Warum kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurück?

Gut, 1814 war die Nichtmehrunterstützung noch nicht für N. offensichtlich?
Das ist schwer zu sagen. Wir können ja nicht in der Retrospektive in seine Gedankengänge hinein schauen.

Welche Gründe erweckten das Vertrauen der Militärs in Napoléon?

Der Feldzug von 1814?
Da kämpften ja die Franzosen mit dem Rücken zur Wand und selbst die Erfolge Bonapartes konnten daran nichts ändern.

Die beiden Feldzüge 1813?
Im Frühjahr errang Napoléon teuer erkaufte Pyrrhussiege, immer mit deutlich höheren Verlusten als die Gegner (Großgörschen und Bautzen).
Im Herbst nahmen die Schlachten zum Teil katastrophale Ausgänge (Großbeeren, Dennewitz, Katzbach), der einzige bedeutende Sieg (Dresden) wurde durch die Vernichtung Vandammes zunichte gemacht. Vom Debakel von Leipzig ganz zu schweigen... Wo war denn da Napoléons Genialität?

1812?

1809 bis 1811?
1809 gelang es letztlich mit zahlenmäßiger zusehends sich auswirkender Überlegenheit Österreich niederzuringen. Allerdings kostete Napoléon dies auch eine Schlappe (Aspern-Essling), die auch noch schlimmer hätte ausfallen können. Erzherzog Karl mag talentiert gewesen sein, aber auch sicher ein Zauderer.

1806 bis 1807
Da könnte man von geschickten Feldzügen sprechen, natürlich weniger Preußisch-Eylau, aber der Beginn des Feldzuges in Thüringen. Allerdings muss man da einräumen, dass Napoléon wohl auch viel Davout verdankte, der sich durch den Nebel unbemerkt mit seinem einzigen Korps der preußischen Hauptarmee gegenüber befand und sie schlug, während Napoléon seine erdrückende nummerische Übermacht bei Jena einsetzen konnte.

1805
Naja, war es ein Ruhmesblatt einen Mack zu schlagen? Er spielte dem Kaiser der Franzosen einen beachtlichen Teil der österr. Streitkräfte in die Hände, statt die Vereinigung mit Kutusow abzuwarten. Die Antäuschung über den Schwarzwald zu kommen, dann die Umzingelung bei Ulm, das waren samt Austerlitz wohl die Höhepunkte von Napoléons Feldherrengeschick in seiner Zeit als Kaiser.

1815 hatte er gleich zwei Befehlshaber eines anderen Zuschnittes als Mack gegenüber: Blücher/Gneisenau und Wellington. Beiden hatte er eigentlich noch nie so richtig gegenüber gestanden. Ersterer hatte die Boberarmee von Macdonald vernichtet, Letzterer hatte die Franzosen aus Spanien hinaus gejagt. Beides sollte ihm bewusst gewesen sein. Auch war Blüchers Hartnäckigkeit eigentlich allgemein berüchtigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Napoleon wollte Frieden (in den nun bestehenden Grenzen ...

Das ist auch ein immer wieder angebrachtes Argument, dass Napoleon ja nur Frieden wollte.

Wie jetzt?, kann ich da nur fragen. Es war doch Frieden. Nämlich der vom 30. Mai 1814. Also wegen Frieden hätte er sich nicht von Elba weg bemühen müssen!

Wenn sich also Napoleon hinstellt, und etwas von Frieden erzählt, dann ist es entweder nicht ernst gemeint oder aber, sein Frieden hat nichts mit dem Frieden zu tun, der gerade herrscht! Beides impliziert eine Gefahr für den Frieden in Europa. Man musste also nicht Metternich oder Talleyrand heißen, um zu begreifen, dass das Wiedererscheinen Napoleons in jedem Fall Krieg bedeutete.

Grüße
excideuil
 
Das ist schwer zu sagen. Wir können ja nicht in der Retrospektive in seine Gedankengänge hinein schauen.

Welche Gründe erweckten das Vertrauen der Militärs in Napoléon?

Der Feldzug von 1814?
Da kämpften ja die Franzosen mit dem Rücken zur Wand und selbst die Erfolge Bonapartes konnten daran nichts ändern.
...
Die Frage kann ich nicht beantworten. Dazu bin ich wohl nicht Militär genug.
Vllt. steckte in den verbliebenen Marschällen/Generalen noch etwas revolutionärer Geist, der verbunden mit den gerade erlebten Demütigungen der Bourbonen einhergingen und so ihre "Treue" zum Kaiser wiederentdeckten.

