Wieso ging(en) in ganz West- und Mitteleuropa die Keltische Kultur(en) unter?

Muss es neu heraussuchen. Hab die letzten Tage viel zum Thema gelesen...
Wäre super, da ich das Buch von Geuenich eigentlich bisher immer als momentane Referenz angesehen bzw. empfohlen bekommen habe.

Und Du liest mit und grinst Dir vermutlich eins.
Oder lachst Dir gleich einen Ast.
Nein, quatsch. Ich kenne mich nur noch nicht so gut mit diesem Thema aus. (Muß erst einmal die Imperium Romanum Kataloge komplett lesen).
 
Ich möchte Dich bitten, einen sachlicheren Ton anzuschlagen und Tatsachen nicht als "ewige Rumquengelei" zu bezeichnen.
Tatsachen.....................

Diese Zahlen sind meiner Vermutung nach "geprahlt", das schrieb ich aber schon

"geprahlt"!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Wenn 3-4 nullen dazugedichtet sind.
Und da auch noch das Wort "Tatsachen" benutzen haut dem Fass irgendwo die Zähne rein.

Und dazu?
Niemals sind zu einem Raubzug kanpp 80.000 Alemannen nach Italien aufgebrochen.

Und hier?
Und nochmals, Du schweigst vornehm darüber, die römischen Strafexpeditionen über den Rhein können archäologisch bis heute nicht bestätigt werden.

Dazu?
Sicher kann man das eine oder andere gegen Delbrücks Rechenmethoden einwenden, aber seine Folgerung, dass die Bevölkerung im "freien Germanien" eben nicht soooo stark gestiegen sein kann, da es z. b. keinerlei Ansatz zur Urbanisierung gibt, scheint mir schon richtig.

Ich harre der Antworten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man muß das immer in Relation sehen. Die römisch-germanische Grenze war, den erhaltenen Kastellen nach zu schließen, nicht nur mit ein paar hundert Mann gesichert. Die Einwohnerzahl Kölns wird trotz Bevölkerungseinbußen im 3. Jahrhundert noch auf 15.000 geschätzt. Im 4. Jahrhundert dürften es etwas weniger gewesen sein, aber wenn um 355 die Franken und Alemannen außer Köln noch Straßburg, Brumath, Zabern, Seltz, Speyer, Worms und Mainz erobert haben, war das ebenfalls nicht mit ein paar hundert Mann zu bewerkstelligen.

Die Franken/Alamannen/Burgunder usw. waren doch offensichtlich bestens informiert.
Die haben abgewartet, bis die Legionen in anderen Weltteilen beschäftigt waren. Kannst Du ohne weiteres nachvollziehen.

Aber auch das sind altbekannte Fakten.
 
@hyo: Man muß das immer in Relation sehen. Die römisch-germanische Grenze war, den erhaltenen Kastellen nach zu schließen, nicht nur mit ein paar hundert Mann gesichert. Die Einwohnerzahl Kölns wird trotz Bevölkerungseinbußen im 3. Jahrhundert noch auf 15.000 geschätzt. Im 4. Jahrhundert dürften es etwas weniger gewesen sein, aber wenn um 355 die Franken und Alemannen außer Köln noch Straßburg, Brumath, Zabern, Seltz, Speyer, Worms und Mainz erobert haben, war das ebenfalls nicht mit ein paar hundert Mann zu bewerkstelligen.
Da bleiben wir mal gleich bei den Relationen: Die Goten, Vandalen und Langobarden waren in Relation zu den Romanen auch nur ein paar Hansel. Und doch...

Warum soll Köln mit seinen 15000 Bewohnern nicht von einer relativ kleinen Streifschar geplündert worden sein? Wer sollte Widerstand leisten? Vorhandene Auxilien, selbst Germanen und ohne Sold? Nee, die haben eher selbst mitgemacht. Die Legionen hatten woanders Brände zu löschen und beim Widerstandsversuch von Töpfern, Köchen, Bademeistern und Schanksklaven hätte der Totila-Spruch bezüglich Roms gegolten: Je dichter das Gras... (Wo bleibt eigentlich @Sergej?)
 
Zuletzt bearbeitet:
Tatsachen.....................



"geprahlt"!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Wenn 3-4 nullen dazugedichtet sind.
Und da auch noch das Wort "Tatsachen" benutzen haut dem Fass irgendwo die Zähne rein.


Ich möchte Dich erneut darum bitten, von sinnloser Polemik Abstand zu nehmen und stattdessen den Inhalt meiner Beiträge zu beachten. Die 400.000 stammen aus der "Historia Augusta", einer Quelle sehr zweifelhaften Werts, die kaum auf Augenzeugenberichte zurückgeht.

