Pope schrieb:
WENN man wirklich so tief in der Klamottenkiste rühren will, DANN lässt sich die These von der verspäteten Nation irgendwie mit dem 30-jährigen Krieg verbinden. Das würde uns zumindestens schonmal zum Ersten Weltkrieg führen ...
Zwei der abstrakteren Ursachen für die Machtergreifung Hitlers waren m.E.
1) Klaustrophobie ("Volk ohne Raum") und Xenophobie bzw. die Angst vor der Xenokratie (Fremdbestimmung).
2) Die Autoritätsgläubigkeit und -hörigkeit ("Preußischer Militarismus").
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Zu 1) Beide Phänomene waren bewußt von Hitler propagiert und geschürt worden. Die Verbindung zum 30-jährigen Krieg sehe ich in der Tatsache, dass damals Deutschland zur Spielwiese sämtlicher europäischen Mächte und Ambitionen wurde. Im Westfälischen Frieden wurde erstmals die Souveränität der Staaten vertraglich festgesetzt, was aber die Kleinstaaten des HRRDN miteinschloss. Deutschland war mehr denn je ein Staatenbund, dessen Einzelteile nach Belieben schalten, walten und intrigieren konnten. Der Napoleanische Revolutionsversuch war aufgesetzt, fremdbewirkt, und wurde mit seinen Nachwehen von Habsburg und dem erstarkenden Preußen niedergestemmt. Königgrätz und Sedan besiegelten das Schicksal Deutschlands - eigentlich bezeichnend, dass die Einigung Deutschlands mit einem Sieg über Frankreich vollzogen wurde.
Der Mythos eines starken, unabhängigen Deutschlands war in die Tat umgesetzt. Mit der Katastrophe des Ersten Weltkriegs fiel man wieder in die Zustände des 30-jährigen Krieges. Fremde Mächte nahmen sich, was sie wollten und zerrissen Deutschland sowohl geographisch, als auch gesellschaftlich. Hitlers Propaganda stach eben in diese Richtung, indem er die Einheit des Volkes und die Erkämpfung seiner "natürlichen" Grenzen und seiner Souveränität einforderte.
Zu 2) Der 30-jährige Krieg war einer der Gründe, warum Deutschland die Nationenbildung bis ins späte 19.Jh. nicht vollzog. Die Sehnsucht nach einer Nation - auch wenn sie vielleicht nur von wenigen wirklich getragen wurde - mündete nach 1871 in einen breiten Patriotismus, der Kaiser war der unangefochtetene Souverän und verkörperte die Einheit Deutschlands. Die preußischen Tugenden förderten eine Obrigkeitshörigkeit, die mit dem Ende der Monarchie 1918 ein Vakuum hinterließ. Der Pluralismus Weimars schien zu scheitern, und die Bevölkerung sehnte sich zunehmend nach Autorität.
Haarig, ich weiss. Aber ich hab's zumindest versucht .. :scheinheilig: