vom Tsich der Nobilität.
Wieso "nie gelöst"? Es blieben zwar rechtliche Unterschiede zwischen Patriziern und Plebejern bestehen, aber ihre Hauptziele (Zugang zu allen Ämtern, Abschaffung der meisten diskriminierenden Bestimmungen) hatten die Plebejer doch erreicht. Das kann man nicht als "Brosamen" abtun. Außerdem vermengst Du anscheinend die Begriffe Patrizier und Nobilität. Die Nobilität war kein rechtlich abgegrenzter Stand, sondern nur eine informelle Gruppe aus Patriziern und aufgestiegenen Plebejern.
In mancher Hinsicht waren die Plebejer sogar privilegiert:
- Sie verfügten weiterhin exklusiv über das Volkstribunat. Das verlieh ihnen nicht nur Macht, sondern erhöhte auch die Karrierechancen plebejischer Politiker: Es wurden jährlich 10 Volkstribunen, 2 plebejische und 2 patrizische ("kurulische") Aedilen gewählt. Es wurden also im nach der Quaestur üblichen Karriereschritt jährlich 12 Posten für Plebejer reserviert und nur 2 für Patrizier.
- Das Concilium plebis konnte, obwohl in ihm nur die Plebejer vertreten waren, ab der Lex Hortensia von 287 v. Chr. Gesetze mit Bindungswirkung für das gesamte Volk, also auch die Patrizier, beschließen.

So hat man Scipio (africanus) ohne Probleme, die spanischen Legionen gegeben. Wohl in der hoffnung, das er dem Beispiel seines Vaters und seines Onkels folgen würde. Als er später dann Karthago angreifen wollte, wurde als erstes die Begründung seines jungen Alters angeführt. Er war zu mächtig geworden und sollte dann kaltgestellt werden, was dann auch weitestgehend gelang.
Was hat das mit dem Konflikt Patrizier-Plebejer zu tun? Scipio war Patrizier, ebenso sein Hauptkritiker Fabius Maximus. Der Konflikt zwischen den beiden lag wohl an persönlicher Rivalität (immerhin standen Fabius' Position als führender Politiker und sein Ruf als Retter Roms vor Hannibal auf dem Spiel), der Angst vor allzu großer Macht Scipios und unterschiedlichen strategischen Konzepten. (Dass Scipio in Afrika Erfolg haben würde, war schließlich alles andere als sicher. Die Erinnerung an das Debakel von Regulus war noch lebendig.)

Die Landreform der Gracchen wurde nicht abgelehnt, weil der Vorschlag dumm war. Es waren reine Familienzwiste, die es verhinderten und dann zur Ermordung führte.
Wo ist hier der Zusammenhang mit dem Konflikt Patrizier-Plebejer? Die Gracchen waren zwar Plebejer, gehörten aber von der Herkunft her zur Nobilität und hatten auch patrizische Unterstützer wie Appius Claudius Pulcher. Umgekehrt aber stieß Tiberius Gracchus in den Reihen seiner (plebejischen) Volkstribunats-Kollegen auf Widerstand.
Dass die Reform scheiterte, lag neben ihrem für die senatorischen Großgrundbesitzer unerfreulichen Inhalt vor allem an der Art des Auftretens der Gracchen, ihrem Konfrontationskurs mit dem Senat und ihren Verstößen gegen die überkommene Ordnung, die sie in den Augen der Vertreter der überkommenen Ordnung zur Gefahr machten.
 
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An zuverlässigen Quellen über die Entwicklung des Verhältnisses Patrizier - Plebejer in der frühen Republik haben wir fast nur verschiedene (allerdings nicht zuverlässig datierbare) überlieferte Gesetze wie z. B. das Zwölftafelgesetz, die zeigen, wie die beiden Stände ursprünglich rechtlich geschieden waren und wie die Unterschiede allmählich gelockert bzw. durch Maßnahmen zugunsten der Plebejer ausgeglichen wurden.
Kennst du das 12Tafelgesetz? Was steht denn da so zum Ständekampf drin?:grübel:
Ich finde da nicht wirklich etwas zu einem Ständekampf.
 