Auf der anderen Seite gibt es Quellen wie die "res gestae" des Ammianus, die von Historikern als im Großen und Ganzen zuverlässig gewertet werden.

Was ich als "Tatsachen" bezeichnet habe, sind Tatsachen, dagegen hilft auch keine Polemik.


Ich harre der Antworten.
1. Es kann schon sein, daß niemals 80.000 Alemannen in einem einzigen Zug nach Italien aufgebrochen sind. Was uns interessiert, ist die Frage, wie viele Alemannen innerhalb von 200 oder 300 Jahren die paar hundert Kilometer bis zum Rhein und etwas darüber geschafft haben. Dazu lieferten bislang weder Delbrück noch Repo Zahlen.
Ich harre der Antworten.

2. Die allerwenigsten militärischen Expeditionen des Altertums können archäologisch bestätigt werden. Eine Diskussion, ob nur diejenigen Feldzüge er Geschichte stattgefunden haben können, zu denen ein Schlachtfeld ausgegraben wurde, halte ich für wenig ersprießlich. Zudem fußt meine Argumentation nicht darauf, welche römischen Expeditionen wie erfolgreich gewesen sein mögen.

3. Delbrück überschlägt die Bevölkerungszahlen des "freien Germanien" zu der Zeit, als es eben noch jenseits des Limes lag. Das gilt für die Zeit vor dem 3. Jahrhundert. Was uns interessiert, ist der mehr als zweihundert Jahre andauernde Prozeß, in dem sich die germanische Bevölkerung Prozeß auf eine immer größere Fläche auf Kosten der romanischen Bevölkerung des Römischen Reiches ausgedehnt hat.

Das Schema ist immer wieder dasselbe: Germanische Gruppen überschreiten die Grenze, plündern und verwüsten Städte und Landstriche, werden von den Römern dann "geschlagen" und zum "Dank" gleich anschließend auf den verwüsteten Landstrichen angesiedelt.

Für die frühe Besiedlung der linksrheinischen Teile des Imperium sind Vorstellungen von einer schnellen und intensiven Landnahme völlig fernzuhalten. Es handelt sich vielmehr "um einen sich über mehrere Jahrhunderte erstreckenden Prozeß, der nur im Gesamtzusammenhang der frk. Geschichte darzustellen ist"

Um diese endlose Folge germanischer Übergriffe und römischer "Siedlungspolitik" (die geriet im Lauf der Zeit völlig aus den Fugen) einmal anhand einer unvollständigen (die nachfolgenden Daten und Zitate sind Ingo Runde, Die Franken und Alemannen vor 500, in: Dieter Geuenich (Hrsg), Die Franken und die Alemannen bis zur "Schlacht bei Zülpich" (496/97), Berlin/New York 1998 entnommen) Aufstellung anzureißen:

