Was wir den Arabern verdanken

Das mit der sasanidischen Übermittlung byzantinischem Wissens (und damit antikes) an die Araber stimmt. Die Bedeutung ist höher als noch vor einigen Jahrzehnten gedacht, korrekt. Korrekt ist auch, das der iranische Raum in der islamischen Geschichte eine starke Wirkung hatte.Nicht korrekt, in aller Kürze, ist es einfach verallgemeinernd zu behaupten, derjenige stammt aus einem ehemals sasanidischen Reichsgebiet, (was man an seinen Namen ggf. erkennen kann), und dann gleich felsenfest zu behaupten, er wäre Iraner, ...


Habe ich niemals getan. Es wird vielmehr in diesem Thread von einigen pauschal behauptet, alle Bewohner der islamischen Kalifate und Emirate ab Mohammed seien Araber, und die Errungenschaften dieser Zeit seien daher arabische Errungenschaften. Damit verzerrt man das Bild des Mittelalters zu sehr, als daß es noch als Wahrheit durchgehen könnte. Ich habe in meinen Beiträgen genügend Punkte geliefert, um dieses Bild zu korrigieren.

Es waren vielmehr die Perser, die die islamische Kultur seit der Abbasiden-Dynastie entscheidend prägten, und zwar nachweisbar und in Fortsetzung einer alten Tradition. Einhard beschrieb in seiner Vita Karoli Magni Harun al-Raschid (Aaron) als persischen König, der fast den gesamten Osten außer Indien beherrschte: ... Aaron rege Persarum, qui excepta India totum poene tenebat orientem ...:

Einhard: Life of Charlemagne

Nun ja, heute wird Harun al-Raschid i.d.R. als in Persien geborener Araber gesehen (das dürfte aber eigentlich schon im 9. Jahrhundert ein großer Unterschied gewesen sein). Fest steht aber, daß bereits zur Zeit seiner Herrschaft die wichtigsten Regierungsämter (u.a. das des obersten Ministers, des Wesirs) von Persern bekleidet wurden, den Barmakiden: Barmakiden ? Wikipedia

Was wikipedia angeht, so ist es in der Regel notwendig, die entsprechenden Einträge zumindest in den wichtigsten wikipedia-Sprachen (englisch, deutsch, französisch) zu konsultieren, zu vergleichen, und auch einen Blick auf oder in die dort angegebenen Quellen (oft bei den englischen Artikeln recht ausführlich) zu werfen. Man findet auch in anderen Sprachen Beiträge, die es auf deutsch gar nicht gibt. Z.B. diesen englischen über den persischen Einfluß auf die islamische Kultur und Zivilisation. Sehr lesenswert !
Islamization in Iran - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Einhard beschrieb in seiner Vita Karoli Magni Harun al-Raschid (Aaron) als persischen König, der fast den gesamten Osten außer Indien beherrschte: ... Aaron rege Persarum, qui excepta India totum poene tenebat orientem ...:

Einhard: Life of Charlemagne

Du hast das zwar später relativiert, und ich bin denen immer wohlgesonnen, die Quellen beibringen, nichtsdestotrotz möchte ich Dich fragen, welches Wissen ein fränkischer Beichtvater vom 'Abbāsīdenkalifat hat? Die 'Abbāsīden waren Quraišiten, also aus der Umgebung von Mekka stammend. Da wären doch entsprechende Quellen nicht in Aachen zu suchen.
 
Du hast das zwar später relativiert, und ich bin denen immer wohlgesonnen, die Quellen beibringen, nichtsdestotrotz möchte ich Dich fragen, welches Wissen ein fränkischer Beichtvater vom 'Abbāsīdenkalifat hat? Die 'Abbāsīden waren Quraišiten, also aus der Umgebung von Mekka stammend. Da wären doch entsprechende Quellen nicht in Aachen zu suchen.

Nun ja, Karl der Große hatte nach Einhard sehr freundschaftliche Beziehungen zu Harun al-Raschid (siehe bereits genannte Quelle). Sie tauschten Botschafter und Geschenke aus. Da sollte es dem Karl und seinem Hofstaat (selbst wenn sie arabische und die vorislamische in Persien gebräuchliche hebräische Schrift vielleicht nicht auseinanderhalten konnten) wohl aufgefallen sein, wie der fremde Herrscher sich bezeichnet und in welcher Sprache er und seine Botschafter sich unterhalten. Außerdem hatten die Franken und das Reich Harun al-Raschids Handels- und militärische Beziehungen, wenn man den Quellen glauben darf.

