Seit wann gibt es denn im Falle Andechs' die Bezeichnung Heiliger Berg?
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Andechs sagt:
Bis 1425 kamen auch die noch fehlenden Reliquien nach Andechs zurück. Damals entstand auch der heute noch gebräuchliche Name Heiliger Berg.
Aber ich habe vor etlichen Jahren irgendwo gelesen – leider finde ich das entsprechende Buch bzw. die Notiz nicht -, dass der Name Anedese in bretonischer (keltischer?) Sprache so etwas wie „Berg der Göttin“ bedeuten könnte. Das passt zu der Gottesmutter Maria, derentwegen u.a. noch heute nach Andechs gepilgert wird.
Natürlich gibt es gegen diese Deutung Einwände, aber jeder, der nach Andechs kommt, wird einsehen, dass an einem so herrlich und exponiert gelegenen Platz nicht erst die Christen ein Heiligtum errichteten und "ausreichend" Reliquien hinbrachten.
Manche der Reliquien hätte angeblich der Graf Rasso von Dießen (Dießen ist ein Ort nahe Andechs, wohin diese Grafen übersiedelten und sich dann Grafen von Andechs nannten) schon im 10.Jh. von einer Pilgerfahrt nach Jerusalem über Konstantinopel und Rom nach Hause gebracht. Er wurde
„in Rom von Papst Agapit II. ehrenvoll empfangen (ab Agapito II. summo pontifice perhonorifice susceptus est), reich mit Reliquien beschenkt und endlich mit dem apostolischen Segen entlassen.“
Quelle:
RI II,5 n. ?230, Agapit II., (951 Mitte), Rom : Regesta Imperii
Dann gab es nochmal einen Zuwachs an Reliquien – Zitat:
„demnach brachte Leo IX. 1052 für Heinrich III. drei Hostien, die der Kaiser später als Heiltum mit sich führte, dann in Bamberg unterbrachte: [Leo IX] ... 1052 transiens secum tres hostias ad imp. Hainricum detulit, duas, quas s. Gregorius, terciam, quam divinitus iussus consecravit. Quas ... imp. Hainricus in terris suis circumferri ... fecit ... Bamberge permanserunt. Neben diesem aus der Lagerung folgenden Bezug zu Bamberg nennt Barth einen weiteren: lt. einer Andechser Chronik (München, StBibl., 4 Inc. s.a. 589d., 1595 fol. 10f., 20) wurden in Andechs drei Hostien verehrt, die: s. Otto Bischoff zu Bamberg schickt seinem Vatter Bertholdo [v. Andechs] ... deren zwo Bapst Gregorius geweyhet und consecrirt, die dritt aber, daran der heiligst nam Jhesus blutfarb noch heutigen tags erscheinet hat Bapst Leo consecriert.“
Quelle:
Papstregesten 1024-1058, 2. Lfg. 1046-1058 : Regesta Imperii
Dass viele der Reliquien heute als unecht angesehen werden, störte die damalige Bevölkerung nicht - und heutige übrigens auch nicht, denn diese 3 Hostien werde heute noch alljährlich dem Volk gezeigt.
Wir wissen, dass sehr, sehr viele Reliquien, die aus der Christuszeit stammen sollen, Fälschung sind. Aber die Nachfrage nach solchen Reliquien war im Mittelalter offenbar sehr stark, so dass der Markt das Gewünschte eben lieferte. Das Volk verlangte wohl nach Beweisen für die Existenz und des Märtyrertodes Jesu, und weil es so viel Holz vom wahren Kreuz und Nägeln gar nicht geben konnte wie verlangt, musste auf Knochen und sonstigen Zubehör der außergewöhnlichen Menschen, die man zu Heiligen erklärte, ausgewichen werden.
Die Menschen verlangen nach „handfesten“ Beweisen – ist diesem Forum nicht anders :winke: -, sonst glauben sie den Erzählungen nicht oder nur halb, was praktisch – vielfach nur im Geheimen - das Bleiben bei ihrem alten Glauben bedeutete. Und tatsächlich gibt es seit der Spätantike bis in das späte Mittelalter (das sind 1000 Jahre) Berichte von Bischöfen, dass das Volk immer noch heidnischen Sitten anhängt, was zu entsprechenden Verboten führte. So hatte z.B. Bischof Remedius von Chur in seinen um 800 verfassten Capitula Remedii die heidnischen Bräuche in seinem Bistum ausdrücklich verboten. Später wandte sich die Inquisition diesem Thema – siehe die Bulle "Ad abolendam" des Papstes Lucius III. aus dem Jahre 1184, mit der dies seinen Anfang nahm.