231 Wegen des Perserfeldzugs werden Truppen von der Rhein-Limesgrenze abgezogen, die somit nur unzulänglich gesichert ist.
233 Gemanen fallen in Raetien und Obergermanien ein. Die Rhein-Donaugrenze kann in den folgenden Jahren stabilisiert werden, die Sicherung des Limes gelingt in den folgenden Jahren nur noch lückenhaft.
256/257 Rechtsrheinische Gemanen überschreiten die Grenze "und wiederholen in den folgenden Jahren ihre Angriffe".
259/260 "Germanen überwinden an vielen Stellen den obergermanisch-raetische Limes, dessen Besatzung wegen er innerrömischen Auseinandersetzungen ... erheblich reduziert ist. Ein Siegesstein in Augsburg belegt für 260 einen Teilsieg über die Juthungen. Die Juthungen dringen auf ihren Streifzügen tief in römisches Gebiet vor, bis Oberitalien (270 erreichen sie die Adriaküste).
268 "In Tongern, Amiens, Beauvais, um Trier, Metz, Toul und Chalon-sur Saône zeugt die deutliche Zunahme der Münzdepotfunde von einer wachsenden Verunsicherung der Bevölkerung durch germanische (fränkisch?) Aktivitäten in diesem Raum."
275/76 Trier wird erstmals durch germanische Verbände erobert. Die Lager Gelduba (bei Krefeld) und Vetera II (bei Xanten) werden zerstört. "Nach diesem Einfall scheint die Rheingrezne zwischen Arnheim und der Nordsee ungesichert geblieben zu sein".
278/82 Die Römer sichern den "nassen Limes", gleichzeitig soll den Germanen in einigen niederreinischen Gebieten "Siedlungsland zugestanden worden" sein.
287-89 Eine römische Kampagne gegen die Germanen endet mit einem Friedensschluß. Teile fränkischer Stämme werden um Trier und in anderen Gegenden angesiedelt.
297/98 erstmals wird die "Alamannia" als Gebietsbezeichnung erwähnt - damals ein "verwüsteter" Landstrich
294-305 Die am Niederrhein auf römisches Gebiet eingedrungenen Franken werden besiegt. Gefangene und Zurückgebliebene werden dort als Laeten angesiedelt.
298/300 Römisch-alemannischer Zusammenstoß bei Langres
306/07 fränkische Einfälle im nordgallischen Raum
315 Das rechtsrheinische Kastell Divitia (Deutz) wird vollendet. Der Brückenkopf dient als Ausfallstor für rechtsrheinische Unternehmungen der Römer. (Für einige Jahre scheint eine vorübergehende Sicherheit der Rheingrenze gewährleistet gewesen zu sein, da von römischen Siegen, jedoch nicht von weiteren Germaneneinfällen auf römisches Gebiet berichtet wird)
341/42 Erneute Frankeneinfälle auf gallisches Gebiet. Im Friedensschluß wird den Germanen die Besiedlung von Gebieten zwischen Rhein und Waal erlaubt. "Spätestens seit dieser Zeit scheint die Infiltration von fränkischen Neusiedlern nicht mehr kontrollierar gewesen sein."
350-55 erneute Einbrüche an der Rheinfront lassen sich historisch und auch archäologisch belegen ("weiträumiger Zerstörungshorizont, zu dem auch Städte und befestigte Lager wie Neuss und Vetera II bei Xanten gehören")
355/56 Fränkische Gruppen erobern Köln. Straßburg, Brumath, Zabern, Seltz, Speyer, Worms und Mainz sind in germanischer Hand. Außer Koblenz, Remagen und einem Turm unweit von Köln sollen alle römischen Befestigungen zerstört worden sein. Friedensverhandlungen mit den Franken führen zu dem Ergebnis, daß Köln zurückgegeben wird. "Im Gegenzug scheint er ihnen Gebiete auf der linken Rheinseite überlassen zu haben."
357/358 Julianus besiegt ein Alemannenaufgebot bei Straßburg und stabilisiert auch weiter im Norden vorübergehend die Rheingrenze - um den Preis der Legalisierung weiterer germanischer Ansiedlungen links des Rheins: Die nach Toxandrien vorgedrungenen Salfranken dürfen dort ihre Wohnplätze beibehalten.
366 Alemannen dringen erneut weit in gallisches Gebiet ein.
368 Alemannen erobern Mainz
383 Juthungen fallen über die Donau nach Rätien ein.
389 erneuter fränkischer Vorstoß über den Rhein
406/07 Vandalen, Alanen und Sueben drücken über die Rheingrenze
409 Die Burgunder siedeln sich in der Gegend um Mainz und Worms an.
413-15 Trier wird zum zweiten Mal von den Franken erobert und in Brand gesetzt
419/20 Die Franken erobern und verwüsten Trier zum dritten Mal
423-25 Franken setzen sich in der Gegend um Köln und Xanten fest.
428/31 Trier wird zum vierten Mal erobert. Eine römische Gegenkampagne bringt erneut das Ergebnis, daß den Franken (nach formaler Unterwerfung) Siedlungsgebiete auf der linken Rheinseite zugestanden werden - als "dediticii".
430 Juthungen greifen Raetien an.
436 fränkische Übergriffe auf das Maasgebiet führen erneut zu einem Arrangement: Die Franken werden zu "foederati" ernannt und erhalten erneut die Erlaubnis zur Siedlung in einigen linksrheinischen Gebieten.
440 Die Franken stoßen unter Chlodio nach Arras und Cambrai vor.
443 Größere Burgundische Gruppen werden an den Genfer See umgesiedelt. In die bisherigen burgundischen Siedlungen um Mainz und Worms rücken Alemannen nach.
um 445 Aetius "besiegt" die Salfranken mit dem altbekannten Ergebnis: Die "Unterworfenen" dürfen sich als Föderaten auf römischem Gebiet ansiedeln, diesmal in der Gegend von Tournai.
451 Schlacht auf den Katalaunischen Feldern. Auf beiden Seiten sind germanische Verbände beteiligt.
454-59 "Bisher rechtshreinisch verbliebene fränische Gruppen überqueren nun in breiter Front den Fluß und stoßen in die Germania I vor. Sie erobern Mainz und den Raum um Brohl und Oppenheim. Im Einverständnis mit gallorömischen Senatoren besetzen sie zeitweilig auch die moselländische Metropole Trier und dehnen ihre Aktionen in die Belgica I aus. Köln wird um 457 endgültig von rheinishen Franken aus seinem Umland eingenommen. ... Währenddessen annektieren die salischen Franken unter Chlodio mit Cambrai und Arras die Gebiete bis zur Somme. Es ist zugleich die Zeit der größten Expansion der Alemannen am Oberrhein."