Außer Einhard schrieb auch Notker von St. Gallen über Karl den Großen und seine Zeit. In seinem Werk Gesta Karoli Magni beschreibt er Harun al-Raschid als persischen Kaiser (imperator) und seine Gesandten werden als Perser bezeichnet. Als Völker, die Harun unterstehen, werden Perser, Meder, Armenier, Inder, Parther und Elamiter genannt:

... Nos Perse vel Medi Armeniique vel Indi, Parthi et Elamite omnesque orientales multo magis vos quam dominatorem nostrum Aaron timemus ...(an Karl den Großen gerichtet).
Araber werden in dem Text überhaupt nicht erwähnt, ebenso wenig wie bei Einhard.

Digitale Bibliothek - Münchener Digitalisierungszentrum.

Was Quellen angeht, so gibt es aus der Zeit der ersten beiden Jahrhunderte nach Mohammed nicht allzuviel. Und in den beiden von mir genannten vollständig erhaltenen Quellen erzählen Zeitgenossen (Biographienschreiber) in ziemlich eindeutiger Weise über den damaligen Orient und seinen Herrscher. .

Harun al-Raschid stammt aus Rayy in der Nähe von Teheran in Persien. Jedenfalls ist mir noch kein anderer Geburtsort untergekommen. Er lebte in Bagdad (und Ar-Raqqah in Syrien), das auch zu Persien gehörte (fast durchgehend seit der Antike außer einer hellenistisch/römischen Episode). Auch sein Vater und Großvater (gründete Bagdad als neue Hauptstadt des Kalifats) lebten schon in Bagdad. Warum man da nach Quellen in Mekka suchen soll, ist mir schleierhaft.
 
Harun al-Raschid stammt aus Rayy in der Nähe von Teheran in Persien. Jedenfalls ist mir noch kein anderer Geburtsort untergekommen. Er lebte in Bagdad (und Ar-Raqqah in Syrien), das auch zu Persien gehörte (fast durchgehend seit der Antike außer einer hellenistisch/römischen Episode). Auch sein Vater und Großvater (gründete Bagdad als neue Hauptstadt des Kalifats) lebten schon in Bagdad. Warum man da nach Quellen in Mekka suchen soll, ist mir schleierhaft.


Ich habe mich weder dazu geäußert, wo Hārūn ar-Rašīd geboren wurde, noch dazu, wo die Quellen zu finden sind. Ich wollte lediglich verstanden wissen, dass fränkische Quellen zur Person drittrangig sind, gegenüber muslimischen und byzantinischen Quellen. Notker, die Lorscher Annalen und Einhard bedienen sich letztlich alle aus einem Topf. Man kann sie daher wohl kaum als gegenseitige Bestätigung füreinander sehen. Wenn Du Dir die spanische Historiographie des Mittelalters ansiehst, wirst Du über biblische Völker stolpern, wie Assyrer, Elamiter und Chaldäer, gemeint sind aber die Muslime. Solche Namen kommen zustande, weil man sich an dem orientiert, was man aus der Bibel, den Etymologien von Isidor und den wenigen im MA verbreiteten Schriften der Antike kennt. Ähnlich wirst Du bei uns Quellen finden, wo von Awaren oder Hunnen die Rede ist, wenn die Magyaren gemeint sind, was wiederum die Grundlage für den Irrtum ist, dass die Magyaren Hunnen wären (und die Beliebtheit des gotischen Titels Attila als Eigenname bei den Ungarn erklärt).

Die Quraišiten saßen nun mal um Mekka und aus ihrem Stamm kamen die verschiedenen Ḫulafā (Kalifen), seien es die Umayyaden, seien es die 'Abbāsīden, seien es die Ḥammūdiden/Idrisiden, seien es die Fāṭimiden, unabhängig von dem Ort, wo sie später - nach der islamischen Expanison - ihre Machtbasis hatten.

