An der Stelle ein Versuch meinerseits, die Wogen ein wenig zu glätten...
... sicher hast Du recht. Das Problem liegt nur darin, dass gerade diese "Verniedlichung" oder "positiven Erinnerungen des Lebens" gern von denen genutzt werden, die vom eigentlichen Problem ablenken wollen.
Grundsätzlich kein Widerspruch von meiner Seite, aber derartige Probleme - nämlich, daß bestimmte Aspekte politisch vereinnahmt werden können - gibt es immer wieder. Gerade deswegen ist Aufarbeitung wichtig, und deswegen ist es bspw. Aufgabe des Historikers, ein möglichst umfassendes Gesamtbild zu zeichnen, in dem nicht verschiedene Bereiche u. dgl. unzulässig miteinander vermischt werden.
Zur Verdeutlichung ein Beispiel, das jedem einleuchten sollte: Den Fakt "in der DDR wurde Privateigentum nicht gefördert" mit der Aussage zu kontern "Aber ich hatte ja dafür eine Mietwohnung mit Balkon, wo ich es mir sehr wohnlich eingerichtet hatte; und gefallen hat es mir auch", ist diesbezüglich eine Verknüpfung von Dingen, die so eben nicht verknüpfbar sind.
Sicher haben sich die meisten Leute in der DDR über Jahrzehnte "persönlich" Eingerichtet. Dieses Einrichten und Leben der DDR Bevölkerung im Nachhinein als die schönen Seiten der DDR hinzustellen ist in meinen Augen genauso lächerlich, wie die vielen Lügen des SED Regimes, gegen die eigene Bevölkerung.
Deswegen ist eben der Historiker gefragt, seine Arbeit gewissenhaft zu erledigen - siehe oben :fs:
Wie kann man denken, einen Staat oder besser eine Diktatur über die Mitgliedschaft in dessen politischer Organisation zu ändern?
Was hättest Du ändern wollen?
...
Jeder, der in der SED Mitglied war, hat das Verbrecherregime unterstützt! Was ich dir anrechne, ist die Tatsache, dass Du dazu stehst und aus wohl aus der Überzeugung etwas zu ändern, getan hast.
Was ich noch viel schlimmer finde, sind die Mitglieder, die nur aus egoistischen persönlichen Streben den Staat DDR indirekt mit der Mitgliedschaft stützten.
Ich verstehe Deinen Einwand, doch die Formel "SED Mitgliedschaft = Stütze des Regimes" ist zu stark vereinfacht - schon, weil es auch Nichtgenossen gab, die äußerst systemkonform bis systemmittragend waren.
Ohne etwas beschönigen oder rechtfertigen zu wollen, muß hier freilich ebenso noch hinzugefügt werden, daß es einerseits Leute gab, denen das DDR-/SED-Regime eben nicht verbrecherisch erschien (denn das wurde einem meist erst dann bewußt, wenn man irgendwo politisch angeeckt war) und die deswegen davon überzeugt waren, einer guten Sache zu dienen (sie wurden eigentlich von der eigenen Seite am meisten betrogen), sowie daß andererseits SED-Genossen durchaus Mißstände erkannten und gewillt waren, diese zu ändern (ich kenne einige Beispiele, wo große Hoffnungen auf Glasnost & Perestroika Gorbatschows gesetzt wurden, auf daß sich auf diese Weise das Leben bzw. die Zustände ebenso in der DDR bessern ließen, woraufhin die betreffenden Genossen dann auch richtig Ärger bekamen). Daß Letztgenannte schlußendlich scheiterten, kann ihnen - wenn überhaupt - nur sehr bedingt zum Vorwurf gemacht werden.
Außerdem wäre die DDR ohne das „Einrichten der Bevölkerung“ wohl nicht über das Jahr 1961 hinausgekommen.
Vor allem hätte die DDR auch ohne die Schließung der Grenze vom 13. August 1961 - um es eingermaßen wertneutral auszudrücken - wohl massiv weiterhin Bevölkerung durch Abwanderung in die BRD und Westberlin verloren, so daß sich ehedem die Frage stellt, wieviel Bevölkerung noch verblieben wäre, um sich einzurichten. Aber das ist 1. spekulativ (denn es kam ab 1961 anders) und hat 2. mit dem Threadthema hier nur am Rande zu tun...
Die ganzen Missstände, die Timotheus treffend darstellt?
...
Von der wirtschaftlichen Misswirtschaft wollen wir gar nicht erst sprechen.
Die wirtschaftliche Seite - also daß diese eigentlich nur durch faktische Abschottung gegen den Weltmarkt existieren konnte - hatte ich extra außen vor gelassen, weil auch dies mit dem eigentlichen Threadthema nur z.T. zu tun hat. Wiewohl auch hierbei hinzuzufügen ist, daß die Auswirkungen dieser Wirtschaftsentwicklung für jeden doch recht greifbar waren und dementsprechend zumindest zu einiger Unzufriedenheit führen mußten bzw. auch führten - und das übrigens unter SED-Genossen genauso wie unter Nichtgenossen.