In der Tat sollten aber Schlachten wie Eylau oder Aspern Nachdenken erzeugt haben, wobei auch wieder fraglich ist, ob die damals handelnden Personen diese heutige Perspektive auf die Schlachten so wie wir haben konnten oder ob die bonapart. Propaganda doch zu viel Fehlinformationen geführt hat. Z.B. wurde die Niederlage bei Trafalgar lange Zeit verschwiegen bzw. völlig falsch wiedergegeben ...

Grüße
excideuil
 
Welche Gründe erweckten das Vertrauen der Militärs in Napoléon?

Vielleicht vereinfacht gesagt:

Propaganda. Napoleon war ein Meister darin, Siege hervorzuheben und Niederlagen zu ueberspielen. Mit Apellen an Ruhm, Ehre und dem ganzen Pompom, den er veranstaltet hat, hat er wohl die allermeisten mitgerissen (uebrigens auch sehr lange die verbuendeten Rheinbundtruppen) - eben auch in spæteren Jahren, als alles nicht mehr so lief. Und anscheinend auch noch bei seiner Rueckkehr 1815.

Damit wurde aber ausgeblendet, dass
a) der Feind von Napoleon gelernt hatte, er sich aber eben nicht weiterentwickelt hatte. Im Gegenteil, er unterschætzte die Fæhigkeiten seiner Gegner, z.B. eines Wellingtons masslos, er nahm nicht zur Kenntnis, dass die preussische Armee eine andere war als 1806, usw.
(Waterloo: "Wellington ist ein schlechter General, und die Sache hier ist nichts weiter als ein Fruehstueck!")

b) die Qualitæt seiner Truppen seit der russischen Tragødie nicht mehr die war, die sie z.B. 1805 gewesen ist. Man denke allein an die Kavallerie, aber auch das Einberufungsalter der Rekruten in den letzten Jahren. Frankreich war zu ausgeblutet, um es mit ganz Europa aufzunehmen, aber das wollte er nicht zur Kenntnis nehmen.

Nachtrag, weil exci es auch gerade angesprochen hat:
... oder ob die bonapart. Propaganda doch zu viel Fehlinformationen geführt hat.

Ganz sicher!

Gruss, muheijo
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht vereinfacht gesagt:

Propaganda. Napoleon war ein Meister darin, Siege hervorzuheben und Niederlagen zu ueberspielen. Mit Apellen an Ruhm, Ehre und dem ganzen Pompom, den er veranstaltet hat, hat er wohl die allermeisten mitgerissen (uebrigens auch sehr lange die verbuendeten Rheinbundtruppen) - eben auch in spæteren Jahren, als alles nicht mehr so lief. Und anscheinend auch noch bei seiner Rueckkehr 1815.
Du meinst also auch, was ich annehmen würde, dass Napoléon sich tatsächlich realistische Chancen für den Feldzug ab dem Juni 1815 ausrechnete.

Also ich habe, als ich das erste Mal Tabellen mit den Truppen sah, welche die Verbündeten im Juni 1815 zusammen stellten, mir erstmal die Haare zerrauft, wie das denn klappen sollte... Einiges war schon auf dem Anmarsch. Am 19. Juni überquerten bereits die Bayern den Rhein. Allein die Armee am Oberrhein umfasste über 260.000 Mann. Die französischen Kräfte, die ihnen gegenüberstanden und scheinbar irgendwie :confused: den Rhein halten sollten, waren nummerisch zu vernachlässigen. Nicht bedeutend anders sah es an der italienischen Front aus, wo 50.000 Mann an österreichischen und sardinischen Truppen bereit standen. Mitte Juni waren die Operationen zum Einfall in Frankreich am laufen.

Wohin wollte denn Napoléon, wenn er denn überhaupt einen Plan hatte, selbst bei einer völligen Zerschlagung der preußischen und "britischen" Armeen in Belgien losschlagen? So oder so waren selbst seine angeschlagenen Hauptkräfte erstmal in Belgien; er wollte doch auf Brüssel marschieren und hätte sich damit gefährlich weit von der Einfallsroute der österreichisch-deutschen Hauptmacht weg bewegt. Für die Verteidigung des Elsass und Lothringens stand im Grunde nichts nennenswertes zur Verfügung. :fs:
 
Das ist auch ein immer wieder angebrachtes Argument, dass Napoleon ja nur Frieden wollte.

Wie jetzt?, kann ich da nur fragen. Es war doch Frieden. Nämlich der vom 30. Mai 1814. Also wegen Frieden hätte er sich nicht von Elba weg bemühen müssen!

Dann sagen wir eben, nicht wegen, sondern trotz Frieden. ;)
Diesen Frieden hat N nicht in Frage gestellt.
Was spricht gegen das Argument, dass er an einer Neuauflage der vergangenen Kriege nicht interessiert war, gar nicht gewesen sein kann, aufgrund der Erfahrungen der letzten jedenfalls 3 Jahre?

