Teutonen = Kelten?

Dieses Thema im Forum "Die Kelten" wurde erstellt von Gast, 24. April 2005.

  1. Cherusker

    Cherusker Gast

    Die Teutonen waren im Raum Jütland und die ganze Westküste hinunter bis nach Schleswig-Holstein angesiedelt. 325v.Chr. erwähnt der Entdeckungsreisende Phytheas sie zum ersten Mal.
    Keltische Stämme gab es soweit im Norden nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht.

    Der nördlichste Bereich der Kelten wird z.Zt. im Raum Osnabrück angesehen. Dort fand man aber nur keltische Exportware und kopierte keltische Gegenstände. D.h. hier geht man von einer keltisch beeinflußten Bevölkerung aus, die aber vielleicht zu gar keinem keltischen Stamm gehörte. Das wird sich vielleicht erst in der Zukunft zeigen.

    Die Germanen haben ihren ursprünglichen Siedlungsraum in Dänemark, Schleswig-Holstein und dem nördlichen Niedersachsen. Wann sie genau mit der südlichen Ausbreitung begannen ist bisher nicht eindeutig festgelegt. Sie breiteten sich im ganzen heutigen Niedersachsen aus und NRW, Hessen und östliche Gebiete hinter der Elbe wurden auch besetzt.
    Hierbei kam es zur Assimilierung mit keltischen Stämmen.
    Die keltischen Anlagen im Norden wurden in der Zeit 2.-3.Jh.v.Chr. verlassen (es gibt auch Brandspuren). Um die Zeitenwende waren die Germanen noch in der Expansion. Daher kam es schon kurz vor der Christi-Geburt zu den ersten Auseinandersetzungen mit den Römern.

    Da der Zug der Kimbern und Teutonen auch durch keltisches Gebiet ging (Bayern, Frankreich, usw.) haben sich auch Kelten dieser Wanderung angeschlossen. Es gab somit eine Vermischung und einige Zugteilnehmer sollen später auch im Gebiet der Belgen seßhaft geworden sein. Der Zug der Kimbern und Teutonen resultierte aus einer Landnot heraus und war nicht als Beutezug gestaltet. Aber alles was sich in den Weg stellte wurde beseitigt....


    P.S.
    Der "Teutonenstein", der am Südhang des Greinbergs (Main) gefunden wurde, wird in das 1.Jh. n.Chr. datiert.
     
  2. Ashigaru

    Ashigaru Premiummitglied

    Falls du den Teutonenstein von Miltenberg meinst: So eindeutig ist die Zuordnung da nicht.

    Zwar wurde der Stein tatsächlich in der Nähe eines keltischen Ringwalls gefunden, des Greinbergs. Allerdings stammt er dort wohl von einem Steinbruch und hatte wohl Arbeitsfehler, wie man es auch von anderswo her kennt. Es muss also kein Kausalzusammenhang zum Ringwall bestehen. Die Inschrift ist auf lateinisch, es spricht also vieles dafür, dass er während der Existenz des Limes zwischen 160 und 260 gebrochen wurde, als es bei Miltenberg zwei Kastelle gab. Die Funktion ist ebenfalls unklar, obwohl die Form und die kryptische Inschrift einen Meilenstein nahe legen. Auf dem Stein werden Toutones genannt, die nicht ohne weiteres mit den Teutonen gleichzusetzen sind.

    Mit dem Stein lässt sich also eigentlich wenig anfangen, gleichwohl er öfters mal in der Literatur genannt wird und z.B. bei Pörtner (?) für eine Theorie herhalten muss.
     
  3. Mercy

    Mercy unvergessen

    Das Märchen wurde schon da ad akta gelegt:
    RÖDER, J. (1960): Toutonenstein und Heunesäulen bei Miltenberg Ein Beitrag zur alten Steinindustrie am Untermain.- Materialhefte zur Bayerischen Vorgeschichte Heft 15, 32 Abb. im Text, 30 Tafeln im Anhang und 3 farb. Kartenbeilagen in Umschlagtasche, [Verlag M. Lassleben] Kallmünz/Oberpf.
     
  4. Micha

    Micha Neues Mitglied

    Guten Abend, Mercy,

    bin neu hier und zunächst mal wegen Toutonenstein & Co. eingeloggt:
    Was meinst du mit dem "Märchen", das ad acta gelegt wurde? RÖDER ist offenbar nicht mehr aktuell, aber kannst du in aller Kürze umreißen, welches "Märchen" er denn geschrieben hat und was / warum das nicht mehr aktuell ist?

    Was die Toutensteine usw. angeht, am Greinberg bei Miltenberg und in der ganzen Nachbarschaft (Heunesälen / Heunefässer am Ringwall Wannenberg bei Bürgstadt, Heunesäule am Bullauer Berg usw.), da hat man es ja eben nicht - mal ganz vorsichtig gesagt - mit Relikten aus e i n e r Zeitphase zu tun, sondern gewisse Bearbeitungsspuren weisen offenbar darauf hin, dass an diesen Standorten über viele Jahrhunderte hinweg Steinbearbeitung betrieben wurde. Datierungsfragen dürften da schwer eindeutig klärbar sein.

