Was für eine Waffe ist das? (Stich von Callot)

Gorki-Park

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Hallo Wissende!

habe auf einem Kupferstich von Jacques Callot letztens eine wunderliche Waffe entdeckt.

Und zwar die lange Schusswaffe die der Mann auf der Schulter trägt. Ich dachte zuerst das wäre ein Doppelhaken, aber dazu fehlt ja der namensgebende Rückstoßhaken am Lauf...


Callot hat gelebt von 1592 bis 1635, wann obiges Bild entstanden ist weiß ich nicht.

Hier nochmal das Original (ohne meinen roten Strich halt) wen es interessiert:
http://img251.imageshack.us/img251/3670/jacquescallotkupferstic.jpg



Danke und Grüße
Parkk
 
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Ist das ein schöner Stich! :eek::anbetung:

Ich würde sagen, das ist ein überlanges Luntenschlossgewehr.

Leider sieht man keinen konkreten Zusammenhang mit einer Kampfhandlung und der Text gibt auch nicht so viel her. Erstaunlich finde ich, dass man keine Gabel zum Auflegen dieses überlangen Monstrums sieht.
Es gibt natürlich auch die Erklärung, dass Callot eine Muskete eher aus künstlerischen Gründen verlängerte, aber wenn es ihm schlicht um die Diagonale im Raum gegangen wäre, dann hätte er freilich auch dem Fußsoldaten eine Pike geben können.:grübel:
 
@Gorki-Park

Ich teile die Auffassung meines Mitdiskutanten Brissotin.

Die Interpretation, daß es sich um ein Luntenschloßgewehr (Muskete) handelt, paßt in die Zeit.

Eine überlange Muskete, die mehr als "mannshoch" ist interpretationsbedürftig. Eine mehr als "mannshohe" Muskete (Vorderlader) ist für einen Söldner nicht oder nur sehr schwer handhabbar. Wie soll er sie laden, dazu bedürfte es eines Gehilfen. Derartige Waffen kamen höchstens als Festungswaffen (Verteidigung) infrage. Vom Gewicht ganz zu schweigen, auch was den "Tragewinkel" der Waffe auf dem Stich angeht. Auch wissend, daß es durchaus im Untersuchungszeitraum sehr skurrile Waffenentwicklungen gab.

Ich meine, wie Brissotin bereits andeutete, daß es sich um ein künstlerisches Stilmittel handelt.

Wenn Du die Linienführung der Muskete verlängerst, erreicht das Verhältnis im Stich in etwa den "Goldenen Schnitt".

Goldener Schnitt – Wikipedia

Eine Pike hat Callot nicht gewählt, weil die Muskete die modernere Waffe war.

Ein Interpretationsversuch.


M.
 
Eine Pike hat Callot nicht gewählt, weil die Muskete die modernere Waffe war.

Ein Interpretationsversuch.
Das verstehe ich nun wieder weniger.

Callot hat doch auch viele Piken auf seinen Werken dargestellt. Besonders eindrucksvoll scheint mir die Wirkung, wenn eine Masse an Piken eine Art Wald ergibt.

Es gibt einen Sammelband zu Callot, den ich leider nicht habe, aber der enthielt leider auch keine ausführliche Beschreibungen zu seinen gesamten Werken (was wohl auch bei deren Masse ein Mammutprojekt wäre).
 
@Brissotin

Ich kenne die Stiche auf die Du abstellst, da sehen Pikenier-Haufen aus wie ein undurchdringlicher Wald.

Aber im Untersuchungszeitraum war die Muskete die modernere Waffe, sie hatte somit den Vorteil, daß die zeitgenössischen Betrachter des Stiches auch die modernste Waffe sahen - ich stelle hier auf die Symbolik des Bildes ab.