Die Situation in den frueheren Jahren war eine andere, und kann deshalb nicht als "Beweis" fuer einen Kriegswunsch Napoleons 1815 hinzugezogen werden.

Wenn sich also Napoleon hinstellt, und etwas von Frieden erzählt, dann ist es entweder nicht ernst gemeint oder aber, sein Frieden hat nichts mit dem Frieden zu tun, der gerade herrscht! Beides impliziert eine Gefahr für den Frieden in Europa. Man musste also nicht Metternich oder Talleyrand heißen, um zu begreifen, dass das Wiedererscheinen Napoleons in jedem Fall Krieg bedeutete.

Aber Krieg warum? Um einen Herrscher zu vertreiben und durch einen anderen, nicht gewollten*, zu ersetzen?
(* jedenfalls nicht prefærierten)

Mir ist die immer wiederkehrende Argumentationskette: "Napoleon = Kriegstreiber (weil Weltherrschaft) --> einmal Kriegstreiber = immer Kriegstreiber" zu platt; sie passt nicht zu 1815.

Gruss, muheijo
 
Du meinst also auch, was ich annehmen würde, dass Napoléon sich tatsächlich realistische Chancen für den Feldzug ab dem Juni 1815 ausrechnete.

Sagen wir: "ausrechnen musste".
Einfach so zu sagen: "Mist, das mit der Thronuebernahme klappt leider nicht, geh ich mal wieder nach Elba zurueck" (oder nach Amerika, Bienen zuechten) war eben nicht sein Naturel.
Ich gehe davon aus, dass er sich einfach verspekuliert hatte, und urspruenglich davon ausging, dass er entweder tatsæchlich anerkannt und in Ruhe gelassen werden wuerde, oder doch zumindest auf Sicht nicht GANZ Europa gegen sich gehabt hætte.
Dies hat er ja ganz schnell begraben muessen, so dass der belgische Feldzug als einzige Option uebrig blieb.
Ob er schon vorab "wusste", dass ihn das bestenfalls nur Zeit gebracht hætte und die Niederlage insgesamt = Abdankung erneut unausweichlich war, oder ob er ernsthaft glaubte, die Koalition zersprengen zu kønnen, wenn die konsequentesten und gefæhrlichsten Gegner vernichtet worden wæren - wer will es genau wissen?

Gruss, muheijo
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann sagen wir eben, nicht wegen, sondern trotz Frieden. ;)
Diesen Frieden hat N nicht in Frage gestellt.
Was spricht gegen das Argument, dass er an einer Neuauflage der vergangenen Kriege nicht interessiert war, gar nicht gewesen sein kann, aufgrund der Erfahrungen der letzten jedenfalls 3 Jahre?
Die Situation in den frueheren Jahren war eine andere, und kann deshalb nicht als "Beweis" fuer einen Kriegswunsch Napoleons 1815 hinzugezogen werden.
Sorry, aber allein sein Erscheinen hat den bestehenden Frieden in Frage gestellt oder willst du ernsthaft behaupten, dass Napoleon keine Veränderungen vornehmen wollte? Wenn er also den bestehenden Frieden nicht in Frage stellen wollte, warum ist er dann nicht auf Elba geblieben?
Woher nimmst du die Erkenntnis, dass Napoleon aus den letzten Kriegsjahren irgendeine Erfahrung gewonnen hat? Wenn er das getan hätte, wäre er auf Elba geblieben, weil er begriffen hätte, dass seine Zeit um war!
Aber Krieg warum? Um einen Herrscher zu vertreiben und durch einen anderen, nicht gewollten*, zu ersetzen?
(* jedenfalls nicht prefærierten)
Mir ist die immer wiederkehrende Argumentationskette: "Napoleon = Kriegstreiber (weil Weltherrschaft) --> einmal Kriegstreiber = immer Kriegstreiber" zu platt; sie passt nicht zu 1815. Gruss, muheijo
Jetzt fängst du an, dir selbst zu widersprechen, weil:
Freilich, das N = Krieg bedeutet, das wollte ganz sicher niemand wahrhaben, auch N nicht.
Daher noch einmal, N. wurde nach den Buchstaben von Chaumont als Bedrohung empfunden: "Die eigentliche Bedeutung des Vertrages von Chaumont lag in der Unterstellung, dass Frankreich auch nach der Niederlage Napoleons weiterhin eine Bedrohung für den Frieden sein würde." (siehe#8) Napoleon nach den Erfahrungen der letzten Jahre natürlich besonders. Im Grunde bedeutet dies nichts anderes als dass die Alliierten gegen jede revolutionäre Aktion seitens Frankreich vorgegangen wären. Dies wurde übrigens auch sichtbar, als 1830 Louis Philippe die Macht übernahm. Dort wurden auch seitens der Alliierten militärische Aktionen erwogen.

Daher, N. passte nicht mehr in die Zeit von 1815. Außenpolitisch war er mausetot und innenpolitisch war es nur eine Frage der Zeit.

Grüße
excideuil
 
...oder willst du ernsthaft behaupten, dass Napoleon keine Veränderungen vornehmen wollte? Wenn er also den bestehenden Frieden nicht in Frage stellen wollte, warum ist er dann nicht auf Elba geblieben?

Jetzt bist du wieder in der Argumentationskette "N = Kriegstreiber usw."
Warum sich nicht einen Napoleon vorstellen, der die Finanzen in Ordnung bringt, die Gesetzesbuecher vervollkommnet, die Verwaltung und Infrastruktur ausbaut, die Wirtschaft ankurbelt, sich um seinen lieben Sohn kuemmert, etc., etc.?

Woher nimmst du die Erkenntnis, dass Napoleon aus den letzten Kriegsjahren irgendeine Erfahrung gewonnen hat?

Aus der Tatsache, dass er abdanken musste und auf Elba verbannt wurde.

Gruss, muheijo
 
Jetzt fängst du an, dir selbst zu widersprechen, weil:
muheijo schrieb:
Aber Krieg warum? Um einen Herrscher zu vertreiben und durch einen anderen, nicht gewollten*, zu ersetzen?
(* jedenfalls nicht prefærierten)
Mir ist die immer wiederkehrende Argumentationskette: "Napoleon = Kriegstreiber (weil Weltherrschaft) --> einmal Kriegstreiber = immer Kriegstreiber" zu platt; sie passt nicht zu 1815.


muheijo schrieb:
Freilich, das N = Krieg bedeutet, das wollte ganz sicher niemand wahrhaben, auch N nicht.


Ich sehe da keinen Widerspruch. Du machst dir diese Argumentationskette der Verbuendeten zu eigen, ich sehe sie eben nicht als zwingend. Ich hætte Boni eben eine Chance gegeben. Eine Chance, die er damals -einhellig- nicht bekam.

Gruss, muheijo
 
Jetzt bist du wieder in der Argumentationskette "N = Kriegstreiber usw."
Warum sich nicht einen Napoleon vorstellen, der die Finanzen in Ordnung bringt, die Gesetzesbuecher vervollkommnet, die Verwaltung und Infrastruktur ausbaut, die Wirtschaft ankurbelt, sich um seinen lieben Sohn kuemmert, etc., etc.?
Warum? Ich sehe nur N. 1815 zur falschen Zeit am falschen Ort. Seine Zeit war abgelaufen. Sichtbar auch an den Ergebnissen, die sein Erscheinen für Frankreich brachte.
Aus der Tatsache, dass er abdanken musste und auf Elba verbannt wurde. Gruss, muheijo
Ah, ja, natürlich, weil er gezwungen wurde, abzutreten, hat er Konsequenzen und Erkenntnisse gewonnen? Zu seinen Gründen, die er angab, wiederzukommen, lies bitte noch einmal in #1 nach. Von Erkenntnisgewinn ist da allerdings nichts zu finden.

Grüße
excideuil
 
Ich sehe da keinen Widerspruch. Du machst dir diese Argumentationskette der Verbuendeten zu eigen, ich sehe sie eben nicht als zwingend. Ich hætte Boni eben eine Chance gegeben. Eine Chance, die er damals -einhellig- nicht bekam.
Gruss, muheijo

Nö, ich betrachte die Situation nun einmal machtpolitisch und damit auch gesamteuropäisch. Ich kann Frankreich und damit N. nicht davon losgelöst betrachten. Und daher ist nun einmal Tatsache, dass die Erklärung vom 13. März 1815, in der sich die Alliierten gegen N. verbündeten 1 Woche bevor N. die Tuilerien erreichte, verabschiedet worden.

Grüße
excideuil
 
Ah, ja, natürlich, weil er gezwungen wurde, abzutreten, hat er Konsequenzen und Erkenntnisse gewonnen? Zu seinen Gründen, die er angab, wiederzukommen, lies bitte noch einmal in #1 nach. Von Erkenntnisgewinn ist da allerdings nichts zu finden.

Ich sehe weder dort noch sonstwo in den Geschichtsbuechern den Wunsch nach Krieg, Revision der Grenzen von 1814 oder gar erneuter (?) Weltherrschaft.
Ich sehe nur einen, der sich "seinen" Thron wiederholen wollte und vom Ausland durch Krieg daran gehindert wurde. :fs:

Gruss, muheijo
 
Ich sehe weder dort noch sonstwo in den Geschichtsbuechern den Wunsch nach Krieg, Revision der Grenzen von 1814 oder gar erneuter (?) Weltherrschaft.
Ich sehe nur einen, der sich "seinen" Thron wiederholen wollte und vom Ausland durch Krieg daran gehindert wurde. :fs:
Gruss, muheijo

Internationale Machtpolitik ist kein "Wünsch dir was", daher ist sein Versuch, sich "seinen Thron" zurückzuholen, blanke Nichtakzeptanz der bestehenden Machtverhältnisse.
Nur zur Erinnerung: Frankreichs politische Elite hatte 1814 mit den Alliierten die Bourbonen als - in meinen Augen einzig mögliche Alternative - auf den Thron geholt, um Frieden in den von den Alliierten bereits in Chatillion bestimmten, dann geringfügig positiv korrigierten Grenzen zu garantieren. Frankreich gelang es auf dem Wiener Kongress, zurück ins Konzert der Großmächte zu kommen.
Besser konnte es doch nach den letzen 25 Jahren Krieg für Frankreich gar nicht laufen. (Es sei denn, man träumt von Luftschlössern)
Und dann kommt jemand zurück, der maßgeblich die Situation verschuldet hat und reklamiert seinen Thron? Und dies bar jeden Realitätssinn? Sorry, da komme ich nicht mehr mit.
Einverstanden, die Bourbonen waren innenpolitisch nicht die Cleversten, aber wo lag die Berechtigung N., zurückzukommen, wer hat ihn denn gerufen? Wo war die Notwendigkeit im Interesse Frankreichs?

Grüße
excideuil
 
Zuletzt bearbeitet:
...die Bourbonen waren innenpolitisch nicht die Cleversten, aber wo lag die Berechtigung N., zurückzukommen, wer hat ihn denn gerufen? Wo war die Notwendigkeit im Interesse Frankreichs?

Ist nicht gerade die richtige Innenpolitik - insbesondere in Friedenszeiten - das erste Interesse Frankreichs? ;)

Es muss Veilchen zu Hauf gegeben haben, in Blumenkæsten am Fenster, am Revers...

Gruss, muheijo
 
Ist nicht gerade die richtige Innenpolitik - insbesondere in Friedenszeiten - das erste Interesse Frankreichs? ;)
Es muss Veilchen zu Hauf gegeben haben, in Blumenkæsten am Fenster, am Revers...
Gruss, muheijo

Nun, N. wäre wohl der letzte, der innenpolitische Fehler aufrechnen könnte.
Und was die Veilchen angeht, auch hier wieder die Frage, wer trug sie und wer nicht?

Aber egal, was die Bourbonen in der 1. Restauration verzapften, der weiße Terror kam ja erst in der 2. und ist damit im Grunde auch N. Selbstsucht anzulasten, die Frage nach der Berechtigung seiner Wiederkehr, hast du noch nicht beantwortet.

Grüße
excideuil
 
Ist nicht gerade die richtige Innenpolitik - insbesondere in Friedenszeiten - das erste Interesse Frankreichs?

Es muss Veilchen zu Hauf gegeben haben, in Blumenkæsten am Fenster, am Revers...

Gruss, muheijo
Das stimmt vielleicht.

Aber warum hat denn Napoléon bei seiner außenpolitischen Bedrohung dennoch erstmal auch Truppen gegen die zu vermutende innenpolitischen Probleme zusammenziehen müssen? Doch bestimmt nicht, weil alle Veilchen anbauten! :nono:
Dass die Probleme mit den Royalisten dann doch nicht so groß waren, wie erwartet, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass man sich zumindest mit den Aufständischen aus der Vendée noch nach der Niederlage bei Waterloo schlug. Battle of Rocheserviere - Wikipedia, the free encyclopedia

Deine Argumentationsweise jedenfalls führt irgendwie zu keiner rechten Diskussion. Außenpolitik bewegt sich eben nicht in einem rein hypothetischen luftleeren Raum.
"Napoleon hätte auf dem Thron bleiben können, wenn nur die bösen Alliierten nicht gewesen wären..." Das ist für mich die falsche Herangehensweise. In diese höchst spekulative Dimension lässt sich kaum eine Diskussion durchführen, weil Du damit quasi auf Deinem Level bleibst, worüber sich nicht diskutieren lässt.
Genausogut könnte man zu Freunden von roten Rosen sagen: "Wenn es blaue Rosen gäbe, wären doch die blauen die schönsten. Also sind rote Rosen nicht schön.":still:
Gut aufgehoben wärest Du mit Deiner Ansicht vielleicht auf einem Reenactment, das im Winter 1814 spielt und wobei Du einen überzeugten Bonapartisten spielst.:yes::devil: "Die Verbündeten brauchen ja nicht über Frankreich herzufallen, wenn der Kaiser wieder zurück kommt. Also" mit verträumtem Blicke, "dürften im Frühling die Veilchen wieder kommen und die Bienchen und uns erwarten die nächsten 10 Jahre wahres Kaisertum."
 