Nun ja, Karl der Große hatte nach Einhard sehr freundschaftliche Beziehungen zu Harun al-Raschid (siehe bereits genannte Quelle). Sie tauschten Botschafter und Geschenke aus. Da sollte es dem Karl und seinem Hofstaat (selbst wenn sie arabische und die vorislamische in Persien gebräuchliche hebräische Schrift vielleicht nicht auseinanderhalten konnten) wohl aufgefallen sein, wie der fremde Herrscher sich bezeichnet und in welcher Sprache er und seine Botschafter sich unterhalten. Außerdem hatten die Franken und das Reich Harun al-Raschids Handels- und militärische Beziehungen, wenn man den Quellen glauben darf.

Von einer Freundschaft zwischen Hārūn ar-Rašīd und Karl lässt sich wohl kaum reden. Abgesehen davon, dass beide sich nicht persönlich kannten, die wechselseitigen Kontakte über das jüdische Netzwerk liefen, war ihre gegenseitige Kontaktaufnahme in erster Linie durch gemeinsame Feinde motiviert, hier insbesondere die Umayyaden-Emire in Al-Andalus.
 
Moment!
Habe ich niemals getan. Es wird vielmehr in diesem Thread von einigen pauschal behauptet, alle Bewohner der islamischen Kalifate und Emirate ab Mohammed seien Araber, und die Errungenschaften dieser Zeit seien daher arabische Errungenschaften...
Naja, du kamst mit folgenden höchst eigenwilligen Sätzen zu uns ins forum gestolpert (erstaunlich, weil einiges was du geschrieben hast völlig korrekt ist):
.. Den Arabern an sich haben wir meiner Meinung nach nicht allzu viel zu verdanken...
..Miltärtechnisch hatten die Araber nichts zu bieten...
So ist es auch kein Wunder, daß die Träger der sogenannten Blütezeit des Islams im 8-13. Jahrhundert ...fast ausschließlich Perser, Griechischstämmige und Juden waren...
Persien behielt seine Sprache, übernahm nur eine Reihe von Lehnwörtern.
Es waren ja nicht nur fast alle berühmten Gelehrten keine Araber im eigentlichen Sinn, sondern die meisten auch keine Moslems
So, erst einmal Entschuldigung, dass ich in meinen längeren Posts immer von "den Arabern" gesprochen habe, von "arabischen Erfindungen", usw. Wahrscheinlich hast du meinen fett markierten Hinweis überlesen, dass ich zusammenfassend von "den Arabern", "arab. Erfindungen", etc. sprechen werde, damit der ohnehin lange Text lesbarer wird, und ich nicht einzeln bei jedem Namen, bei jeder Entdeckung, usw. die Ethnie aufdröseln wollte á la arab./iran./jüd./etc. Gelehrter/Entdeckung/etc. Ich also vereinfachend von "Arabern" sprach, dabei aber immer Araber, Iraner, Berber, Türken, usw. meinte.
Dies mag zu deiner Verwirrung und ggf. Ärger beigetragen haben.
Zu deinen obigen Punkten wurde ja schon was geantwortet, ich wollte nur einen Satz rausgreifen:
Persien behielt seine Sprache, übernahm nur eine Reihe von Lehnwörtern.
Falsch, es gibt heute >= ~50% (!) arabische Lehnwörter im Persischen, das würde ich nicht gerade eine Reihe von Lehnwörtern bezeichnen. Dazu noch einige türkische und mongolische, etc....

.... Man findet auch in anderen Sprachen Beiträge, die es auf deutsch gar nicht gibt. Z.B. diesen englischen über den persischen Einfluß auf die islamische Kultur und Zivilisation. Sehr lesenswert !
Islamization in Iran - Wikipedia, the free encyclopedia
Sorry, aber leider treiben dieselben (iranistischen) Gestalten, die in der deutschen Wiki schreiben, genau das gleiche in der engl. Wiki. Sie wurden z.T. auch schon gesperrt, tauchen aber mit einem Doppelaccount wieder auf. Vergiß einfach die Wiki als Info-Quelle, selbst wenn sie Zitate bringen, die scheinbar OK sind, die sich aber als Vortrag in der Uni Tel Aviv entpuppen und sich dem iranischen Feindbild der Israelis entgegenstemmen wollen und z.T. übers Ziel hinausschiessen.

