Warum verlor der Süden den Krieg?

Gandolf schrieb:
James M. Mc Pershan, Für die Freiheit sterben, 1988, S. 261ff:

"Die Nachricht von dieser Niederlage (gemeint ist die Zerstörung von Fort Sumter, Gandolf) elektrisierte den Norden. Am 15. April erließ Lincoln eine Proklamation, in dr er die Einberufung von 75.000 Milizsoldaten für 90 Tage forderte, um eine Revolte niederzuschlagen, die >>zu stark ist, um auf dem üblichen Gerichtswege unterdrückt zu werden<<. Die Reaktion in den "freien Staate" war überwältigend. Auf Kriegsversammlungen in jeder Stadt und jedem Dorf jubelte man der Nationalflagge zu und schwor den Verrätern Rache. >>Alles ist außer Rand und Band<<, schrieb ein Harvardprofessor (...). >>Ich habe gar nicht gewußt, wie sehr das Volk in Rage geraten kann (...)<<. (...) Aus Ohio und dem Westen ertönte ein >>mächtiger Adlerruf<< nach der Flagge. >>Die Leute sind total verrückt geworden!<<

In New York City, bislang eine Brutstätte prosüdlicher Gesinnung, strömten eine Viertelmillion Menschen zu einer Kundgebung für die Union zusammen. >>Der Wandel der öffentlichen Meinung hier ist phantastisch, ja grenzt fast an ein Wunder<< schrieb ein New Yorker Kaufmann am 18. April. (...)

Die Demokraten stimmten in den >>Adlerruf<< dieses patriotischen Taumels ein. Stephen Douglas machte einen von der Presse ausführlich kommentierten Besuch im Weißen Haus, um für die nationale Einigung zu plädieren, und bei seiner Rückkehr in die Heimatstadt Chiago erklärte er vor einer großen Versammlung: >>Das Problem hat nur zwei Seiten. Ein jeder muss sich für oder gegen die Vereinigten Staaten entscheiden. Parteilose kann es in diesem Krieg nicht geben - nur Patrioten - oder Verräter.<< (...) >>Unsere Feinde sollen durch das Schwert sterben<<, so der Tenor demokratischer Leitartikel im Frühjahr 1861. >>Wir sollten alle zimperliche Sentimentalitäten abschütteln und blutige Rache üben an den nichtswürdigen Verrätern, die dieses Schicksal mit ihren gemeinen Unverschämtheiten und ihren Rebellentaten selbst heraufbeschworen haben<<.

Gouverneure aus dem Norden bestümen das Kriegsministerium mit Gesuchen um Erhöhung der Truppenquote ihres Staates. Lincoln hatte von Indiana sechs Regimenter erbeten; der Gouverneur bot deren 12 an. Der Gouveneur von Ohio telegraphierte, nachdem er die angeforderten 13 Regimenter gestellt hatte nach Washington, dass er >>kaum unter 20 haltmachen könne, ohne die Begeisterung der Leute ernstlich zu dämpfen.<< Gouverneur John Andrew aus Massachusetts schickte zwei Tage nach Lincolns Mobilmachungsaufruf eine markig kurze Antwort: >>Zwei unserer Regimenter rücken heute Nachmittag aus – eins nach Washington, das andere nach Fort Monroe; ein drittes wird morgen in Marsch gesetzt und vierte vor Ende der Woche.<<“

Also: die Zerstörung von Fort Sumter durch den Süden belegte die Rhetorik von der Gesetzlosigkeit des Südens und den Gefahren für den künftigen Frieden, die von der Sezession ausgingen. Nun kam die Mobilisierung des Nordens in Schwung. Die Bereitschaft, den Süden austreten zu lassen, wich der Entschlossenheit, die Rebellion des Südens niederzuwerfen.

Gandolf, ich kenn den McPherson auch, sowohl im amerikanischen Original als auch in der dt. Übersetzung. Ein gutes Buch, keine Frage. Aber ich denke, hier liegt er nicht ganz richtig.

Erstens: die Einlassung in meinem Link, dass es sehr viele Arme und Arbeitslose im Norden waren, die sich meldeten, weil die Anwerber Prämien zahlten. Und: dass nur einige Staaten - nämlich die von McPherson genannten - gut auf den Aufruf reagierten.

Andere Staaten, die sich bisher der Sezession nicht angeschlossen hatten und es wohl auch ohne den Aufruf Lincolns nicht getan hätten, weigerten sich, Truppen zu stellen und sagten sich jetzt erst von der Union los (Arkansas, Tennessee) ... andere wiederum blieben offiziell in der Union, stellten aber offiziell keine Truppen (Kentucky, Missouri).

Das spricht doch gegen Deine These, dass die Frage nach dem Bewusstsein von Recht und Unrecht so klar für alle war.

Zweitens: McPherson zitiert hier Zeitungen, Politiker und Bildungsbürgertum ... ich habe mit Interesse Deine Ausführungen bzgl. der Kriegsbegeisterung am Anfang des Ersten Weltkriegs verfolgt und obwohl ich nicht sicher bin, ob sie auf den Ersten Weltkrieg wirklich zutreffen, denke ich, dass man hier auch vorsichtig sein muss. Meine Informationen und Quellen (eben nicht nur McPherson, sondern auch Bruce Catton, Shelby Foote etc) geben eine solche Kriegsbegeisterung unter den Truppen nicht her.
 