Ich sehe weder dort noch sonstwo in den Geschichtsbuechern den Wunsch nach Krieg, Revision der Grenzen von 1814 oder gar erneuter (?) Weltherrschaft.
Ich sehe nur einen, der sich "seinen" Thron wiederholen wollte und vom Ausland durch Krieg daran gehindert wurde. :fs:
Gruss, muheijo

Es gibt Belege für Napoleons Absichten.

Zunächst aber die Belege dafür, dass weder wieder mit ihm verhandelt würde, noch dass seine Person als Garant für Frieden akzeptiert worden wäre. Dazu als 1. die Proklamation vom 31. März 1814, die die Pariser am folgenden Tag lesen konnten: (Ich habe sie einmal vollständig abgetippselt, auch um zu zeigen, dass mit dieser Proklamation der Bestand Frankreichs bereits gesichert war, etwas, was nicht selbstverständlich sein musste!)

„Die Armeen der verbündeten Mächte haben die Hauptstadt Frankreichs besetzt. Die verbündeten Herrscher nehmen die Willensbekundung der französischen Nation entgegen.
Sie erklären:
Dass die Friedensbedingungen wohl die stärksten Sicherungen bieten sollen, sofern es sich darum handelt, den Ehrgeiz Bonapartes zu fesseln, dass sie aber günstiger sein sollen, wenn Frankreich, durch die Rückkehr zu einer weisen Regierung, selbst die Sicherung dieser Ruhe bietet.
Die verbündeten Herrscher verkünden somit:
Dass sie nicht mehr mit Napoleon Bonaparte, noch mit einem Mitglied seiner Familie verhandeln werden;
dass sie die Integrität des früheren Frankreichs achten werden, wie es unter seinen legitimen Königen bestanden hat. Sie vermögen sogar mehr zu tun, denn sie achten stets den Grundsatz, dass für das Wohl Europas ein großes, starkes Frankreich nötig ist;
dass sie die Verfassung anerkennen und garantieren werden, die die französische Nation sich geben wird. Sie fordern daher den Senat auf, eine provisorische Regierung zu bestimmen, die für die Bedürfnisse der Verwaltung Sorge trägt und die Verfassung vorbereitet, die dem französischen Volke genehm ist.
Die Willensmeinungen, die ich hier ausgedrückt habe, sind allen verbündeten Mächten gemeinsam. Alexander [1]


Die Erklärung ist eindeutig. Warum meint Napoleon, es könnte sich daran etwas geändert haben, und dies nach den folgenden Erklärungen?:

Erklärung vom 4. April 1814
„Da die verbündeten Mächte proklamiert haben, der Kaiser Napoleon sei das einzige Hindernis zu Wiederherstellung des Friedens in Europa, erklärt der Kaiser Napoleon, seinem Eide getreu, dass er bereit ist, zum Wohle des Vaterlandes, das von den Rechten seines Sohne und der Kaiserin Regentin sowie von dem Fortbestehen der Staatsgesetze unzertrennlich ist, auf den Thron zu verzichten, Frankreich zu verlassen, ja sogar sein Leben zu opfern.“

Abdankungsakte
„Da die verbündeten Mächte erklärt haben, der Kaiser Napoleon sei das einzige Hindernis zur Wiederherstellung des Friedens in Europa, erklärt der Kaiser Napoleon, seinem Eide getreu, dass er für sich und seine Nachkommen auf den Thron Frankreichs und Italiens verzichtet, und dass es kein persönliches Opfer gebe, nicht einmal das seines Lebens, zu dem er nicht im Interesse Frankreichs bereit sei.
Verfasst im Schlosse Fontainebleau, den 11. April 1814. Napoleon [2]

Was bitte daran ist missverständlich? Welches Argument wäre tauglich, zu belegen, dass ein Sinneswandel der Alliierten möglich sei?