An dieser Stelle möchte ich die Zusammenstellung abbrechen, nicht ohne zu bemerken, daß das faktische Ende der römischen Herrschaft und das Ende jeder "römischen" Gegenwehr keinesfalls den Schlußstein unter die Landnahme germanischer Einwanderer setzt, sondern im Gegenteil gerade in dieser Zeit mit einem ungebremsten Zustrom zu rechnen ist.

Die Frage, wie viele Krieger jeweils für die eine oder andere der erwähnten Aktionen mobilisiert worden sind, erweist sich auf die Länge der Zeit als absolut zweitrangig...
 
1. Es kann schon sein, daß niemals 80.000 Alemannen in einem einzigen Zug nach Italien aufgebrochen sind. Was uns interessiert, ist die Frage, wie viele Alemannen innerhalb von 200 oder 300 Jahren die paar hundert Kilometer bis zum Rhein und etwas darüber geschafft haben. Dazu lieferten bislang weder Delbrück noch Repo Zahlen.
Ich harre der Antworten.

...


Neee, Repo liefert natürlich keine Zahlen! (Die will immer nur sein Steuerberater von ihm)
Aber Delbrück liefert natürlich.
Auf den von mir gelieferten Link zur Völkerwanderungszeit klicken, 20-30 Zeilen nach unten:
Auch auf die für die germanischen Urzeiten gefundenen Zahlen wollen wir von unserem Ergebnis aus noch einmal zurückkehren und die Verbindungslinie zwischen den beiden Epochen herstellen. Man hat wohl angenommen, daß in diesen 400 Jahren ein großes Anwachsen der Germanen stattgefunden habe, und gerade in dieser Volksvermehrung den Anstoß zu den großen Verschiebungen der Völkerwanderung finden wollen. Wir haben gelesen, daß das durchaus unrichtig ist. Die Germanen waren auch in der Völkerwanderung noch immer sehr wenig zahlreich, und das ist auch das einzig Natürliche, da die wirtschaftlichen Verhältnisse dieselben geblieben waren. Die Germanen sind nach wie vor in erster Linie Krieger und nicht Bauern. Hätte sie sich in dieser Zeit wirtschaftlich [310] wesentlich entwickelt, so hätte sie auch Städte hervorbringen müssen. Sie sind aber auch immer ohne Städte, wie zur Zeit Armins, und haften nach wie vor nur lose am Boden, weil sie vorwiegend Viehzüchter und Jäger, nur in geringem Maße Ackerbauer sind. Da die Nahrungsproduktion sich nur wenig vermehrt haben kann, so kann auch die Volksmasse nicht bedeutend zugenommen haben. Die Menge der ganzen Rasse konnte sich vermehren durch die Ausdehnung des Gebietes bis an das Schwarze Meer, aber die einzelne Völkerschaft, die Volksdichtigkeit, kann sich nicht wesentlich gehoben haben, sie wird noch immer über 250 Seelen auf die Quadratmeile nicht weit hinausgegangen sein. Die natürliche Steigerung, gering wie sie bei barbarischen Völkerschaften ist – die große Fruchtbarkeit wird durch eine ebenso große Sterblichkeit aufgehoben –, wirkte nicht in der Richtung einer gesteigerten Kultur, sondern drängte fortwährend nach außen: Kriege mit den Nachbarn, Krieg gegen Rom, vor allem aber römischer Dienst verzehrten den Überschuß.

Wie immer, zuerst lesen, dann harren.
 
Kein Mensch redet von Schlachtfeldern.
Aber größere Heere, insbesondere die Römer sind bekannt dafür, bauen Marschläger, verlieren Teile der Ausrüstung, ziehen eine Spur der Zerstörung, usw.
Sind doch meist irgendwo zu "fassen".

Es werden wohl doch kleinere Gruppen mit fest umrissenen Aufträgen gewesen sein.
Der Rest ist spätrömische Propaganda.
Der Steuerzahler wollte auch damals wissen, wohin sein Geld kam. Hat man ihm halt etwas erzählt.


OT: Die Amis haben auch eine ganze Anzahl schwerer Schlachten gegen die Nazis geschlagen, und 44-45 Medienwirksam vermarktet, von denen in Deutschland soviel gar nicht bekannt ist.
 
hmm...

also auch wenn das jetzt offtopic wird:

de hier zitierten Schriftsteller sind doch bestimmt gerade nicht das was der typische römische Steuerzahler zu lesen bekam, wenn er überhaupt las... oder?
 
