Zuerst solltest du dich von dem Gedanken frei machen, das es die keltische Kultur gab.
...was ich wiederum für ein Gerücht halte (das es keine keltische Kultur gab). Auf der einen Seite gibt es sprachliche Uebereinstimmungen (Leute wie Xavier Delamarre oder Pierre-Yves Lambert greifen zur Entschlüsselung der (leider sehr spärlich vorhandenen) keltischen Inschriften sehr wohl und mit Erfolg auf Sprachen wie
altirisch, walisisch, kornisch und
bretonisch zurück.
Desweiteren findet man dieselben Gottheiten sowohl auf dem Festland als auch auf den britischen Inseln - Beispiele gefälligst:
- Gobannus (Festland) - Goibniu (Irland) - Govannon (Wales)
- Brigid (Britannien) - Brigantia (Festland)
- den Gott Lug gab es sowohl auf dem Festland als auch den britischen Inseln
Da empfehle ich Dir, das Gemeinschaftsgefühl der Völker in Ex-Jugoslawien zu studieren, insbesondere bei solch eklatanten sprachlichen Ähnlichkeiten zwischen "Serbisch" und "Kroatisch"...
Das ist mit Verlaub ein schlechter Vergleich. Auf der einen Seite gibt es sprachlich zwischen diesen Ethnien keine eklatante Unterschiede, die Unterschiede sind eher religiös bedingt (Moslems im Kosovo, serbisch-orthodox, Kroatien ist wiederum eher katholisch). Bei den Kelten war es so, dass sie sich nach und nach ausgebreitet haben - zuerst auf dem Festland, dann auf den britischen Inseln. Da hat man immer etwas mitgenommen (Sprache, Religion etc.).
Bis zur Wikingerzeit. Danach war es mit "rein keltisch" auch dort vorbei.
Natürlich hatten die dort gelandeten Wikinger Einfluss auf die Weiterentwicklung. Dies bedeutete aber nicht, dass alles bisherige zerstört wurde. Vieles bestand (und besteht) weiterhin, insbesondere sprachlich.
Demnach haben wir im Süden einen starken keltischen Anteil, der nach Norden hin immer stärker abnimmt. Der germanische (und sonstige einheimische, aber nichtkeltische) Anteil steigt jedoch nicht, vielmehr steigt der römische Anteil an:
Mediomatriker: 50% römisch, 32% keltisch, 28% sonstige
Treverer: 63% römisch, 20% keltisch, 17% sonstige
Ubier: 78% römisch, 6% keltisch, 14% sonstige
Leider kann man vom Namen her nicht automatisch auf die Stammeszugehörigkeit, die Sprachverwendung automatisch zurückschliessen. Es gab eine Zeit, wo die Kelten bewusst römische Namen annahmen (so eine Art "Modetrend"). Beispiele hierzu sind Gilly (Schweiz) und Jülich (Deutschland): beide Ortsnamen gehen auf
Iuliacum zurück, was sich wiederum auf den (römischen) Namen
Julius und dem (keltischen) Suffix
-acum zusammensetzt. Weiteres Beispiel: Payerne (Schweiz) geht auf
Paternius (römischer Name) und den keltischen Suffix
-acum zurück.
Den Suffix
-acum findet man im rein römisch beherrschen Gebiet (z.B. Süditalien) nirgends.
So einfach ist die Sache leider nicht!:heul:
Das hört sich schon besser an.
Sind wir bei den Viereckschanzen.
Hielt man vor 50 Jahren für militärische Anlagen. Heute für Gehöfte.
Andererseits bist Du da natürlich näher dran.
Gibt es da neuere Erkenntnisse?
Es sind religiöse Stätten, in gewissen Fällen könnten es eine Art Klöster, Einsiedeleien gewesen sein.
Die Nachnamen sind relativ powidl, die gehen auf irgendeinen Vorfahren zurück, der vielleicht vor Jahrhunderten gelebt hat.
<klugscheiss>
Nachnamen gab es in der Antike in grobo Modo nicht. Man hatte bloss einen Vornamen (oder ggf. mehrere, wie z.B. Gaius Julius Cäsar = drei Vornamen). Die Nachnamen wurden erst in der Mitte des Mittelalters nach und nach eingeführt.