Keines! Und das wusste Napoleon genau, und das zeigen seine Aufrufe bei seiner Landung in Frankreich:

An das französische Volk, Jouan, 1. März 1815
„Franzosen, der Abfall des Herzogs von Castiglione überlieferte Lyon ohne Verteidigung unseren Feinden. Die Armee, deren Kommando ich ihm anvertraut hatte, war durch die Zahl ihrer Bataillone, die Tapferkeit und die Vaterlandsliebe der Truppen, aus denen sie bestand, vollkommen instand, das österreichische Armeekorps zu schlagen, das ihr entgegenstand, und in den Rücken des linken Flügels des feindlichen Heeres vorzurücken, das Paris bedrohte… Die Franzosen waren niemals näher daran, mächtiger zu werden, und der Kern des feindlichen Heeres war ohne Rettung verloren; es hätte sein Grab in jenen weiten Gegenden gefunden, die es so unbarmherzig verheert hatte, als der Verrat des Herzogs von Ragusa die Hauptstadt überlieferte und die Armee auflöste.“ [3]

Für jemanden, der nach deiner Meinung Frieden will, klingt diese Rückkehr (in seiner 1. Erklärung nach seiner Rückkehr!!) ins Jahr 1814 aber schon sehr merkwürdig, eher wie der Anschluss an den damaligen Krieg.
Und so nimmt diese Erklärung kein Wunder:

„Alles, was einzelne seit der Einnahme von Paris getan, geschrieben oder gesagt haben, werde ich immer unbeachtet lassen …“ [3]

In ähnlicher Rhetorik ist der Appell „An die Armee“ vom gleichen Tag gehalten:

„Soldaten, wir sind nicht besiegt worden; zwei Männer, die unsere Reihen verlassen haben, haben unsere Lorbeeren, ihr Vaterland, ihren Fürsten, ihren Wohltäter verraten …“[3]

Auffällig ist, dass in beiden Erklärungen nicht ein einziges Mal das Wort Frieden enthalten ist, dafür von Ruhm des Vaterlandes, Ehre und Sieg über den Feind die Rede ist …
Ich kann kein Zeichen erkennen, dass nicht einen neuerlichen Krieg in sich trägt. Beide Erklärungen zeigen sehr deutlich, dass Napoleon die Ereignisse der letzten Monate nicht anerkennt und mit seiner Wiederkehr die Revision anstrebt.

Wenn Napoleon beklagt, dass Ludwig XVIII. ihm seine Geldmittel vorenthält, dann ist das eine Sache zwischen dem König und ihm. Wenn er aber vertragsbrüchig Elba verlässt, dann ist dies eine andere Dimension, weil jetzt internationale Belange berührt waren.

Die Konsequenzen ließen nicht auf sich warten. Metternich erhielt die Nachricht der Landung N. in den frühen Morgenstunden des 7. März 1815:

„In wenigen Minuten war ich angekleidet und vor 8 Uhr bereits beim Kaiser:
„Napoleon scheint den Abenteurer spielen zu wollen, das ist seine Sache, die unsere ist, die Ruhe, welche er Jahre lang störte, der Welt zu sichern. Gehen Sie ohne Verzug zu dem Kaiser von Rußland und zum König von Preußen und sagen Sie ihnen, dass ich bereit bin, meiner Armee alsbald den Rückmarsch nach Frankreich zu befehlen. Ich zweifele nicht, dass die beiden Monarchen mit mir einverstanden sein werden.“
Metternich resümiert nach dem Besuch der beiden Monarchen:
„So war der Krieg in weniger als einer Stunde beschlossen.“ [4]

Grüße
excideuil

[1] Ferrero, Guglielmo: „Wiederaufbau – Talleyrand in Wien“, Leo Lehnen Verlag, München, (1950), Seiten 102-103
[2] Aretz, Gertrude und Paul: Napoleon I. – Mein Leben und Werk – Schriften – Briefe –Proklamationen - Bulletins“, Bernina-Verlag, Wien, Leipzig, 1936, Seite 413
[3] Krammer, Mario: „Napoleon I. Denkwürdigkeiten 1796 – 1815“, Weltgeist-Bücher Verlagsgesellschaft, Berlin o.J., Seiten 177-181
[4] Metternich: „Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren“ Erster Teil, 1773-1815, Wilhelm Braumüller, Wien 1880, Bd. I., Seite 210

 
Jetzt bist du wieder in der Argumentationskette "N = Kriegstreiber usw."
Warum sich nicht einen Napoleon vorstellen, der die Finanzen in Ordnung bringt, die Gesetzesbuecher vervollkommnet, die Verwaltung und Infrastruktur ausbaut, die Wirtschaft ankurbelt, sich um seinen lieben Sohn kuemmert, etc., etc.?

Napoleon als Friedensengel? Das ist allerdings eine sehr euphemistische Sichtweise.

