Warum entstanden Naturwissenschaften im Westen?

Die Kritik an der Stringtheorie ist ja immer lauter (Laughlin hab ich ja schon erwähnt) und außer in der Serie "big bang theorie" wurde die Theorie bestätigt. Strings wären die unteilbare Einheit.

Sean Carroll ein theoretischer Physiker meint, die Stringtheorie wäre zwar nicht falsifizierbar und somit nach Popper nicht wissenschaftlich, aber elegant und dies sollte in der "Neuen Physik" zählen. Sean Carroll ist bekennender und "missionierender" Naturalist/Atheist, da frage ich mich schon, warum die gottlose Evolution uns den gefallen tun sollte, dass wir die Wahrheit über das Universum für schön und elegant halten????

Einstein war ja ganz verzückt über die "Schönheit der Naturgesetze", aber der war ja Deist/Pantheist und sah das als Werk seines unpersönlichen Gottes. Wie man aber als Naturalist/Atheist drauf kommt, dass ausgerechnet das Universum für unser etwas getuntes Affenhirn nach schönen Regeln funktioniert, ist mir nicht klar.
 
Man sollte das "Wissen" der griechischen Philosophen über die "Atome" ohnehin nicht überbewerten. Über die Vorstellungen des Leukippos ist kaum etwas bekannt. Sein Schüler Demokritos ging davon aus, dass die unteilbaren und unveränderlichen Atome zwar der Grundstein von allem sind, dass sie aber unterschiedlich groß und geformt sind und alles Seiende aus ihnen besteht: Erde, Feuer, Wasser, Luft; die Seele. Unendlich viele Atome wirbeln durchs unendlich große All, und durch ihre zufälliges Zusammentreffen entstehen größere Objekte. (Recht detailliert wurde die antike Atomtheorie von Lucretius dargestellt.)
Das alles basierte rein auf Überlegungen.
 
Okay, das könnte ich gelten lassen, dass die Verfolgung von Häretikern etc ein Klima schuf, dass der Wissenschaft schädlich war. Auf den Universitäten war das aber doch ganz anders, oder? Da fragt sich doch wie das Klima war, gerade bei den Leuten die tatsächlich Gelehrte werden konnten...
Abermals: Die Wissenschaft konnte sich im christlichen Abendland freier entfalten, als das Klischee es will – einerseits wegen der Verquickung zwischen Klerus und Wissenschaft, andererseits, weil philosophische Wege gefunden wurden, mit der Glaubenslehre nicht allzu sehr in Konflikt zu geraten. Trotzdem kann keine Rede davon sein, dass Naturwissenschaftler gefahrlos dieser Lehre widersprechen konnten.

Inwieweit sie es wagen konnten, die Grenzen auszureizen, hing vom jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld ab. Wann immer die Radikalen den Ton angeben konnten, wozu es meist infolge aufwühlender Ereignisse oder innerreligiöser Konflikte kam, wurde es für Abweichler und Außenseiter jeglicher Art gefährlich – Sektierer, Freigeister, Juden, und eben auch für Gelehrte, die nicht über jeden theologischen Zweifel erhaben waren.

Das ist nun wirklich keine gewagte These, sondern eine leider unvermeidliche gesellschaftliche Reaktion auf Herausforderungen. Entsprechende Beobachtungen lassen sich zu allen Zeiten und in allen Kulturen machen.
Ich glaub nicht das Hypatia deswegen starb. Ich glaub sie war nicht mal Pantheistin. Man könnte es meinen, aber sie hatte ja auch unter Christen große Verehrer, eben auch bei Kyrils politischen Rivalen.
Wie gesagt, wir reden aneinander vorbei. Ich vertrete in diesem Themenstrang seit Tagen die Ansicht, dass der Konflikt zwischen Kirche und Wissenschaft in Wahrheit primär politischer, nicht theologischer Natur war, denn dem Klerus ging es in erster Linie um seine weltliche Macht.

Kurioserweise nützte das der Wissenschaft; der Politiker kann pragmatisch agieren, während der religiöse Eiferer nicht zurückweichen kann, ohne sich selbst zu verleugnen.
Warum sollen wir im hier und jetzt Leute ehren die auf gut Deutsch gesagt Quatsch verzapft haben?
Ich sprach von anachronistischen Maßstäben und gehe davon aus, dass Du weißt, worauf ich hinaus wollte.

Arthur Schopenhauer verdient, für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Philosophie in Ehren gehalten zu werden. Ihm seine Frauenfeindlichkeit vorzuwerfen, ist sinnlos, weil Frauenfeindlichkeit zu seinen Lebzeiten leider an der Tagesordnung war. Schopenhauer konnte es, salopp gesagt, kaum besser wissen. Man würde ihn folglich an Kriterien messen, die er gar nicht erfüllen konnte, was offenkundig müßig ist.

Dementsprechend ergibt es keinen Sinn, wenn Du im Folgenden einen Giordano Bruno nicht als Naturwissenschaftler gelten lassen willst, weil sein Eintreten für Kopernikus auf hermetischen Erwägungen beruhte. Bruno und seine Zeitgenossen konnten nicht wissen, dass die Hermetik Unfug war:
Leute wie Hypatia oder Bruno waren aber eher Mystiker und zudem kamen weitere Faktoren hinzu weshalb sie den Tod fanden.
Er sah sich als Naturwissenschaftler, hielt die Lehrbefugnis u.a. für naturwissenschaftliche Themen, wurde von seinen Zeitgenossen als Naturwissenschaftler betrachtet, und man verlangte von ihm zu widerrufen, weil er dem Heliozentrismus das Wort redete, einer (damals) abweichenden Lehrmeinung in der Astronomie.

Nochmals: Hätte er als verblendeter Irrer gegolten, nicht als Wissenschaftler, hätten seine Worte kein Gewicht gehabt und es hätte keinen Grund gegeben, ihn so hart zu strafen. Er galt nicht als Irrer, weil seine Thesen nicht als unwissenschaftlich galten, höchstens als Außenseitermeinung. Was die Kirche übrigens anerkennt, die das Urteil gegen ihn mittlerweile als Unrecht verworfen hat.

Bis weit in die Neuzeit hinein standen okkulte Themen und evidenzbasierte Wissenschaft gleichberechtigt nebeneinander. Man denke nur an das absurde Zeug, mit dem sich Newton beschäftigt hat: unbestreitbar einer der größten Naturwissenschaftler, die jemals gelebt haben, suchte er dennoch in der Apokalypse nach dem Heiligen Johannes nach alchemistischen Formeln.
Ich glaub der Punkt steht fest, dass Naturwissenschaftler nichts zu befürchten hatten.
Das steht absolut nicht fest.
Also ein paar würden mir schon reichen. Mich wurmt es nämlich um ehrlich zu sein ganz schön, dass mir das Mittelalter so liberal vorkommt im Vergleich zu den "Kollektivisten". Ich will nämlich meinen (fast) jede Kultur verdient Anerkennung. Aber wenn sie nüchtern betrachtet so Schrecklich waren im Vergleich zum Westen....
In diesem Themenstrang wurden bereits mehrere Namen genannt.

