Ja, aber an Sonntagen und Feiertagen wir nur das Allernötigste getan, alles andere muss warten.
Wir hatten vor Jahren eine Putzfrau aus Polen, eine Informatikstudentin an der TU München, Einser Abiturientin, stammte aber von einem Bauernhof in der Nähe von Krakau. Einmal haben wir ihr vorgeschlagen, ausnahmsweise an einem Sonntag statt Samstag zu kommen, aber sie lehnte ab, weil: Sonntags darf sie nicht arbeiten. Sie ging auch jeden Sonntag in die Kirche Münchens (am Josephsplatz), in die viele Polen gehen. Will sagen: Sie war tiefgläubig wie die ganze Familie. [...]
Den Vergleich halte ich in dieser Form nicht für sinnvoll, einfach, weil sich die Arbeitswelt doch sehr geändert hat und in der jüngeren Vergangenheit auch ein völlig anders Zeitmanagement erlaubt, als das früher der Fall war.
Wenn es z.B. Tage dauerte die Ernte einzubringen und das aber in einer Phase passieren musste, in der dass Wetter konstant brauchbar dafür war, damit nicht Hälfte im Regen liegen bleibt und zu faulen anfängt, musste das passieren und zwar völlig unbeachtlich dessen, ob da irgendwelche Sonn- und Feiertage dazwischen lagen.
Wenn Werkzeuge gerichtet, kranke/verletzte oder neugeborene Tiere versorgt werden mussten u.ä. musste auch das erledigt werden usw.
Sofern wir von der Zeit vor dem 19 Jahrhundert reden kommen dann noch andere Faktoren ins Spiel:
Das ist ja durchaus eine Zeit, in der damit gerechnet werden musste, dass nach einem strengen Winter immer eine Missernte anstehen konnte, Krankheiten den Viehbestand dezimieren konnten etc. und dann der Bauer möglicherweise über Mittel verfügen musste, auch zu höheren Preisen ersatzweise Vieh, Saatgetreide etc. zuzukaufen, wenn es irgendwo zu bekommen war.
Zwar waren die Bauern als Selbstversorger in der Regel die Letzten, die tatsächlich von Hunger betroffen waren, allerdings konnten, wenn neben Missernten noch die üblichen Abgaben fällig wurden natürlich defizite in den bäuerlichen Betrieben entstehen, wenn durch die Abgaben dem Hof zu viel Saatgetreide entzogen wurde und keine Möglichkeit bestand die Abgänge durch Zukäufe zu ersetzen.
Will heißen: Ein Bauer der verhindern wollte durch Zusammenwirken von absehbaren, immer wieder auftretenden Ernteausfällen und Abgaben massiv wirtschaftlich unter Druck zu kommen, tat gut daran entsprechend Geld oder Tauschmittel zurück zu legen um dem begegnen zu können.
Vor allem in mageren Jahren musste das bedeuten, dass es vernünftig war in der nicht unmittelbar für die Landwirtschaft nutzbaren Zeit möglichst viel Arbeit in die bäuerlichen Nebengewerbe zu investieren um Rücklagen bilden zu können.
Natürlich setzte dass dann auch regelmäßigen Verkehr mit den lokalen Marktflecken und - Städten vorraus, was angesichts schlecht ausgebauter Wegen (vor allem, wenn größeres Gewicht transorrtiert werden musste) und damit verbundener limitierter Reichweite durchaus schonmal Tage dauern konnte (in denen auf dem Hof möglicherweise andere Arbeiten liegenblieben, die nachgeholt werden mussten).
Und dann sollte natürlich auch nicht vergessen werden, dass bis weit ins 19. Jahrhundert hinein der Großteil der in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung nicht aus freien Vollbauern bestand, die wirtschaften konnten, wie ihnen das gerade passte, sondern ein Großteil eben aus unfreien/hörigen/grunduntertänigen Bauern bestand, die nicht nur ihre Betriebe in Eigenwirtschaft zu bearbeiten hatten, sondern regelmäßig bei ihren Herren aufkreuzen mussten um dort die geschuldeten Hand- und Spanndienste/Scharrwerkspflichten zu verrichten und die konnten je nach konkreter Zeit und Region durchaus recht umfangreich sein (hinzu kommen noch die dabei zurückgelegten unproduktiven, aber in Summa zeitraubenden Wegstrecken).
Wenn Bauern nicht wohlhabend genug waren, Personal einzustellen, für den Gutsherren Ersatzleute zu stellen um selbst von den Hand- und Spanndiensten suspendiert zu werden oder sich durch Geldabgaben von diesen Tätigkeiten anderweitig freikaufen zu können, bedeutet das, dass weite Teile der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung z.T. mehrere Tage in der Woche auf den Höfen ihrer Gutsherren zu arbeiten hatte, während bei ihnen selbst die Arbeit mmindestens teilweise liegenblieb und irgendwann nachgeholt werden musste.
Diese Leute dürften wenig Zeit gehabt haben sich den Luxus zu leisten, an Sonn- und Feiertagen konsequent nicht zu arbeiten.
Hinzu kommt bevor in der Neuzeit massiv Flurbereinigung und Neueinteilung der bäuerlichen Parzellen betrieben wurde, dass es durchaus vorkam, dass die von einem Bauern bewirtschafteten Flächen teilweise verstreut lagen, was dannn auch wieder zu unproduktiven, zeitraubenden Wegstrecken führen konnte, im Besonderen dann, wenn auch noch der Flurzwang griff, und für verschiedene von einander abseits liegende Flurstücke die gleichen Feldfrüchte vorschrieb, so dass es nicht möglich war diese Problematik durch den Anbau unterschiedlicher Sorten, die nicht gleichzeitig bearbeitet werden mussten, sondern zeitversetzt beackert hätten werden können, zu entschärfen.
Die Möglichkeit auf dem Land die Zeit so einzuteilen, dass es möglich wurde an Sonn- und Feiertagen einigermaßen konsequent frei zu machen, dürfte mit der Umstellung der Arbeitsorganisation, der Rationalisierung der Parzellen und der Veränderung der Anbaumethoden etc. irgendwann im 19., frühestens am Ende des 18. Jahrhunderts entstanden sein.
Oder aber es handelte sich um sehr wohlhabende Bauern, die in diesem Fall Tagelöhner heranziehen konnten, damit die Arbeit trotzdem nicht liegen blieb, auch wenn sie selbst aus religiösen Gründen frei machten.