Gandolf schrieb:
Meiner Meinung nach gab es einen großen Unterschied zwischen den Problemen im Norden und denen im Süden: der Süden hatte 1861 fast alle Schlachten gewonnen.[/FONT][/COLOR]
Die Armee des Nordens war durch den Kriegsverlauf demoralisiert. Die Niederlagen des Nordens ließen die Gefahren, vor denen die Rhetorik des Nordens warnte (Auflösung des Rechts und ewige Kriege), zur drohenden Gewissheit werden. Um den drohenden Sieg des Südens zu verhindern, nahm nun die Zahl der Freiwilligen im Norden sogar zu („nun erst recht“). Nach der Niederlage von Bull Run wurden die Rekrutierungsbüros der Union von freiwilligen gestürmt, die sich auf drei Jahre verpflichteten! (vgl. James M. McPershan, Für die Freiheit sterben, 1988, S. 338).
Der Süden hatte interessanterweise trotz seiner Siege ein Mobilisierungsproblem. Die Soldaten des Südens hatten genug vom Krieg und wollten zu ihrem Leben im stillen Winkel zurückkehren. Selbst die Siege des Südens vermochten nicht eine größere Zahl neuer Freiwillige aus diesem stillen Winkel herauszulocken. Der Appell an den Schutz des kollektiven Lebensgefühls prallte ganz offensichtlich am Wunsch der Einzelnen ab, ihr ganz individuelles Leben ohne den existenziellen Gefahren eines Krieges führen zu wollen, was immer aus der Konföderation werden sollte. Wenn schon der Süden der Union den Rücken zuwenden dufte, warum dann nicht auch der Südstaatler den verzweifelten Appellen der Konföderation?[/FONT][/COLOR]

Ich fürchte, auch hier gibt es durchaus von McPherson abweichende Darstellungen (vgl. nur unter dem angegebenen Link):
"On 22nd July, 1861, Congress authorized a volunteer army of 500,000 men. Individual states were still responsible for equipping and outfitting the soldiers. However, by the late summer numbers willing to volunteer dropped dramatically. The Union Army also began to suffer from an increasing number of desertions."

Und: irgendwie widersprichst Du Dir selbst: Entweder ist die Armee demoralisiert oder es gab ein "jetzt erst recht" Gefühl - beides zusammen passt schlecht.

Wie viele entscheidende Schlachten gab es denn 1861? Bull Run ... und sonst?
Wenn man die ganzen kleineren Gefecht nimmt, dann hatte mal der Süden, mal der Norden die Oberhand (vgl. http://americancivilwar.com/tl/tl1861.html)

Im weiteren Kriegsverlauf:
"In January 1863 it was clear that state governors in the north could not raise enough troops for the Union Army. On 3rd March, the federal government passed the Enrollment Act. This was the first example of conscription or compulsory military service in United States history. The decision to allow men to avoid the draft by paying $300 to hire a substitute, resulted in the accusation that this was a rich man's war and a poor man's fight"

"The Enrollment Act resulted in Draft Riots in several American cities. There was heavy loss of life in Detroit but the worst rioting took place in New York City in July. The mob set fire to an African American church and orphanage, and attacked the office of the New York Tribune. Started by Irish immigrants, the main victims were African Americans and activists in the anti-slavery movement. The Union Army were sent in and had to open fire on the rioters in order to gain control of the city. By the time the riot was over, nearly a 1,000 people had been killed or wounded."

Hört sich nicht danach an, als wären die Menschen im Norden so überzeugt davon, dass man für das Richtige nun kämpfen müsste.

Sehr interessant auch das hier bzgl. der Armee der Konföderation:
"In the Confederate Army all officers below the rank of brigadier were elected by the troops. There were no medals awarded as it was claimed they were all heroes and it would be wrong to single anyone out. The highest honor was to be mentioned in dispatches.

Some soldiers in the Confederate Army was willing to defend the South from the Union Army but objected to offensive operations. When Robert E. Lee decided to take the war to the north in the summer of 1863, an estimated 50,000 men deserted
."

Daraus lässt sich meiner Ansicht erkennen, dass die Soldaten durchaus von ihrer Sache (Verteidigung der Heimat, der Lebensweise) überzeugt waren. Sie sind bereit, für die Verteidigung zu kämpfen - aber nicht in die Offensive zu gehen. Wäre die "Motivation" zum Kampf nur die Wehrpflicht gewesen, würde es keine große Rolle spielen, ob der Krieg im Norden oder im Süden statt findet. Nein, ich denke, dass sich hier zeigt, dass der Südstaatler aus seiner Sicht für etwas Richtiges/Gutes kämpfte und dann sogar durchaus Konsequenzen zog, wenn er nicht mehr überzeugt war, dass es richtig war, was die Führung anordnete. Wäre er von Anfang an nicht von der Rechtmäßigkeit des Kampfes überzeugt gewesen, hätte es schon früher höhere Desertationszahlen gegeben (insgesamt während des ganzen Krieges verzeichnete der Süden "nur" 100 000 Deserteure, der Norden 201 000; um das im Kontext sehen zu können, hier noch einige Zahlen:
A total of 1,406,180 men enlisted in the Confederate Army during the war. An estimated 52,954 men who were killed in action, 21,570 died of their wounds and 59,297 were the victims of disease. At the end of the war 174,223 men surrendered to the Union Army.
Of the 2,128,948 men who served in the Union Army a total of 359,528 were known to have died. This included 67,058 men who were killed in action, 43,012 who died of their wounds and 224,586 were the victims of disease. Another 24,872 were killed in accidents or died from other causes.


daraus ergibt sich für den Norden eine leicht höhere Quote an Desertationen, was nicht für die Überzeugung bzgl. der eigenen Sache spricht)

Die oben genannten 50 000 Desertationen in der Konföderierten Armee finden übrigens genau zu einem Zeitpunkt statt, als der Süden eine Reihe militärischer Erfolge errungen hatte, die es Lee erst ermöglichten, wieder in die Offensive zu gehen.
 
heinz schrieb:
Lieber Pope,
warum nicht?:confused:

1. Weil hier schon genügend Argumente vorgebracht wurden, dass es das nicht ALLEINE war.

2. Einen Krieg verliert man, wenn man aufgibt. Zahlreiche Beispiele wirst auch sicher Du vorbringen können, wo Mensch + Material nicht zwangsläufig zum Sieg führten. USA in Vietnam, England im Burenkrieg, Russland in Afghanistan, ...
 
