Ja, war von mir vielleicht zu hart formuliert. Natürlich gab es vertragliche Abmachungen, aber wir dürfen nicht von modernen völkerrechtlichen Vorstellungen ausgehen. Zumindest ein maßgeblicher Teil der cheruskischen Führungsschicht hatte das römische Bürgerrecht (laut Tacitus war Arminius' Schwiegervater Segestes das Bürgerrecht von Augustus persönlich verliehen worden; sein Sohn war hoher Priester im heutigen Köln); Arminius und sein Bruder Flavus waren Offiziere in römischem Dienst, Varus war Arminius' Vorgesetzter.
Laut Dio hat Varus nicht nachgefragt, ob er ins Cheruskerland marschieren dürfe; er wurde von der cheruskischen Führungsschicht darum gebeten, bis zur Weser zu marschieren und seine Truppen für verschiedene Aufgaben im Land zu verteilen.
@Sepiola Beitrag 456: Deine Kritik ist insoweit richtig, daß ein cheruskischer Anführer als Römer mit sich keinen Vertrag schließen kann. Ich will auch nicht ausschließen, daß andere Anführer den Bundesgenossenvertrag geschlossen haben. Für mich diente es der Klarstellung, was Biturigos sagte, und Punkt.
Da die Diskussion ja so schnell weiterzieht wie römische Legionen auf der Via Aurelia hate ich mich kurz, oder versuche es zumindest.
Als einzige Quelle für ein vor dem immensum bellum bestehendes Treueverhältnis fand ich nur die "freiwillige" Wiederaufnahme der Cherusker bei V.Paterculus im Jahr 4 n.Chr. oder zurückgewonnen wurden (Vell II,105) zu beachten ist der Gegensatz der Formulierungen: Tiberius unterwarf und besiegte die Canninefaten*, Attuarier (Chattuarier?) und Brukterer:
"subacti Canninefates, Attuari, Bructeri" - im Gegensatz zum folgenden
recepti Cherusci - namhm die Cherusker wieder in die Obhut des römischen Volkes auf, so die Übersetzung von Marion Giebel. Rainer Wiegels meint (in Feindliche Nachbarn - Rom und die Germanen, 2008, dass die Chersuker wieder in ein vertragliches Verhältnis aufgenommen wurden, das offenbar schon vorher bestanden hätte - allerdings gelang es 1 n.Chr. dem römischen Statthalter L Domitius Ahenobarbus nicht, vertriebene Cherusker in ihren Stamm zurückzuführen (Dio 55,10a,2 f, ). Johne meint infolge des Großen Krieges wäre Rom von der indirekten Kontrolle zur direkten übergegangen - dafür spricht, dass Ahenobarbus erfolglos sich in die Rechtssprechung der Cherusker eingemischt hat, die offensichtlich eigenständig eine (römerfreundliche?**) Fraktion verbannt hatten, während Varus bei den Cheruskern Recht sprach (Johne, Die Römer an der Elbe, 2006, S.128). Kehne spricht von einer Amicata mit den Cherusci von 7 v.Chr. bis 1 n.Chr. bis zum Ausbruch des Immensum Bellum - ohne förmlichen Staatsvertrag - die geräumten Militärstandorte rechtrheinisch lassen darauf schließen, dass es bei den Cheruskern keine Besatzungstruppen gab, nach dem Krieg und der erfolgten Kapitulation (deditio) wurden die Cherusci nach Kehne Foederati, und nahmen damit eine zentrale Stellung in der römischen Germanienpolitik ein, entrichteten Abgaben) und stellten Hilfstruppen (Kehne, S.20-21, 2008).
* weil die Schreibweise korrupt wäre, könnten an der Stelle der Canninefaten (Klienten der Bataver) auch die Chamaven gemeint sein
** nach Auffassung von Timpe, Kehne und Wolters war eher die prorömische Fraktion an der Macht, die durch die römische Suprematie gereizt wurde (Timpe 1967, Will, 1987, Wolters 1990