Warum ist das Christentum eine monogame Religion?

El Quijote schrieb:
Irgendwo hier im Forum hatten wir letzthin über den Endzeitglauben des frühen Christentums gesprochen, ich habe mit Bedacht den Satz "Die Zeit ist kurz." mitzitiert. Für Paulus macht es offensichtlich keinen Sinn jetzt noch so kurz vor dem Ende der Zeiten Kinder zu zeugen.



Da hast Du mich falsch verstanden. Dass Paulus die sexuelle Enthaltsamkeit zwar fordert, aber nicht erzwingt, zeigt, dass er anders gestrickt war, als sein Umfeld. Es war aber zuletzt nach der Verschärfung der innerehelichen Sexualmoral gefragt, ich habe versucht, das biblisch zu beantworten.


Ja, wir schauen beide auf den gleichen Punkt, die Regeln wurden nach diesen Evangelien für das spätere Christentum aufgebaut, aber wenn man Paulus liest - dein Zitat "die Zeit ist kurz" war das frühe Christentum offensichtlich für Paulus schon ein Anachronismus.
 
Irene schrieb:
Ja, wir schauen beide auf den gleichen Punkt, die Regeln wurden nach diesen Evangelien für das spätere Christentum aufgebaut, aber wenn man Paulus liest - dein Zitat "die Zeit ist kurz" war das frühe Christentum offensichtlich für Paulus schon ein Anachronismus.
Warum sollte es ein Anachronimus sein? Endzeitsekten gibt es doch auch noch heute, die sehen sich in der Eigenperspektive doch auch nicht als anachronistisch an.
 
El Quijote schrieb:
Warum sollte es ein Anachronimus sein? Endzeitsekten gibt es doch auch noch heute, die sehen sich in der Eigenperspektive doch auch nicht als anachronistisch an.


Dass das Ende nicht eintrat und auch bei den Endzeitsekten noch nicht eingetreten ist, ändert doch aber nichts an dem Glauben, dass es jetzt oder damals bei Paulus direkt vor der Tür steht. Ihre Einstellung war aber so, nur dass sie sich geirrt haben.
 
Wir entfernen uns langsam vom Thema... trotzdem möchte ich gerne noch wissen, worin der Anachronismus liegen soll. Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen.
 
El Quijote schrieb:
Wir entfernen uns langsam vom Thema... trotzdem möchte ich gerne noch wissen, worin der Anachronismus liegen soll. Ich kann das beim besten Willen nicht erkennen.


Aus unserer Sicht galt diese Zeit des Paulus als die Geburt des Christentums und damit auch etwas, was beginnt und weitergetragen werden soll, Paulus sieht aber offenbar in dieser Zeit schon das Ende. Aber jetzt sind wir wirklich weit vom Wege ab, ich hör auf. :still:
 
Irene schrieb:
Aus unserer Sicht galt diese Zeit des Paulus als die Geburt des Christentums und damit auch etwas, was beginnt und weitergetragen werden soll, Paulus sieht aber offenbar in dieser Zeit schon das Ende.

Aus unserer Sicht ja, aber Paulus und seine Zeitgenossen hatten nicht unsere Sicht, sondern glaubten an das, was schon mehrfach dargelegt wurde.
Das ist gemeint mit Eigenverständnis, welches wir im Kontext der Menschen jener Zeit betrachten bzw. berücksichtigen müssen.
Wo ist da ein Anachronismus?
 
timotheus schrieb:
Aus unserer Sicht ja, aber Paulus und seine Zeitgenossen hatten nicht unsere Sicht, sondern glaubten an das, was schon mehrfach dargelegt wurde.
Das ist gemeint mit Eigenverständnis, welches wir im Kontext der Menschen jener Zeit betrachten bzw. berücksichtigen müssen.
Wo ist da ein Anachronismus?

Timo, wenn Paulus das Ende ganz nahe gesehen hat und daran geglaubt hat, kann er doch nicht gleichzeitg davon ausgegangen sein, dass etwas Neues beginnt, dass es einen Sinn macht, es in die Welt zu tragen. Da ist doch ein Widerspruch. Davon ist doch aber Jesus ausgegangen, oder? Er war doch nicht der Ansicht, dass das Ende der Welt bevorsteht.
 
Irene schrieb:
Timo, wenn Paulus das Ende ganz nahe gesehen hat und daran geglaubt hat, kann er doch nicht gleichzeitg davon ausgegangen sein, dass etwas Neues beginnt, dass es einen Sinn macht, es in die Welt zu tragen. Da ist doch ein Widerspruch.

Wo ist denn da ein Widerspruch?
Nach dem Ende der alten Welt steht nach christlicher Sichtweise der Beginn einer neuen Welt.
(Oder verwechsle ich jetzt etwas? :grübel: )

Irene schrieb:
Davon ist doch aber Jesus ausgegangen, oder? Er war doch nicht der Ansicht, dass das Ende der Welt bevorsteht.