Über den Ständekampf direkt, also über seinen Ablauf, steht da natürlich nichts drin, das habe ich auch nicht behauptet. Ich habe geschrieben, dass die überlieferten frührömischen Gesetze zeigen, wie sich die politische und soziale Situation allmählich änderte.
Das Zwölftafelgesetz enthielt auf Tafel 11 eine (nicht im Originalwortlaut überlieferte) Bestimmung, die Ehen zwischen Patriziern und Plebejern verbot.
 
Das Zwölftafelgesetz war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Republik zur späteren Gesellschaftsordnung. Jedoch waren nach den Ständekämpfen und den erlassenen Zwölftafelgesetzen keinesfalls alle Streitigkeiten beiseite gelegt. U. a. verbot das Zwölftafelgesetz Eheschließungen zwischen Patrizieren und Plebejern.
Die Ständekämpfe und die Zwölftafelgesetze eröffneten den Plebejern die Möglichkeit, weitere Gesetze durchzusetzen, die dann in der Leges Liciniae Sextiae gipfelten, wodurch auch die Plebejer auch Zugang zum Konsulat, also dem höchsten Staatsamt, erhielten. In der Folge kam es dann immer zur weiteren Stärkung der Position der Plebejer (auf Kosten der Patrizier), z. B. durch die Lex Hortensia oder die Lex Poetelia.
 
Ergebnisse der Ständekämpfe

Die Plebejer wurden den Patriziern rechtlich gleichgestellt.

Wohlhabende plebejische Familien bildeten zusammen mit den Patriziern einen neuen Adel, die Nobilität.

Die meisten Plebejer blieben jedoch ohne Einfluss, da sich nur Mitglieder wohlhabender Familien leisten konnten, sich um unbezahlte Staatsämter zu bewerben.
 
Über den Ständekampf direkt, also über seinen Ablauf, steht da natürlich nichts drin, das habe ich auch nicht behauptet. Ich habe geschrieben, dass die überlieferten frührömischen Gesetze zeigen, wie sich die politische und soziale Situation allmählich änderte.
Das Zwölftafelgesetz enthielt auf Tafel 11 eine (nicht im Originalwortlaut überlieferte) Bestimmung, die Ehen zwischen Patriziern und Plebejern verbot.
Die Tafel 11 enthielt das Verbot der Eheschließung zwischen Plebejern und Patriziern. Des weiteren enthielt sie Bestimmungen über die Einführung von Schalttagen. Auch werden hier Bestimmungen zum Fastialrecht enthalten gewesen sein. Insgesamt wird man die Bestmmungen der elften Tafel unter dem Oberpunkt des kultischen Gewohnheitsrecht zusammenfassen können.

Das Eheverbot ist allerdings sehr umstritten, ebenso dessen Aufhebung durch den Volkstribun Gaius canuleius. Dieser, im Jahr 445 Volkstribun, hob das Heiratsverbot des ZTG gegen den Widerstand der Konsuln und des Senats auf. Hierbei ergeben sich viele Widersprüche.
Der erste Widrspruch ist schon das Amt des Gaius canuleius. Die Tribuni plebis wandelten sich erst nach 367 zu den späteren Volkstribunen. Die tribuni plebis waren lediglich die von der plebs gestellten militärischen Führer der Fußtruppen. Des weiteren konnten auch die Konsuln keinen Widerspruch einlegen, da ihr Amt auch erst 367 entstanden war. Zudem erlangte die plebs erst durch die Lex Hortensia im jahre 287 das recht Gesetze aufzuheben. Der Diktator Quintius Hortensius erwirkte, daß plebis scita den selben Rang wie leges erhielten. erst im Jahre 300 durch die lex ogulnia erhielten die Plebejer Zugang zu den Auguren und Pontifices. Bis dahin war ihnen der Zugang zu patrizischen Ämtern verwehrt worden. Einzige Ausnahme bildete hierbei das Amt der tribuni militum. Hier war schon um 400 erstmals ein Plebejer ins Amt gewählt worden.
Wenn das Eghegesetz, so es denn je bestanden haben sollte, eingeführt worden war um die plebs davon auszuschließen als heerführer den Rat der Götter und als Priester den Willen der Götter einzuholen, dann ahtte dieses Verbot sätestens um 400 mit dem ersten Plebejer als Militärtribun ausgesorgt. Daß erst um 300 der Zugang zu den Priesterämtern erlaubt war zeigt, daß man auch ohne Eheverbot den Plebejern den Zugang verweigern konnte.
Es ist deshalb zweifelhaft, ob es das Ehegesetz jemals gegeben hat.

Nun sollen doch aber gerade die tafeln 11 und 12 den Klassenkampf widerspiegeln, wenn sie tatsächlich durch die zweiten Decemviri, die schlechten DEcemviri, eingeführt worden war. Über das Ehegesetz hatte ich es geschrieben. Neben dem Ehegesetz gab es bestimmungn zum Fastialrecht und den Schalttagen, als des kultischen gewohnheitsrechts. Die Tafel 12 enthält bestimmungen über die Pfandnahme, die Regelung von Noxialklagen und zu verfahren über unbegründete Ansprüche. Das ist nicht gerade ein Hinweis auf eine gesellschaftspolitische Auseinandersetzung zwischen Plebejern und Patriziern.

Man muß bezweifeln, daß das ZTG überhaupt mit sozialen Konflikten in Zusammenhang stand. Es regelte lediglich das Zusammenleben in der bäuerlichen Welt des 5 Jahrhunderts.
 
Wenn man annehmen will, dass das Eheverbot eine spätere Fälschung war, stellt sich die Frage nach dem Motiv und der Vorgangsweise. Die Zwölftafelgesetze lagerten schließlich nicht in irgendeinem Geheimarchiv, sodass irgendwann irgendjemand still und heimlich sie ergänzen konnte. Die Tafeln wurden ursprünglich öffentlich aufgestellt, sodass jeder sie lesen konnte. Ihren Inhalt auswändig zu lernen war noch in späteren Jahrhunderten Teil der römischen Schulbildung. Zwar wurden die Originaltafeln bei der Eroberung Roms durch die Gallier zerstört, aber danach müsste es bei der Rekonstruktion des Inhalts genügend Menschen gegeben haben, die den Inhalt noch hinreichend gut im Gedächtnis hatten. Eine stille und heimliche Manipulation des Inhalts wäre also kaum möglich gewesen. Außerdem stellt sich immer noch die Frage nach dem Motiv: Wer sollte ein Interesse haben, ein gar nie existierendes Eheverbot nachträglich einzufügen und ein Gesetz zu erfinden, durch das dieses Eheverbot wieder aufgehoben worden sein soll? Es mag zwar bei einzelnen Plebejern den Wunsch gegeben haben, ihre ursprüngliche Lage als besonders diskriminiert darzustellen, oder bei einzelnen Patriziern den Wunsch, die Plebejer nachträglich noch zu demütigen, aber alles in allem verlor der Gegensatz zwischen Patriziern und Plebejern im 3. Jhdt. rasch an Bedeutung. Der Versuch, nachträglich das Zwölftafelgesetz ändern und ein mittlerweile durch ein Spezialgesetz abgeschafftes Eheverbot einfügen zu lassen (z. B. durch die Argumentation, bei der Rekonstruktion des Gesetzes nach dem Galliereinfall sei das Eheverbot ebenso "vergessen" worden wie ein Spezialgesetz zu seiner Abschaffung), hätte nur unnötig wieder alte Gräben aufgerissen und wäre wohl kaum mehrheitsfähig gewesen.

Was Deine Ausführungen zu Entstehung und ursprünglicher Funktion des Volkstribunats, des Konsulats etc. betrifft, so ist das alles hochspekulativ. Wir wissen keineswegs, wann und wie diese Ämter wirklich enstanden. Insofern ist auch der Hinweis auf den Zugang der Plebejer zum Militärtribunat mit konsularischer Gewalt gewagt, da er sich auch nur auf die traditionelle Überlieferung stützen kann. Einigermaßen wahrscheinlich scheint nur zu sein, dass nach der Abschaffung der Monarchie (deren Zeitpunkt auch umstritten ist) zunächst ein "Praetor maximus" regierte, aber alles Weitere lässt sich nicht wirklich sagen.