Giordano Bruno, ein Naturwissenschaftler, landete im Kerker, nachdem er in Oxford das kopernikanische Weltbild verteidigt hatte, weil es seine von Demokrit und Epikur übernommene Hypothese von einer belebten Erde zu bestätigen schien. Er wurde von der Inquisition scharf verhört, zum Widerruf gedrängt, den er erst in Aussicht stellte, dann verweigerte, und just dafür als "rückfälliger Häretiker" hingerichtet.

Galileo Galilei, ein Naturwissenschaftler, wurde auf Betreiben des Kardinals Robert Bellarmin als Vertiediger des Kopernikus von der Inquisition verfolgt, 1614 von den Dominikanern öffentlich als Ketzer gebrandmarkt, und seine Schriften (wie auch die Schriften Gleichgesinnter, z.B. Kopernikus’ und Keplers) auf den Index gesetzt, sodass kein Katholik sie lesen, drucken oder vertreiben durfte.

Papst Paul V. verbot ihm unter Strafandrohung, den Heliozentrismus zu verteidigen. Als Galilei das Verbot im 'Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme' umging, ließ Urban VIII. ihn vor die Inquisition laden, die seinen Widerruf erzwang und ihn zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilte. Nur Galileis guter Ruf und seine Beziehungen bewirkten, dass die Kirche seine Strafe in Hausarrest umwandelte.

Roger Bacon hingegen, ein Naturwissenschaftler, wurde 1277 für mindestens zwei Jahre vom Franziskanerorden in Paris eingesperrt, unter dem Vorwurf, er habe die häretischen Lehren Averroes’ verbreitet. Vielleicht saß er sogar noch länger im Arrest, denn sein nächstes Lebenszeichen datiert auf 1292.

Ebenfalls erwähnt wurde das Verbot des Papstes Gregor IX. von 1231 (ich irrte mich in der Jahreszahl), das der Universität Paris (die wichtigste Universität nördlich der Alpen) unter Androhung der Exkommunikation verbot, Aristoteles Philosophie zu lehren, bis päpstliche Gutachter sie von Irrtümern "gereinigt" hätten.

Wenn das keine Einschränkungen der Möglichkeit sind, die Naturwissenschaften frei zu betreiben, was denn dann? Ich verstehe nicht, warum Du so tust, als hätten @Reinecke, ich und andere in diesem Strang Niegehörtes behauptet.

Was Deine andere Bemerkung angeht, natürlich verdienen alle Kulturen Anerkennung, und niemand hat behauptet, dass es etwa im Abbasidenreich oder dem China der Yuan-Dynastie "schrecklich" zugegangen sei.

Wenn die Wissenschaft, wie ich meine, im christlichen Europa letztlich bessere Bedingungen vorfand als anderswo, was folgt daraus? Wenn Oxford, salopp gesagt, "besser" war als Bagdad, war Bagdad dann deshalb "schlecht"? Ist "besser" denn nicht die Steigerung von "gut"?
Gings dabei nicht um die Frage, ob Materie unendlich teilbar ist, oder man i-wann bei einer kleinsten Einheit angekommen ist? Die ist bis heute nicht beantwortet. Das unteilbare Atom ist jedenfalls teilbar... ;)
Ich habe Demokrit als Urheber der Atomtheorie nur deshalb – als ein beliebiges Beispiel – dafür angeführt, dass @PostmodernAtheist's Naturwissenschaft-Begriff meiner Ansicht nach anachronistisch ist.

Würde man jede nicht begründbare oder auf übernatürlichen Kräften beruhende Annahme aus den Annalen der Wissenschaft tilgen, bliebe bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kaum jemand übrig, den man guten Gewissens Wissenschaftler nennen könnte. Was jedoch anachronistisch wäre.
 
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Abermals: Die Wissenschaft konnte sich im christlichen Abendland freier entfalten, als das Klischee es will – einerseits wegen der Verquickung zwischen Klerus und Wissenschaft, andererseits, weil philosophische Wege gefunden wurden, mit der Glaubenslehre nicht allzu sehr in Konflikt zu geraten. Trotzdem kann keine Rede davon sein, dass Naturwissenschaftler gefahrlos dieser Lehre widersprechen konnten.

Inwieweit sie es wagen konnten, die Grenzen auszureizen, hing vom jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld ab. Wann immer die Radikalen den Ton angeben konnten, wozu es meist infolge aufwühlender Ereignisse oder innerreligiöser Konflikte kam, wurde es für Abweichler und Außenseiter jeglicher Art gefährlich – Sektierer, Freigeister, Juden, und eben auch für Gelehrte, die nicht über jeden theologischen Zweifel erhaben waren.

Das ist nun wirklich keine gewagte These, sondern eine leider unvermeidliche gesellschaftliche Reaktion auf Herausforderungen. Entsprechende Beobachtungen lassen sich zu allen Zeiten und in allen Kulturen machen.Wie gesagt, wir reden aneinander vorbei. Ich vertrete in diesem Themenstrang seit Tagen die Ansicht, dass der Konflikt zwischen Kirche und Wissenschaft in Wahrheit primär politischer, nicht theologischer Natur war, denn dem Klerus ging es in erster Linie um seine weltliche Macht.

Kurioserweise nützte das der Wissenschaft; der Politiker kann pragmatisch agieren, während der religiöse Eiferer nicht zurückweichen kann, ohne sich selbst zu verleugnen.
Ich sprach von anachronistischen Maßstäben und gehe davon aus, dass Du weißt, worauf ich hinaus wollte.

Arthur Schopenhauer verdient, für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Philosophie in Ehren gehalten zu werden. Ihm seine Frauenfeindlichkeit vorzuwerfen, ist sinnlos, weil Frauenfeindlichkeit zu seinen Lebzeiten leider an der Tagesordnung war. Schopenhauer konnte es, salopp gesagt, kaum besser wissen. Man würde ihn folglich an Kriterien messen, die er gar nicht erfüllen konnte, was offenkundig müßig ist.

Dementsprechend ergibt es keinen Sinn, wenn Du im Folgenden einen Giordano Bruno nicht als Naturwissenschaftler gelten lassen willst, weil sein Eintreten für Kopernikus auf hermetischen Erwägungen beruhte. Bruno und seine Zeitgenossen konnten nicht wissen, dass die Hermetik Unfug war:
Er sah sich als Naturwissenschaftler, hielt die Lehrbefugnis u.a. für naturwissenschaftliche Themen, wurde von seinen Zeitgenossen als Naturwissenschaftler betrachtet, und man verlangte von ihm zu widerrufen, weil er dem Heliozentrismus das Wort redete, einer (damals) abweichenden Lehrmeinung in der Astronomie.

Nochmals: Hätte er als verblendeter Irrer gegolten, nicht als Wissenschaftler, hätten seine Worte kein Gewicht gehabt und es hätte keinen Grund gegeben, ihn so hart zu strafen. Er galt nicht als Irrer, weil seine Thesen nicht als unwissenschaftlich galten, höchstens als Außenseitermeinung. Was die Kirche übrigens anerkennt, die das Urteil gegen ihn mittlerweile als Unrecht verworfen hat.