Wenn du mal Langeweile hast, dann kannst du dir mal anschauen, wie in der Wikipedia z.B. nur über eine einzige Identität eines Gelehrten gestritten wird, auch mit Verschwörungstheorien, die angelsächsischen Bücher seien alle anti-iranisch, usw. Viel Spass dabei, mir ist sie vergangen, Wiki ist nicht zu retten (in Orchideenfächern), wie sich langfristig zeigte. (Erinnert mich an die jahrelangen Identitäts-Debatten zu Kopernikus, Mozart, usw. in der Wiki)
Diskussion:Al-Chwarizmi ? Wikipedia
Viel Spass... ;) :D

Ganz allgemein gefragt: Könnte es vielleicht sein, dass du dein Orientwissen vor allem aus Büchern/Onlinebüchern des 19./erste Hälfte 20. Jh. gewonnen hast? Darin ist z.B. in der Kunstgeschichte fast alles "türkische", fast alles osmanische oftmals als "persisch" bezeichnet worden. Wenn es was "türkisches" gab, war es minderwertig, billige Kopien, usw. Diese Einschätzung hat sich natürlich in den letzten 60 Jahren gewandelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wollte lediglich verstanden wissen, dass fränkische Quellen zur Person drittrangig sind, gegenüber muslimischen und byzantinischen Quellen. Notker, die Lorscher Annalen und Einhard bedienen sich letztlich alle aus einem Topf. Man kann sie daher wohl kaum als gegenseitige Bestätigung füreinander sehen. .

Wenn es kaum andere Quellen für diese Zeit gibt, dann muß man sich notgedrungen an das halten, was es gibt. Auch die byzantinische Geschichtsschreibung weist für über 2 Jahrhunderte ziemliche Lücken auf. Im Kalifat gibt es praktisch erst seit der Abbasiden-Zeit eine Geschichtsschreibung (da fehlen mind. 2 Jahrhunderte). Auch in Persion gibt es two centuries of silence, das fast vollständige Fehlen schrifltlicher Hinterlassenschaften seit der sogenannten Invasion der Araber. (Hierzu fand 2008 ein Kongreß an der Universität Oxford statt: The Rise of the Persian Renaissance - Faculty of Oriental Studies - University of Oxford
Wenn Du Dir die spanische Historiographie des Mittelalters ansiehst, wirst Du über biblische Völker stolpern, wie Assyrer, Elamiter und Chaldäer, gemeint sind aber die Muslime. Solche Namen kommen zustande, weil man sich an dem orientiert, was man aus der Bibel, den Etymologien von Isidor und den wenigen im MA verbreiteten Schriften der Antike kennt. .


Wenn Notger Assyrer, Chaldäer oder andere Semiten erwähnt hätte, wäre mir schon klar, daß damit Araber gemeint sein können. Aber als Untertanen Haruns werden eben nur Völker östlich des damals arabisch/semitisch bewohnten Territoriums genannt. Und ob die Gesandten und Handel Treibenden nun Persisch oder irgendeine semitische Sprache verwandten, ist schon ein großer Unterschied. Auch der Verweis darauf, es handle sich bei Harun um den persischen König, und nicht etwa den assyrischen oder chaldäischen, ist doch ziemlich eindeutig
Die Quraišiten saßen nun mal um Mekka und aus ihrem Stamm kamen die verschiedenen Ḫulafā (Kalifen), seien es die Umayyaden, seien es die 'Abbāsīden, seien es die Ḥammūdiden/Idrisiden, seien es die Fāṭimiden, unabhängig von dem Ort, wo sie später - nach der islamischen Expanison - ihre Machtbasis hatten..
Ab 930 herrschten in Westpersien und Mesopotamien sowieso die originär persischen (also nicht aus Mekka stammenden) Buyyiden, in Ostpersien und Mittalasien war es schon über 100 Jahre zuvor mit der arabischen Herrschaft vorbei. Der (abbasidische) Kalif in Bagdad war spätestens ab diesm Zeitpunkt nur noch das geistliche Oberhaupt der Moslems. Ich gehe allerdings davon aus, daß die tatsächliche politische Herrschaft des Kalifen von Bagdad schon viel früher endete. Wohl nicht zufällig gründeten die Fatimiden 909 eine neue Kalifen-Dynastie in Nordafrika. Und die im 11. Jahrhundert folgenden türkischen Seldschuken änderten an der Kultur und Zivilisation dieses Perserreiches nicht allzu viel.
 
Falsch, es gibt heute >= ~50% (!) arabische Lehnwörter im Persischen, das würde ich nicht gerade eine Reihe von Lehnwörtern bezeichnen. Dazu noch einige türkische und mongolische, etc....

