Wie wichtig war das Christentum für die Entstehung heutiger Moralvorstellungen?

PostmodernAtheist

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Wer hat die Werten wie Gnade, Nächstenliebe und Säkularismus/Menschenrechte erfunden? War es das Christentum oder doch viel eher die Denker der Antike? In Tom Hollands Buch Dominion meint er ja provokativ es wär ohne das Christentum ganz anders gekommen? Zwar zeichnet er auch einige Einflüsse auf das Christentum auf, aber man vertritt dort die These das ethische Konflikte in unserer Zeit quasi Streitigkeiten zwischen Menschen mit christlichen Moralvorstellungen sind. Sieht er das richtig?

Bei Reddit scheint man der Meinung zu sein seine These sei nicht haltbar ((1) How accurate is Tom Holland's claim in his book Dominion that most of our current values, including human rights and secularism, are based on Christianity? : AskHistorians (reddit.com)) doch kommt das Buch bei einigen gut an, auch einem Blogger den ich schätze - Review - Tom Holland "Dominion: The Making of the Western Mind" - History for Atheists

Wie sieht ihr das? War das Christentum jetzt eine Art Revolution oder nicht? Und wenn ja oder nein, was bedeutet das für uns? Für den Atheismus/Säkularismus etc
 
Wer hat die Werten wie Gnade, Nächstenliebe und Säkularismus/Menschenrechte erfunden? War es das Christentum oder doch viel eher die Denker der Antike?
Das Neue Testament enthält zwar Elemente wie „alle Menschen sind gleich“, aber das Christentum hat die meiste Zeit seines Bestehens dem nicht Rechnung getragen: Erst die Aufklärung, und hier speziell die Erklärung der Menschenrechte im Zug der französischen Revolution, hat diesem Gedanken zum Durchbruch verholfen – gegen den heftigen Widerstand der christlichen Geistlichkeit.

Angesichts dieser historischen Fakten wäre es nahezu pervers zu behaupten, das Christentum hätte die Menschenrechte in heutiger Form ermöglicht. Das Gegenteil ist der Fall: Erst als das Christentum die Macht verlor, das gesellschaftliche Leben zu bestimmen und die Kontrolle darüber nach und nach den staatlichen Stellen überlassen musste, ging es mit persönlichen Freiheiten der Menschen aufwärts.

Wie es uns ergangen wäre, wenn die Aufklärung nicht gewonnen hätte, kann man in vielen islamischen Ländern beobachten: Dort bestimmt immer noch die Geistlichkeit, was als moralisch und was unmoralisch zu gelten hat, um von der Gleichheit aller Menschen ganz zu schweigen.
 
Das Neue Testament enthält zwar Elemente wie „alle Menschen sind gleich“, aber das Christentum hat die meiste Zeit seines Bestehens dem nicht Rechnung getragen: Erst die Aufklärung, und hier speziell die Erklärung der Menschenrechte im Zug der französischen Revolution, hat diesem Gedanken zum Durchbruch verholfen – gegen den heftigen Widerstand der christlichen Geistlichkeit.

Angesichts dieser historischen Fakten wäre es nahezu pervers zu behaupten, das Christentum hätte die Menschenrechte in heutiger Form ermöglicht. Das Gegenteil ist der Fall: Erst als das Christentum die Macht verlor, das gesellschaftliche Leben zu bestimmen und die Kontrolle darüber nach und nach den staatlichen Stellen überlassen musste, ging es mit persönlichen Freiheiten der Menschen aufwärts.

Wie es uns ergangen wäre, wenn die Aufklärung nicht gewonnen hätte, kann man in vielen islamischen Ländern beobachten: Dort bestimmt immer noch die Geistlichkeit, was als moralisch und was unmoralisch zu gelten hat, um von der Gleichheit aller Menschen ganz zu schweigen.

Naja, ich wollte dir eigentlich ein like geben aber ich glaub es ist nicht so einfach, dass "der Islam" die Aufklärung "verschlafen" hat. Erst einmal gibt es ja mehr als einen Islam und sicher auch nicht so schöne Entwicklungen für die die Menschen im Nahen Osten nichts können.
 
ich glaub es ist nicht so einfach, dass "der Islam" die Aufklärung "verschlafen" hat. Erst einmal gibt es ja mehr als einen Islam und ...
Wer selbst „das Christentum“ schreibt, darf sich an „dem Islam“ nicht stören, schließlich haben beide Religionen mehrere Ausprägungen entwickelt.