Bis weit in die Neuzeit hinein standen okkulte Themen und evidenzbasierte Wissenschaft gleichberechtigt nebeneinander. Man denke nur an das absurde Zeug, mit dem sich Newton beschäftigt hat: unbestreitbar einer der größten Naturwissenschaftler, die jemals gelebt haben, suchte er dennoch in der Apokalypse nach dem Heiligen Johannes nach alchemistischen Formeln.Das steht absolut nicht fest.In diesem Themenstrang wurden bereits mehrere Namen genannt.

Giordano Bruno, ein Naturwissenschaftler, landete im Kerker, nachdem er in Oxford das kopernikanische Weltbild verteidigt hatte, weil es seine von Demokrit und Epikur übernommene Hypothese von einer belebten Erde zu bestätigen schien. Er wurde von der Inquisition scharf verhört, zum Widerruf gedrängt, den er erst in Aussicht stellte, dann verweigerte, und just dafür als "rückfälliger Häretiker" hingerichtet.

Galileo Galilei, ein Naturwissenschaftler, wurde auf Betreiben des Kardinals Robert Bellarmin als Vertiediger des Kopernikus von der Inquisition verfolgt, 1614 von den Dominikanern öffentlich als Ketzer gebrandmarkt, und seine Schriften (wie auch die Schriften Gleichgesinnter, z.B. Kopernikus’ und Keplers) auf den Index gesetzt, sodass kein Katholik sie lesen, drucken oder vertreiben durfte.

Papst Paul V. verbot ihm unter Strafandrohung, den Heliozentrismus zu verteidigen. Als Galilei das Verbot im 'Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme' umging, ließ Urban VIII. ihn vor die Inquisition laden, die seinen Widerruf erzwang und ihn zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilte. Nur Galileis guter Ruf und seine Beziehungen bewirkten, dass die Kirche seine Strafe in Hausarrest umwandelte.

Roger Bacon hingegen, ein Naturwissenschaftler, wurde 1277 für mindestens zwei Jahre vom Franziskanerorden in Paris eingesperrt, unter dem Vorwurf, er habe die häretischen Lehren Averroes’ verbreitet. Vielleicht saß er sogar noch länger im Arrest, denn sein nächstes Lebenszeichen datiert auf 1292.

Ebenfalls erwähnt wurde das Verbot des Papstes Gregor IX. von 1231 (ich irrte mich in der Jahreszahl), das der Universität Paris (die wichtigste Universität nördlich der Alpen) unter Androhung der Exkommunikation verbot, Aristoteles Philosophie zu lehren, bis päpstliche Gutachter sie von Irrtümern "gereinigt" hätten.

Wenn das keine Einschränkungen der Möglichkeit sind, die Naturwissenschaften frei zu betreiben, was denn dann? Ich verstehe nicht, warum Du so tust, als hätten @Reinecke, ich und andere in diesem Strang Niegehörtes behauptet.

Was Deine andere Bemerkung angeht, natürlich verdienen alle Kulturen Anerkennung, und niemand hat behauptet, dass es etwa im Abbasidenreich oder dem China der Yuan-Dynastie "schrecklich" zugegangen sei.

Wenn die Wissenschaft, wie ich meine, im christlichen Europa letztlich bessere Bedingungen vorfand als anderswo, was folgt daraus? Wenn Oxford, salopp gesagt, "besser" war als Bagdad, war Bagdad dann deshalb "schlecht"? Ist "besser" denn nicht die Steigerung von "gut"?Ich habe Demokrit als Urheber der Atomtheorie nur deshalb – als ein beliebiges Beispiel – dafür angeführt, dass @PostmodernAtheist's Naturwissenschaft-Begriff meiner Ansicht nach anachronistisch ist.

Würde man jede nicht begründbare oder auf übernatürlichen Kräften beruhende Annahme aus den Annalen der Wissenschaft tilgen, bliebe bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kaum jemand übrig, den man guten Gewissens Wissenschaftler nennen könnte. Was jedoch anachronistisch wäre.

Okay, okay. Ich will nicht streiten, aber mir kommt es vor als schreibst du die wiederlegte Konfliktthese weiter. Sag mir mal was du von dem Bruno Artikel hältst, wenn du damit fertig bist. Galileo wird auf dem Blog auch behandelt... Falls es dich interessiert. Jedenfalls Mystiker hielt die Kirche grade für gefährlich. Was waren sonst die Katharer etc

Kleine Korrektur, Pantheistin mag Hypatia gewesen sein... Hab das tatsächlich mit Polytheismus verwechselt.
 
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Aber Dein Urteil über Bruno kann ich nicht teilen. Er war ein Wissenschaftler

Aber kein Naturwissenschaftler im neuzeitlichen Sinne. Im Gegensatz zu Kopernikus, Brahe, Galilei oder Kepler hat er weder Gestirne beobachtet noch Planetenbahnen berechnet

... und geriet wegen seiner Ansicht mit der Kirche in Konflikt, dass das Weltall unendlich sei und der Kosmos weder Anfang noch Ende habe, was (nach heutigem Wissensstand) beides stimmt, aber die Schöpfungslehre negierte.

Die Idee eines grenzenloses Weltalls hatte schon Nikolaus Cusanus (mit theologischen Argumenten) vertreten, und auch Bruno argumentiert vor der venezianischen Inquisition theologisch: "Ich nehme ein unendliches Weltall an, das von der unendlichen göttlichen Macht geschaffen ist; denn ich hielt es für der göttlichen Güte und Allmacht unwürdig, daß sie eine endliche Welt erschaffen haben sollte, wenn sie neben dieser Welt noch eine andere, ja unzählige andere hätte erschaffen können." Im Unterschied zu Cusanus nimmt er nicht nur ein unendliches Universum, sondern auch eine unendliche Anzahl unendlicher Universen an.
(Giordano Bruno, Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen / Akten des Prozesses der Inquisition gegen Giordano Bruno, Westberlin 1987, S. 149f)


Verbrannt wurde er, weil er sich weigerte, seine Lehre zu widerrufen.
Die Frage ist, welche Lehren genau es waren, für die er verurteilt wurde.
 
Mir kommt es vor als schreibst du die wiederlegte Konfliktthese weiter.
Keineswegs. Die Konfliktthese postuliert einen unüberbrückbaren philosophischen Gegensatz zwischen Glaube und Vernunft, wodurch Religion und Wissenschaft unabwendbar im Streit lägen. Ich sehe keinen Gegensatz.

Doch kann der Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft unabwendbar werden, wenn das eine oder das andere die bestehenden Machtverhältnisse geradezu garantiert, und also jede substantielle Kritik daran zur Substanzgefährdung wird. Dabei ist nicht wichtig, wie zwei Kräfte kollidieren, die Tatsache der Kollision genügt.

Reißt jemand die Säulen nieder, die Deinen Palast tragen, kümmert Dich da das Warum? Fällst Du ihm nicht vielmehr ganz einfach in den Arm? Und verlässt Dich dabei auf die Kraft, die Dir vertraut ist?

Die Kirche förderte die Wissenschaften und bewies, sie konnte sich neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen anpassen (wenn auch oftmals in eher glazialem Tempo). Aber sie war nicht nur organisierte Religion, sondern auch Machtstruktur; waren ihre fundamentalen Dogmen berührt, musste sie um ihre Stabilität fürchten.

Solche Spannungsverhältnisse existieren überall; dass sich dieses um Religion und Wissenschaft dreht, hat wenig zu bedeuten. Ich sagte es schon, eine Einrichtung wie die Inquisition sehe ich weniger als theologisches Phänomen denn vielmehr als Ausdruck von Empörung über ein angeknackstes Selbstverständnis.
Sag mir mal was du von dem Bruno Artikel hältst, wenn du damit fertig bist. Galileo wird auf dem Blog auch behandelt... Falls es dich interessiert.
Der Blog ist sehr interessant, danke für die Empfehlung.
Jedenfalls Mystiker hielt die Kirche grade für gefährlich.
Ja und nein, würde ich sagen. Viele Heilige und Kirchenväter waren Mystiker. Ein Problem hatte die Kirche in der Hauptsache mit Lehren, die kirchliche Dogmen verletzten, die für den Glauben identitätsstiftend waren – ob nun obskur oder nicht. Es gab natürlich auch Mystiker, die lediglich wegen ihrer Popularität angefeindet wurden, aber da spielte wohl eher die verletzte Eitelkeit Einzelner eine Rolle als die Kirche insgesamt.
Was waren sonst die Katharer etc
Die Katharer widersprachen der Kirche aus theologischen Gründen, was sie natürlich erst recht zur Zielscheibe machte. Wissenschaftler forderten die Autorität der Kirche meist eher unabsichtlich heraus (jedenfalls bis zum Auftreten der neuzeitlichen Humanisten); die Sektierer hingegen traten der Kirche absichtlich entgegen. Schlimmer (aus kirchlicher Sicht) war eigentlich nur noch die Apostasie.
Aber kein Naturwissenschaftler im neuzeitlichen Sinne.
Vielleicht sollte man sagen: im post-newtonschen Sinne. Denn seine Metaphysik war freilich ein tauglicher Gegenstand der damaligen Forschung. Bruno trat denn in Oxford auch als Lizenziat für Mathematik auf.
Die Idee eines grenzenloses Weltalls hatte schon Nikolaus Cusanus (mit theologischen Argumenten) vertreten, und auch Bruno argumentiert vor der venezianischen Inquisition theologisch: "Ich nehme ein unendliches Weltall an, das von der unendlichen göttlichen Macht geschaffen ist; denn ich hielt es für der göttlichen Güte und Allmacht unwürdig, daß sie eine endliche Welt erschaffen haben sollte, wenn sie neben dieser Welt noch eine andere, ja unzählige andere hätte erschaffen können." Im Unterschied zu Cusanus nimmt er nicht nur ein unendliches Universum, sondern auch eine unendliche Anzahl unendlicher Universen an.
(Giordano Bruno, Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen / Akten des Prozesses der Inquisition gegen Giordano Bruno, Westberlin 1987, S. 149f)
In der Tat sah sich schon Nikolaus dem Vorwurf ausgesetzt, Pantheist zu sein, worauf er die 'Apologia' schrieb. John Freely urteilt in 'Aristoteles in Oxford', S. 234: "Die heftige Kritik an Cusanus' Überlegungen ist nur ein Vorgeschmack auf die Konflikte, die Galilei 200 Jahre später mit der Kirche ausfechten musste, aber Mitte des 15. Jahrhunderts war die Lage noch nicht ganz so angespannt wie […] nach dem Beginn der Reformation."

Interessant ist, dass Freely diese "heftige Kritik" sodann als von Nikolaus' politischen Gegnern ausgehend verortet. Bruno jedenfalls wurde wohl zum Verhängnis, dass er sich in Oxford zu eindeutig geäußert hatte, als dass eine Strategie á la 'Apologia' noch hätte verfangen können. Frances Yates (ebd.):

"In seiner Verteidigung der kopernikanischen Theorie gegenüber den Aristotelikern in Oxford stellte Bruno Kopernikus als bloßen Mathematiker dar, der die volle geistige Tiefe seiner Entdeckung nicht […] durchdrungen habe wie er […] als Vorahnung einer Rückkehr zum magischen Verständnis der belebten Natur."

Um die Idee der Erdbewegung zu stützen, zitierte Bruno den 'Corpus Hermeticum', wonach die Erde sich bewegte, weil sie eine lebendige Wesenheit sei. Die "Legende", Giordano Bruno sei hingerichtet worden, weil er sich – anders als Galilei – geweigert habe, vom Heliozentrismus abzurücken, sei zwar "völlig unbegründet".

Yates vermutet aber, dass Brunos Wirken das bereits verdächtige Weltbild gewissermaßen als häretisch überführt habe: "Brunos Fall hat möglicherweise die Haltung der Kirche gegenüber der kopernikanischen Hypothese beeinflusst und vielleicht […] den Argwohn der Inquisition gegenüber Galilei bestärkt".

Freilich wurde von Bruno ein vollständiger Widerruf "seiner Lehre" gefordert, also auch das kopernikanische Weltbild betreffend, das er darin aufgenommen hatte, was Deine abschließende Frage beantworten dürfte.

Verurteilt wurde er, weil er auf die Forderung des vollständigen Widerrufs quasi mit dem Gegenangebot reagierte, teilweise zu widerrufen, wobei er auf seinen Kernaussagen zur Gestalt des Universums verharrte.

Dieses zog er, als die Inquisition ihre Forderung erneuerte, zurück, und scheint von da an jede Kooperation verweigert zu haben. Damit erfüllte er den kirchenrechtlichen Tatbestand der "verstockten" Häresie.
Die Frage ist, welche Lehren genau es waren, für die er verurteilt wurde.
 
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Keineswegs. Die Konfliktthese postuliert einen unüberbrückbaren philosophischen Gegensatz zwischen Glaube und Vernunft, wodurch Religion und Wissenschaft unabwendbar im Streit lägen. Ich sehe keinen Gegensatz.

Dann hab ich die These vielleicht falsch verstanden. Wieso gibt es keinen Gegensatz? Wenn ich versuche alles mit Gott zu erklären (God of the Gaps) entferne ich mich doch von vernünftiger Argumentation, oder?

Doch kann der Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft unabwendbar werden, wenn das eine oder das andere die bestehenden Machtverhältnisse geradezu garantiert, und also jede substantielle Kritik daran zur Substanzgefährdung wird. Dabei ist nicht wichtig, wie zwei Kräfte kollidieren, die Tatsache der Kollision genügt.

Ich glaube die Kirche denkt nicht so zynisch an ihren Machterhalt. Das kommt mir vor wie die Idee die Kreuzfahrer waren auf Beute aus anstatt die heiligen Stätten wiedergewinnen zu wollen.

Außerdem fehlen mir immer noch Beispiele wie die Kirche wirklich effektiv negativ in die Wissenschaft eingegriffen hat.
 
Außerdem fehlen mir immer noch Beispiele wie die Kirche wirklich effektiv negativ in die Wissenschaft eingegriffen hat.
Galilei wird ausgeschaltet, die Schriften Kopernikus unterdrückt.
Das wären schon mal zwei Beispiele.
Ob das "wirklich effektiv" war lässt sich nicht beurteilen. Daher findet sich dieser Teil der Frage im Reich der Spekulation. ..tät ich mal sagen.
 