Aber Delbrück liefert natürlich.
Auf den von mir gelieferten Link zur Völkerwanderungszeit klicken, 20-30 Zeilen nach unten:

Da finden wir nicht viel anderes als das, was ich bereits sinngemäß geschrieben habe:
Die Menge der ganzen Rasse konnte sich vermehren durch die Ausdehnung des Gebietes bis an das Schwarze Meer
... wobei ich natürlich weniger das Schwarze Meer im Blick habe als die römischen Provinzen am Rhein. Dorthin haben sich die Germanen selbstverständlich auch ausgedehnt, und während dieser Ausdehnung hatten sie gut zwei Jahrhunderte Zeit, sich soweit zu vermehren, daß sie gewiß eine Bevölkerungsdichte erreichen konnten wie zuvor im "freien Germanien", nämlich um die 5 Einwohner pro km². Viel mehr als 10 Einwohner/km² dürften die Römer in den Rheinprovinzen zu ihren besten Zeiten nicht erreicht haben, und wir sprechen hier nicht von den "besten" Zeiten, sondern von verheerenden Zeiten. Wenn die Bevölkerungsdichte der noch von Romanen besiedelten Landstriche im Verlauf dieser zwei Jahrhunderte überhaupt noch 5 Einwohner/km² erreicht hat, dann ist das schon sehr hoch gegriffen.

Für die Anfänge einer Germanisierung (die sich ja bekanntlich noch einmal ein paar Jahrhunderte hinzieht) reicht das allemal.



Wie immer, zuerst lesen, dann harren.

Wie immer: Polemik sparen, bei der Sache bleiben.

Die Sache war die:
Bevölkerungsrückgang der romanischen Bevölkerung, germanischer Zuzug vom 3. bis zum 5. Jahrhundert.
Bzw.
hyokkose schrieb:
Was uns interessiert, ist die Frage, wie viele Alemannen innerhalb von 200 oder 300 Jahren die paar hundert Kilometer bis zum Rhein und etwas darüber geschafft haben.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es werden wohl doch kleinere Gruppen mit fest umrissenen Aufträgen gewesen sein.

Das mag bei den römischen Expeditionen in etlichen Fällen stimmen. Man wird es schon als Erfolg verbucht haben, wenn es gelang, ein paar Kilometer weit in germanisches Gebiet vorzudringen, dort einen Stützpunkt zu errichten und ihn für einige Zeit zu halten, wie etwa im erwähnten Ladenburg.

Man muß sich ja immer auch vergegenwärtigen, daß es die Römer nicht mit einem zentralistisch organisierten Gegner zu tun hatten, sondern mit Einzelstämmen. Ammianus erwähnt 15 alemannische Könige namentlich. Wenn sich gelegentlich mehrere dieser Könige zu einer gemeinsamen Aktion zusammentaten, war das ein Zweckbündnis auf Zeit. Wenn es nach einem militärischen Zusammenstoß zwischen den Römern und einer germanischen Koalition zu Friedensverhandlungen kam, dann mußten die römischen Unterhändler mit jedem einzelnen König verhandeln.


Der Rest ist spätrömische Propaganda.
Ohne das unendlich auszuwalzen zu wollen: Es gibt von römischer Seite zuverlässige Angaben und es gibt natürlich auch aufgeblähte Zahlen. Im einen Fall mag Delbrück recht haben, bei der Schlacht von Straßburg halten seine Argumente einer Überprüfung nicht stand. Gleichwohl: "Die Frage, wie viele Krieger jeweils für die eine oder andere der erwähnten Aktionen mobilisiert worden sind, erweist sich auf die Länge der Zeit als absolut zweitrangig", schrieb ich oben schon.

Wesentlich zur Beurteilung der Situation sind die in meinem Beitrag von 15:16 Uhr chronologisch aufgelisteten Ereignisse, die ein recht deutliches Bild ergeben. Ich wüßte nicht, welche davon und mit welcher Begründung als "spätrömische Propaganda" von Tisch zu wischen seien.
 