Das halte ich für Haarspalterei!

Persich ist trotz aller Lehnworte eine eindeutig indoeuropäische Sprache, die mit dem arabischen Idiom nichts zu schaffen hat. Insofern erwies gerade das Persische eine große Resistenz gegenüber dem Arabischen, ganz im Gegensatz z.B. zum Ägyptischen, das trotz einer mehrtausendjährigen Existenz erlosch.

Diese Vitalität des Persischen zeigt sich auch in zahlreichen kulturellen Ausdrucksformen, die sich nicht nur gegenüber der arabischen Kultur behaupteten, sondern sogar vielfach eine bestimmende Rolle innerhalb des Kalifenreichs einnehmen konnten.
 
Dieter, mein "Falsch" bezog sich auf das Vorkommen der Lehnwörter, deshalb auch meine Markierung mittels Fettschrift. Wenn die Hälfte des Vokabulars aus fremden Lehnwörtern besteht, würde ich von einem größeren Einfluss reden wollen, als wenn nur "eine Reihe von Wörtern" Eingang finden würden. Natürlich blieb persisch als Sprache bestehen. Mehr wollte ich gar nicht ausdrücken.

PS: Das Wort "Iran" als politischer Begriff tritt erst mit den Ilkhaniden wieder ins Licht der Geschichte. Man sollte aufpassen, dass man in dieser Thematik nicht allzu sehr Späteres auf Früheres zurück projiziert.

Übrigens hatten wir eine ähnliche Diskussion schon hier, wie wäre es, wenn wir dort weiter diskutieren?
http://www.geschichtsforum.de/f26/w...ogenese-persiens-19826/index3.html#post380628
 
Zuletzt bearbeitet:
@lynxxx:Was den Anteil der Moslems unter den Gelehrten betrifft, so muß ich meine Meinung wohl korrigieren. Trotz der erst im 10. Jahrhundert überwiegenden muslimischen Bevölkerung in Persien gab es unter den Gelehrten doch mehr Moslems als ich dachte - es war wahrscheinlich einfacher so für sie. Nur die Juden auf der iberischen Halbinsel dürften etwa ab der Zeit wohl noch eine Rolle gespielt haben.
Trotz der Gründung des Hauses der Weisheit in Bagdad durch Nicht-Moslems gab es doch bald eine Mehrheit der Moslems. Auch Araber spielten dann zunehmend neben Persern und anderen eine gewisse Rolle, obwohl sie nie die Mehrheit der bedeutenden Gelehrten stellten.

Was den Einfluß des Arabischen auf das Persische betrifft, so ist bei einem islamischen Lexikon wohl eher eine dem Arabischen wohlwollende Einschätzung zu erwarten. Ich habe woanders mal 40 % gelesen. Aber auf jeden Fall ist Persisch erhalten geblieben und stärkte sogar seine Position mit der weiteren Ausbreitung des Islam (Amtssprache bei den türkischen Seldschuken, Ausbreitung nach Indien und zeitweise 2.Amtssprache in Britisch-Indien).


Was allerdings das arabische Militär betrifft, so ist mir immer noch vollkommen unklar, wie diese Araber in der Anfangszeit die beiden mächtigsten Reiche der Zeit Ostrom und das Perserreich, und fast auf einen Schlag, besiegen konnten. Vor allem deshalb, weil sie kurz darauf ja gegen die Franken ziemlich alt aussahen. Nach allem, was man so liest, hatten sie militärtechnisch wirklich nichts zu bieten. Mir ist nicht bekannt, welche militärischen Neuerungen der Anfangszeit wir oder deren damalige Gegner den Arabern zu verdanken haben.Vielleicht hast Du da ja noch weitergehende Infos ?
 
Natürlich gibt es auch arabische Quellen des genannten Zeitraumes. Die aḫbār- und die futūḥ al-buldān-Literatur vorneweg. Al-Balāḏurī ist ein Vertreter der letzteren. Und wie ich schon sagte, die Kenntnis hiesiger Autoren vom dortigen Raum ist im Frühmittelalter äußerst begrenzt, rekapituliert nichts weiter als alte Texte.