Doch, auch Jesus ging davon aus (Bsp.: Matthäus 24, 1 - 14)
 
Irene schrieb:
Timo, wenn Paulus das Ende ganz nahe gesehen hat und daran geglaubt hat, kann er doch nicht gleichzeitg davon ausgegangen sein, dass etwas Neues beginnt, dass es einen Sinn macht, es in die Welt zu tragen. Da ist doch ein Widerspruch. Davon ist doch aber Jesus ausgegangen, oder? Er war doch nicht der Ansicht, dass das Ende der Welt bevorsteht.
Genau deshalb brachte ich die Endzeitsekten ins Spiel, wir können aber auch wahlweise die reformatorischen Bewegungen des 16. Jahrhunderts nehmen: der Glaube an ein nahendes Ende der Welt steht nämlich nicht im Widerspruch dazu, etwas neues zu beginnen, sondern fördert die Frömmigkeit des einzelnen und die Mission als Vorbereitung auf das Ende und der Begegnung mit dem Schöpfer.
 
timotheus schrieb:
Wo ist denn da ein Widerspruch?
Nach dem Ende der alten Welt steht nach christlicher Sichtweise der Beginn einer neuen Welt.
(Oder verwechsle ich jetzt etwas? :grübel: )



Doch, auch Jesus ging davon aus (Bsp.: Matthäus 24, 1 - 14)

Matthäus 24, 5 Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen ich bin der Christus...... -Und das Ende ist erst vorausgesagt, wenn Christus wieder auf der Erde erscheint-
weiter ...... auf dem ganzen Erdkreis wird dieses Evangelium des Reiches gepredigt werden.........................

Jesus spricht eindeutig von einem sehr fernen Ende der Welt, einem sich nahenden aber nicht nahem Ende. Das geht aus allen Matthäus-Passagen hervor. Paulus Ausführungen gehen eindeutig von einem kurz bevorstehenden Ende aus. Und so denken auch die Endzeitsekten.

Jetzt sind wir mit der Monogamie aber immer noch nicht weiter, also festgelegt scheint sie nirgend wo, sie dürfte sich eher traditionell entwickelt haben.
 
Irene schrieb:
Matthäus 24, 5 Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen ich bin der Christus...... -Und das Ende ist erst vorausgesagt, wenn Christus wieder auf der Erde erscheint-
weiter ...... auf dem ganzen Erdkreis wird dieses Evangelium des Reiches gepredigt werden.........................

Jesus spricht eindeutig von einem sehr fernen Ende der Welt, einem sich nahenden aber nicht nahem Ende. Das geht aus allen Matthäus-Passagen hervor. Paulus Ausführungen gehen eindeutig von einem kurz bevorstehenden Ende aus. Und so denken auch die Endzeitsekten.

Jetzt sind wir mit der Monogamie aber immer noch nicht weiter, also festgelegt scheint sie nirgend wo, sie dürfte sich eher traditionell entwickelt haben.

Ich dachte das Monogamie-Problem sei gelöst? Ich erinnere an die diskutierte Ehebruch-Passage in der Bergpredigt.
 
El Quijote schrieb:
Ich dachte das Monogamie-Problem sei gelöst? Ich erinnere an die diskutierte Ehebruch-Passage in der Bergpredigt.

Du machst es dir aber einfach:) . Nach einer anderen schielen, das ist schon eine Sünde. Aber Ehen in der damaligen Zeit wurden sicher unter anderen Gesichtspunkten geschlossen. Geld, Macht, Land, Stärkung von Familien, Stämmen. Warum sollte es also unter Verbot und Sünde fallen, wenn Brautwerberinnen eine zweite und dritte Heirat vereinbarten? Wenn eine 2. und 3. Frau offiziell war, fällt das nicht unter Ehebruch, siehe Mormomen.
Ich würde auch dazu tendieren, ich glaub timo war das, dass die damaligen Christen Jesus so verstanden hatten, nur eine Frau und deshalb diese Tradition sich auch durchgesetzt hat. Und jemand hat hier das Argument gebracht, arm, das dürfte mit ein Hauptgrund sein. Denn auch in polygamen Gesellschaften können sich nur wohlhabende oder reiche Männer leisten, mehrere Ehefrauen zu haben, da immer eine absolute Gleichstellung Voraussetzung ist, damit das auch funktioniert. Und die ersten Christen kamen aus der armen und ärmsten Bevölkerung.
 
Du meinst also, wenn ich mir über Dritte die n-tfrau suchen lasse, anstatt mich selber umzuschauen und sie dann heirate, dann begehe ich keinen Ehebruch? Das wäre aber eine extrem hypokritische Sexualmoral...
 