Du hast recht. Der Beweis kam erst viel später.
Aber er hatte sehr starke Indizien.
Galilei war ein sehr vielseitiger und hochgeschätzter Gelehrter seiner Zeit.
Einstein sah in ihm den Begründer der Physik.
Und der Galilei wurde schließlich plattgemacht vom Vatikan.
Und er wird bei seiner Unterwerfung das Schicksal von Giordano Bruno vor Augen gehabt haben.

Ohne Zweifel gab es negative Eingriffe der Kirche in die Entwicklung der Wissenschaft.
Und es gab auch Förderung.
 
Du hast recht. Der Beweis kam erst viel später.
Aber er hatte sehr starke Indizien.
Galilei war ein sehr vielseitiger und hochgeschätzter Gelehrter seiner Zeit.
Einstein sah in ihm den Begründer der Physik.
Und der Galilei wurde schließlich plattgemacht vom Vatikan.
Und er wird bei seiner Unterwerfung das Schicksal von Giordano Bruno vor Augen gehabt haben.

Ohne Zweifel gab es negative Eingriffe der Kirche in die Entwicklung der Wissenschaft.
Und es gab auch Förderung.

Gut, vielleicht hätte man ihn weiterarbeiten lassen sollen. So machen wir es ja immerhin heute.
Kannst du sonst noch Beispiele nennen? Übrigens, hat nur die katholische Kirche Wissenschaft gefördert oder auch Religionen in anderen Kulturen?
 
Dann hab ich die These vielleicht falsch verstanden. Wieso gibt es keinen Gegensatz? Wenn ich versuche alles mit Gott zu erklären (God of the Gaps) entferne ich mich doch von vernünftiger Argumentation, oder?
Da kommt mir Physik-Nobelpreisträger Peter Grünberg in den Sinn, der (meines Wissens nach) praktizierender Christ war, und der bei einer Rede einmal davon sprach, es gäbe zu vieles zwischen Himmel und Erde, als dass die Wissenschaft es erklären könnte, und als dass er selber nicht an einen höheren Plan glauben könnte.

Es gibt durchaus auch heute noch Wissenschaftler, die zugleich gläubige Christen sind.

Nach meiner Wahrnehmung motiviert sie das Bewusstsein um die Grenzen des menschlichen Wissens, ihre Bewunderung für die geradezu planvoll geordnete Natur, aber sie nehmen die Bibel auch nicht mehr wörtlich, sondern glauben an ihre Botschaften. Beide Kirchen tendieren selbst immer mehr zu einer teleologischen Auslegung des Gotteswortes, also nicht: Was steht da? Sondern: Was bedeutet es?

Betrachtet man freilich die vorneuzeitlichen Gelehrtengenerationen, deren einige Vertreter ich in den vergangenen Tagen bereits genannt habe, wird man feststellen, dass diese Männer durchaus inbrünstig an Gott glauben und trotzdem vernunftgelenkte Wissenschaftler und Forscher sein konnten. Ich glaube nicht, dass es darauf ankommt, ob dieser Gegensatz wirklich widerspruchsfrei aufgelöst werden kann.
Ich glaube die Kirche denkt nicht so zynisch an ihren Machterhalt.
Denkt? Nein. Dachte? Schon eher. Würde es Dir helfen, wenn wir vom Begriff der Kirche abrückten und vom Klerus sprächen? Von Personen also, die Macht hatten und obendrein der Kirche angehörten? Denn natürlich war die Kirche selbst vor 500 Jahren kein uniformer Block, der stets ein gemeinsames Ziel verfolgte.

Was aber den Klerus anlangt, sind die Beispiele dafür Legion, wie weit Kirchenobere gingen, um ihre Macht zu erhalten und zu mehren. Warum sollten sie dazu nicht die Religion einspannen, auf der ihre Macht beruhte? Denke an den Investiturstreit. Welche Macht hätte der Papst über den Kaiser ausüben können ohne Bibel, um mit ihr zu drohen? Er wäre bloß ein italienischer Großgrundbesitzer in einem seltsamen Kleidchen gewesen.
Das kommt mir vor wie die Idee die Kreuzfahrer waren auf Beute aus anstatt die heiligen Stätten wiedergewinnen zu wollen.
Es wird Kreuzfahrer gegeben haben, die durch ihren Glauben motiviert waren; solche, die durch Gier motiviert waren; und solche, die Religion und Profit antrieben. Natürlich gehörten Plünderungen zum damaligen Kriegsgeschehen dazu, andererseits ist die moralisierende Erwartungshaltung an den gerechten, heiligen Kreuzzug keine Erfindung der Neuzeit. Schon Zeitgenossen wie Ekkehard von Aura äußerten sich negativ über das Betragen der Kreuzfahrer.
Außerdem fehlen mir immer noch Beispiele wie die Kirche wirklich effektiv negativ in die Wissenschaft eingegriffen hat.
Nichts für ungut, aber es wurden doch genug Beispiele genannt. Vielleicht reden wir ja aneinander vorbei. Was stellst Du Dir unter einem "effektiven" Eingriff vor? Wenn ein Roger Bacon für zwei Jahre in den Knast kommt, weil er Überlegungen über die Natur des Universums anstellt, wie würdest Du das nennen?
Galilei könnte doch seine Idee gar nicht beweisen.
Dein Beharren auf diesem Punkt macht mich neugierig. Warum glaubst Du, ist das wichtig?
Der Koran fordert die Gläubigen auf, sich Wissen anzueignen und die "Völker des Buches" zu achten.
Wissen und Gelehrsamkeit nehmen in allen Weltreligionen einen hohen Stellenwert ein, wobei man natürlich bedenken muss, dass damit kein Freibrief einherging, religiöse Dogmen zu entkräften.

Derselbe Martin Luther, der die Gelehrten pries, schrieb über Kopernikus: "Die Leute schenken ihr Ohr einem Astrologen, der zeigen möchte, dass sich die Erde dreht, nicht der Himmel oder das Firmament, die Sonne oder der Mond. […] Dieser Dummkopf möchte die gesamte Astronomie umstürzen, doch die Heilige Schrift sagt uns, dass Josua die Sonne stillstehen ließ und nicht die Erde." ('Aristoteles in Oxford', S. 262 f.)

Wie ich bereits in diesem Strang schrieb, gehe ich davon aus, dass der Stellenwert des Logos im Christentum diesem letztlich einen gewissen Vorsprung verschaffte, aber natürlich spielte auch die Organisationsform der Kirche eine Rolle. Zeitweise gehörten der katholischen Kirche rund ein Viertel allen Grund und Bodens in Europa. Es war einfach genug Geld da, um die Wissenschaften (und die Künste) zu fördern.

Nebenbei: Mit "Völker des Buches" sind aber doch solche Religionen gemeint, die einer heiligen Schrift folgen, in erster Linie Christentum und Judentum? Oder ist diese Formulierung auch weltlich zu interpretieren?
 
Denkt? Nein. Dachte? Schon eher. Würde es Dir helfen, wenn wir vom Begriff der Kirche abrückten und vom Klerus sprächen? Von Personen also, die Macht hatten und obendrein der Kirche angehörten? Denn natürlich war die Kirche selbst vor 500 Jahren kein uniformer Block, der stets ein gemeinsames Ziel verfolgte.