Papa_Leo schrieb:
Gandolf, ich kenn den McPherson auch, sowohl im amerikanischen Original als auch in der dt. Übersetzung. Ein gutes Buch, keine Frage. Aber ich denke, hier liegt er nicht ganz richtig.

Erstens: die Einlassung in meinem Link, dass es sehr viele Arme und Arbeitslose im Norden waren, die sich meldeten, weil die Anwerber Prämien zahlten. Und: dass nur einige Staaten - nämlich die von McPherson genannten - gut auf den Aufruf reagierten.

Andere Staaten, die sich bisher der Sezession nicht angeschlossen hatten und es wohl auch ohne den Aufruf Lincolns nicht getan hätten, weigerten sich, Truppen zu stellen und sagten sich jetzt erst von der Union los (Arkansas, Tennessee) ... andere wiederum blieben offiziell in der Union, stellten aber offiziell keine Truppen (Kentucky, Missouri).

Das spricht doch gegen Deine These, dass die Frage nach dem Bewusstsein von Recht und Unrecht so klar für alle war.


Zweitens: McPherson zitiert hier Zeitungen, Politiker und Bildungsbürgertum ... ich habe mit Interesse Deine Ausführungen bzgl. der Kriegsbegeisterung am Anfang des Ersten Weltkriegs verfolgt und obwohl ich nicht sicher bin, ob sie auf den Ersten Weltkrieg wirklich zutreffen, denke ich, dass man hier auch vorsichtig sein muss. Meine Informationen und Quellen (eben nicht nur McPherson, sondern auch Bruce Catton, Shelby Foote etc) geben eine solche Kriegsbegeisterung unter den Truppen nicht her.



Meine These bezog sich auf die Sicht des Nordens. Die nach der Sezession und vor dem Angriff auf Fort Sumters verbreitete Rhetorik vom Verfassungsbruch des Südens und der Gefahr künftiger Kriege hat den Boden vorbereitet, auf dem dann die Drachensaat, die mit dem Angriff des Südens auf Fort Sumters gelegt wurde, aufgehen konnte. Mit diesem Angriff erwies sich der Süden als Rechts- und Friedensbrecher. Das Erlebte passte zur Rhetorik und somit erschien den Menschen die Rhetorik auch richtig.

Ich kann leider wenig zu Deinen Einwänden sagen, dass McPershon die Stimmungslage des Nordens nicht richtig wiedergibt. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mangels eigener Möglichkeiten zur Quelleforschung, Deinem Hinweis nicht nachgehen kann. Auch will ich gar nicht ausschließen, dass sich der Angriff auf Fort Sumters und Lincolns Aufruf auf die Bundesstaaten polarisierend auswirkten. Den Politikern und Menschen wurde durch diese Ereignisse klar, dass nun die Zeit gekommen war, sich zwischen den Kriegsparteien zu entscheiden. Manche mögen sich für die Unionsverfassung entschieden haben, andere für ihre Besitzstandsinteressen.

Aber eines scheint mir McPershon durchaus richtig wieder zu geben: der Angriff auf Fort Sumter stellte im Norden einen Wendepunkt dar und wirkte innerhalb des Nordens mobilisierend. Aus den Erklärungen der Nord-Demokraten wird zudem deutlich, dass sich der Norden hinter seinem Präsidenten sammelte. Buchanan, Lincoln und Douglas brandmarkten übereinstimmend die Sezesion als Rechtsbruch.

Um den Unterschied zwischen dem Recht, für das der Norden eintrat, und dem Recht, das der Süden für sich in Anspruch nahm, noch deutlicher zu machen, und welchen Einfluss dies auf die Entschlossenheit hatte, möchte ich auf folgendes hinweisen:
  • Die Argumentation des Südens, man sei berechtigt aus der Union auszutreten, basiert auf einer verfassungsrechtlichen Detailfrage (dem Austrittsrecht). Der Laie kann eine solche Detailfrage im Grunde nicht auf der Basis eigenen Urteilsvermögens und somit eigener Überzeugung entscheiden. Er glaubt an das, was ihm hierzu von der Presse und seiner Umgebung erzählt wird. Infolgedessen sind für ihn andere Aspekte, wie die des Schutzes althergebrachter Gewohnheiten, Besitzstände und des Lebensgefühls als ausschlaggebende Kriegsgründe viel wichtiger als undurchschaubare Verfassungsfragen. Es kann dann schon sein, dass er für die Verteidigung solcher Güter sogar bereit ist, einen Verfassungsbruch hinzunehmen.
  • Die Rhetorik des Nordens basierte auf einer Wenn-dann-Argumentation. Wenn es dem Süden gelingt, sich den verfassungsrechtlichen Verpflichtungen durch Austritt zu entziehen, dann hat eine Verfassung künftig überhaupt keinen Sinn mehr, dann werden weitere Austritte folgen und dann wird es zwischen einer Vielzahl von Republiken wie in Europa ständig Krieg geben. Diese Argumentation ist rein logischer Natur. Sie setzt überhaupt keine verfassungsrechtlichen Kenntnisse voraus. Im Gegenteil: gerade der Laie, der über keine derartigen Kenntnisse verfügt, wird diese Argumentation besonders überzeugend finden. Er wird auf der Grundlage eigener Überzeugung zur Verteidigung dieses Prinzips schreiten.
  • Der Verteidiger eines Prinzips hat im Grunde keine Möglichkeit, bei der Frage der Durchsetzung des Prinzips einen Kompromiss einzugehen. Wenn das Prinzip nicht durchgesetzt wird, dann gilt es nicht mehr, also muss es durchgesetzt werden. Freilich kann er versuchen, der anderen Seite die Unterwerfung unter sein Prinzip durch Entgegenkommen in anderen Fragen schmackhaft zu machen, so wie dies Lincoln 1862 mit seinem Angebot versuchte, die Sklaverei im Süden bis 1900 zu dulden. ABER zur Durchsetzung des Prinzips (hier Supremat der Verfassung) gibt es keine Alternative. Diese Alternativlosigkeit erhöht also seine Entschlossenheit, sich durchzusetzen, koste es eben, was es wolle, weil ja sonst sowieso alles verloren wäre.
  • Beim Verteidiger eines Besitzstandes ist das schon ganz anders. Besitzstände sind, auch wenn sie seit jeher bestehen, durchaus gestaltbar und wandelbar. Das mag einem Besitzstandswahrer nicht leicht fallen. Aber schon der Preis, den er für einen Krieg zu zahlen hat, mindert den Wert des Besitzstandes. Je größer dieser Preis wird, desto weniger macht es – reinobjektiv betrachtet - Sinn an diesem Besitzstand weiter festzuhalten und desto größer ist für ihn der Anreiz nachzugeben und einen Teil seines Besitzstandes zu retten. Emotionen, Trotz- und Zusammengehörigkeitsgefühle mögen diese Einsicht verzögern. Aber er hat eine Alternative und je größer der Druck auf ihn wird, desto eher wird er sich für diese Alternative entscheiden. Der Verteidiger eines Prinzips hat keine derartige Alternative.
 