Eine der wesentlichen Falschentscheidungen im Osmanischen Reich war wohl, den Buchdruck nicht bzw. erst mit fast 300-jähriger Verspätung zuzulassen und andere Bücher als Koran zu verbieten bzw. als entbehrlich zu erklären: Die ersten waren jene, die den Aussagen des Korans widersprachen, und die zweiten waren jene, die mit den Aussagen des Korans übereinstimmten. In manchen muslemischen Staaten gelten diese Verbote zumindest für religiöse Schriften noch immer.

Ähnlich lief es lange auch im Christentum: Alle Ansichten, die der Bibel widersprachen, waren Ketzerei und wurden verboten. Aber weil man in Europa Buchdruck* hatte, konnte man die Ausbreitung der „ketzerischen“ Schriften nicht verhindern – im Jahr 1962 gab es die letzten Nachträge zum Index der verbotenen Bücher.

* Zitat aus Wikipedia: Der Buchdruck ermöglichte erstmals die massenhafte Verbreitung von Wissen, Nachrichten und Meinungen frei von Kontrolle durch Kirche und Obrigkeit, was langfristig große gesellschaftliche Umwälzungen beförderte …
 
Wer hat die Werten wie Gnade, Nächstenliebe und Säkularismus/Menschenrechte erfunden? War es das Christentum oder doch viel eher die Denker der Antike?
Für die Wahrheitsfindung ist die Frage viel wichtiger als die Antwort.

Was meinst du denn wirklich? Deine Liste ergibt ja keinen Sinn, da die Komponenten nicht mit einer Antwort beantwortet werden können.

Gnade hat keiner erfunden. Dem unterlegenden Gegner Gnade zu gewähren, dürfte so alt sein wie der Konflikt an sich.
Nächstenliebe ist ein spezifisch christlicher Begriff. Also hat "das Christentum" die Nächstenliebe wohl "erfunden". Besser wäre wohl zu sagen, der Begriff Nächstenliebe sei christlichen Ursprungs. Das Perinzip dahinter ist natürlich wesentlich älter.

Wie soll das Christentum "Säkularismus "erfinden"? Das schließt sich doch aus. Und in der Antike war eine von den religiösen Vorstellungen separate Sphäre eher unbekannt. Habe gerade über Cäsar gelesen und nüchterne Politik war stark mmit Ritualen rel. Vorstellungen verwoben.

Ja und Menschenrechte? Ich würde es so formulieren: Es gabe eine Entwicklung hin zu den Menschenrechten im stark christlich geprägten Europa. Wie die Entwicklung ohne diesen Einfluss verlaufen wäre, lässt sich daher schwer sagen. Ich neige aber zu der Ansicht, dass sich das Christentum neuen Ideen eher angepasst hat, als für diese ursächlich zu sein. Wobei ich mich immer Frage: Was soll "Das Christentum" eigentlich sein? Es gibt die Bibel. Und dann die eigentlichen Glaubensvorstellungen, die sich ja im Laufe der Zeit wandeln. Mit der Bibel zu argumentieren, bedeutet immer cherry picking, da es sich um kein geschlossenes Werk handelt. Man kann da eigentlich alles mit begründenund damit eigentlich nichts.

Zurück zu den Menschenrechten. Die Idee, dass das menschliche Leben ein unveräußerlicher Wert ist, finde ich im Christentum nicht, da es ja in seinen Ursprüngen auf das Jenseits ausgerichtet ist und ihm eine gewisse Geringschätzung des irdischen Leben inne wohnt.

Was den Titel betrifft: Welche Moralvorstellungen denn genau? Und was ist eigentlich christlicher Einfluss? Bei einem so breiten Pinsel lässt sich gar keine Aussage treffen.

In Tom Hollands Buch Dominion meint er ja provokativ es wär ohne das Christentum ganz anders gekommen?