Was die Lex Canuleia betrifft, so wurde sie gar nicht vom concilium plebis beschlossen, sondern (laut Livius) stimmten die patrizischen Senatoren schließlich im Zuge eines Neuausbruchs der Ständekämpfe einer Abschaffung des Eheverbots doch zu. Demzufolge könnte sie ordnungsgemäß im Senat eingebracht, beraten und in den damals zuständigen Comitien beschlossen worden sein. (Das natürlich unter der unbeweisbaren Voraussetzung, dass der Gesetzwerdungsprozess damals tatsächlich so funktionierte.) Einen Grund, wieso sie nicht beschlossen worden sein kann, sehe ich nicht. Sie könnte durchaus auch erst etwas später als in der Überlieferung angegeben erlassen worden sein.

Einen direkten Zusammenhang zwischen dem Eheverbot und der Sache mit dem Heerführer und den Auspizien kann ich nicht erkennen. Auch wenn ein Plebejer eine Patrizierin heiratete, wurden seine Kinder nur Plebejer. An den politischen Rechten der Plebejer änderte sich durch die Abschaffung des Eheverbots nichts. Der Zusammenhang war (laut der Überlieferung) etwas anders: Die Patrizier sollen mit der Reinheit des Blutes argumentiert haben und dass die Götter nur "reine" Patrizier als Vogelschauer akzeptieren würden. Wenn also z. B. jemand einen patrizischen Vater und eine plebejische Mutter hätte, wäre er selbst dann als Mischling quasi verunreinigt und würden die Götter ihn nicht mehr als Vogelschauer akzeptieren.

Woraus leitest Du ab, dass die letzten beiden Tafeln den Klassenkampf widerspiegeln sollen?
 
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Woraus leitest Du ab, dass die letzten beiden Tafeln den Klassenkampf widerspiegeln sollen?
Der Rest folgt.
Zuerst hierzu. Die ersten zwölf Decemviri erließen 10 tafeln, die auf kritik stießen. danach wurde ein zweites Kollegium eingesetzt, diesmal auch mit Plebejern. Diese erließen nun zwei weitere Tafeln. das bedeutet doch wohl, daß dort die verbesserung stehen müssten. Dort stehen aber keine. Im gegenteil, dort wo nun Verbesserungen stehen müssten, steht nun, trotz Besetzung mit Plebejern, das Ehegesetz.
 
Worauf stützt sich Deine Darstellung? Ich kann sie so weder Livius noch Dionysios von Halikarnassos entnehmen.
Livius schreibt knapp, dass ein zweites Decemvirnkollegium gewählt worden sei, weil die Rechtskodifikation noch nicht abgeschlossen gewesen sei; dementsprechend hätten die letzten beiden Tafeln also lediglich Nachträge enthalten.
Der wie üblich ausführlichere Dionysios nennt neben der Unvollständigkeit den Wunsch des Senats, durch ein weiteres Decemvirat weiterhin das ihm verhasste Volkstribunat loszuwerden.

Wenn man sich die überlieferte Decemvirnliste ansieht, gehörten bereits dem ersten Decemvirat Plebejer an, denn die Genucii und Curiatii waren Plebejer. Freilich sollte man erstens die überlieferte Liste ohnehin nicht unbedingt für authentisch halten, zweitens stimmt mit den überlieferten frühen Konsuln und Decemvirn (oder der Überlieferung über den ursprünglichen Ausschluss der Plebejer von den Ämtern - mal ganz abgesehen davon, dass es ursprünglich bekanntlich wahrscheinlich noch gar keine Konsuln gab) ohnehin so einiges nicht, da bereits unter den ersten Konsuln einige Männer genannt werden, die eigentlich plebejischen Geschlechtern angehörten.

Letztlich ist aber natürlich ohnehin die Historizität des ganzen Vorgangs höchst fraglich.
 
Worauf stützt sich Deine Darstellung? Ich kann sie so weder Livius noch Dionysios von Halikarnassos entnehmen.
Auf Livius III, 33-37.

Livius schreibt knapp, dass ein zweites Decemvirnkollegium gewählt worden sei, weil die Rechtskodifikation noch nicht abgeschlossen gewesen sei; dementsprechend hätten die letzten beiden Tafeln also lediglich Nachträge enthalten.
Der wie üblich ausführlichere Dionysios nennt neben der Unvollständigkeit den Wunsch des Senats, durch ein weiteres Decemvirat weiterhin das ihm verhasste Volkstribunat loszuwerden.

