Nun gibt es ja lange Disussionen darüber, ob man Geschichte bewerten darf, gar moralische Maßstäbe anlegen kann. Ich denke ja.
An welche Maßstäbe denkst du dabei? An die Maßstäbe unseres aufgeklärten Jahrhunderts und die Charta der Menschenrechte?
Das wäre allerdings völlig unhistorisch. Es ist ein ehernes Gesetz der historischen Zunft, dass man die Leistung und das Wirken von Menschen aus ihrer Zeit heraus beurteilen muss und dabei keine heutigen Maßstäbe anlegen darf.
Das gilt auch für so genannte "Blutbäder" und ähnliches, die in der Antike nicht verwerflich waren, vor allem wenn sie im Rahmen militärischer Unternehmungen erfolgten. Die Haager Landkriegsordnung ist erst ein Produkt unserer aufgeklärten Zeit!
Für den antikem Menschen war von Bedeutung: Hat ein König, Politiker oder Feldherr seine Ziele erreicht - auch trotz großer Widerstände - und hat er etwas Außergewöhnliches geleistet? Beides muss man bei Alexander mit "ja" beantworten.
Dass uns Heutigen einige seiner Maßnahmen, Ziele und Charakterzüge nicht schmecken, steht auf einem völlig anderen Blatt!
Dass uns das Attribut "Groß" aus
heutiger Sicht zuweilen ungerechtfertigt erscheint, ist sicher wahr. Ferner ist es verwunderlich, dass manche Herrscher, die nach heutigen Maßstäben viel geleistet haben, diese Titulatur nicht erwerben konnten. Warum ist Queen Elizabeth I. nicht die "Große", obwohl sie ihrem Land Frieden und Wohlstand bescherte? Oder der römisch-deutsche Karl V., der ein Weltreich beherrschte, in dem die Sonne nicht unterging? Oder der römische Kaiser Augustus? Oder Napoleon?
Da mögen zuweilen auch Zufälle eine Rolle gespielt haben, die sich heute nicht mehr aufdecken lassen.