Klar wäre alles anders gekommen. Und er kann unmöglich wissen wie es gekommen wäre. Die Aussage hat keinen Gehalt. So ein Blödsinn.

aber man vertritt dort die These das ethische Konflikte in unserer Zeit quasi Streitigkeiten zwischen Menschen mit christlichen Moralvorstellungen sind.

Das lässt sich ohne zu wissen was mit "christlichen Moralvorstellungen" gemeint ist, schlecht sagen. Das unter einen Hut zu kriegen dürfte ziemlich schwer sein. Beispiel Homosexualität. Es gibt Westboro Baptist Christen und ausdrücklich LGBTIQ-freundliche Gottesdienste in einer katholischen Kirche in Köln.
 
Wobei ich mich immer Frage: Was soll "Das Christentum" eigentlich sein? Es gibt die Bibel. Und dann die eigentlichen Glaubensvorstellungen, die sich ja im Laufe der Zeit wandeln. Mit der Bibel zu argumentieren, bedeutet immer cherry picking, da es sich um kein geschlossenes Werk handelt. Man kann da eigentlich alles mit begründenund damit eigentlich nichts.
Es gibt aber, denke ich, schon Kerntexte, und das sind nicht Hesekiel oder die Apokalypse, sondern etwa die Bergpredigt und die Passionsgeschichte, in der sich der christliche Gott in den Leiden eines von Machthabern geschundenen Menschen zeigt.
Unabhängig davon konnte diese Religion für alles Mögliche gebraucht werden, heute etwa als Rechtfertigung des Versuchs, die Ukraine zu russifizieren. Aber es wird auch in Russland Leute geben, die diese Texte lesen und sich fragen, ob die noch etwa zu tun haben können mit dem offiziellen Staatschristentum.
Da kommt der eine oder die andere ins Grübeln, heute, und so seit 2000 Jahren.
 
Also hat "das Christentum" die Nächstenliebe wohl "erfunden". Besser wäre wohl zu sagen, der Begriff Nächstenliebe sei christlichen Ursprungs. Das Perinzip dahinter ist natürlich wesentlich älter.
Ein spezieller Aspekt ist die "Feindesliebe" (Bergpredigt) die oft als Neuigkeit gedeutet wurde.
So hatten die Verfasser des Heliand einigen erzählerischen Aufwand, um ihrem gentilen kriegerischen Publikum zu erklären, warum der Heiland und sein Gefolge (die Jünger) ihre Kontroverse mit den Hohepriestern und Pilatus nicht wie ein altsächsischer Recke mit dem Schwert lösten. Die andere Wange hinhalten etc ging doch über die älteren Konzepte in Richtung Nächstenliebe hinaus.
Der Wikipedia Artikel zur Feindesliebe ist recht aufschlussreich.
(dass später "die Kirche" ihren "Feinden" wie Ketzern (Katharer, Bogomilen etc) nicht gerade im Geiste der Bergpredigt begegnete, steht auf einem anderen Blatt...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer hat die Werten wie Gnade, Nächstenliebe und Säkularismus/Menschenrechte erfunden? War es das Christentum oder doch viel eher die Denker der Antike?

Ich würde die Frage erweitern wollen:

Sind Werte, wie Gnade, Nächstenliebe oder gewisse Grundrechte eine speziell europäisch-westasiatisch-westliche Erscheinung, die anderswo nicht anzutreffen waren?

Halte ich für eine relativ steile These.
Was in Europa-Westasien und später Nordamerika vielleicht eine Besonderheit ist, ist eine starke Tradition diese Dinge zu debattieren und das festzuhalten.

Das Einzige darunter, was ich für ein speziell europäisches Ding halte, ist das Streben nach einer möglichst säkularen Gesellschaftsordnung, wobei ich nicht weiß, ob man dass als "Wert" an und für sich betrachten kann.
Für mich ist das vor allem eine Konsequenz der Europäischen Geschichte und ihrer religiösen Konflikte, andere Erdteile haben eine andere Geschichte und daraus möglicherweise andere Konsequenzen gezogen.

Die europäische Vorstellung, dass eine moderne Gesellschaft zwangsläufig eine wäre, in der religiöse Traditionen und Institutionen ihre Wirkmächtigkeit in der Gesellschafft verlieren, geht so, wenn man sich etwa die USA oder Japan anschaut so überhaupt nicht auf.
Schaut man sich die Lateinamerikanischen Staaten an, haben die zwar alle den Laizismus in ihren Verfassungen, de facto ist die katholische Kirche dort aber wesentlich mächtiger als in den Europäischen Ländern, die darauf verzichtet haben, sich verfassungsmäßig so aufzustellen.


Ich denke es geht weniger darum, wer irgendwelche Werte erfunden hat, als darum, in welcher Art und Weise sie sich später zu handfesten Rechtsvorstellungen ausformten.

Wie sieht ihr das? War das Christentum jetzt eine Art Revolution oder nicht? Und wenn ja oder nein, was bedeutet das für uns? Für den Atheismus/Säkularismus etc

Ich denke das ist die falsche Frage. Religiöse Dogmen Frieden zu halten, Feinde nicht zu hassen, seinem Nächsten zu helfen, finden sich auch außerhalb des Christentums.
Das sind keine Alleinstellungsmerkmale.
Ehrlich gesagt, mir ist keine einzige Gesellschaft bekannt, deren religiöses Fundament einfordern würde seinem Nächsten nicht zu helfen, nicht zu vergeben oder irgendwen anders bis auf's Blut zu hassen.
Das kommt so weit mir bekannt nirgendwo vor.
Diese Dinge hätten sich auch aus ganz anderen Quellen, als aus dem Christentum herleiten lassen.

Allerdings, die modernen Rechtsvorstellungen, wie etwa explizit ausformulierte, codizierte Grundrechte sind etwas, was in dieser positiven Form, abseits von tradiertem Gewohnheitsrecht und vor allem in dieser Wirkmächtigkeit (räumliche Ausdehnung) eine, nennen wir das mal "Entwicklung aus dem atlantischen Raum heraus" ist.

Insofern sie von Personen ausformuliert worden sind, die grundsätzlich auf dem Boden christlicher Geistestraditionen standen (neben anderen Traditionen, wie denen der Aufklärung), ist zumindest diskutabel ob es hier einen, wenn auch indirekten, speziellen Einfluss christlicher Vorestllungen als Fundament für das Ganze gibt.
 
Das Neue Testament enthält zwar Elemente wie „alle Menschen sind gleich“, aber das Christentum hat die meiste Zeit seines Bestehens dem nicht Rechnung getragen: Erst die Aufklärung, und hier speziell die Erklärung der Menschenrechte im Zug der französischen Revolution, hat diesem Gedanken zum Durchbruch verholfen – gegen den heftigen Widerstand der christlichen Geistlichkeit.

Weißt du, was mir an deinen Einlassungen immer wieder auf die Nerven geht? Sie zwingen mich immer völlig entgegen meiner persönlichen Auffassung Christentum und Christliche Kirchen zu verteidigen, weil deine Angriffe darauf meist einfach überzogen sind.

Aufklärung: Schau dir mal an, wie viele bedeutende Persönlichkeiten der Aufklärung kirchliche Bildungseinrichtungen oder gar ein Theologiestudium durchliefen und dementsprechend ein ziemlich tiefgreifend christlich geprägtes Fundament hatten.

Voltaire z.B. durchlief ein Pariser Jesuitenkolleg, ein Diderot durchlief in seiner Jugendzeit gar eine Vorbereitung auf das Priesteramt um zwei Beispiele zu nennen, bei Immanuel Kant ist, so weit mir bekannt umstritten ob er an der Königsberger Universität zunächst für die Theologie eingeschrieben war.

Die Kirche bekämpfte zwar viele der späteren Aufklärer und ihre Theorien, sie hatte aber nicht wenige zuvor massiv gefördert und qua Erziehung/Ausbildung in ihrem Denken massiv beeinflusst.


Auch das mit der französischen Revolution ist so eine Sache:

Schau dir die Rolle des französischen niederen Klerus im Rahmen der dem vorausgegangenen Generalstände an. Das hat einiges zur Selbstermächtigung des Bürgertums beigetragen.

Und schau dir daneben auch mal die Biographien einiger bedeutender Persönlichkeiten der Revolutionsepoche an.

