Toiletten in Versailles zur Zeit Ludwigs XIV.

Ich bitte euch nun, mir die Quellen auf die ihr euch stützt anzugeben.

Es gibt über die hygienischen Gepflogenheiten des 17./18. Jahrhunderts ein absolut exzellentes Buch, das alles breit und lang erklärt:

Georges Vigarello: Wasser und Seife, Puder und Parfum. Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter.

Das Buch hat kein Journalisten-Stümper und auch kein Möchtergern-Historiker geschrieben, sondern einer der renommiertesten Kulturhistoriker Europas. Dort macht er schnell klar, dass das Klischee, der barocke Höfling war ein Schmutzfink, der sich nicht wusch und hinter Schlossvorhänge schiffte, in das Reich der Märchen gehört. Im Gegenteil, die Barockzeit hatte sogar eine ausgeprägte Abneigung gegen Gestank und Dreck.

Ergänzend:

Frank Tönsmann, Wasser zum Waschen - Die sanitäre Bedeutung des Wasses im Wandel der Zeit.

Wasser zum Waschen und Baden
 
Norbert Elias - Über den Prozess der Zivilisation
Jacob Blume - Von Donnerbalken und innerer Einkehr
Roy Palmer - Auch das WC hat seine Geschichte
Rosemarie Gerken - La toilette
Daniel Furrer - Wasserthron und Donnerbalken

Viel Spass beim Lesen ;-)
 
Diesen alten - alle Jahre wieder belebten Strang - will ich diese Nacht erneut zum Leben erwecken.

Drei Seiten lang wurde um die Toiletten am Hofe des Sonnenkönigs gestritten. Die einen kopierten, die anderen schrieben hilflose Büchertitel ohne Zitate um ihre Theorien zu untermauern.

Letztendlich kommt die "Sage" von den wenigen Klos aus einem bestimmten Grund:
Unter Ludwig XIV. gab es wirklich nur ein stationäres Klo in Versailles. Üblich waren sogenannte mobile Klosettstühle. Großes Loch in der Sitzfläche, unten drunter ein Emaillebecken - fertig.
Wenn der König zum Fest am Hofe von Versailles aufrief, dann kamen ca. 5000-10000 Gäste nach Versailles. Das stationäre Klo und die paar Kackstühle reichten nicht. Zudem waren die wenigsten Gäste bei diesen Festen nüchtern.
So entstanden die zeitgenössischen Quellen, dass die Leute in Gängen, Ecken oder in den weitläufigen Gärten von Versailles ihre Geschäfte machten und den Eindruck erweckten, in Versailles stänke es immer, weil dort überall wo man stand oder hockte sein Geschäft erledigte.

Waschen war im wahrsten Sinne des Wortes beim Sonnenkönig Luxus. Wasser galt als Krankheitsüberträger. Parfüm war Waschmittel Nr.1, Alkohol galt schon damals als aseptisch und als reinigend. Und noch heute wird in der zivilisierten Welt Alkohol in allen erdenklichen Aggregatzuständen als Geruchsabsorbierer genutzt.

Wer das alles nicht glaubt, sollte eine Führung durch Versailles mitmachen.
 
Unter Ludwig XIV. gab es wirklich nur ein stationäres Klo in Versailles. Üblich waren sogenannte mobile Klosettstühle. Großes Loch in der Sitzfläche, unten drunter ein Emaillebecken - fertig.

Meintest du vielleicht so etwas? Dieses Beispiel ist aus Wales, aber die Beschreibung hat mich daran erinnert.


(copyright Plas Mawr, Conwy, Wales, UK: Close Stool 17th century)
 

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Jetzt bekomme ich aber langsam den heiligen Zorn :motz: :motz: :motz: :motz:

Habe soeben im Internet etwas nachgeforscht, da ich eine kleine Diskussion mit meiner Professorin hatte die natürlich auch behauptete "die haben überall hingepisst"
Ich wollte mal sehen was im Internet über diese Thema so zufinden ist:

Das Internet ist in dieser Frage ein Sauhaufen, eine Ansammlung von Unwahrheiten, dummen Gerüchten, Vorurteilen und unqalifizierten Äußerungen!

