Dem ägyptischen Verständnis war dies doch sehr vertraut: der Pharao war Gottes Sohn und damit selbst Gott ! In den ersten Jahrhunderten christl. Zeitrechnung existierte in weiten Teilen Ägyptens noch der Glaube an die pharaonischen Götter.
Wir treten hier auf der Stelle. Die Eingangsfrage ist doch, wann und warum die ägyptische Religion verschwand. Wir haben ausgemacht, dass dieser jahrhundertewährende Prozess in der römischen Zeit anzusetzen ist und mit dem Ausbreiten des Christentums zusammenhängt. Nicht die Ptolemaier, nicht die Römer, die so manchen ägyptischen Tempel "vergewaltigten" - z.B. indem sie Prozessionswege gezielt zubauten - konnten die ägyptische Religion verdrängen oder ihr ernsthaft Schaden zufügen. Die Frage ist doch dann, was die Kraft des Christentums ausmachte, dass das Christentum,
zunächst noch als verfolgte Religion, sich so durchsetzen konnte. Ich habe die These aufgestellt, dass das daran liege, dass das Christentum vor allem auch den unteren Bevölkerungsschichten und damit der Mehrheitsbevölkerung ein Heilsamgebot machte und dass im Tode alle gleich seien. Chan hat das mit der Begründung zurückgewiesen, dass das in der Theologie (im weiteren Sinne, nicht als der Wissenschaft von Gott) der ägyptischen Religion genauso sei - wobei ich mich dann allerdings wundere, warum die Ägypter dann so ein Bohei um die Ausstattung der Gräber gemacht haben, wenn in ihrer Vorstellung im Tod alle gleich waren.
Die Diskussion wäre jedenfalls mal ein Anlass für mich, das
Totenbuch aus dem Keller zu holen und zu studieren.
Der Unterschied zwischen Jesus und dem Pharao liegt jedenfalls darin, dass der überlieferte Jesus demütig war, unter widrigsten Umständen und eben nicht purpurgeboren war (um mal einen byzantinischen Begriff zu entlehnen und auf die Pharaoi anzuwenden). Jesus hat zwar gesagt, er sei das Licht der Welt, aber er hat nie für sich in Anspruch genommen, dass die Erde sich ohne ihn nicht weiterdrehe, was die Pharaoi durchaus taten (ohne den Pharao geht die Sonne nicht auf). Seit Kleopatras Niederlage gegen Octavian existierten dann eh keine Pharaonen mehr. Oder haben sich Augustus und seine Nachfolger noch als solche darstellen lassen, wie Kleopatra das mit Caesar und Kaisarion gemacht hat?
Hinzu kommt dann noch, dass Jesu Wesen in den ersten Jahrhunderten des Christentums - Einigkeit mit dem Vater - theologisch nur bedingt festgelegt war.