Naja, hier könnte man sich darüber unterhalten, welche Zielsetzungen aus der Religion sebst resultieren.

Wenn wir einfach mal annehmen, dass Geschäftsgrundlage der Kirche immer war (und ist) sich selbst in der Pflicht zu sehen, möglichst viele Menschen einem für gut und richtig befundenen Glauben, Lebensweg, Wertekanon etc. und in letzter Konsequenz deren Seelenheil zuzufürhren, würde ich meinen, dass sich darin dauerhaft ein strukturelles Streben nach Einflussmöglichkeiten und Macht niederschlagen muss und dies durchaus auch in der Gegenwart, jedenfalls sofern es sich um Angehörige der Weltgeistlichkeit handelt.
Die Ordensgeistlichkeit mag hiervon (ausnehmlich sie sind/waren mit einem militärisch/weltlichen Zweig verbunden) eine Ausnahme machen.

Ich denke nicht, dass sich das Streben der Geistlichkeit nach Macht in der heutigen Zeit verändert hat.
Was sich verändert hat, ist der Möglichkeitsrahmen, die Gesellschaft in der das passiert und damit auch die Machtsorten um die es geht.

Welche Macht hätte der Papst über den Kaiser ausüben können ohne Bibel, um mit ihr zu drohen? Er wäre bloß ein italienischer Großgrundbesitzer in einem seltsamen Kleidchen gewesen.

Naja, auch mit Bibel war der Papst erstmal nicht mehr, als ein in Italien sitzender Territorialfürst. In die Lage etwa einen Heinrich IV. machtpolitisch herauszufordern kam ein Papst Gregor VII. nicht durch religiöse Lehren, sondern letztendlich dadurch, dass die Herzöge von Schwaben und Bayern selbst Ambitionen auf die Krone anmeldeten und die norditalienischen Städte und Fürstentümer, nicht besonders gewillt waren, Abgaben nach jenseits der Alpen zu entrichten und stattdessen auf ihre Unabhängigkeit/Autonomie pochten.

Das brachte nämlichen Papst in die Lage eine entsprechende Koalition zu schmieden, die als Gegenmacht auftreten konnte und das wurde sein Verhängnis, nachdem diese Koalition gescheitert war
 
Naja, hier könnte man sich darüber unterhalten, welche Zielsetzungen aus der Religion sebst resultieren.

Wenn wir einfach mal annehmen, dass Geschäftsgrundlage der Kirche immer war (und ist) sich selbst in der Pflicht zu sehen, möglichst viele Menschen einem für gut und richtig befundenen Glauben, Lebensweg, Wertekanon etc. und in letzter Konsequenz deren Seelenheil zuzufürhren, würde ich meinen, dass sich darin dauerhaft ein strukturelles Streben nach Einflussmöglichkeiten und Macht niederschlagen muss und dies durchaus auch in der Gegenwart, jedenfalls sofern es sich um Angehörige der Weltgeistlichkeit handelt.
Die Ordensgeistlichkeit mag hiervon (ausnehmlich sie sind/waren mit einem militärisch/weltlichen Zweig verbunden) eine Ausnahme machen.
Du hast gewiss nicht Unrecht, aber ich dachte in eine andere Richtung. Meine Argumentation beruhte auf der bereits vor Tagen von mir vorgeschlagenen Hypothese, dass im Mittelalter die Wissenschaften weniger durch den Inhalt kirchlicher Dogmen bedrängt worden seien, als vielmehr durch die von Klerikern wahrgenommene Notwendigkeit, diese Dogmen zu verteidigen, um ihre weltliche Macht zu schützen.

Daher verteidigten selbst Hurenböcke wie die Renaissance-Päpste oder Kleriker, die nicht einmal die Bibel lesen konnten, weil sie durch Simonie in ihr Amt gelangt waren, kirchliche Dogmen. Und umgekehrt beanspruchte aus ähnlichen Gründen der Adel das Gottesgnadentum. Hatte ein Mächtiger Gott auf seiner Seite, so war die Hemmschwelle höher, ihm einen Tritt in den Hintern zu verpassen.

Vor allem jedoch gründete die weltliche Macht der Kirche – vom Papst bis hinunter zum kleinen Dorfgeistlichen mit seiner Pfründe – auf deren geistlicher Autorität, und nicht etwa auf dem unbestreitbaren Nutzen der Kirche für die damalige Gesellschaft (z.B. durch Seelsorge und Krankenpflege).

Außerdem konnte die Wissenschaft ja durchaus gedeihen, wie wir gesehen haben, wenn sie sich anpasste. Die Humanisten des 16. Jahrhunderts und Newton hundert Jahre später bauten alle nicht zuletzt auf der Wissenschaft des Mittelalters auf, die kirchliche Dogmen zu integrieren versuchte.

Blicken wir in die Gegenwart. Mir kommt es so vor, als würden – im säkularisierten Westen – die Kirchen wissenschaftliche Erkenntnisse und Argumente kaum noch kommentieren. Wenn sie es tun, wie in der Sterbehilfe-Debatte, berufen sie sich eigentlich nicht mehr auf göttliche Autorität, sondern die Nebeneffekte des Gotteswortes für die Gesellschaft. Kirche und Gesellschaft sind nicht mehr identisch.

Man könnte behaupten, dass Kirchen und Wissenschaft nicht mehr wirklich miteinander konkurrieren, weil das Gotteswort keinen zwingenden Respekt mehr abnötigt. Die Kirchen ziehen sich darauf zurück, spirituelle Orientierung denen anzubieten, die sie suchen. Und wenigstens in Europa ignorieren jene, die das tun, die genannten Widersprüche ganz einfach. Mir scheint, sie sind weder theologisch noch machtpolitisch relevant.
Ich denke nicht, dass sich das Streben der Geistlichkeit nach Macht in der heutigen Zeit verändert hat.
Was sich verändert hat, ist der Möglichkeitsrahmen, die Gesellschaft in der das passiert und damit auch die Machtsorten um die es geht.
Falls Du damit meinst, dass Kleriker ihre persönlichen Ambitionen heute nurmehr innerhalb der kirchlichen Hierarchie verfolgen können, stimmt das natürlich. Aber auch dieser Machtkampf dürfte sehr weltlich ablaufen. Kardinal oder Vorstandsvorsitzender, die eingesetzten Mittel auf dem Weg dahin dürften kaum voneinander zu unterscheiden sein.
Naja, auch mit Bibel war der Papst erstmal nicht mehr, als ein in Italien sitzender Territorialfürst. In die Lage etwa einen Heinrich IV. machtpolitisch herauszufordern kam ein Papst Gregor VII. nicht durch religiöse Lehren, sondern letztendlich dadurch, dass die Herzöge von Schwaben und Bayern selbst Ambitionen auf die Krone anmeldeten und die norditalienischen Städte und Fürstentümer, nicht besonders gewillt waren, Abgaben nach jenseits der Alpen zu entrichten und stattdessen auf ihre Unabhängigkeit/Autonomie pochten.