Papa_Leo schrieb:
Ich fürchte, auch hier gibt es durchaus von McPherson abweichende Darstellungen (vgl. nur unter dem angegebenen Link):

"On 22nd July, 1861, Congress authorized a volunteer army of 500,000 men.
Individual states were still responsible for equipping and outfitting the soldiers. However, by the late summer numbers willing to volunteer dropped dramatically. The Union Army also began to suffer from an increasing number of desertions."
Ich kann da nicht wirklich einen Widerspruch erkennen, zu dem was ich gepostet habe. Man muss zwischen der Lage unmittelbar nach Bull Run (21.7.1861) und der vom Spätsommer 1861 („late summer“) bis Januar 1862 unterscheiden. Der Norden musste eine Reihe von Niederlagen einstecken (Bull Run, Wilson’s Creek, Lexington/Missouri, Ball’s Bluff). Zudem wirkte die Armee untätig. In der Öffentlichkeit nahmen die Spannungen über die künftige Strategie der Union zu. Zudem wurden viele Freiwillige, die bei ihrem Eintritt in die Armee vom Soldatenhandwerk keine Ahnung hatten, vom Militäralltag und vom Kampf desillusioniert. Das alles ließ dann eine defätistische Stimmung entstehen. Aber dieser Defätismus war eben der einer vom Süden verprügelten Armee, währenddessen der drohende Zusammenbruch der Südstaatenarmee Auflösungserscheinungen einer bis dahin siegreichen Armee waren, die erst mit Hilfe der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht gestoppt werden konnten.
Papa_Leo schrieb:
Und: irgendwie widersprichst Du Dir selbst: Entweder ist die Armee demoralisiert oder es gab ein "jetzt erst recht" Gefühl - beides zusammen passt schlecht.
Auch hier kann ich keinen Widerspruch erkennen. Das Erst-recht-Gefühl stellte sich in den Wochen nach Bull Run bei der Bevölkerung ein und führte zu einem Run auf die Rekrutierungsbüros. Doch die Armee selbst litt unter ihren Niederlagen. Viele Offiziere wurden von Selbstzweifeln geplagt, ob der Süden nicht doch besser sei. Zudem scheute der militärische Oberbefehlshaber der Unionsarmee McClellan das Risiko. Im August 1861 standen ihm fast doppelt so viele Soldaten zur Verfügung wie dem Süden, dennoch sah er sich in der Unterlegenheit. Im November 1861 war die Armee des Nordens fast dreimal so stark wie des Südens, dennoch sah er keine Möglichkeit etwas zu tun. Im Norden wurde der Defätismus also auch durch das Verhalten der Militärführung mitverschuldet.
Papa_Leo schrieb:
Wie viele entscheidende Schlachten gab es denn 1861? Bull Run ... und sonst?
Wenn man die ganzen kleineren Gefecht nimmt, dann hatte mal der Süden, mal der Norden die Oberhand (vgl. http://americancivilwar.com/tl/tl1861.html)
Nun ich würde mich schon auf die wichtigen Schlachten beschränken und nicht jedes kleine Scharmüzel mitzählen wollen:

  • Bull Run als erste bedeutende Schlacht (21.7.1861)
  • Wilson’s Creek (10.8.1861)
  • Ball´s Bluff (21.10.1861)
Papa_Leo schrieb:
Im weiteren Kriegsverlauf:
"In January 1863 it was clear that state governors in the north could not raise enough troops for the Union Army. On 3rd March, the federal government passed the Enrollment Act. This was the first example of conscription or compulsory military service in United States history. The decision to allow men to avoid the draft by paying $300 to hire a substitute, resulted in the accusation that this was a rich man's war and a poor man's fight"
"The Enrollment Act resulted in Draft Riots in several American cities. There was heavy loss of life in Detroit but the worst rioting took place in New York City in July. The mob set fire to an African American church and orphanage, and attacked the office of the New York Tribune. Started by Irish immigrants, the main victims were African Americans and activists in the anti-slavery movement. The Union Army were sent in and had to open fire on the rioters in order to gain control of the city. By the time the riot was over, nearly a 1,000 people had been killed or wounded."