Ich finde Delbrücks Diskussion ja durchaus überzeugend. Packen wir doch einige Zahlen mal zusammen:

Betrachte Fläche 400.000 qkm
Bewohner pro qkm: 5
Kleinfamiliengröße: 5
Großfamiliengröße: 10
Anzahl Stammesverbände: 10

Somit kommen wir auf 200.000 Mitglieder oder 40.000 bis 20.000 Familien in einem typischen Stammesverband. Wir hatten zwei Threads über Armeestärken, mein Ergebnis daraus, dass unter höchster Anspannung ein "Volk unter Waffen" 20% Krieger umfassen kann,wenn es sonst nichts tut, also auch von der "Beute" leben muss. 10% (ein Krieger pro Großfamilie, oder aus jeder zweiten Kleinfamilie) lässt noch eine ausreichende Zusatzbeschäftigung zu. Man beachte, dass diese Krieger gelegentlich auch sterben, und nicht sofort durch den "ältesten Sohn" ersetzt werden können.


Somit kommen wir auf eine maximale Größe des Heeres eines kompletten Stammesverbands von 20.000 Kriegern.

Ein "zivilisierter Staat" unterhält maximal 1% Soldaten (s. meine Grafik moderne Armeen), eher 0,5%, wenn diese Armee auch noch technisch ausgerüstet werden muss (Pferde, Panzerungen, "Geschütze"). Für Rom bedeutet das:
90 Mio Einwohner x 0,5% = 450.000 Soldaten.
Diese Zahl von Menschen ist kaum als Einzelarmee einzusetzen. Napoleons Russlandarmee begann mit 600.000 und schmolz dahin wie Schnee in der Sonne....

Auf Basis von 30 Legionen kann man von einer Römisch Armee von 180.000 Mann ausgehen, mit Hilfstruppen vielleicht das Doppelte. In der späten Kaiserzeit verkleinert sich die Größe der Legionen, es erhöht sich aber auch ihre Anzahl (69) - summa summarum ergibt sich aber KEINE Vergrößerung der Gesamtstärke.

In einem Türkenthread haben wir mal die nötige Diffusionsrate abgeschätzt, wie sich durch friedliche Zuwanderung der turkmenische Genanteil in Anatolien erklären könnte - wir kamen da auf 1000 Personen/Jahr.

Über eine nicht gut beachte Grenze können in 200 Jahren - praktisch unbemerkt - also etwa 200.000 Personen wandern. Das ist gerade die Größe eines oben abgeschätzten Stammesverbands.
 
Zuletzt bearbeitet:
In einem Türkenthread haben wir mal die nötige Diffusionsrate abgeschätzt, wie sich durch friedliche Zuwanderung der turrmenische Genanteil inn Anatolien erklären könnte - wir kamen da auf 1000 Personen/Jahr.
Das würde einen Genanteil erklären, nicht aber die sprachliche Türkisierung der Bevölkerung. Um einen "germanischen Genanteil" geht es hier in dieser Diskussion überhaupt nicht.


Über eine nicht gut beachte Grenze können in 200 Jahren - praktisch unbemerkt - also etwa 200.000 Personen wandern. Das ist gerade die Größe eines oben abgeschätzten Stammesverbands.
Ich würde sagen, das hängt von der Länge der Grenze ab. Eine "unbemerkte" Infiltration wirkt sich normalerweise nicht auf die Sprache der einheimischen Bevölkerung aus.
Um diese "unbemerkte" Einwanderung von meinetwegen 1000 Personen pro Jahr (oder drei Personen pro Tag an einer 800 km langen Grenze) geht es hier aber auch nicht, sondern um sich häufende massive Einwanderungswellen (zu der die "unbemerkte" stete Einwanderung dazuzurechnen wäre). Ein Auszug aus meiner obigen Aufstellung:

278/82 den Germanen wird in einigen niederreinischen Gebieten "Siedlungsland zugestanden"
287-89 Teile fränkischer Stämme werden um Trier und in anderen Gegenden angesiedelt.
294-305 Franken werden am Niederrhein als Laeten angesiedelt.
341/42 Den Germanen wird die Besiedlung von Gebieten zwischen Rhein und Waal erlaubt. "Spätestens seit dieser Zeit scheint die Infiltration von fränkischen Neusiedlern nicht mehr kontrollierbar gewesen sein."
355/56 Den Franken werden Gebiete auf der linken Rheinseite überlassen
357/358 Die nach Toxandrien vorgedrungenen Salfranken dürfen dort ihre Wohnplätze beibehalten.
409 Die Burgunder siedeln sich in der Gegend um Mainz und Worms an.
423-25 Franken setzen sich in der Gegend um Köln und Xanten fest.
428/31 Den Franken werden Siedlungsgebiete auf der linken Rheinseite zugestanden
436 Erneut erhalten Franken die Erlaubnis zur Siedlung in einigen linksrheinischen Gebieten.
443 In die bisherigen burgundischen Siedlungen um Mainz und Worms rücken Alemannen nach.
um 445 Die Salfranken dürfen sich als Föderaten auf römischem Gebiet ansiedeln
454-59 Franken und Alemannen überqueren in breiter Front die Grenze, die nun als solche endgültig zu existieren aufhört.