Das brachte nämlichen Papst in die Lage eine entsprechende Koalition zu schmieden, die als Gegenmacht auftreten konnte und das wurde sein Verhängnis, nachdem diese Koalition gescheitert war
Das ist ein guter Einwand, doch läuft es damit auf ein machtphilosophisches Henne-Ei-Dilemma heraus; denn Macht stützt sich nicht zuletzt darauf, dass die Beherrschten ihre Beherrschung dulden. Konnte der päpstliche Kirchenbann dem Kaiser nur gefährlich werden, weil die weltliche Adelsopposition ihn unterstützte? Oder konnte die Adelsopposition den Papst nicht wegen der Bedeutung unterstützen, die dem Kirchenbann zukam?

Und man sollte die Befindlichkeiten der Menschen der damaligen Zeit nicht unterschätzen. Der Kirchenbann war für jeden gläubigen Christen eine Katastrophe.
 
Man könnte behaupten, dass Kirchen und Wissenschaft nicht mehr wirklich miteinander konkurrieren, weil das Gotteswort keinen zwingenden Respekt mehr abnötigt. Die Kirchen ziehen sich darauf zurück, spirituelle Orientierung denen anzubieten, die sie suchen. Und wenigstens in Europa ignorieren jene, die das tun, die genannten Widersprüche ganz einfach. Mir scheint, sie sind weder theologisch noch machtpolitisch relevant.

Zunächst mal, ich habe deine vorherigen Ausführungen durchaus mit Interesse gelesen. Ein durchaus origineller Ansatz, wie ich meine.

Ich denke, was die Konkurrenz zwischen Kirche und Wissenschaft angeht, ist man sich auch einig, dass man von allgemeiner Konkurrenz kaum wird sprechen können (das könnte man vielleicht im 19. Jahrhundert verhandeln), sondern dass sich das ja ohnehin immer nur auf punktuellen Konfliktfeldern abspielte.

In dieser Hinsicht möchte ich aber auch die Verschränkung von geistlicher und weltlicher Macht dahingehend zu bedenken geben, dass die Kriche mit ihrem Territorialbesitz auch gar nicht umhin kam, in gewissem Sinne als weltliche Ordnungsmacht zu fungieren und den Konjunkturen weltlicher Ereignisse und Krisen Rechnung zu tragen.


Z.B. ist hier im Faden weiter oben der Prozess des Galilei erwähnt worden, der ohne zweifel nach heutigem Verständniss einen obrigkeitlichen Eingriff in wissenschaftliche Prozesse und Diskurse darstellte.

Was ich persönlich in Sachen Galilei immer wieder hochspannend finde, ist dass dieses Beispiel immer wieder herangezogen wird um eine Grundsatzeinstellung der Kirche abgehoben von allem anderen in die eine oder andere Richtung zu reklamieren.

Wie aber würde etwa dieses Beispiel z.B. aussehen, wenn man es unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten im zeitlichen Kontext betrachtet?

Der Prozess um Galilei wegen seiner Veröffentlichungen wurde im Jahr 1632 angestoßen.
Das war so mit der Höhepunkt des 30-Jährigen Krieges, das Aufgebot der der bayrischen Truppen und Verbündeten erleidet in dieser Zeit bei Rain am Lech eine empfindliche Niederlage, die Schweden und Verbündeten stehen tief in Bayern, besetzen zeitweise München und Norditalien hat gerade nach dem Aussterben der Hauptlinie der Gonzaga den mantuanischen Erbfolgekrieg erlebt, in dem sich Frankreich und Habsburg feindlich gegenüberstanden.

Ordnungspolitisch und in modernen Begriffen gesprochen, die politische Lage in Europa befand sich am Rande eines wirklich kontinentalen Krieges, mit direkten Rückwirkungen auch auf Norditalien.

Und als wenn das nicht genug ist, postuliert ausgerechnet in dieser Zeit ein Galilei Dinge, die möglicherweise geeignet sein könnten das allgemeine Vertrauen in den Rest noch übriger Autorität der Kirche, auch als möglicher Ordnungs und Schlichtungsmacht, jedenfalls bei inerkatholischen Kriegen, zu untergraben.
Wenn man z.B. den Prozess des Galilei unter diesem Gesichtspunkt diskutieren würde, könnte man sogar auf den Tricher kommen, dass der Schritt möglicherweise ordnungspolitisch sinnvoll war, um nicht ein Pulverfass anzustecken, auch ohne dass es um persönliche Pfründe o.ä. gegangenn wäre.


Falls Du damit meinst, dass Kleriker ihre persönlichen Ambitionen heute nurmehr innerhalb der kirchlichen Hierarchie verfolgen können, stimmt das natürlich. Aber auch dieser Machtkampf dürfte sehr weltlich ablaufen. Kardinal oder Vorstandsvorsitzender, die eingesetzten Mittel auf dem Weg dahin dürften kaum voneinander zu unterscheiden sein.

Ich meine vor allem auch dass Dinge, wie das staatliche Gewaltmonopol und die Aufhebung geistlicher Landesherrschaften die Spielregeln massiv geändert haben. Natürlich sind die Machtmittel und Möglichkeiten der Kirche heute nicht mehr mit denen der frühen Neuzeit vergleichbar.
Dennoch geben die Kirchen zu bestimmten Themen ihren Gläubigen ja durchaus gewisse Standpunkte in politischen Bereichen vor und geben damit auch indirekte Wahlempfehlungen ab.
Damit nehmen sie sicherlich nicht mehr Einfluss auf die Gesellschaft als obrigkeitlicher Akteur, aber durchaus noch als politische Interessenvereinigung.

Das ist ein guter Einwand, doch läuft es damit auf ein machtphilosophisches Henne-Ei-Dilemma heraus; denn Macht stützt sich nicht zuletzt darauf, dass die Beherrschten ihre Beherrschung dulden. Konnte der päpstliche Kirchenbann dem Kaiser nur gefährlich werden, weil die weltliche Adelsopposition ihn unterstützte? Oder konnte die Adelsopposition den Papst nicht wegen der Bedeutung unterstützen, die dem Kirchenbann zukam?

Naja, ich würde meinen, dass es eine ganze Menge an Päpsten gab, die sich machtpolitisch ganz ordentlich die Hand daran verbrannt haben, dass sie sich mit dem Kaiser oder dem Französischen König anlegten ohne hinreichend mächtige weltliche Verbündete auf ihrer Seite zu haben.
Wenn die Macht des Papstes, gestützt auf die geistliche Autorität allein einem Gregor VII. erlaubt hätten Heinrich IV. in Schach zu halten, wäre er nicht im Exil in Salerno verstorben.

Was nach Canossa und nach dem Scheitern der Koalition gegen Heinrich IV. passierte ist ja eine Episode des Investiturstreits, die da gerne unter den Tisch fallen gelassen wird.

Auch ein Karl V. hatte später überhaupt keine Hemmungen nachdem er sich mit dem Papst überworfen hatte, diesen einfach mal militärisch anzugreifen und Rom zu verwüsten.

Was potentielle Adelsoppositionen und die Bedeutung des Kirchenbanns angeht, denke ich, dass man das für verschiedene Regionen Europas diskutieren muss.
Ich würde jedenfalls, was das Heilige Römische Reich betrifft meinen, der Adel hatte auch andere Möglichkeiten.

- Die erste haben bereits die Karolinger als Präzedenzfall mit der Argumentation eines unfähigenn Königshauses geschaffen. Seinerzeit hat man sich zwar an den Papst als Schiedsrichter gewandt, aber die Folie an sich war da, lediglich den Schiedsrichter hätte man austauschen müssen.
- Da das Reich ja eine Wahlmonarchie war, gab es ja auch manigfache Möglichkeiten die Rechtmäßigkeit der Königswahl und die Richtigkeit der Krönungsrituale anzuzweifeln, wie das ja auch mitnunter passierte, bevor das Prozedere im 14. Jahhunrdert dann einigermaßen festgeschrieben wurde.

Wenn man hier den Papst als Schiedsrichter und zusätzliche moralische Autorität hinzugewinnen konnte war das sicher hilfreich. Aber notwendig?

Im Rahmen einer tatsächlichen Erbmonarchie, mit einer anderen Gründungsgeschichte, wäre das sicher schwieriger zu untermauern gewesen.

Und man sollte die Befindlichkeiten der Menschen der damaligen Zeit nicht unterschätzen. Der Kirchenbann war für jeden gläubigen Christen eine Katastrophe.

Kam sicherlich zeitweilig drauf an, welcher der 3 nach eigenem Anspruch amtierenden Päpste den aussprach und ob man den so besonders ernst nahm ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Bruno trat denn in Oxford auch als Lizenziat für Mathematik auf.In der Tat sah sich schon Nikolaus dem Vorwurf ausgesetzt, Pantheist zu sein, worauf er die 'Apologia' schrieb. John Freely urteilt in 'Aristoteles in Oxford', S. 234: "Die heftige Kritik an Cusanus' Überlegungen ist nur ein Vorgeschmack auf die Konflikte, die Galilei 200 Jahre später mit der Kirche ausfechten musste, aber Mitte des 15. Jahrhunderts war die Lage noch nicht ganz so angespannt wie […] nach dem Beginn der Reformation."

Interessant ist, dass Freely diese "heftige Kritik" sodann als von Nikolaus' politischen Gegnern ausgehend verortet.

So weit ich sehe, gibt es da nur die Polemik des Johannes Wentz von Herrenberg, auf die Cusanus eine ebenso scharfe Antwort geschrieben hat. Zu Cusanus' Kosmologie (zur Unbegrenztheit des Weltalls siehe Das heliozentrische Weltbild und zur Größe der Erde - kleiner als die Sonne, aber größer als der Mond) äußert sich Wentz nur mit einem einzigen Satz - dies stünde im Widerspruch zum Wissensstand bzw. so was habe man ja noch nie gehört ("Conclusio hec contradicit siencie de celo, nec adiectum prius unquam est auditum")
https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/hd/download/pdf/6707323?originalFilename=true

Freilich wurde von Bruno ein vollständiger Widerruf "seiner Lehre" gefordert, also auch das kopernikanische Weltbild betreffend, das er darin aufgenommen hatte, was Deine abschließende Frage beantworten dürfte.

Meine rhetorische Frage "welche Lehren genau es waren", hast Du nicht beantwortet, sie lässt sich leider auch nach unserem Kenntnisstand nicht beantworten. Ganz sicher wurde von Bruno nicht verlangt, alles zu widerrufen, was er in seinem Leben jemals gelehrt hatte. Vielmehr hat man ihm ganz bestimmte Lehren vorgeworfen; es existierte auch eine Liste von acht Thesen, die man seinen Büchern entnommen hatte und die für häretisch befunden worden waren. Diese wurden ihm am 14. Januar 1599 vorgelesen: "fuerunt lectae octo propositiones hereticae collectae ex eius libris et processu a reverendis patribus Commissario et Belarminio".

Leider sind die acht Thesen nicht überliefert. Nur zu zwei von ihnen, zu denen später noch einmal nachgehakt wurde, gibt es einen Hinweis aus einem Bericht vom 24. August 1599: "in duabus tamen propositionibus, prima videlicet, ubi de haeresi Novatiana, et VII, ubi tractat an anima sit in corpore sicut nauta in navi". These I war also der Novatianischen Häresie verdächtig, und in These VII werden Seele und Körper mit einem Schiffer und einem Schiff verglichen.

Luigi Firpo, Il processo di Giordano Bruno, Rom 1993
 
Derselbe Martin Luther, der die Gelehrten pries, schrieb über Kopernikus: "Die Leute schenken ihr Ohr einem Astrologen, der zeigen möchte, dass sich die Erde dreht, nicht der Himmel oder das Firmament, die Sonne oder der Mond. […] Dieser Dummkopf möchte die gesamte Astronomie umstürzen, doch die Heilige Schrift sagt uns, dass Josua die Sonne stillstehen ließ und nicht die Erde." ('Aristoteles in Oxford', S. 262 f.)

Zu diesem Scheinzitat siehe diesen Beitrag:
Das heliozentrische Weltbild
 
Es gibt durchaus auch heute noch Wissenschaftler, die zugleich gläubige Christen sind.

Ich glaube dazu gehört (nichts für ungut) ein gewisser Grad von kognitiver Dissonanz, besonders wenn man sich näher mit der Entstehung der Bibel beschäftigt. Was bleibt denn noch übrig von Gott bei unserem heutigen Wissensschatz? Nicht viel will ich meinen.

Wenn ein Roger Bacon für zwei Jahre in den Knast kommt, weil er Überlegungen über die Natur des Universums anstellt, wie würdest Du das nennen?

Ein Mann in wie vielen Jahren Kirchengeschichte? Dann war der Konflikt oder wie du es nennen willst nicht besonders groß. Wenn dann auch noch bei Galileo Einwände kommen, dass die Kirche eigentlich die Wissenschaft auf ihrer Seite hatte... oder sogar wie bei Hypatia nur die Politik ausschlaggebend war. Ich verweise nochmal auf den Blog von Tim O´Neill, er geht da viel genauer drauf ein als ich es könnte.
 
Ein Mann in wie vielen Jahren Kirchengeschichte? Dann war der Konflikt oder wie du es nennen willst nicht besonders groß. Wenn dann auch noch bei Galileo Einwände kommen, dass die Kirche eigentlich die Wissenschaft auf ihrer Seite hatte... oder sogar wie bei Hypatia nur die Politik ausschlaggebend war. Ich verweise nochmal auf den Blog von Tim O´Neill, er geht da viel genauer drauf ein als ich es könnte.

Wenn es um Eingriffe der Kirche in diskursive und wissenschaftliche Prozesse per se geht, warum dann an Einzelpersonen aufhängen?
Mindestens die katholische Kirche hatte das mit dem "Index Librorum Prohibitorum" seit dem 16. Jahrhundert ein Stück weit instrumentalisiert:

Index librorum prohibitorum – Wikipedia

Allein der Umstand, den eigenen Gläubigen die Lektüre bestimmter Werke mit philosophischem oder wissenschaftlichem Anspruch bei Strafe zu verbieten, stellt schon einen schwerwiegenden Eingriff dar.

Eine Verlautbarung von kirchenoffizieller Seite her dieses oder jenes abzulehnen, wäre das Eine gewesen. Den eigenen Gläubigen aber zu verbieten, bestimmte Schriften überhaupt zur Kenntnis zu nehmen und damit auch eine persönliche oder wissenschaftliche Auseinandersetzung damit zu verhindern, geht schon ziemlich weit.
 
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