Ein Talleyrand etwa, der die Geschäfte des Revolutionären Frankreichs in Großbritannien vertrat und dort versuchte die Revolution zu verteidigen, war zuvor Bischof von Autun gewesen.
Ein Emanuel Joseph Sieyès, der mit seiner Schrift "Was ist der dritte Stand?" ganz erheblich zur Legitimation und Bewustseinsbildung des Bürgertums als politischem Faktor beitrug kam ebenfalls aus der geistlichen Ecke, um hier nur zwei Beispiele zu nennen.

Die Geistlichkeit einfach nur zum Feind dieser Strömungen und Ereignisse zu erklären greift zu kurz, in Teilen war sie auch eine der Ursachen dafür und Teile der Geistlichkeit wirkten auch recht aktiv daran mit.
 
Mit der Bibel zu argumentieren, bedeutet immer cherry picking, da es sich um kein geschlossenes Werk handelt. Man kann da eigentlich alles mit begründenund damit eigentlich nichts.
Das ist wahr, dennoch wurde und wird mit der Bibel argumentiert. Und das wird so bleiben, weil die Bibel die Grundlage des Christentums ist.

Beispiel Homosexualität. Es gibt Westboro Baptist Christen und ausdrücklich LGBTIQ-freundliche Gottesdienste in einer katholischen Kirche in Köln.
LGBTIQ-freundliche Gottesdienste in einer Großstadt sind (geduldete) Ausnahmen, nicht die Regel. Wären sie die Regel, dann müsste man die katholische Kirche als Vorkämpferin für die Rechte dieser Minderheiten nennen. Davon sind wir jedoch weit entfernt, aber sollte es einmal so weit kommen, werden sich im Nachhinein wieder Menschen finden, die ihr mit dem Verweis auf Köln diesen Vorkämpferstatus zubilligen werden, schließlich gibt es auch heute welche, die der Kirche bescheinigen, Aufklärer massiv gefördert zu haben. :D

(dass später "die Kirche" ihren "Feinden" wie Ketzern (Katharer, Bogomilen etc) nicht gerade im Geiste der Bergpredigt begegnete, steht auf einem anderen Blatt...)
Sei mir nicht böse, aber deine Formulierung „nicht gerade im Geiste der Bergpredigt“ für begangene tausendfache Massaker an Andersgläubigen ist eine Beschönigung ohne gleichen.

Doch das macht fast nichts, denn für diese und andere Abschlachtungen hat sich laut @El Quijote schon der Papst Johannes Paul II. entschuldigt, also reden wir nicht mehr darüber, zumal auch die aufklärerischen Jakobiner während ihrer Terrorherrschaft Verbrechen begangen hatten.
 
Das ist wahr, dennoch wurde und wird mit der Bibel argumentiert. Und das wird so bleiben, weil die Bibel die Grundlage des Christentums ist.

Die Bibel ist die Grundlage der kirchlichen Institutionen, aber nicht die Grundlage des Christentums, sondern allenfalls ihr Produkt.
Das Christentum kam die ersten 400 Jahre auch ohne Bibel aus.

schließlich gibt es auch heute welche, die der Kirche bescheinigen, Aufklärer massiv gefördert zu haben. :D

Den Seitenhieb kannst du dir eigentlich sparen. Es ist eimal eine Tatsache, dass sowohl die Reformation, als auch der Humanismus, als auch die Aufklärung zu einem nicht unbedeutenden Teil von Persönlichkeiten getragen wurden, die ursprünglich mal aus den Reihen der Geistlichkeit kamen oder Erziehung und Bildung an einer kirchlichen Institution genossen, die bei weitem nicht jedem in der Gesellschaft offenstand.

Ich behaupte nicht, dass die Kirche unbedingt das beabsichtigt hatte, was dann am Ende an geistigen Strömungen dabei mitunter heraus kam, aber sie ist dafür durchaus mit verantwortlich.
 
