->Warum hieß Deutschland im 18. Jahrhundert immernoch "Heiliges Römisches Reich"?<-

Dieses Thema im Forum "Das Heilige Römische Reich" wurde erstellt von Julian23, 10. Februar 2011.

  1. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Hallo,

    nochmal zur Eingangsfrage:

    Wurde schon viel richtiges genannt.
    Allerdings habe ich den Eindruck, dass das Reich im 18. Jhd. in erster Linie "Deutsches Reich" oder "Deutschland" genannt wurde, bzw. kaum noch ein Unterschied zwischen dem "Römischen" Reich und seinem deutschen Kerngebiet gemacht wurde.

    Beispiel
    die "historische Entwicklung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs" von 1788

    aber sehr richtig: das Kaisertum hat von seiner universellen Würde nie abgelassen und verstand sich weiterhin als römisch, und daher auch dessen Reich.

    Ich meine schon. Die Bezeichnung hatte es zu der Zeit zwar noch nicht gegeben, aber eine politische Loslösung vom Westfrankenreich hatte schon insoweit stattgefunden, dass das Gebilde, was später "Deutsches Reich" genannt wurde, vorhanden war.

    Ist für mich kein Widerspruch. Das Reich der Deutschen ist ja nicht notwendigerweise eines, indem nur Deutsche leben, sondern vielmehr eines, das von Deutschen beherrscht wird. Eigentlich wäre es in der Historie eine Ausnahme, wenn sich Reiche nur auf das Siedlungsgebiet einer bestimmten Ethnie beschränken sollten... Auch beim HRR haben wir bereits im Mittelalter schon den deutlich formulierten Anspruch einer deutschen Hegemonie.
     
    1 Person gefällt das.
  2. MacX

    MacX Neues Mitglied

    Ich hab noch eine gute Quelle zur Reichsbezeichnung im 18.Jhd.

    "Zedlers Großes vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschaften und Künste" von 1742

    Eintrag
    "Reich, das Römische Reich Deutscher Nation"

    http://de.wikisource.org/wiki/Zedler:Reich,_das_R%C3%B6mische_Reich_Deutscher_Nation
     
  3. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Schon beim Blick auf das Reichsterritorium zwischen dem 11. und 18. Jh. wird sichtbar, dass sich der Begriff Heiliges Römisches Reich im Lauf der Jahrhunderte immer stärker auf den von Deutschen besiedelten Reichsteil verengte.

    Im späten Mittelalter war Reichsitalien de facto verloren gegangen, denn in Oberitalien mit seinen wohlhabenden Stadtrepubliken und Signorien übten die Kaiser nur noch eine schattenhafte Macht aus - wobei man reichsrechtliche Machtstrukturen von denen der Habsburger als Landesherren trennen muss. Vom zweiten Reichsteil, dem Königreich Burgund, das einst bis zum Mittelmeer reichte, war nur noch die Freigrafschaft Burgund übriggeblieben, den Rest hatte sich Stück für Stück Frankreich einverleibt. Der Westfälische Friede brachte mit dem Ausscheiden der Eidgenossenschaft und der Niederlande aus dem Reichsverband weitere gravierende Gebietseinbußen, sodass man spätestens seit dem 16./.17. Jh. wirklich von einem Reich "deutscher Nation" sprechen muss - auch wenn das slawische Königreich Böhmen und französischsprachige Teile der südlichen Niederlande noch zum Reich zählten.

    Die Beibehaltung des Begriffs "Heilig" für das Reich bis zu seinem Untergang ist sicherlich nur einer Jahrhunderte alten Tradition geschuldet, denn vom usprünglich sakralen Bedeutungsinhalt - der Kaiser als oberster Priester, Gottes Stellvertreter auf Erden und Beschützer der Christenheit - war de facto nur wenig geblieben.
     

Diese Seite empfehlen