In der späten Kaiserzeit verkleinert sich die Größe der Legionen, es erhöht sich aber auch ihre Anzahl (69) - summa summarum ergibt sich aber KEINE Vergrößung der Gesamtstärke.
Dazu wäre noch zu bemerken, daß das römische Heer in seiner letzten Phase schon zu einem bedeutenden Teil aus Germanen bestand.
 
Tacitus überliefert von den Batavern des ersten Jahrhunderts römische Namen. Was allerdings über den allgemeinen Romanisierungsgrad wohl eher wenig aussagt, da es sich bei den Namen ausschließlich um Angehörige der batavischen Königssippe handelt: Iulius Civilis war der Anführer der batavischen Auxiliareinheiten, der dann als "König" der Bataver den Aufstand gegen die Römer probte. Desweiteren wird noch Iulius Maximus erwähnt und der Neffe des Iulius Civilis, Claudius Victor. Durch ihre Namen dürften sie wohl als Klienten des julisch-claudischen Kaiserhauses zu identifizieren sein. Zudem dürften sie auch noch germanische Namen, die Tacitus eben nicht überliefert, getragen haben.
 
Verwaltung

ZusatzHallo,

ich habe noch eine andere Theorie:
die Römer fingen gleich nach der Eroberung an, die Gebiete zu verwalten. Das heisst, sie stellten Listen auf, insbesondere für Tributentrichtungen.
Da die Kelten keine Schrift hatten, bzw. ihre Aufzeichnungen, wenn überhaupt in griechischer Schrift machten (soweit ich gelesen habe), wurde die Bevölkerung schon dadurch gezwungen sich an die Schrift und Sprache der Eroberer zu halten. Dann waren die Kelten bestimmt auch fasziniert von der "hohen" Kultur der Römer. Und wenn sie den Römern was verkaufen wollten, mussten sie sich ja mit ihnen unterhalten können.
Und es heisst auch in der Literatur, dass die Kelten immer sehr schnell bereit waren, etwas von anderen Kulturen zu übernehmen.
Die Eroberung fand ja meistens entlang der Flußtäler statt, wo es einfach war, Strassen anzulegen oder schon Pfade vorhanden waren. In unwegsames Gelände vorzudringen, machten sich die Römer bestimmt keine Mühe. Ausserdem war die Bevölkerung dort bestimmt so arm, dass es sich nicht "lohnte".

Das sind jetzt mal praktische Überlegungen.

LG
Fog
 
Zuletzt bearbeitet:
[FONT=&quot]Du musst dir einfach den Zeithorizont vor Augen führen...

die Gallia Cisalpina stand schon 200 v.Chr. (Zahlen zitiert nach Wikipedia) unter römischer Herrschaft, 121 v.Chr. errichteten sie schon die Gallia Narbonensis als römische Provinz.

ab 58 v.Chr. unterwarf Cäsar die Stämme des (übrigen) Gallien.

ab Austusus wurde aus dem von Cäsar bisher nur "unterworfenen" (d.h. tributpflichtigen) Gallien römische Provinzen gemacht.

Wenn man sich das ganze mal auf ´ner Karte anguckt: vor allem der Mittelmerraum war schon sehr früh sehr lange römisch geprägt.

Dann wurden die großen Städte (Und Cäsar eroberte eine recht gute Infrastruktur mit großen recht bevölkerungsstarken Oppida und ein weitverzweigtes Strassensystem) Sitze der römischen Verwaltung...

römische Verwaltung bestand auch aus Galliern die früh römisches Bürgerecht bekamen. Latein werden vorher schon weltgewandte Gallier beherrscht haben, nun wird es Verwaltungs- und Schriftsprache.

Arelate, Augustodunum, Burdigala, Cassinomagus, Narbo, Nemausus, Lugdunum,Vienna ... all das wurden große römisch geprägte Städte. Das Stammeswesen verschwindet, stattdessen entsteht ein "Gemeindewesen".

Die spät-Laténe-Kelten mit denen Cäsar es zu tun hatte, das waren schon völlig andere Gallier als jene die im 3. und 4. Jahrhundert Delphi und Rom geplündert hatten.

Und diese städtisch-römische Kultur in Gallien, die schon teilweise mit der Narbonensis begonnen hatte, sich aber jetzt nach Augustus völlig ausprägte... die dauerte ja bis ins 5. (oder 6.) Jahrhundert hinein an.

Die Kelten wurden nicht von einem auf den anderen Tag ausgelöscht... das war ein langer Prozess der akkulturation und ethnogenese.