Sei mir nicht böse, aber deine Formulierung „nicht gerade im Geiste der Bergpredigt“ für begangene tausendfache Massaker an Andersgläubigen ist eine Beschönigung ohne gleichen.
Das ist keine Beschönigung und ist auch nicht als solche gemeint - es ist eine Art ironische Gedankenfigur, du findest solche u.a. bei Heine (Wasser predigen / Wein trinken) und Th. Mann (Zauberberg, Staatsanwalt Paravent und Kränzchen Oberdank) - - davon abgesehen: ich denke nicht, dass das Hauptanliegen dieses Fadens "Kirchen/Christen-Bashing" ist. Dafür taugt eher ein älterer Faden, in welchem es um Deschner ging (dort wirst du mir vielleicht zugute halten, dass ich auf den nicht eingedroschen hatte - war eine amüsante Diskussion)
Wenn wir hier damit beginnen, die Vertreter dieser oder jener Morallehre an ihrem eigenen Verhalten (gar über zig Jahrhunderte hinweg) zu messen, und das Messergebnis zur Bewertungsskala der jeweiligen Morallehre deklarieren... na, das wird unerfreulich...
 
Wenn wir hier damit beginnen, die Vertreter dieser oder jener Morallehre an ihrem eigenen Verhalten (gar über zig Jahrhunderte hinweg) zu messen, und das Messergebnis zur Bewertungsskala der jeweiligen Morallehre deklarieren... na, das wird unerfreulich...

Eben.
Zumal es in diesem Sinne überhaupt nicht der entscheidende Punkt ist, ob sich die Kirchen oder die Christen im Allgemeinen an von ihnen postulierte Denkfiguren hielten oder nicht.
Die Frage ist doch eher, ob diese Denkfiguren, selbst wenn sie nur theoretische und wenig praktische Bedeutung hatten Ausgangsprunkt für die spätere Entwicklungen allgemeiner Rechte und weitergehender Wertvorstellungen waren oder nicht.
 
Wenn wir hier damit beginnen, die Vertreter dieser oder jener Morallehre an ihrem eigenen Verhalten (gar über zig Jahrhunderte hinweg) zu messen, und das Messergebnis zur Bewertungsskala der jeweiligen Morallehre deklarieren... na, das wird unerfreulich...
Es geht mir nicht um Personen selbst, sondern um ihre Werke. Konkretes Beispiel: Päpste haben oft Wasser (Keuschheit) gepredigt und selbst Wein (Sex) genossen. Aber sie haben auch die besten Künstler ihrer Zeit beschäftigt und so auch Werke von bleibendem Wert ermöglicht, die man unter Weltkulturerbe einreiht.

Sie, wir alle haben Schwächen, niemand ist perfekt.

Aber wir sind hier in einem Faden, der sich mit Moral beschäftigt, und auf diesem Gebiet hat die Religion, Christentum genannt, Unheil angerichtet. Um ihre Moral durchzusetzen, ging sie über Leichen, denn wer nicht parierte oder zumindest im Nachhinein Reue zeigte, der wurde u.U. gnadenlose vernichtet, damit er nicht die anderen Glieder der Glaubensgemeinschaft verderbe.

Das waren keinesfalls Taten einzelner Personen (der Kirche), sondern das war jene Gemeinschaft der Gläubigen, die zu einer bestimmten Zeit so tonangebend war, dass jeder Widerspruch Selbstgefährdung bedeutete. Es scheint leicht zu sein, eine Terrorherrschaft zu errichten und sie als eine Wohltat für die Menschen auszugeben.

Und die Herrschaft der christlichen Kirche in Sachen Moral war die längste Zeit ihres Bestehens eine totale. Wenn wir heute auf die Vergangenheit zurückblicken, so fragen wir fassungslos: Wie konnten sie nur?

Die Antwort darauf ist kompliziert. Aber einer der Hauptgründe scheint zu allen Zeiten und bis in unsere Tage gewesen zu sein: Selbsterhaltungstrieb der Institution, Kirche genannt - sobald sie sich bedroht fühlte, schlug sie um sich ohne Rücksicht auf Verluste.

Doch die Frage ist, warum sie vor allem auf dem Gebiet der (sexuellen) Moral so rigide vorging bzw. vorgeht. Warum mischt sie sich in so intime Dinge wie Sexualität ein, wo niemand, auch der Staat nicht, was zu suchen hat.

Ich meine zwar, darauf eine Antwort zu haben, bin aber noch unsicher, ob es klug wäre, sie schon zu diesem Zeitpunkt bekanntzugeben – bin schon sowieso des Kirchenbashings verdächtigt. ;)

Also bevor ich diese hier bekanntgebe, möchte ich von euch wissen, wie ihr dazu steht. Dies vor allem von denjenigen, die für diese Einmischung der Kirche in das Privatleben der Menschen zumindest Verständnis zeigen.
 