Selbst in der Persischen Wikipedia wird nicht behauptet, dass Hārūn ar-Rašīd Perser gewesen sei, sondern seine arabische Herkunft unterstrichen:

.او پنجمین و ناماورترین خلیفه این دودمان عرب بود

Da steht, der Kalif war (بود) aus einem arabischen (عرب) Geschlecht (دودمان).
Wrterbuch Deutsch - Persisch (Farsi)
 
Die Herkunft der Personen ist hier ja, wie lynxxx schon sagten, weniger als Araber zu bezeichnen, sie stammten eben aus dem arabischen Kulturraum. Es ist ein Völkergemisch und es ist doch wohl müßig, das alles aufzudröseln. Ich glaube, ein Araber ist nicht mehr und nicht weniger zu einer kulturellen Leistung befähigt als ein Perser... ;)
Was für Quellen gibt es eigentlich zu den Kriegen, die die arabischen Krieger führten? Sind das überwiegend europäische oder arabische? ?)
 
@lynxxx:Was den Anteil der Moslems unter den Gelehrten betrifft, so muß ich meine Meinung wohl korrigieren.
Sehr schön. :yes: Dann brauche ich wohl keine Liste erstellen... :D

Was den Einfluß des Arabischen auf das Persische betrifft, so ist bei einem islamischen Lexikon wohl eher eine dem Arabischen wohlwollende Einschätzung zu erwarten.
Du beschäftigst dich mit dem Nahen Osten (auf dem ersten Blick durchaus intensiver) und kennst die Encyclopaedia of Islam nicht? Sie ist eine der autoritativen Wissensquellen mit einigen der weltweit besten Kenner der Materie. Sollte man andere Angaben woanders finden, müssten diese schon sehr begründet sein - oder neueren Datums.
Ich habe woanders mal 40 % gelesen.
Ja, in der Wikipedia... ;)

Was allerdings das arabische Militär betrifft, so ist mir immer noch vollkommen unklar, wie diese Araber in der Anfangszeit die beiden mächtigsten Reiche der Zeit Ostrom und das Perserreich, und fast auf einen Schlag, besiegen konnten.
Dann schaue bitte nochmal oben in den von mir verlinkten Post und dessen Anhang, dort habe ich einige der Gründe exzerpiert/verlinkt.
Vor allem deshalb, weil sie kurz darauf ja gegen die Franken ziemlich alt aussahen.
Dann schaue nochmal bitte in unsere "Tours und Poitier" und "Karl Martell" Threads rein, dort werden zahlreiche weitere erfolgreiche Feldzüge/Razzien erwähnt, bei denen die Franken "alt aussahen"... ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Was die Kriege angeht - ich weiß nicht, über welche Militärtechnik die Araber im 7. und 8. Jahrhundert verfügten. Sicher haben sie aber von der weltpolitischen Situation profitiert, dass Byzantiner und Sassaniden sich gegenseitig kurz gehalten haben. Sie mussten nicht, wie ihre Vorgänger, jede politische Einheit einzeln erobern, sondern nur wenige Heere schlagen. Ich meine gelesen zu haben, dass z.B. in ganz Nordafrika nur ein byzantinisches Heer lag und die Araber sich erst an den Berbern die Zähne ausbeißen mussten. Nicht viel anders war es ja in Spanien, wo sie lediglich den westgotischen König töten und den Wahlort besetzen mussten, damit das ganze westgotische Staatsgebilde zusammenkrachte.
 
Ohne das quantifizieren zu können: Ein wesentlicher Grund für die militärischen Erfolge der Muslime lag wohl nicht in iher Militärtechnik, sondern in ihrer Vertragspolitik, die längere Kämpfe und das Zurücklassen von Besatzungen überflüssig machte. Dadurch und wegen der in den Verträgen festgelegten Verpflegung der Truppen waren diese äußerst beweglich.


Gruß, Elin
 
Byzanz und das Sassanidenreich hatten sich in jahrzehntelangen Kriegen gegenseitig völlig erschöpft. Heraklios konnte die Sassaniden zwar letztendlich schlagen, Byzanz war aber selber völlig verausgabt.

Hinzu kamen die religiösen Streitigkeiten zwischen Orthodoxen und Monophysiten, wobei letztere in der Levante und Ägypten angesiedelt waren.

Genau zu dem Zeitpunkt erfolgte der sog. "Arab Conquest", zuerst geführt von Mohammed persönlich, dann von seinem Nachfolger. Die Araber waren, durch die Aussicht auf Eroberung/Beute aber auch durch die junge Religion wohl außerordentlich motiviert und kampfkräftig.

Hinzu kam die sehr kluge religiöse Politik der muslimischen Araber (Kopfgeld gg. Religionsfreiheit) zu dem Zeitpunkt, was die monopyhsitischen Christen
nicht geradezu motivierte auf Seiten von Byzanz zu kämpfen.

Wegen der Schlacht von Yarmuk empfehle ich den entsprechenden gleichnamigen Band von Osprey von der Campaign-Serie.

Ansonsten habe ich letztens die englischsprachige Wiki zum Thema "Byzantine-Arab-Wars" gelesen. Schien mir ganz gut zu sein.
 
Hmm, also der arabische Raum war damals wie heute die USA, ein Mischmasch aus verschiedenen Völkern.Die Wissenschaft und Kunst haben die türkischstämmige Herrscher besonders gefördert und der wichtigste Supplier von den Gelehrten war Persien. Jeder noch so eine signifikante Person, die sich damals in der Wissenschaft ausgezeichnet hat, hatte persischen Nachnamen.Hayam, Al Chuarasmi, Ibn Sina ( Avicena), Zakrya Rasi usw. waren persischer Abstammung. Ich kenne nicht mal einen arabischen Wissenschaftler mit einer signifikanten Entdeckung und wäre sehr froh, wenn ihr mir ein Paar nennen würdet. Auch finde ich bezeichnend, dass gerade türkisch stämmige Herrscher die Kunst und Wissenschaft dort so sehr gefördert haben, zu ihrer Zeit gab es sogar Stipendien.Die arabische Grammatik in der heutigen From wurde von einem persischen Linguistiker verfasst,es gab da keine einheitliche Grammatik/Sprache unter den vielen Stämmen.Ich bin aber nicht damit einverstanden, dass Araber keine guten Krieger gewesen sind. Sie waren gerade im militärischen Bereich sehr fortgeschritten.
Sehr wichtige Bereicherungen für den Westen wurden noch nicht erwähnt:D Die Seife! Das hat so viele Menschenleben im Westen durch Hygiene gerettet, keiner denkt aber daran:D
Es gab ein Buch von Razi namens "die drei Betrüger", wo er Jesus, Mohammed und Moses niedergemacht hat. Die Übersetzungen davon gelangen nach Europa im 14ten Jahrhundert von "unbekanntem Autor"(ar-Razi).Das hat das damalige christlische Weltbild richtig erschüttert.Wer Philosophie studiert,kommt nich daran vorbei:D
Falls das jemanden interessiert, einfach das Buch "die Karmaten" nachschlagen.

Die Renaissane wird bei uns im Westen ständig auf die Antike zurückgeführt, die Übersetzungen aus dem Arabischen damals gaben aber erstmals die Grundlagen zum Nachdenken, und zwar waren es vor allem Werke von persischen Gelehrten, die sich gegen die arabische Invasion und den Islam richteten.
Aus der Zeit kennt man auch die "arabischen" Zahlen. Alles, was von der Wissenschaftssprache ins Latein übersetzt wurde, wurde automatisch arabisch und darunter leiden die Menschen immer noch im Westen.Die Zahlen sind indisch und die 0 hat Charasmi( Perser) eingeführt samt Dezimalsystem.
Juden zähle ich auch zu diesem Raum, weil sie fast diegleiche Religion besaßen,und mitunter lange in Persien waren, nachdem sie befreit wurden.Sie haben Europa kulturell signifikant geprägt. Europa wäre nicht das, was sie heute ist, ohne die mittelalterlichen Einflüsse der Juden. Das Händewaschen, wie man sich benimmt,all das, was Christentum ausmacht, kam aus dem Raum naher Osten und Westasien.Am witzigsten war es, als man die Juden wegen Pest umgebracht hat, weil sie angeblich daran Schuld waren. In Wirklichkeit schreibt das Judentum strenge Hygiene vor.
Den großen Anfang haben natürlich die Griechen und die Babylonier gemacht, aber es stand a nicht still, die Entwicklung ging weiter, und Europa wurde von diesem Raum auf den aktuellsten Stand gebracht. Momentan sieht das Ganze genau umgekehrt aus, mindestens 300 Jahre Rückstand hat der Raum gegenüber dem Westen.
Das habe ich für Leute geschrieben, die auf den Patriotismus und Nationalismus großen Acht geben.
Ich handhabe es so, dass es egal ist, woher die Erkenntnisse für mich kommen, ich bin froh darüber, dass irgendwann irgendwo auf der Welt eine Entdeckung gemacht wurde, die mir heute das Leben erleichtert. Was ich damit sagen will, ist, dass keine Nation oder Ecke der Welt die Wiege der Menschheit ist,sondern dass sich vieles im Laufe der Geschichte in unsere Kultur zusammengetragen hat. Mir ist es egal, ob Europa oder Asian daran maßgeblichen Teil hatte, ich habe das Wissen bekommen und nur das zählt für mich:D
 