M. :winke:
 
Aber im Untersuchungszeitraum war die Muskete die modernere Waffe, sie hatte somit den Vorteil, daß die zeitgenössischen Betrachter des Stiches auch die modernste Waffe sahen - ich stelle hier auf die Symbolik des Bildes ab.
Wie meinst Du das?

Meinst Du, dass die anderen Figuren auch moderne Waffen tragen?
Mir scheint es eher grundsätzlich um die Marschsituation und dem weiblichen Anhang zu gehen.
Im Hintergrund, zwischen dem Pferd der Frau mit dem Hut mit Feder und den zwei Gäulen mit Reitern sieht man m.E. auch einen Soldaten mit Pike.

Callot hat ja auch ein paar große Arbeiten zur Belagerung von La Rochelle geschaffen. Vielleicht sah er in dem Zusammenhang auch solche langläufigen Waffen und brachte sie hier in einem (verkehrten ?) Zusammenhang unter.
 
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Ich kann mir auch nur einen "falschen" Zusammenhang vorstellen. Der Größe nach müsste es eine Wagenbüchse sein. Die benutzte man in Stellung, um von den Laufgräben aus die feindliche Artillerie unter Feuer nehmen zu können. Allerdings wogen die mit ihrem Kaliber von 3 cm auch gute 30 kg oder mehr. Die trägt man nicht lange geschultert.
Ansonsten besitzen die Arkebusen auf dem Bild ja normale Länge. Das muss sich um ein Stilmittel handeln oder soll aussagen, dass sie auf dem Weg zu einer Belagerung sind.
An dem Pferd dahinter sehe ich noch eine übergroße Kelle. Hatte man damals derartig große Kochkessel?
 
Ich kann mir auch nur einen "falschen" Zusammenhang vorstellen. Der Größe nach müsste es eine Wagenbüchse sein. Die benutzte man in Stellung, um von den Laufgräben aus die feindliche Artillerie unter Feuer nehmen zu können. Allerdings wogen die mit ihrem Kaliber von 3 cm auch gute 30 kg oder mehr.

Doppelhaken mit Bocklafette um 1620
meinst du sowas?

@übergroße Kelle:
vllt so ein riesiger Feldkochtopf in dem man für 50 Soldaten kochen kann.

@Bild allgemein:
was denkt ihr eigentlich was dargestellt ist. Die Damen sehen ja zum Teil aus als wären sie von gehobenem Stand. Denke also nicht, dass das der gewöhnliche Tross ist.
Was heißt denn der französische Satz darüber?
 

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Es ist interessant, weil es offensichtlich ein Vorläufer der französischen Boucanier-Musketen ist. Diese waren auch ähnlich lang, hatten aber schon ein Steinschloss. Ursprünglich ein Jagdgewehr in der Karibik, wurden sie später in der französischen Marine als Scharfschützengewehre verwendet.
Die Muskete auf dem Stich sieht ja übermannshoch, also um die oder über 2 m aus. Waren diese spanischen Musketen so gewaltig lang?
Wie sieht es mit dem Transport aus. Sind sie so leicht wie Piken, kann man sie mit Gewehrgabel abfeuern?

Du hast allerdings Recht, dass Deine Beispiele gut dem Dargestellten auf dem Bild ähneln.:)
Ich kann mir vorstellen, dass Callot auch Spanier zeichnete. Warum nicht?
 
Die Muskete auf dem Stich sieht ja übermannshoch, also um die oder über 2 m aus. Waren diese spanischen Musketen so gewaltig lang?
Wie sieht es mit dem Transport aus. Sind sie so leicht wie Piken, kann man sie mit Gewehrgabel abfeuern?

Du hast allerdings Recht, dass Deine Beispiele gut dem Dargestellten auf dem Bild ähneln.:)
Ich kann mir vorstellen, dass Callot auch Spanier zeichnete. Warum nicht?

Nicht falsch verstehen. Ich kannte zufällig den Begriff auf spanisch und die Beispiele sind aus einem Museum im Baskenland. Aber die ausgestellten Waffen sind jedoch angeblich nordafrikanisch (wobei ich das bei der zweiten sehr bezweifle).