Liv. III, 34,7:Volgatur deinde rumor duas deesse tabulas quibus adiectis absolui posse uelut corpus omnis Romani iuris. Ea exspectatio, cum dies comitiorum adpropinquaret, desiderium decemuiros iterum creandi fecit. Iam plebs, praeterquam quod consulum nomen haud secus quam regum perosa erat, ne tribunicium quidem auxilium, cedentibus in uicem appellationi decemuiris, quaerebat.

Liv. III, 37, 4:Iam et processerat pars maior anni et duae tabulae legum ad prioris anni decem tabulas erant adiectae, nec quicquam iam supererat, si eae quoque leges centuriatis comitiis perlatae essent, cur eo magistratu rei publicae opus esset.

Wenn man sich die überlieferte Decemvirnliste ansieht, gehörten bereits dem ersten Decemvirat Plebejer an, denn die Genucii und Curiatii waren Plebejer. Freilich sollte man erstens die überlieferte Liste ohnehin nicht unbedingt für authentisch halten, zweitens stimmt mit den überlieferten frühen Konsuln und Decemvirn (oder der Überlieferung über den ursprünglichen Ausschluss der Plebejer von den Ämtern - mal ganz abgesehen davon, dass es ursprünglich bekanntlich wahrscheinlich noch gar keine Konsuln gab) ohnehin so einiges nicht, da bereits unter den ersten Konsuln einige Männer genannt werden, die eigentlich plebejischen Geschlechtern angehörten.
Plebejische Konsuln gab es erst seit 367. Titus Genucius war bereits 451 konsul zusammen mit Appius Claudius. Auch die gens Curiata scheint ursprünglich patrizisch gewesen sein. Später gab es auch eine plebejische Linie. Daher waren alle ersten Decemvirn Patrizier. Bei den zweiten decemvirn waren vmtl 4 Plebejer, Poetelius, Duilius, Oppius und Rabuleius.

Letztlich ist aber natürlich ohnehin die Historizität des ganzen Vorgangs höchst fraglich.
das ist richtig.
 
Die Livius-Stellen kenne ich. In ihnen steht, was ich zusammengefasst hatte.

Plebejische Konsuln gab es erst seit 367.
Das weiß ich. So besagt es zumindest die Überlieferung.

Titus Genucius war bereits 451 konsul zusammen mit Appius Claudius. Auch die gens Curiata scheint ursprünglich patrizisch gewesen sein. Später gab es auch eine plebejische Linie. Daher waren alle ersten Decemvirn Patrizier. Bei den zweiten decemvirn waren vmtl 4 Plebejer, Poetelius, Duilius, Oppius und Rabuleius.
Ich kenne die Argumentationslinie, die das Auftreten von Amtsträgern in der frühen Republik, die Geschlechtern angehörten, die später als plebejisch bekannt waren, damit erklärt, dass diese Geschlechter eben ursprünglich patrizisch gewesen seien. Diese Argumentation wird schließlich auch beim ersten Konsul Lucius Iunius Brutus angewandt. Allerdings sind mir aus historisch gesicherter Zeit zwar mehrere Fälle bekannt, in denen Plebejer zu Patriziern aufstiegen, aber keine, in denen patrizische Geschlechter degradiert wurden. Mir scheint das daher ein eher schwacher Versuch zu sein, die (vermutlich ohnehin unhistorischen) frühen Konsulatslisten zu retten. Plausibler ist für mich, dass die frühen Konsuln (welchen Titel auch immer sie real getragen haben mögen) unhistorisch sind, oder aber dass die Patrizier erst einige Zeit nach der Etablierung der Republik ihren exklusiven Ämterzugang durchsetzen konnten.

Die Argumentation, dass die "Plebejer" im ersten Decemvirat damals eben noch Patrizier gewesen seien, die Plebejer im zweiten Decemvirat hingegen tatsächlich Plebejer, finde ich etwas gezwungen. Gerade bei den Genucii ist das höchst widersprüchlich, denn zwar wird, wie Du schon angemerkt hast, für 451 ein Konsul Genucius erwähnt, aber für die Jahre 476 und 473 werden Genucii als Volkstribunen erwähnt, für das Jahr 401 ein Curiatius.
(Ich weiß natürlich, dass die Historizität all dieser Angaben höchst fraglich ist und dass wir nicht wissen, ob es damals überhaupt schon Volkstribunen gab, aber das gilt für die überlieferten frühen Konsuln ebenso.)
 
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