Man sehe sich lieber die Listen an welche die Franzosen bei dem Verkauf des Mobiliars erstellten während der Revolution:
700 Badewannen und 2000 Nachstühle allein aus Versailles.

Egal welche Seite man aufruft, nur Blödsinn und Halbwissen - das schlimme: dieser Müll wird geglaubt.
Da hat die englische Prophaganda ganze Arbeit geleisten :fs: :fs: :fs:
Eine der tollsten Fragen:

Welche dieser Aussagen stimmt nicht:

Louis XIV hat in seinem Leben nur drei Mal gebadet
In Versailles gab es 79 Toiletten
Als er sich einen "Socken" auszog viel ihm ein Zeh ab

Ich fass es nicht, ich gehe ins Kloster um von diesem Blödsinn verschont zu bleiben und soetwas am frühen Morgen!




An einer Stelle in einem Buch fand ich wieder das berühmte Thema Reinlichkeit: Ludwig soll sich nie gewaschen haben :pfeif: Nach wie vor halte ich das für Unfug. Könnte es sein dass dieses Gerücht nur in die Welt gesetzt wurde von denjenigen, die bei dem allmorgendlichen LEVER anwesend waren? Das Leben Ludwigs war ja weitgehend und gewollt "öffentlich". Doch welcher König badet gerne vor Zuschauern?

Man könnte aber ebenso gut die These aufstellen, wer sich allmorgendlich vor dem engsten Adelskreis beim Aufstehen und Ankleiden zusehen lässt, der könnte sich auch beim Baden zusehen lassen.

Selbst sogenannte Primärliteratur kann m.E. keinen Aufschluss geben solange sie nur irgendwelche Briefe oder Klatsch als Basis hat.

oder gibt es aufschlussreiche Quellen? Tagebuchaufzeichnungen Ludwigs ect.?

Weiterhin frage ich mich, ob die Zeremonien wie das morgendliche LEVER auch noch nach 10 oder mehr Jahren an der Tagesordnung war.
Ist erst mal etwas geschrieben, so halten Gerüchte ja für die Ewigkeit.
 
Für alle die sich für dieses Thema immer noch interessieren: Ich bin bei meinen Rechercheren zufällig über eine interessante Ausstellung zu diesem Thema gestoßen:

Schloesser-Magazin: Kloster Schussenried > Veranstaltungen > Das stille Örtchen

Hier ist das Programm:

http://www.kloster-schussenried.de/fm/37/stilles%C3%B6rtchen2011.pdf

-Zitat Anfang -

In der Ausstellung sind ausgewählte Stücke aus den Depots und Museen der Staatlichen Schlösser und Gärten und zum Teil hochkarätige Exponate externer öffentlicher und privater Leihgeber zu sehen. Diese Vielfalt der Objekte reicht vom Abort bis zur Zahnbürste und lässt sich auf vier große Themenschwerpunkte verteilen: Zimmeraborte und Nachttöpfe, Waschen und Baden, Körperpflege auf Reisen sowie Frisieren, Schminken und Parfümieren.

-Zitat Ende-

Die Ausstellung geht von 01. April bis 18. September.
 
ich empfehle "Hinter den Fassaden von Versailles" von William Newton -Berlin 2013´-
u.a. hat Voltaire die Abortanlage erwähnt und sich über den Gestank beklagt. und auch Lieselotte von der Pfalz lässt sich über die hygienischen Verhältnisse aus.
Unter Ludwig XIV waren wohl Leibstühle angesagt die dann über zentrale Aborte von den Leibstuhlträgern entleert wurden.
Erst unter Ludwig XV wurde in den königl.Privatgemächern ein Kabinett mit Toilettenspülung eingerichtet.

B
 
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