Die Boucanier-Gewehre sind dagegen eine französische Spezialität gewesen und waren z.T. deutlich über 2 Meter lang.
 
Ja, diese Dinger, wie dieser Nachbau. Die gab es aber auch ohne Lafette. Ich habe ein paar Exemplare im Historischen Museum Dresden (Rüstkammer) gesehen. Ist aber schon einige Zeit her. Die waren dort unter Wagenbüchse ausgeschildert.

Vielleicht sind die Musketen auf dem Bild von Jacques Callot tatsächlich "Scharfschützenwaffen", wobei sie durch ihre Überlänge sicher sehr unhandlich waren. Ein Scharfschütze, der zum Laden in der Gegend rumsteht, macht wenig Sinn. Bei einem Jagdgewehr, wie bei den Bukanieren, kann man sich das schon vorstellen. Ob die Treffergenauigkeit durch die Länge des Laufes (ohne Züge) wirklich akzeptabel erhöht wurde, ist auch fraglich. Kürzerer Lauf aber dafür gezogen wäre um vieles praktischer. Gezogene Läufe gab es schon Ende 15. Jahrhundert.
 
Allerdings ziemlich lang für Alles was mir zu diesem Zeitraum in Europa einfällt, obwohl es in Arabien derartige Waffen gab, die man interessanter weise, von Kamel aus, mit dem Kolben auf dem Boden stehend, lud und dann aus dem Sattel abfeuerte.
Momentan fällt mir der Name nicht ein aber ich werde versuchen dazu was zu finden.
 
Ja, diese Dinger, wie dieser Nachbau. Die gab es aber auch ohne Lafette. Ich habe ein paar Exemplare im Historischen Museum Dresden (Rüstkammer) gesehen. Ist aber schon einige Zeit her. Die waren dort unter Wagenbüchse ausgeschildert.

Vielleicht sind die Musketen auf dem Bild von Jacques Callot tatsächlich "Scharfschützenwaffen", wobei sie durch ihre Überlänge sicher sehr unhandlich waren. Ein Scharfschütze, der zum Laden in der Gegend rumsteht, macht wenig Sinn. Bei einem Jagdgewehr, wie bei den Bukanieren, kann man sich das schon vorstellen. Ob die Treffergenauigkeit durch die Länge des Laufes (ohne Züge) wirklich akzeptabel erhöht wurde, ist auch fraglich. Kürzerer Lauf aber dafür gezogen wäre um vieles praktischer. Gezogene Läufe gab es schon Ende 15. Jahrhundert.

Die Boucaniers benutzen sie angeblich von ihren schnellen Booten aus um die Geschützbedienungen ihrer Opfer auszuschalten.

In der französischen Marine wurden sie vom masttop aus als Scharfschützenwaffe genutzt.

Hier ist ein historischer Stich und ein moderner Nachbau zu sehen.

Wars of Louis Quatorze: Fusil Boucaniers
 
Die Boucaniers benutzen sie angeblich von ihren schnellen Booten aus um die Geschützbedienungen ihrer Opfer auszuschalten.
Die Bukaniere waren ja, bevor sie auf ein Schiff kamen, Jäger. Ich dachte, da wären die langen Musketen her. Bukanier kommt doch vom französischen "boucan", angelsächsisch "bacon", deutsch (frei) "geräucherter Speck".
 
Die Bukaniere waren ja, bevor sie auf ein Schiff kamen, Jäger. Ich dachte, da wären die langen Musketen her. Bukanier kommt doch vom französischen "boucan", angelsächsisch "bacon", deutsch (frei) "geräucherter Speck".

Das ist wahrscheinlich so. Es gab auch zu späteren Zeiten eine lange Jagdmuskete die in den Kolonien verwendet wurde, das "Fusil de Chasse de Tulle"
 
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