    Soweit für heute aus dem südlichen Odenwald,
    von
    "Micha"
     
  5. Mercy

    Mercy unvergessen

    Hallo Micha,
    zunächst einmal herzlich willkommen hier im Forum.

    Mit Märchen meinte ich die Bezeichnung Teutonenstein , der dann als Beweis herhalten musste, die Teutonen am Main nachzuweisen.
    In dem von mir zitierten Beitrag von Roeder ist dieser Schwachsinn korrigiert: Die Inschrift enthält das Wort Toutones, deshalb wird auch in der Fachliteratur die Bezeichnung Toutonenstein benutzt.

    Es gibt nur einen Toutonenstein (heute im Museum in Miltenberg).
    Was die Heunesäulen / Heunefässer anbelangt, sind die zeitlich ca 1000 Jahre später anzusetzen und ein Kapitel der Sandsteinbe- und verarbeitung am Untermain.

    Zum Toutonenstein werde ich noch einmal nachschauen.
     
  6. Micha

    Micha Neues Mitglied

    Ah, okay, dann ist RÖDER rehabilitiert, ich dachte, du hieltest IHN für den Märchenerzähler. Gut, dann wäre nur noch zu klären, was denn dieses "Toutonen" eigentlich bedeutet.
    Diverse Lautverschiebungen etc. gabs ja immer wieder, so dürfte auch ein sog. "Hunnenstein" (auch irgendwo am Untermain) nichts mit den "Hunnen" zu tun haben, sondern eine gewissermaßen mythische Bezeichnung für die vermeintlichen "Hünen" (oder "Heunen") sein, die jene Riesen-Säulen gemacht haben müssten - wenn es nicht die Steinhauer für diverse Kirchen oder Residenzen gewesen wären, wie wir Gebildeteren heute lesen können.

    Ist der RÖDER deiner Ansicht nach jedenfalls heute noch aktuell?



    Ja, klar, es gibt nur EINEN Toutonenstein, da habe ich mich ungenau ausgedrückt.

    Ich bin ebenfalls gerade dabei, mehr über die Heunesäulen / - fässer nachzulesen, in den offziellen Denkmaldingenstexten (Literaturangabe wird auf Wunsch nachgereicht); in den nächsten Tagen weiß ich mehr darüber! - Wir können ja hier mal am Ball bleiben und uns noch etwas darüber austauschen.

    Besonders die Altersfrage werde ich noch mal unter die Lupe nehmen!



    Die Sandsteinverarbeitung am Untermain wurde irgendwann von den Hängen und Bergrücken in die Talbereiche verlegt, um die Sandsteinvorkommen direkt am Main zu erschließen. Aus der geologischen Perspektive: Man hat in früheren Zeiten besonders Sandsteine aus den hiesigen Blockströmen (Felsenmeeren) entnommen, also Blöcke, die sowieso an den Hängen verstreut lagen (durch eiszeitliche Einwirkungen). Mit diesen Blöcken hat man auch die Fliehburgen errichtet. Dann ging man direkt an den Main, um den dortigen "Miltenberger Sandstein" unmittelbar aus dem Gesteinskomplex herauszuholen, man hat also Steinbrüche am Main angelegt. Seit etwa 1000 n. Chr. exportierte man diesen Mainsandstein auch bspw. nach Mainz, später im 15. Jahrhundert nach Frankfurt etc. und noch später sogar bis nach Petersburg. Ab 1910 ist die Steinbruchwirtschaft vom Untermain dann gewaltig implodiert; Kunststeine kamen auf...



    Viele Grüße
    Micha
     
  7. Mercy

    Mercy unvergessen

    Ein regionalgeschichtlich spannendes Thema, mit Sagen und Mythen behaftet.
    Das sollten wir in einem separaten Thread angehen.
     
  8. Micha

    Micha Neues Mitglied

    Gerne, schlag doch eine Kategorie vor oder eröffne eine (mit Link vielleicht); du kennst dich hier besser aus ;-)
     
  9. Mercy

    Mercy unvergessen

  10. Cleopatra Aelia

    Cleopatra Aelia Neues Mitglied

    Und wo kommt der Name "Deutschland" denn nun her? :confused: Ich hatte bis jetzt auch immer gedacht, daß er von den Teutonen kommt und nur eine Lautverschiebung von "t" nach "d" stattfand.

    (Oder gibt's zu diesem Thema schon anderswo einen Thread?)
     
  11. Valao

    Valao Neues Mitglied

    "deutsch" kommt von althochdeutsch "tiudisk(um 1000 n. Chr.),
    mittelhochdeutsch "diutisch", "diutsch", "tiutsch" und neuhochdeutsch "teutsch"
    (im 16./17./18 Jh. teilweise noch bis ins 19. Jarhundert).

    mittelniederdeutsch "düdesch", mittelniederländisch "duutsc" (woraus das
    englische "dutch" entstanden ist), niederländisch "duits", flämisch "dietsc"
    entspricht.

    bedeuten tun alle dasselbe:
    "zum eigenen Volk gehörig"

    oder einfach "Volk/große Menge"
     
  12. William Wallace

    William Wallace Neues Mitglied

    Haben die Teutonen eigentlich etwas mit dem Reich der Deutschritter zu tun? Die Deutschritter heißen nämlich auf englisch "Teutonic Knights". In meinen Augen gibt es da schon einen Zusammenhang.

    EDIT: In irgendeiner anderen Sprache heißen sie auch Ordo Teutonicus. Könnte Latein sein. Ich hoffe halt, dass mir da jemand weiterhelfen kann.
     
    Zuletzt bearbeitet: 3. August 2005
  13. hyokkose

    hyokkose Gast

    Nachdem das Wort "tiutsch" etabliert war, stellte sich die Frage, wie das auf Latein zu übertragen wäre. Da kam man irgendwann darauf, auf das alte Wort "teutonicus" zurückzugreifen.
     
  14. William Wallace

    William Wallace Neues Mitglied

    Und wie kommt man dann im Englischen zu Teutonic Knights?
     
  15. Tib. Gabinius

    Tib. Gabinius Aktives Mitglied

    Nicht so hastig.
    Vermutlich liegen die Wurzeln tiefer.
    786 n. Chr. berichtet uns nämlich die Textzeile "tam latine quam theodisce, quo omnes intellegere possunt", dass den Menschen die Beschlüsse der Synoden unter Nuntius Georg von Ostia sowohl in Latein als auch der Volkssprache mitgeteilt bekamen.
    Dieses thedoisce findet sich noch öfter, und dies nicht nur im "deutschen" Kontext, sondern, wie das erste Beispiel, in England oder Frankreich.
    Mein persönlicher Lieblingssatz lautet dazu "in rusticam Romanam linguam aut theodiscam, quo facilius cuncti possint intellegere, quae dicuntur"

    Das Wortscheint keinen lateinischen Ursprung zu haben.
    Ganz bedeutend dann das auftauchen jenes teudisca.
    Als Lothar von Ludwig und Karl gestürtzt werden sollten schworen sie: "Ludhuuicus romana, Karolus vera teudisca lingua iuraverunt", der eine also nutzte wiederum Latein, der andere die Sprache des Volkes

    In dieser Weise lassen sich also die Wurzeln des "Deutsch" noch weiter zurück verfolgen.
     
  16. hyokkose

    hyokkose Gast

    "teutonic" ist die englische Form des lateinischen "teutonicus".
     
  17. William Wallace

    William Wallace Neues Mitglied

    Das heißt so viel wie: die Teutonen haben nichts mit den Deutschrittern zu tun?
    Aber was haben die Deutschritter mit Deutschland zu tun? Sie hatten ein eigenes Reich (die Deutschritter), aber wie ist das entstanden? Ist das Gebiet von deutschen Adeligen besiedelt worden, oder wie war das?
     
  18. Mercy

    Mercy unvergessen

    Deutschritter ist ein Phantasiename.

    Der Deutsche Orden
    auch Ordo Teutonicus, Ordo domus Sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimitanorum, Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden, Deutschritterorden oder Deutscher Ritterorden
    hat nix mit den Teutonen zu tun.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Orden
     
  19. beorna

    beorna Neues Mitglied

    tiudisk oder theodisce gehört zu einem alten gemeingerm. Wortstamm, Thiud, Thiod etc. "Volk". Ein gotischer thiudans ist z.B. ein "Volks-König". Da im Frankenreich die Amtssprache Latein war, wurde die Volkssprache davon geschieden. thiodisk oder tiudiskj ist also die Sprache des "ungebildeten, einfachen Volkes". Von dieser Bedeutung aus wandelte sie sich zur Allgemeinsprache, um dann im Hochmittelalter auch auf ihre Sprecher überzugehen. Das heißt, erst bezeichnete man eine Sprache mit Deutsch, dann die Sprecher selbst als Deutsche und schließlich das Land als Deutschland.
    Die Teutonen heben insofern mit "deutsch" etwas zu tun, da "teuta" eine noch ältere Form von thiud ist und halt einfach "Volk" bedeutet.
     
  20. Valao

    Valao Neues Mitglied

    Ich hab mal gelesen dass diese alte Form "teuta" oder "touta" keltisch sein soll.
    Und der der Teutates ein "Volksgott oder Stammesgott" gewesen sein soll der überall im keltischen Europa lokal anders "definiert" wurde.
    Aber wenn "teuta" keltisch ist, würde es doch eher bedeuten dass die Teutonen eigentlich keltischen Ursprungs sind?
    Ist das richtig? Was haltet ihr davon?
     

Diese Seite empfehlen