Hört sich nicht danach an, als wären die Menschen im Norden so überzeugt davon, dass man für das Richtige nun kämpfen müsste.
Wie Du es ja selbst geschrieben hast, betrifft dieses Zitat den weiteren Kriegsverlauf (1863 ff.) und eben nicht die Frage, mit welchem rhetorischen Konzept die jeweiligen Führungen ihre Seite in den Krieg führte und mobilisierte. Zudem vertrete ich ja gerade nicht die Auffassung, dass der Norden den Sezessionskrieg zur Abschaffung der Sklaverei führte, auch wenn die Abitionalisten dieses Ziel sicherlich auch im Krieg verfolgten.
Papa_Leo schrieb:
Sehr interessant auch das hier bzgl. der Armee der Konföderation:
"In the Confederate Army all officers below the rank of brigadier were elected by the troops. There were no medals awarded as it was claimed they were all heroes and it would be wrong to single anyone out. The highest honor was to be mentioned in dispatches.

Some soldiers in the Confederate Army was willing to defend the South from the Union Army but objected to offensive operations. When Robert E. Lee decided to take the war to the north in the summer of 1863, an estimated 50,000 men deserted."
Papa_Leo schrieb:
Daraus lässt sich meiner Ansicht erkennen, dass die Soldaten durchaus von ihrer Sache (Verteidigung der Heimat, der Lebensweise) überzeugt waren. Sie sind bereit, für die Verteidigung zu kämpfen - aber nicht in die Offensive zu gehen. Wäre die "Motivation" zum Kampf nur die Wehrpflicht gewesen, würde es keine große Rolle spielen, ob der Krieg im Norden oder im Süden statt findet. Nein, ich denke, dass sich hier zeigt, dass der Südstaatler aus seiner Sicht für etwas Richtiges/Gutes kämpfte und dann sogar durchaus Konsequenzen zog, wenn er nicht mehr überzeugt war, dass es richtig war, was die Führung anordnete. Wäre er von Anfang an nicht von der Rechtmäßigkeit des Kampfes überzeugt gewesen, hätte es schon früher höhere Desertationszahlen gegeben (insgesamt während des ganzen Krieges verzeichnete der Süden "nur" 100 000 Deserteure, der Norden 201 000; um das im Kontext sehen zu können, hier noch einige Zahlen:

A total of 1,406,180 men enlisted in the Confederate Army during the war.
An estimated 52,954 men who were killed in action, 21,570 died of their wounds and 59,297 were the victims of disease. At the end of the war 174,223 men surrendered to the Union Army.
Of the 2,128,948 men who served in the Union Army a total of 359,528 were known to have died. This included 67,058 men who were killed in action, 43,012 who died of their wounds and 224,586 were the victims of disease. Another 24,872 were killed in accidents or died from other causes.


daraus ergibt sich für den Norden eine leicht höhere Quote an Desertationen, was nicht für die Überzeugung bzgl. der eigenen Sache spricht)

Die oben genannten 50 000 Desertationen in der Konföderierten Armee finden übrigens genau zu einem Zeitpunkt statt, als der Süden eine Reihe militärischer Erfolge errungen hatte, die es Lee erst ermöglichten, wieder in die Offensive zu gehen.







Ich finde, dass die Zahlen über Desertationen recht wenig über die Mobilisierbarkeit der Bevölkerung aussagen. Die Mobilisierbarkeit betrifft die Frage der Unterstützung des Kampfes durch die Bevölkerung, also zum Beispiel des Eintritts in die Armee. Desertationen hingegen spielen sich in der Armee ab. Ihre Zahl hängt nicht nur von der Überzeugung der Truppe, für eine gerechte Sache zu kämpfen ab, sondern auch von Faktoren wie Fähigkeit der Führung, Ausbildung, Erfolge, etc. Anders als in der Südstaatenarmee wurde die Nordstaatenarmee von ziemlich vielen unfähigen Offizieren geführt. Das muss sich dann natürlich auch in den Desertationszahlen niederschlagen. Freilich wundert mich nicht, dass die kleinere Südstaatenarmee auch weniger Desertationen hatten als die größere Nordstaatenarmee.


Verwunderlich finde ich allerdings schon, dass die Südstaatenarmee Ende 1861/Anfang 1862 trotz ihrer Siege nur noch durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und damit durch den Übergang zum Volkskrieg gerettet werden konnte. Mit diesem Übergang zum Volkskrieg wurde das Konzept der Mobilisierung geändert. Nun ging es eben für jedermann (Ausnahmen gab es natürlich für die Plantagenbesitzer und deren Söhne schon - "Ersatzmannregelung") ums Überleben. Das schweißt stärker zusammen als wenn es nur um Besitzstände geht und man
  • als Zivilist wenig mit dem Kampfgeschehen zu tun hat oder
  • als Soldat durch die Nichtverlängerung seiner Dienstpflicht unproblematisch ins Zivilleben zurück kann.
Was die Desertationszahlen im Sommer 1863 angeht, sagen diese wohl eher etwas über die Lage im Sommer 1863 (nach der verlorenen Schlacht von Gettysburg 1.-3.7.1863) aus als über die ursprüngliche Motivation der Soldaten, in den Krieg zu ziehen. Zudem hatten diese aufgrund der Wehrpflicht doch ohnehin keine Alternative zu ihrer Teilnahme am Krieg. Die Wehrpflicht wiederum war die Folge des drohenden Zusammenbruchs der Südstaatenarmee. Der Zusammenbruch wiederum drohte der Südstaatenarmee trotz ihrer hervorragenden Offiziere und ihrer Erfolge. Ganz offensichtlich reichte der Appell, die Rechte des Südens, seine Besitzstände und seine Lebensgewohnheiten, zu „verteidigen“, nicht mehr aus, um den Kampf fortsetzen zu können.

Interessant sind auch die Ausnahmen, die es im Süden von der Wehrpflicht gab und wie die Ausnahmetatbestände von den Männern des Südens genutzt wurde, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen. Ich will nun nicht sagen, dass dies für die mangelnde Überzeugung des Südens spricht, für eine gerechte Sache zu kämpfen. Aber wer halt primär den kollektiven Besitzstand verteidigt, scheint wenig geneigt zu sein, seinen eigenen für die Dauer des Krieges im Stich zu lassen.



 
Zuletzt bearbeitet:
@ Pope:

Lieber Pope, ich muss da leider Heinz beipflichten.

Oder aber Du nennst mir einige der "anderen" Gründe, die hier für den Sieg der Union angeführt wurden. Leider habe ich keine gefunden.

Der Aspekt der Moral, der hier von einigen in die Diskussion eingeführt wurde, kann und will ich nicht gelten lassen.
Die Moral war, wie ich bereits zuvor versucht habe auszuführen, eher auf der Seite der Südstaaten, denn es ging nicht um die Abschaffung der Sklaverei als die Union begann gegen den Süden in den Krieg zu ziehen.

Die fähigeren Offiziere befanden sich ebenfalls, meines Erachtens nach, auf Seiten der Südstaaten - zumindest zu Beginn des Konflikts.

Die von Dir aufgezählten Beispiele sind jedoch nicht mit der zu Grunde liegenden Situation vergleichbar.

Im vorherrschenden Krieg kämpften Amerikaner gegen Amerikaner und zwar auf einem Territorium das beide Seiten sehr gut kannten.
Lässt man nun strategische Entscheidungen beiseite und geht man davon aus, dass eine Guerillataktik sowie eine Taktik der verbrannten Erde (z.B. der von Dir angeführte Burenkrieg) für keine der Seiten in Frage gekommen wäre, so führt lediglich nur eins zum Sieg: eine wirtschaftliche und zahlenmäßige Überlegenheit.

Beides hatte der Norden auf seiner Seite.

Natürlich (s. Gandolf oben) war der Norden schon zu Beginn des Krieges in einer zahlenmäßigen Überlegenheit und musste trotzdem Verluste und Niederlagen einstecken, dies war aber, meines Erachtens, auf die Fehleinschätzungen der Militärführung zurückzuführen. Sobald diese in taktischer und strateischer Hinsicht zumindest ein Gleichgewicht erreicht hatte, konnte die Auseinandersetzung auf Dauer nur zu einem Sieg der Union führen, da diese das größere Kontingent an Mensch, Material und Geld zur Verfügung hatte.

@ Gandolf und Papa_Leo:

Quo vadis?
 
Wellington schrieb:
@ Pope:

Lieber Pope, ich muss da leider Heinz beipflichten.

Oder aber Du nennst mir einige der "anderen" Gründe, die hier für den Sieg der Union angeführt wurden. Leider habe ich keine gefunden.

:motz:

Dann guck doch mal hier:

http://www.historynet.com/ah/blwhysouthlost/

Der Link wurde letzte Woche schon angeführt. Ich führe mal einige der Punkte an. Natürlich sagen viele der Historiker auch, dass die numerische Ausganslage im Süden ungünstig war, aber so einfach machen sie es sich nicht, dass sie alles auf diese Karte setzen würden.

WILLIAM C. DAVIS
Former editor of Civil War Times Illustrated and author of more than thirty books about the war, including the recent "A Government of Our Own": The Making of the Confederacy.
The South lost the war because the North and Abraham Lincoln were determined to win it.

BRIAN POHANKA
Consultant for the weekly series "Civil War Journal" on the Arts and Entertainment network, on-set history advisor for the movie Gettysburg, a staff writer and researcher for Time-Life Books' The Civil War series, and a founder of the Association for the Preservation of Civil War Sites.
But of course the factors that enter into the South's ultimate defeat are those things that you hear time and time again, and with a great amount of validity: the North's industrial base; the North's manpower resources; the fact that foreign recognition was denied the Confederacy.

NOAH ANDRE TRUDEAU
Author of three books about the war's final year, including the recent Out of the Storm: The End of the Civil War (April-June 1865).
So, one key reason the South lost is that as time went on and the war got serious, Southerners began losing faith in the cause because it really did not speak to them directly.

JAMES M. MCPHERSON
Professor of history at Princeton University and author of nine books about the Civil War, including the Pulitzer Prize-winning Battle Cry of Freedom.
Superior leadership is a possible explanation for Union victory. Abraham Lincoln was probably a better war president than Jefferson Davis and certainly offered a better explanation to his own people of what they were fighting for than Davis was able to offer. By the latter half of the war, Northern military leadership had evolved a coherent strategy for victory which involved the destruction of Confederate armies but went beyond that to the destruction of Confederate resources to wage war, including the resource of slavery, the South's labor power. By the time Grant had become general-in-chief and Sherman his chief subordinate and Sheridan one of his hardest-hitting field commanders, the North had evolved a strategy that in the end completely destroyed the Confederacy's ability to wage war. And that combination of strategic leadership -- both at the political level with Lincoln and the military level with Grant, Sherman, and Sheridan -- is what in the end explains Northern victory.

ARY GALLAGHER
Professor of history at Pennsylvania State University and author, coauthor, or editor of eleven books about the war, including the recent Third Day at Gettysburg and Beyond and The Fredericksburg Campaign: Decision on the Rappahannock.
The primary reason the Confederates did not have more success on the battlefield is that they developed only one really talented army commander, and that, of course, was Robert E. Lee. There never was a commander in the West who was fully competent to command an army -- and I include Joseph E. Johnston and Albert Sidney Johnston and Braxton Bragg and the rest in that company. The almost unbroken string of failures in the West depressed Confederate morale. Lee's successes in the East were able to compensate for that for a good part of the war, but in the end there simply was too much bad news from the battlefield.

RICHARD McMURRY
Historian and author of Two Great Rebel Armies, which examines the Confederacy's defeat.
If I had to pin the South's defeat down to one sentence, I would have to say it was due to very bad military commanders: Albert Sidney Johnston, P. G. T. Beauregard, Braxton Bragg, John C. Pemberton, Joseph E. Johnston, and John Bell Hood (and if you want to go down a notch or two in the command structure, Leonidas Polk, William J. Hardee, and Joseph Wheeler).

MARK GRIMSLEY
Professor of history at Ohio State University and author of the upcoming Hard Hand of War, his first book about the war.
The answer to the second question seems to involve a combination of two things. First, the political culture in the South made it difficult for the many people (including those in leadership positions in the Confederacy) who wanted a negotiated settlement to make their will felt. Instead, Jefferson Davis, as president, was able to continue insisting on no peace short of independence. In a real two-party culture, Davis might have been pressured to compromise, or he might have been eased out, or the Congress might have been able to do something.

The other part of the answer is that while the key Confederate commanders -- Beauregard, Lee, Joe Johnston -- were trying to maximize their military position so as to influence any kind of peace negotiations and give the North an incentive to allow the South to reenter the Union on somewhat its own terms, military mistakes in the late winter and early spring of 1865 scuttled the Confederate military position in Virginia and the Carolinas. This precipitated a collapse sooner than might have happened, undermining any chance that the Confederate government might eventually pursue a negotiated settlement.

HERMAN HATTAWAY
Professor of history at the University of Missouri, Kansas City, and coauthor of Why the South Lost the Civil War.
My collaborators and I, in our book Why the South Lost the Civil War, laid out our theory, which is that the South lost the Civil War because it didn't really want to win badly enough. Defeat was ultimately due to a loss of collective will.

EDWIN C. BEARSS
Former chief historian of the National Park Service and author of several books about the war.
So if the South were to win, it had to win a short war by striking swiftly -- in modern parlance, by an offensive blitzkrieg strategy. But the Confederates had established their military goals as fighting in defense of their homeland. In 1861, when enthusiasm was high in the South, it lacked the wherewithal and the resolution to follow up on its early victories, such as First Manassas in the East and at Wilson's Creek and Lexington in the West.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gandolf schrieb:
Wie Du es ja selbst geschrieben hast, betrifft dieses Zitat den weiteren Kriegsverlauf (1863 ff.) und eben nicht die Frage, mit welchem rhetorischen Konzept die jeweiligen Führungen ihre Seite in den Krieg führte und mobilisierte. Zudem vertrete ich ja gerade nicht die Auffassung, dass der Norden den Sezessionskrieg zur Abschaffung der Sklaverei führte, auch wenn die Abitionalisten dieses Ziel sicherlich auch im Krieg verfolgten.

Nun, dann hat die Motivation, mit der die Führung des Nordens "ihre Seite in den Krieg führte" aber nicht lange gehalten - jedenfalls nicht lange genug, um als ein Faktor für den Sieg der Union im Krieg herhalten zu können - und das war Deine Einstiegsthese.
Inzwischen bist Du da anscheinend leicht abgeschwenkt und konzentrierst Dich auf die "Mobilisierbarkeit der Bevölkerung".

Geht's jetzt nur noch um die Mobilisierbarkeit? Die Desertation sagt wenig darüber, richtig, aber sie sagt viel über die Motivation aus. Wenn eine Armee eine recht große Zahl an Desertationen aufweist, dann kann sie nicht mehr so motiviert sein. Die kleiner Südstaatenarmee hatte weniger Desertationen, richtig, aber wenn man die Zahlen der Desertationen im Verhältnis zur Anzahl der Soldaten setzt, muss man feststellen, dass auch im Verhältnis im Süden weniger Soldaten desertierten. Nimmt man nun den Faktor Kriegserfolg hinzu, dann müssten die Anfangserfolge der Konföderation durch die Ereignisse ab Sommer 1863 (Gettysburg) aufgewogen werden. Die Desertationszahlen im Verhältnis zur Soldatenzahl belegen: Die Motivation im Norden war nicht höher, die Überzeugung, im Recht zu sein, war, falls überhaupt vorhanden, nicht entscheidend.

Und das, lieber Gandolf, war aber die Ausgangsthese: Der Norden gewann AUCH, weil der davon überzeugt war, im Recht zu sein und damit seine Soldaten motivierter. Und dazu ist die Motivation im weiteren Kriegsverlauf wichtiger als die Motivation am Anfang.


Wenn aber deutlich wird, dass - sobald die "mobilisierte Bevölkerung" nun als Soldat im Kampf steht - eine höhere Motivation nicht mehr gegeben ist, dann ist das kein Faktor mehr, der den Sieg der Union erklären kann.

Gandolf schrieb:
Ich finde, dass die Zahlen über Desertationen recht wenig über die Mobilisierbarkeit der Bevölkerung aussagen. Die Mobilisierbarkeit betrifft die Frage der Unterstützung des Kampfes durch die Bevölkerung, also zum Beispiel des Eintritts in die Armee. Desertationen hingegen spielen sich in der Armee ab. Ihre Zahl hängt nicht nur von der Überzeugung der Truppe, für eine gerechte Sache zu kämpfen ab, sondern auch von Faktoren wie Fähigkeit der Führung, Ausbildung, Erfolge, etc. Anders als in der Südstaatenarmee wurde die Nordstaatenarmee von ziemlich vielen unfähigen Offizieren geführt. Das muss sich dann natürlich auch in den Desertationszahlen niederschlagen. Freilich wundert mich nicht, dass die kleinere Südstaatenarmee auch weniger Desertationen hatten als die größere Nordstaatenarmee.