Irene schrieb:
Matthäus 24, 5
...
Jesus spricht eindeutig von einem sehr fernen Ende der Welt, einem sich nahenden aber nicht nahem Ende. Das geht aus allen Matthäus-Passagen hervor. Paulus Ausführungen gehen eindeutig von einem kurz bevorstehenden Ende aus. Und so denken auch die Endzeitsekten.

So eindeutig sehe ich in Jesu Worten keine zeitliche Dimension; er sagt eigentlich "nur": das Ende ist noch nicht da.
Anm. 1: Übrigens ist es bei solchen Betrachtungen nicht üblich, lediglich einen Satz der Schrift herauszugreifen und an ihm alles aufzudeuten, sondern den gesamten Kontext zu betrachten.
Anm. 2: Die Apostel, die Evangelisten und die Zeitgenossen der Anfangszeit des Christentums erlebten schon recht hautnah, wie es in ihrer Welt zuging. Da ist es doch kein Wunder, daß sie viele Anzeichen des "Anfangs vom Ende", von denen Jesus sprach, wiedererkannten und folglich glaubten, daß das Ende nicht mehr fern sei.
Anm. 3: Die Faktoren, welche Paulus' Denken prägten, demnach mit dem Denken späterer Endzeitsekten zu verbandeln, halte ich schon für etwas gewagt.

Aber ich führe dies an der Stelle jetzt nicht mehr weiter aus, denn mir fällt es mittlerweile schwer, die historisch nüchterne Betrachtung vom eigenen Denken und Glauben zu trennen.

Irene schrieb:
Jetzt sind wir mit der Monogamie aber immer noch nicht weiter, also festgelegt scheint sie nirgend wo, sie dürfte sich eher traditionell entwickelt haben.

Ich pflichte El Quijote bei, daß diese Frage eigentlich geklärt wurde.
Drei Evangelien machen eindeutige Aussagen zum Ehebruch, und verschiedene Paulusbriefe (nicht nur die von mir bereits genannten Timotheus Briefe) schreiben sehr klar Monogamie fest...

EDIT (vollkommen OT Nachtrag): Beitrag 2222 ... :prost:
 
El Quijote schrieb:
Du meinst also, wenn ich mir über Dritte die n-tfrau suchen lasse, anstatt mich selber umzuschauen und sie dann heirate, dann begehe ich keinen Ehebruch? Das wäre aber extrem hypokritische Sexualmoral...


Ich schrieb ja schon, eine Heirat geschah aus vielen Gründen, am wenigsten wahrscheinlich wie wir es heute kennen, aus Gefühlsgründen. Man sollte das also wirklich trennen - hat mit Sexmoral eigentlich gar nichts zu tun. Eine Ehe, ich erinnere an Josef schließt offenbar in dieser Zeit nicht immer Sex ein.

Auch befinden wir uns dort im Orient, da hatte bis zur Moralisierung der Sexualität durch das Christentum diese einen ganz natürlichen Stellenwert. Es gehörte zum Leben dazu, eine natürliche Angelegenheit.

Also Jesus will offenbar auf keinem Fall mehr diese freie Sicht darauf. Dass er besonders Ehebruch tabuisiert, das ist nachvollziehbar, gilt auch in anderen Gesellschaftsformen und anderen Religionen als Tabu.
 
Ohne die ganze Debatte erneut aufrollen zu wollen, empfehle ich als Lektüre: Norbert Baumert SJ: Frau und Mann bei Paulus.

Baumert kann die Wirkungsgeschichte der verzerrten Lesarten des corpus paulinum zwar nicht rückgängig machen, aber einiges in akribischer philologischer Kleinarbeit zurechtrücken.
Fazit: Traue nie der Einheitsübersetzung! :pfeif:
 
Mercy schrieb:
Traue keiner unkommentierten Übersetzung, wenn du das Original nicht lesen kannst.

Ich hab hier die Bibel AT u. NT nach der deutschen Übersetzung von Dr. Martin Luther
Ausgabe 1899 der Preußischen Hauptbibelgesellschaft.

Kommentiert sind die Texte allerdings nicht.
 
Irene schrieb:
Ich hab hier die Bibel AT u. NT nach der deutschen Übersetzung von Dr. Martin Luther
Ausgabe 1899 der Preußischen Hauptbibelgesellschaft.

Und die ist nicht mit der Originalübersetzung identisch.
Solange an bestimmten Textstellen nicht die Seligkeit hängt, kann man auch mit der leben.
 
Mercy schrieb:
Und die ist nicht mit der Originalübersetzung identisch.
Solange an bestimmten Textstellen nicht die Seligkeit hängt, kann man auch mit der leben.


Das hab ich auch schon festgestellt, der Text in dieser Ausgabe wurde von der evangelischen Kirchenkonferenz genehmigt, da wäre die Originalübersetzung auch mal sehr interessant.
 
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