Die Antwort darauf ist kompliziert. Aber einer der Hauptgründe scheint zu allen Zeiten und bis in unsere Tage gewesen zu sein: Selbsterhaltungstrieb der Institution, Kirche genannt - sobald sie sich bedroht fühlte, schlug sie um sich ohne Rücksicht auf Verluste.
Wer bedrohte "die Kirche" so sehr, dass sie aus Selbsterhaltung zu missionieren begann?
Doch die Frage ist, warum sie vor allem auf dem Gebiet der (sexuellen) Moral so rigide vorging bzw. vorgeht. Warum mischt sie sich in so intime Dinge wie Sexualität ein, wo niemand, auch der Staat nicht, was zu suchen hat.
Ist sie da allein? Herrschen in Sachen Sexualität in anderen Weltreligionen paradiesische Zustände? Und dass die Staatsmacht sich nicht einmische, ist ein frommer Wunsch... (USA, China, Iran...)
 
Wer bedrohte "die Kirche" …
Jeder, der an etwas anderes glaubte als diese Kirche lehrte, war eine Bedrohung, denn dann müsste entweder der oder die Kirche irren. Im Credo (Glaubensbekenntnis) wird deswegen bei jedem Gottesdienst bekräftigt, dass man an den einen Gott glaubt – und nicht an einen anderen.

Ist sie da allein? Herrschen in Sachen Sexualität in anderen Weltreligionen paradiesische Zustände?
Erstens ist es schlechter Stil, mit Gegenfragen zu antworten, und zweitens wird in diesem Faden über das christliche Religion diskutiert und nicht über andere.

Man sollte in der Lage sein, etwas zu erklären, ohne entschuldigend mit dem Finger auf andere zu zeigen, so nach dem Motto, die anderen tun das doch auch.
 
Erstens ist es schlechter Stil, mit Gegenfragen zu antworten, und zweitens wird in diesem Faden über das christliche Religion diskutiert und nicht über andere.
...für meine naiven Begriffe ist schlechter Diskussionsstil, wenn man vom Thema abweichende krude Anklagetheorien posaunt und sich beklagt, wenn man dann nicht die erwünschten Reaktionen erhält ;)

Hier geht es nicht um deine Prämisse, die man kurz gefasst "alles an Kirche & Christentum ist böse, heuchlerisch und verbrecherisch" formulieren könnte, sondern um die in der Überschrift gestellte Frage. Deine Zornprämisse @Dion ist keine Antwort auf die eigentliche Frage und es gibt hier auch keinen zwingenden Grund, sich mit ihr zu befassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer selbst „das Christentum“ schreibt, darf sich an „dem Islam“ nicht stören, schließlich haben beide Religionen mehrere Ausprägungen entwickelt.

Türlich, aber wenn du schon so reißerische Kritik schreibt sollte vielleicht doch etwas mehr differenzieren sonst steht da nur leere Polemik.

Klar wäre alles anders gekommen. Und er kann unmöglich wissen wie es gekommen wäre. Die Aussage hat keinen Gehalt. So ein Blödsinn.

Naja, so wie ich ihn verstanden habe glauben ja heute viele unser Denken sei eher von den paganen Griechen etc geprägt worden und nicht von den Christen, obwohl das die Forschung mal ganz anders sah. So gesehen kein Blödsinn.
 
Hier geht es nicht um deine Prämisse …
Genau, hier geht es um diese 2 Fragen, in denen es keine Prämisse von mir gibt und auch keine Polemik:
Doch die Frage ist, warum sie vor allem auf dem Gebiet der (sexuellen) Moral so rigide vorging bzw. vorgeht. Warum mischt sie sich in so intime Dinge wie Sexualität ein, wo niemand, auch der Staat nicht, was zu suchen hat.
 
Nein @Dion hier geht es nicht um deine anklägerischen Fragen, sondern um die Fragestellung "wie wichtig war das Christentum für die Entstehung heutiger Moralvorstellungen?" - falls du mir das nicht glaubst, schau dir die Überschrift dieses Fadens an.
 
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