Den stärksten Impuls für seine Konsolidierung erfuhr Napoleons Regime, wie so oft in der Geschichte, von kriegerischen Erfolgen. Schon als der Friede von Amiens 1802 geschlossen wurde, wusste Napoleon, dass ein dauerhafter Friede nur aufgrund eines echten Interessenausgleichs möglich gewesen wäre. Er wusste auch, dass die Aufrechterhaltung seiner Herrschaft im Innern und nach außen im Rahmen der von der Revolution geerbten "natürlichen Grenzen" langfristig nicht gesichert werden konnte.

Karl Marx hat seine Lage prägnant bschrieben: "Napoleon war der letzte Kampf des revolutionären Terrorismus gegen die gleichfalls durch die Revolution proklamierte bürgerliche Gesellschaft und deren Politik ... Napoleon betrachtete den Staat als Selbstzweck und das bürgerliche Leben nur als Schatzmeister und als seinen Subalternen, der keinen Eigenwillen haben dürfe. Er vollzog den Terrorismus, indem er an die Stelle der permanenten Revolution den permanenten Krieg setzte." (Karl Marx, Die Heilige Familie, in: MEW, Bd. 2, S. 130)

Somit bedeute Friede für Napoleon zeit seines Lebens nur die Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln. Es ist nicht erkennbar, warum diese tief im Charakter verankerte Struktur sich nach 1814 ändern sollte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Warum kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurueck?

Ich møchte nochmal zusammenfassen:

1. Er hatte die vereinbarten Gelder nicht erhalten, und musste mit seiner "Verlegung" nach St. Nirgendwo rechnen.
Es lag also klar ein Vertragsbruch vor --> Wieso sollte er sich an diesen Vertrag halten, wenn die Gegenpartei daran nicht gebunden fuehlt?
Zumal ihm keinerlei Druck- oder gar Rechtsmittel zur Verfuegung stand, dies durchzusetzen.

2. Es gab genuegend Akzeptanz fuer eine Rueckkehr.
Diese Akzeptanz war ihm bekannt, und sie lag u.A. in der schlechten Innenpolitik des Bourbonen begruendet.
In der spæteren Volksabstimmung stimmten immerhin 1,5 Mio. Wahlberechtigte von 5 Mio. fuer das neue Kaiserreich mit seiner liberalen Verfassung.
(das sind mehr als 10x so viele Ja-Stimmen, als bei den Bourbonen ueberhaupt stimmberechtigt waren)

3. Es gab eine unzureichende Bewachung.

Falsch war der gewæhlte Zeitpunkt. Zum Zeitpunkt der Landung waren die grossen Streitigkeiten beim Wiener Kongress vorueber, die politischen Entscheidungstræger Europas aber eben noch nicht wieder zuhause.

Wir haben doch 3 Zeitfenster:

a) N kehrt auf den Thron zurueck, auf dem Høhepunkt der Streitigkeiten auf dem Kongress.
b) N kehrt auf den Thron zurueck, nachdem der Kongress auseinander gegangen ist.
c) wie geschehen

Bei den beiden Møglichkeiten a) und b) sehe ich die Chance, dass N Frankreich hætte weiterregieren kønnen.
bei a) hætte sich der eine oder andere Teilnehmer-Staat des Kongresses vielleicht eine Chance ausgerechnet, mit Frankreichs/Ns Hilfe seine Ansprueche durchsetzen zu kønnen.
bei b) hætten Konsultationen, Abstimmungen der Verbuendeten mindestens længer gedauert als bei c), wenn es ueberhaupt zu dieser gemeinsamen Erklærung gegen N gekommen wære.

Alles in allem ein kalkuliertes Risiko, vøllig unrealistisch aus der Sicht des auf Elba sitzenden N sicherlich nicht.
Dass durch das Zeitfenster c) der Kæs dann im Grunde gegessen war, bestreitet wahrscheinlich niemand.

Den Friedenswillen Ns mag man aufgrund der Vorgeschichte bezweifeln, ganz von der Hand zu weisen ist es dennoch nicht.
Die weiter oben von exci zitierte Ansprache an Soldaten (!) sehe ich nicht als Beleg fuer Revisionsabsichten. Es ist der allbekannte Apell an Ruhm und Ehre, so wie N halt seine Soldaten immer an seine Seite gezogen hat. Von Frieden oder Krieg kann ich da nichts herauslesen.

Die Abdankungserklærung war von 1814 --> da war die Situation anders.
Mittlerweile hatten sich die Dinge eben geændert (siehe 1. und 2.), und andere hætten sich ændern kønnen ( siehe a) und b) )

Gruss, muheijo
 
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