Jedenfalls stelle ICH mir das so vor... gibt es noch andere Sichtweisen?


[/FONT]
 
Ich würde es so ausdrücken :
Die Keltische Kultur ging unter, weil die Kelten überall militärisch die Loser waren und dadurch schließlich keinen eigenen politischen Rahmen mehr hatten, in dem sie sich entfalten konnten.

Der Grund dafür war, dass sie in starken autonomen Stämmen organisiert waren, die ständig gegeneinander Krieg führten und sich nie als "die Kelten" gegen einen gemeinsamen Feind zusammenschließen konnten. Mit einer einzigen Ausnahme : Unter Vercingetorix 52 v. Chr. Die Schlacht von Alesia ging allerdings verloren.

Als hinderlich erwies sich auch das Kriegerideal, das offenbar einer disziplinierten militärischen Kampfführung entgegenstand (wenn man schon nackt kämpft, um seinen Mut zu beweisen...)

Die Germanen waren auch nicht besser, nur haben die eben die Schlacht im Teutoburger Wald gewonnen.
 
Hallo Klaus,

also ehrlich....Männer, die mit nacktem Oberkörper kämpfen, find ich einfach geil! (tschuldigung...die Hormone:red:).

Aber Spaß beiseite...da die Kelten ein Agrar"volk" war, kämpfte jeder Stammesverband natürlich gegen den anderen.
Natürlich hat Dein Vorredner H......(entschuldige bei diesem Namen sträubt sich mir die Feder, bzw. die Tastatur) recht, wenn er meint, dass das Ganze langsam vor sich ging..nicht von heute auf morgen. Ich glaube als Vergleich kann man die Westgoten hinzuziehen, wo man anhand von Gräberfunden nachgewiesen hat, dass der gotische Schmuck als Grabbeigabe langsam dem einheimischen Schmuck wich. Nach ca. 5 Generationen waren dann keine gotischen Schmuckstücke mehr in den Gräbern.
Und klar, die römischen Besatzer setzten dann auch einheimische Fürsten als Verwalter ein...mit Sicherheit wurden auch Geiseln ausgetauscht, die dann in Rom erzogen wurden und nichts vom Brauchtum ihres Volkes mitbekamen.
Dann stelle ich mir vor, dass die keltische Frau sieht, dass in dem römischen Haus kein qualmendes Herdfeuer ist und trotzdem warm (Bodenheizung!!!!) und das natürlich auch haben will. Und natürlich will sie auch mit der Zeit gehen und damals wars wahrscheinlich IN und absolut cool, römische Kleidung zu tragen, usw.
Vielleicht verboten die Römer auch den Gebrauch der keltischen Sprache (aus Angst vor Verschwörung?).

Ganz genau werden wir das wahrscheinlich nie erfahren.

Aus diesem Grunde bin ich stolz auf meinen Dialekt:
1500 Jahre überdauert er jetzt schon. Hurra! Hurra!

LG
Fog
 
@Klaus

nicht unbedingt...

die Noricer z.B. haben sich geschickt mit den Römern arrangiert und Cäsar sogar Unterstützungstruppen geschickt.

Ebenso die Galater... Deiotaros liess sich von Rom als tributpflichtiger König bestätigen nachdem er die Tetrarchen beseitigt hatte.

Da sind zwei keltische "Staaten" nicht mit Gewalt unterworfen worden sondern schlossen sich von sich aus, aus politischem Kalkül, Rom an... mit (kulturell) ähnlichem Ergebnis wie bei den unterworfenen Provinzen in Gallien!

@F.

ein Verbot der keltischen Sprache durch die Römer lässt sich nicht nachweisen, wäre auch eher sinnlos gewesen.

Die keltische Sprache wurde einfach 1000 Jahre lang gesprochen und war irgendwann weg, weil Kulturen und Reiche sich wandeln und vergehen...

wer weiss schon ob Der Begriff Deutschland in 500 Jahren noch existiert oder noch eine deutsche Sprache gesprochen wird?
 
Zuletzt bearbeitet:
die Noricer z.B. haben sich geschickt mit den Römern arrangiert und Cäsar sogar Unterstützungstruppen geschickt.
und ? Sprechen die heut' keltisch ? Nein, bayerisch / österreichisch (also Germanisch)

Ebenso die Galater...
und was sprechen die ? Türkisch.

Meine These ist, dass es eine Ethnie es schwer hat, ihre kulturelle Identität (hier demonstriert an Hand der Sprache) langfristig zu bewahren, wenn sie kein Staatsgebilde dominiert.

Letztlich sind (fast) alle Kelten kulturell assimiliert worden, der Rest steht auf verlorenem Posten.
 
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