Das Erringen eines militärischen Sieges spielt sich auch in/durch die Armee ab. Meinetwegen waren die Leute im Norden mit höherer Motivation in den Krieg eingetreten - was ich immer noch bezweifle - aber recht schnell sank diese Motivation auf ein Niveau, dass sich nicht von der Motivation im Süden unterschied - eher im Gegenteil. Da die Diskussion ursprünglich durch die These ausgelöst wurde, der Norden hätte den Krieg gewonnen, weil er sich im Recht sah und nun deutlich wird, dass der Soldat des Nordens nicht motivierter war als der des Südens (jedenfalls nicht nach den ersten Erfahrungen des Soldatenlebens), kann diese These so nicht stehen bleiben. Vielleicht hätte man einen schnellen Sieg der Union damit erklären können, aber je länger der Krieg dauerte - und das belegen meine Zitate - desto geringer war auch im Norden die Motivation.

Noch was zur Einstiegsmotivation: Wer ist motiverter:
- Ein Soldat, dem man was von Idealen, dem Erhalt der Union, dem Recht etc. erzählt und der dafür sterben soll
oder
- Ein Soldat, dem man erzählt, dass die eigene Lebensweise bedroht wird und man sie nun verteidigen muss, dass der "Feind" sich nicht mehr an durch das Supreme Court gesprochenes Recht (egal, ob gerecht oder nicht) hält ...?

Zur Führungsqualität der Südstaatenarmee im Gegensatz zur Nordstaatenarmee - das wäre eine eigene Diskussion wert, denn das ist ein Mythos, an den ich inzwischen nicht mehr glaube.
Wen hat den der Süden als großen Befehlshaber?
Lee? Naja, der Mann errang seine Erfolge u.a. auch durch Opfer, die er sich - und das wusste er auch - eigentlich gar nicht leisten konnte (Malvern Hill).

Wer auf Seite des Nordens McClellan, Hooker etc anführt, muss auf Seite des Südens auch unfähigere Befehlshaber wie Pemberton, Hood, Braxton Bragg etc sehen. Beauregard und Johnston - vielleicht (da spricht aber auch einiges dagegen) haben sie nach Bull Run den Sieg verzaudert.

Gandolf schrieb:
Verwunderlich finde ich allerdings schon, dass die Südstaatenarmee Ende 1861/Anfang 1862 trotz ihrer Siege nur noch durch die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und damit durch den Übergang zum Volkskrieg gerettet werden konnte. Mit diesem Übergang zum Volkskrieg wurde das Konzept der Mobilisierung geändert. Nun ging es eben für jedermann (Ausnahmen gab es natürlich für die Plantagenbesitzer und deren Söhne schon - "Ersatzmannregelung") ums Überleben. Das schweißt stärker zusammen als wenn es nur um Besitzstände geht und man[/FONT]
  • als Zivilist wenig mit dem Kampfgeschehen zu tun hat oder
  • als Soldat durch die Nichtverlängerung seiner Dienstpflicht unproblematisch ins Zivilleben zurück kann.
Was die Desertationszahlen im Sommer 1863 angeht, sagen diese wohl eher etwas über die Lage im Sommer 1863 (nach der verlorenen Schlacht von Gettysburg 1.-3.7.1863) aus als über die ursprüngliche Motivation der Soldaten, in den Krieg zu ziehen. Zudem hatten diese aufgrund der Wehrpflicht doch ohnehin keine Alternative zu ihrer Teilnahme am Krieg. Die Wehrpflicht wiederum war die Folge des drohenden Zusammenbruchs der Südstaatenarmee. Der Zusammenbruch wiederum drohte der Südstaatenarmee trotz ihrer hervorragenden Offiziere und ihrer Erfolge. Ganz offensichtlich reichte der Appell, die Rechte des Südens, seine Besitzstände und seine Lebensgewohnheiten, zu „verteidigen“, nicht mehr aus, um den Kampf fortsetzen zu können.

Und wieder: die Wehrpflicht gab es auch im Norden und sie wurde umgangen, führte sogar zu Aufständen.

Die URSPRÜNGLICHE Motivation der Soldaten, in den Krieg zu ziehen, hat keine Auswirkung auf die Frage, wer gewinnt - wie oben schon gesagt, hier veränderst Du die ursprüngliche These.

Spätestens 1863 würde ich auch nicht mehr von einer Überlegenheit des Südens bzgl. der Offiziere sprechen (siehe oben).

Gandolf schrieb:
Interessant sind auch die Ausnahmen, die es im Süden von der Wehrpflicht gab und wie die Ausnahmetatbestände von den Männern des Südens genutzt wurde, um nicht in den Krieg ziehen zu müssen. Ich will nun nicht sagen, dass dies für die mangelnde Überzeugung des Südens spricht, für eine gerechte Sache zu kämpfen. Aber wer halt primär den kollektiven Besitzstand verteidigt, scheint wenig geneigt zu sein, seinen eigenen für die Dauer des Krieges im Stich zu lassen.

Und interessant, dass man sich im NOrden für $300 vom Dienst freikaufen konnte - was auch stark genutzt wurde. Was auch nicht dafür spricht, dass die Menschen bereit waren, für so etwas Abstraktes wie den Erhalt der Union zu sterben.
 
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