</klugscheiss off>
Welche Untersuchungsmethode schlägst Du vor, und welche Schlüsse sollen wir ggf. zum Romanisierungsgrad einer ursprünglich keltischen Bevölkerung ziehen, falls wir feststellen, daß sich nach erfolgter Germanisierung weder römische noch keltische Gebräuche in nennenswertem Umfang erhalten haben?
Man behauptet immer, dass das Keltentum unterging, dass es durch Romanisierung, Germanisierung quasi "aufgesogen" wurde. Dies stimmt so aber nur teilweise. Wenn man sich mit Volkskunde befasst (Sagen, Märchen, Aberglaube etc.), dann kommt mehr zum Vorschein, als man es zu glauben wagt. Allerdings muss man dann in der Lage sein, diese Sachen einzuordnen (ob keltisch, römisch, germanisch oder was auch immer).
Von der Glaubensseite hat die Christianisierung etliches zur Modifikation einer ursprünglich keltischen Kultur beigetragen, dann kommt noch die Germanisierung im Zuge der Völkerwanderung: die Germanen waren dann vielerorts in einer erdrückenden Mehrheit, somit hat sich die Germanische Sprache als gemeinsames Kommunikationsmittel durchgesetzt.
Warum sollte eine überwiegend keltischsprachige Bevölkerung ohne weiteres zur germanischen Sprache umschwenken, eine überwiegend romanischspreche Bevölkerung jedoch nicht? Was um alles in der Welt soll hier "schlüssig" sein?
Ich möchte dies mit eine modernen, zwar hypotethischen, aber nichtsdestotrotz einleuchtenden Beispiel erklären:
- In der Schweiz sagt man einem Bier mit Limonade "Panaché" (vom französischen herkommend)
- In Deutschland sagt man demselben Getränk "Radler"
Jetzt stelle man sich (hypothetisch) vor, dass die Schweiz von einer Völkerwanderung aus Deutschland überflutet wird, und zwar so, dass die Deutschen Einwanderer die Mehrheit um ein x-faches haben (doppelt, dreifach oder vierfach oder so).
Ein Schweizer bestellt in einer Gaststätte ein
Panaché, die Serviertochter darauf "Was ist das?". Nachdem die Sache geklärt ist, sagt die Serviertochter "aha, ein Radler. Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?". Irgendwann wird der Schweizer sich daran gewöhnen und in der Gaststätte immer grad von Anfang an ein Radler bestellen. Der Begriff "Radler" setzt sich also durch.
So stelle ich mir die Germanisierung der damaligen Bevölkerung vor.
(Anmerkung: vielleicht verwendet er zu hause, auf seinem Bauernhof, nach wie vor den Begriff Panaché, aber das ist eine andere Geschichte).
Indizien pro weitgehende Romanisierung: bislang alle.
Indizien contra weitgehende Romanisierung: bislang null.
Es gibt in der Tat Indizien, welche
gegen eine weitgehende Romanisierung sprechen:
- der Gebrauch von Mörtel, Bau von Steinbauten: nach Ende der römischen Besatzung gibt es keine Kontinuität, es wird mit Holz gebaut. Erst ein paar wenige hundert Jahre später setzen wieder Steinbauten ein
- der Gebrauch von Bädern: die Römer errichteten aufwändige Bäderbauten. Diese wurden nach römischer Zeit nicht weiter genutzt (oder höchstens zweckentfremdet). Erst im Mittelalter, nach den Kreuzzügen in den Orient, wurde eine Bäderkultur als "Mitbringsel" wieder eingeführt
- eine Romanisierung setzt entweder eine sehr massive romanische Präsenz oder massive Schulung voraus. Ersteres: wie konnten sich die Römer so etwas überhaupt leisten mit ihrem wirklich gigantischem Reich? Ueber Schulung ist mir nichts bekannt (ausser klerikalen Lateinschulen im Mittelalter, aber diese konnte sich die einfache Bevölkerung nicht leisten, bzw. die Kinder wurden als Arbeitskräfte eingesetzt.
Da hätten die Römer eigene Leute zwangsumsiedeln müssen.