Zuletzt bearbeitet:
Jeder noch so eine signifikante Person, die sich damals in der Wissenschaft ausgezeichnet hat, hatte persischen Nachnamen.Hayam, Al Chuarasmi, Ibn Sina ( Avicena), Zakrya Rasi usw. waren persischer Abstammung. Ich kenne nicht mal einen arabischen Wissenschaftler mit einer signifikanten Entdeckung und wäre sehr froh, wenn ihr mir ein paar nennen würdet.

Ich würde vorschlagen, Du liest den Thread mit seinen 339 Beiträgen einfach mal durch, dann wirst Du ein paar Namen finden.

Sehr wichtige Bereicherungen für den Westen wurden noch nicht erwähnt:D Die Seife! Das hat so viele Menschenleben im Westen durch Hygiene gerettet, keiner denkt aber daran:D

Sicher, dass das eine arabische Erfindung ist? Das spanische jabón kommt vom spätlateinischen sapo, -ōnis und dieses wiederum ist wohl vom germanischen *saipôn abgeleitet, aus welchem das englische soap und das deutsche Seife entstanden sind. Das arabische Wort für Seife ist dem lateinischen ~ sehr nahe: Ṣabūn.

Aus der Zeit kennt man auch die "arabischen" Zahlen. Alles, was von der Wissenschaftssprache ins Latein übersetzt wurde, wurde automatisch arabisch und darunter leiden die Menschen immer noch im Westen.
Leiden?
 
Ich würde vorschlagen, Du liest den Thread mit seinen 339 Beiträgen einfach mal durch, dann wirst Du ein paar Namen finden.
Ich schaue mal nach.
Edit: Ich habe immer noch keinen Namen mit einer SIGNIFIKANTEN Innovation entdeckt.Bitte nennen, falls ihr ein paar kennt.
Ich erinnere mich noch gelesen zu haben, dass Araber ausgezeichnete Navigatoren waren.


Sicher, dass das eine arabische Erfindung ist? Das spanische jabón kommt vom spätlateinischen sapo, -ōnis und dieses wiederum ist wohl vom germanischen *saipôn abgeleitet, aus welchem das englische soap und das deutsche Seife entstanden sind. Das arabische Wort für Seife ist dem lateinischen ~ sehr nahe: Ṣabūn.
Araber verkochten dann im 7. Jahrhundert erstmals Öl und Lauge miteinander und schufen somit die Seife in ihrer heute bekannten Form. Rasch breitete sich dieses Wissen über Europa aus. Frankreich und Spanien gehörten später zu den Zentren der Seifenherstellung weltweit.( Bei Wiki nachschauen unter Seife. Die Seife in heutiger Form stammt von dort und wurde im Westen verbreitet, die Urform gab es schon bei Sumerern bis Römern, aber nicht die Seife, die wir heute benutzen).

Alles aus der Zeit des Völkermischmasches wird im Westen den Arabern selbst zugeschrieben. Dass da mehrere Völker mitgewirkt haben, wird meistens ignoriert.
Ich beziehe mich da auf den Geschichtsunterricht und das Stammtischniveau natürlich.Mitunter ist im Geschichtsunterricht scheinbar kein Einfluss der Juden im Mittelalter oder des arabischen Raums da. Die heutige Europa scheint alles nahtlos aus der Anthike übernommen zu haben:D
Edit: Ein Wissenschaftsbereich, der im arabischen Raum sehr weit gebracht wurde, war Chemie. Das war eine wesentliche, praktische Neuerung zu Physik, Mathe und Philosophie von damals.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben